Die deutsche Games-Industrie klagt im Rahmen der Gamescom über mangelnde Förderung durch die Ampel. Doch ein Blick in die vom Wirtschaftsministerium geförderten Projekte wirft vielmehr Fragen über die Vergabekriterien auf. Nun will auch noch der ÖRR ins Spielegeschäft einsteigen.
Vertreter der deutschen Gaming-Industrie nutzten die momentan stattfindende Gamescom-Messe, um auf die Standortprobleme in Deutschland hinzuweisen. Mit dem Wegfall der Games-Förderung haben Entwickler in Deutschland einen bis zu 30%igen Nachteil im Vergleich zur internationalen Konkurrenz. Die eingefrorenen Fördermittel, bzw. deren Nachfolgemodell werden nun zum Debattenthema. Morgenluft wittern hierbei ganz andere Interessengruppen, denn die ARD hat nun angekündigt, ebenfalls in die Spieleentwicklung einsteigen zu wollen. Möglich machen soll das ein Reformstaatsvertrag.
Bislang galt, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten nur digitale Spiele mit Bezug zu einem bestehenden Sendeformat entwickeln durften. Wird diese Regelung gelockert, stünde ARD & Co. die Welt der Videospielentwicklung auf Steuerzahlerkosten offen. Wie das aussehen würde, kann man bereits jetzt anhand des vom SWR entwickelten Spiels “GreenGuardiansVR” erkennen. In dem Spiel bekämpfen Spieler karikaturhaft überzeichnete Bösewichte der fossilen Lobby und deren Desinformationskampagnen. Mit anderen Worten: Propaganda der gröbsten Sorte, ohne jedwede Subtilität und vermutlich auch ohne jeden Spielspaß. Aber von marktwirtschaftlich schlechten Aussichten hat sich der ÖRR ja ohnehin noch nie von einer schlechten Idee abhalten lassen.
Während also mit den Staatsmedien nun ein neuer Akteur auf dem Spielemarkt erscheinen soll, ächzen bestehende Entwickler unter den schlechten Bedingungen in Deutschland. Wer genügend Geschick hatte, konnte sich zumindest vor Verlauf der bestehenden Förderfrist noch finanzielle Unterstützung von Robert Habecks Wirtschaftsministerium sichern. Dabei flossen die Mittel in manchmal recht zweifelhafte Projekte.
Millionen an Branchenriesen, Hunderttausende an dubiose Briefkastenfirmen
Wirft man einen Blick auf die Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, findet man eine Liste der ministerial geförderten Games-Projekte. Unter den 554 einsehbaren Empfängern findet sich eine breite Auswahl diverser Spiele. Neben tatsächlich förderwürdigen Projekten für spezialisierte Software, wie z.B. realistische Flugsimulatoren, finden sich auch einige der bekanntesten deutschen Spielehersteller und ihre Produkte unter den Antragstellern. So empfängt Blue Byte, Entwickler der bekannten “Anno”-Städtebaureihe für seinen neuesten Ableger “Anno 117” ganze 5,7 Millionen € an Fördermitteln. Allerdings ist Blue Byte nicht unabhängig, sondern schon längst Teil von Ubisoft, einem der weltweit größten Konglomerate auf dem Videospielmarkt, das einige der erfolgreichsten Spielereihen der Welt produziert und vertreibt.
Eine weitere knappe Million fließt nach Gütersloh zu den Gaming Minds Studios für die Entwicklung des “Season Pass”, also eines Erweiterungspakets, des erfolgreichen Managementspiels “Railway Empire 2”. Ob die millionenschwere Förderung bestehender Spielereihen, die sich durch ihren Erfolg selbst tragen sollten, wirklich die bestmögliche Nutzung begrenzter Fördermittel ist, darf zumindest bezweifelt werden.
Viel offensichtlicher wird der dubiose Einsatz von Fördermitteln dann schon bei Projekten wie “Modern Snake”, einer browserbasierten Neuauflage des von Nokia-Handys populären Spiels “Snake”, dessen Innovation darin besteht, dass man sich “spieltechnisch vom quadratischen Raster” verabschiedet. Das angefügte Bild zum Projekt sieht aus, als hätte es ein 5-Jähriger auf einem Tablet gemalt, dem Wirtschaftsministerium war es dennoch satte 176.000 € wert. Dafür kann Entwickler kr3m Media auf seiner Webseite stolz Zitate zufriedener Kunden platzieren, zu denen die Süddeutsche Zeitung, der Standard und der Spiegel gehören.
Das Projekt “Flight Sim” hingegen weckt mit seinem Titel große Erwartungen, doch ein Blick in die Beschreibung offenbart, dass es sich um ein 2D-Flugspiel für Handys handelt, das grafisch den Charme des Amiga-Klassikers “Wings of Fury” versprüht. Dennoch pocht der Entwickler darauf, es würde “eine realistische Physiksimulation eingesetzt, um dem Spiel einen hohen Grad an Echtheit zu verleihen”. Fördersumme? 370.000 € flossen zwischen Juni 2023 und Ende Juli 2024 an die Berliner UG Spark Games. Trotz vollendeter Förderung im Zeitraum von 14 Monaten gibt es allerdings auf der Webseite von Spark Games noch nichts weiteres zu sehen, als den Hinweis, dass es bald etwas zu sehen gäbe. In Appstores fehlt ebenfalls jegliche Spur des Spiels. Einzig der Gründer von Spark Games gibt leichten Anlass zur Hoffnung, es könne sich doch nicht um vollkommenen Betrug handeln. Dieser arbeitete nämlich für einige Jahre als Produktmanager bei Kolibri Games und hat auch ein wenig Erfahrung mit der Entwicklung von Spielen vorzuweisen. Doch einen Monat nach Ende des Förderzeitraums, könnte man für 370.000 € schon etwas mehr Anschauungsmaterial erwarten – genauer gesagt: überhaupt etwas Anschauungsmaterial.
Während aber für den Chef von Spark Games zumindest seine berufliche Vorerfahrung spricht, stellt sich bei “Projekt Atlas” der Chronos North GmbH aus Mörlenbach die Frage, aufgrund welcher Qualifikationen oder Versprechungen über 391.000 € bis Ende dieses Jahres ausgeschüttet werden sollen. Die Inhaltsbeschreibung auf der Webseite des Ministeriums liest sich, als wäre sie von einer frühen Text-KI geschrieben worden: “Beim „Projekt Atlas“ handelt es sich um ein Simulationsspiel. Das Spiel wird leicht zugänglich sein und eine gelungene Kombination aus Simulationselementen bieten, um den Spielspaß zu erhöhen.” Freunde von Star Trek Voyager fühlen sich dabei unweigerlich an die halb-androide Seven of Nine erinnert, die einmal eine Kinderfeier mit der trockenen Ansage “Der Spaß wird nun beginnen” einleitete.
“Projekt Atlas” wirbt auf der Seite des Ministeriums mit einer alten Weltkarte, sodass man denken könnte, es handele sich um ein historisches Szenario. Tatsächlich dürfte es sich aber um das auf der Plattform Steam notierte Spiel “Ice Truckers” handeln, für das es allerdings außer einigen wenigen Bildern eines LKWs in einer hyperboreal anmutenden Landschaft keine Informationen zu Inhalt, Umfang und Veröffentlichungsdatum gibt. Die Webseite von Chronos North wirkt hingegen so vertrauenswürdig wie die einer Briefkastenfirma auf den Cayman Inseln. Vier unerläuterte Bilder einer nördlichen Landschaft – in denen allerdings vielmehr ein Schlauchboot, denn ein LKW die Hauptrolle zu spielen scheint – wechseln sich hier im tristen Karussell ab. Ansonsten keine Informationen zu möglichen früheren Veröffentlichungen oder einem sonstigen Firmenprofil.
Nur über das Impressum erfährt man den Namen des Geschäftsführers, eine kurze Internetsuche ergibt, dass der Herr in den vergangenen Jahren mehrere Versuche unternahm als Gastronom im Raum Augsburg/Neu-Ulm Fuß zu fassen, die offensichtlich alle scheiterten, bevor er im Jahr 2022 die Chronos North gründete. Darüber hinaus läuft allerdings noch eine weitere Firma auf die selbe Adresse, die wiederum von einem Bielefelder geleitet wird und die immerhin bereits eine redlich erfolgreiche Feuerwehrsimulation vorzuweisen hat.
Ein Unternehmen eines umgesattelten Gastronomen ohne nennenswerte Vorerfahrung in der Spieleentwicklung erhält also für ein Projekt, dessen Beschreibung dadurch punktet, dass es “eine gelunge Kombination vom Simulationselementen bieten” will, “um den Spielspaß zu erhöhen”, von Robert Habecks Ministerium fast 400.000 € an Steuergeldern. Wer jemals bereits für weitaus niedrigere Summen Fördermittelanträge einreichen musste und die damit verbundenen Schwierigkeiten kennenlernte, wird aus dem Staunen nicht herauskommen, wie es möglich sein kann, dass Gelder hier derart bereitwillig verschleudert werden.
Deutschland will in punkto Ideologie nachziehen
Positiv hervorzuheben ist aber an den geförderten Projekten, dass diese in den meisten Fällen kaum ideologische Schlagseite aufweisen. Erst auf Seite 10 der Liste des Ministeriums trifft man auf das Projekt “Climate Time Machine”, das “Zeitreisen in die Klimazukunft” ermöglichen soll. Erstellt wird das Projekt der Sciara GmbH aus Berlin in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer “Institut” für Klimafolgenforschung. Der Fokus liegt darauf, sich schuldig zu fühlen und die Spieler danach zu politischem Handeln aufzustacheln. Mit einer Fördersumme von 167.000 € muss man konstatieren, dass es angesichts der Verschwendung an anderen Stellen noch recht günstig ausfällt.
Allerdings darf und muss man davon ausgehen, dass mit dem Einstieg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zukunft eine deutliche Verschiebung der Förderung ins Politische einhergehen wird. Die nach wie vor auszuhandelnden Nachfolgemodelle zur Förderung von Videospielentwicklung werden dieser Tatsache sicherlich Rechnung tragen und es wäre eine Überraschung, wenn die neuen Regularien nicht ideologischer ausfallen würden, als sie es jetzt sind.
Damit würde Deutschland auch in Sachen Videospielen den ideologischen Anschluss finden. Denn international sind politisch-ideologische Spiele schon längst kein Novum mehr. Pünktlich zur Flüchtlingskrise veröffentlichte die BBC 2015 “Syrian Journey” als Browserspiel auf ihrer Webseite und zeichnete mit vereinfachenden Klischees die Erfahrung syrischer Flüchtlinge nach. Bereits 10 Jahre zuvor legte allerdings schon das UN-Flüchtlingswerk mit “Last Exit Flucht” vor und erhielt dafür auch prompt eine Reihe von Preisen.
Perfektioniert wurde dieses Modell 2008 mit der Veröffentlichung von “Frontiers”, einem 3D-Spiel, in dem man entweder als afrikanischer Flüchtling, oder als Grenzwächter spielt – migrationsfreundliche Botschaft inklusive. Das Spiel wurde zwar als Modifikation für das Spiel Half-Life 2 veröffentlicht, das hinderte aber das verantwortliche “Künstlerkollektiv” aus Österreich nicht daran, Fördermittel der European Cultural Foundation, des österreichischen Kultusministeriums, von Stadt und Land Salzburg, sowie vom Kulturfonds der ERSTE Sparkasse zu erhalten.
Es ist wohl sehr wahrscheinlich, dass mit dem anstehenden Reformstaatsvertrag, sowie der notwendigen Anpassung der Förderrichtlinien infolge des Wildwuchses bei der Fördermittelvergabe, diese Modelle zunehmend auch auf dem deutschen Markt Einzug halten werden, entsprechende Förderungen inklusive. Die verbliebenen kreativen Entwickler könnten dann wohl durch die Finger schauen.
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Über Games aus Deutschland kann man sich doch nicht beschweren. Die Bundesregierung fördert Reality-Games mit Milliardenaufwand. Schauen Sie nach Solingen. Da laufen Sie doch, mit echtem Blut und Toten. Haben einen richtigen reality Grausel-Effekt. Mehr Förderung geht doch gar nicht, Milliarden werden in diesen Markt gepumt. Da ist doch klar, dass für andere Games kein Geld mehr da ist.
Die Bundesregierung setzt ihre Gelder doch effizient in ihrem Interesse ein.
Mein Tipp an die ARD: Lizenziert MadTV ein. Ist ein Spiel von Anfang der 90er Jahre. Technologisch also weiter als alles was Eigenentwicklungen der ARD schaffen werden. Das Beste daran: Das können die ÖRR-Verantwortlichen selber spielen und üben.
Die ARD hat doch gar nichts entwickelt! Sie stellen diese Programme, die man hier großspurig als Spiele bezeichnet, lediglich online. Die Entwickler sind private Unternehmen, aber ganz bestimmt nicht die ARD.
Wieso muss überhaupt etwas vom Staat gefördert werden, egal ob Wirtschaft oder NGOs?
Der Staat geht, wenn er sowas finanziert, nur seinen Hobbys nach.
Für die Misserfolge dieser sozialistischen Marktlenkung und ungerechten Marktverzerrung wird hinterher kein Politiker persönlich zur Verantwortung gezogen.
Gehen Sie doch mal 50 Jahre zurück und schauen sich dann an, was Jahr für Jahr bis heute gefördert wurde. Diese Förderungen gehen insbesondere an alles im Bereich Kultur und Bildung (inkl. Politische Bildung); das ist doch hoffentlich keine Neuigkeit.
Die „Games-Förderung“ dient wie die deutsche Filmförderung der politisch korrekten Gleichschaltung, aka Propaganda.
Ich sehe da einen grenzenlos ungeschickten Versuch, Propaganda zu modernisieren für die Zielgruppe „junge Leute“ – was sich alte Leute in den Parteiführungen darunter vorstellen.
Ähnliche Projekte laufen auf social media weitstgehend unbemerkt von der anvisierten Zielgruppe.
Sie können es nicht.
Glücklicherweise.
Dieser Tage beim Autofahren im DLF ein Interview im Context GamesCom mit einem deutschen Spiele-/Medienfuzzi gehört „Deutsche Entwickler machen das anders als große englischsprachige Anbieter mit ihren Erfolgsspielen in etlichen Auflagen“. Recht hat er, die machen keine großen Spiele mehr (Wie das olle Siedler eins war, Anno ist auch totgeritten und als online game voll gefloppt.), die machen nur noch klein-klein-Müll mit Botschaften und sperren dafür das Maul weit auf. Das Zeug landet zwar noch nichtmal auf den smartphones, aber das moralische Sonnengeflecht strömt warm und mit Staatsknete kann man davon leben, so als Pixelschmied a la Kerzenzieher und Seifensieder… Mehr
Die deutsche Games-Industrie klagt im Rahmen der Gamescom über mangelnde Förderung……genau diese denkweise hat uns auch dahin gebracht wo wir sind. Es scheint ja das die wirtschaft/industrie nichts mehr auf die reie bekommt wenn nicht soziale leistungen (förderungen) fließen. Würde mich nicht wundern wenn auch die Games-Industrie über die hohen steuern in deutschland jammert – JA was denken diese leute eigentlich woher die ganzen subventionen (förderungen) kommen! Wenn dann sollte man geringere steuern fordern aber nicht um förderungen betteln.