Wie die politische Vernunft in Europa vor dem Islam versagt

Der Philosoph Rudolf Brandner analysiert, warum angesichts der stetigen Massenzuwanderung von Muslimen eine kulturelle Islamisierung droht, gegen die Europa geistig weitgehend wehrlos ist.

Nachdem der am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) forschende, niederländische Soziologe Ruud Koopmans im vergangenen Jahr unter dem Titel „Die Asyllotterie“ bei C.H. Beck die anhand von Arbeitsmarktdaten und Kriminalitätsstatistiken bislang am solidesten empirisch recherchierte, kritische Bilanz der seit dem Jahr 2015 anhaltenden Massenzuwanderung von Muslimen in die EU veröffentlicht hat, ist in diesem Jahr in der Werkreihe von Tumult (Manuscriptum) eine weitere Bilanz zu diesem Thema erschienen.

Ihr Verfasser, der in Freiburg lebende Philosoph Rudolf Brandner, befasst sich darin allerdings nicht, wie Koopmans, vorrangig mit den sozio-ökonomischen Folgen einer gescheiterten europäischen Asyl- und Migrationspolitik für die Aufnahmeländer, sondern mit der Frage, welche Folgen die muslimische Massenzuwanderung für das geschichtlich gewachsene, kulturelle Selbstverständnis der Europäer sowie für das heutige, vor allem aber auch zukünftige gesellschaftliche Zusammenleben in ihren jeweiligen Heimatländern hat.

Brandner geht es dabei um die tieferen Gründe für all die sozio-kulturellen Konflikte zwischen den Mehrheiten autochthoner Europäer in den verschiedenen Ländern der Europäischen Union (EU) auf der einen und deren muslimischen Minderheiten auf der anderen Seite, die inzwischen in immer mehr EU-Ländern zutage treten.

Laut Brandner müssen sich diese Konflikte weiter verschärfen, da es sich beim Islam um eine monotheistische Heilslehre handelt, die sich im Unterschied zum ebenfalls monotheistischen Christentum bis heute weigert, „Glauben und Offenbarungswahrheit durch das Erkennen neu zu klären.“ Während das Christentum diesen Klärungsprozess mit Hilfe der Philosophie der Aufklärung längst durchlaufen hat, verweigern sich die maßgeblichen und entsprechend einflußreichen Denkschulen des Islam nachhaltig diesem Prozeß. Sie fordern stattdessen laut Brandner seit einigen Jahren von ihren Gläubigen vermehrt eine „bedingungslose Unterwerfung unter die archaische Offenbarungstheologie eines ‚Propheten‘ und seiner ‚Gesetze‘ (sharia).“

Dieser Forderung gegenüber stehe der in Europa entstandene, „neuzeitliche Paradigmenwechsel von einer religiös fundierten zu einer durch die Autonomie des Erkennens geleiteten Welt“, die sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte gegen die dort lange vorherrschende christliche Offenbarungslehre zweifelsfrei durchgesetzt hat. Das hat, so Brandner, zum einen dazu geführt, dass der religiöse Glaube in Europa zu einer privaten Angelegenheit autonomer Individuen geworden ist, die frei für sich entscheiden können, ob und, falls ja, wie sie entlang religiöser Regeln und Vorschriften ihr Leben gestalten wollen.

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Zum anderen war die Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Zusammenleben und ihre Reduktion auf eine Privatangelegenheit laut Brandner die Voraussetzung für die Entstehung und ständige Weiterentwicklung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, der Europa seit der Aufklärung wirtschaftlich und kulturell auszeichnet.

Da sich der Islam nach wie vor aller philosophischen und religionskritischen Aufklärung verweigert, ist es, so Brandner, nicht weiter verwunderlich, dass die islamische Welt bis heute so gut wie keine selbst generierten Beiträge zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt vorweisen kann. Die islamische Welt ist deswegen im Verlauf der Zeit auch wirtschaftlich immer weiter hinter Europa zurückgefallen.

Diese Rückständigkeit ist, in Verbindung mit sehr hohen Geburtenraten, laut Brandner, der Hauptgrund für die Auswanderung so vieler junger Muslime nach Europa, sei es auf dem Asylweg oder auf dem Weg regulärer Arbeitsmigration. Sie suchen dort den Zugang zum westlichen, von modernen Technologien geprägten Lebensstandard, über den sie in ihren Heimatländern kaum oder gar nicht verfügen. Gleichzeitig lehnen viele von ihnen die diesem Lebensstandard zugrunde liegende, säkulare Weltsicht und Lebensweise aber ab und importieren stattdessen eine, an modernen Maßstäben gemessen, streng religiös geprägte Weltsicht und Lebensweise nach Europa.

Dieser Blick auf die muslimische Massenzuwanderung ist nicht neu und wird auch von anderen Kritikern dieser neuen Völkerwanderung schon länger vorgetragen. Anders als viele von ihnen, sieht Brandner im islamischen Religionsimport aber keine Gefährdung einer christlich-jüdischen, sondern der inzwischen weitgehend säkularisierten europäischen Kultur. Dieser führt laut Brandner beim „modernen Menschen“ in Europa zwangsläufig zur Wiederkehr eines „Gespenstes der Vergangenheit“, einem „Déjà-vu, das in geradezu verdichteter und übersteigerter Form wieder aufleben läßt, wovon er sich im schmerzhaften Geschichtsprozess der Neuzeit befreit hat: dem christlichen Wahrheitsmonopol des christlichen Monotheismus.“

Den Anspruch auf dieses Wahrheitsmonopol melden nun, unter Berufung auf die in Europa geltende Religionsfreiheit, zusehends lautstarker nicht mehr die verbliebenen Christen und die im Niedergang sich befindenden christlichen Kirchen, sondern muslimische Gläubige und deren Interessenverbände an.

Dabei wird laut Brandner völlig ausgeblendet, dass die islamische Lehre selbst keinerlei Anspruch auf Religionsfreiheit nach aufgeklärt-säkularem Verständnis kennt. Religionsfreiheit in Europa impliziere nämlich gerade „die Pflicht, ihre geschichtlichen und begrifflichen Bedingungen anzuerkennen: die Transzendenz und Neutralität der staatlichen Rechtsordnung gegenüber allen religiösen Partikularitäten, ihre Freiheit von der Religion.“

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Genau davon wollen die meisten islamischen Gelehrten, von Ausnahmen abgesehen, bis heute aber nichts wissen, würde eine so verstandene und praktizierte Religionsfreiheit doch ein Recht auf Ungläubigkeit begründen, das der islamischen Lehre diametral widerspricht. Die in Europa verfassungsrechtlich verankerte Religionsfreiheit wird so „gegen ihren ursprünglichen Sinn verkehrt und zur Begründung der Akkulturationsverweigerung mißbraucht“, die tief im muslimischen Glauben verankert ist. Der Blick des religiös zunehmend strengeren Islam auf die westliche Zivilisation könne angesichts deren Gottlosigkeit nämlich „nur einer der Verachtung sein.“ Wer das Land, in das er einwandert, aber verachtet, wird sich an dessen Kultur kaum oder gar nicht anpassen, es schlimmstenfalls sogar bekämpfen.

Der sich so verschärfende „Kampf der Kulturen“ zwischen einem nicht zuletzt auch unter europäischen Muslimen an Einfluß gewinnenden, strengen islamischen Offenbarungsglauben auf der einen und europäischer Säkularisierung auf der anderen Seite bildet das Grundmotiv von Brandners Buch, das damit einen bislang eher unterbelichteten Aspekt in der Auseinandersetzung mit der muslimischen Massenzuwanderung nach Europa zum Thema macht. Ergänzt wird dieses Grundmotiv durch Betrachtungen unterschiedlicher Aspekte des Versagens der politischen Vernunft in Europa gegenüber den Gefahren seiner fortschreitenden Islamisierung.

Besonders lesenswert sind in diesem Zusammenhang unter anderem seine „Analytik des Gutmenschen“, seine Überlegungen zu „Migration und Revolution“ oder auch seine Ausführungen über „Invasive und akkulturierende Migration“. Mit ihnen erklärt er seinen Lesern unter anderem, was die geistigen Hintergründe des um sich greifenden Moralfanatismus sind, der nicht mehr zwischen Individualmoral und Politik zu unterscheiden weiß, wie die Massenauswanderung die schlechten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in den islamischen Ländern stabilisiert und worin der Unterschied zwischen Einwanderungsländern und Zuwanderungsländern besteht.

Dabei wird deutlich, wie geschichts- und kulturvergessen, um nicht zu sagen geistig verwahrlost inzwischen vor allem die Westeuropäer angesichts einer Massenzuwanderung von Menschen aus einem Kulturkreis geworden sind, der der modernen europäischen Kultur über weite Strecken nicht nur fremd, sondern erklärtermaßen feindlich gegenübersteht.

Wer mehr über die tieferen Gründe dieser Geschichts- und Kulturvergessenheit erfahren und außerdem wissen will, welche Folgen sie für die Auseinandersetzung mit dem Islam in Europa haben, findet in Brandners Buch eine ebenso ideen- wie facettenreiche Beschreibung von beidem.

Rudolf Brandner, Muslimische Immigration und das Versagen der politischen Vernunft Europas. Manuscriptum, Klappenbroschur, 134 S., 23,00 €.


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Kommentare ( 19 )

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Aboriginal
20 Tage her

Damit wird auch deutlich, warum sich in Indien die Hinduisten, die ihre negativen Erfahrungen mit der „Friedensreligion“ schon hinter sich haben, so vehement gegen eine weitere islamische Beglueckung wehren.

LiKoDe
1 Monat her

Europa wurde von einigen „Aufklärern“ [Lessing 1779 Nathan der Weise, …] geistig weitgehend wehrlos gegen den Islam gemacht.

Von diesen „Aufklärern“ wurde vor allem die katholische Kirche aber eben auch das Christentum angegriffen und gleichzeitig die „weisen Araber“ angepriesen.

Der Gleichsetzung der drei monotheistischen Religionen [Judentum, Christentum, Islam] in Nathan der Weise folgt das Zweite Vatikanische Konzil [1962-1965] und erklärte den Islam zur Religion.

Die daran anschliessende und von „schwarz-rot-grünen Aufklärern“ gefeierte und geförderte islamische Kolonisierung europäischer Staaten schaffte/schafft die heute unübersehbaren und wohl unumkehrbaren Verhältnisse.

Waehler 21
1 Monat her
Antworten an  LiKoDe

Mag sein, dass Habeck Natan der Weise gelesen hat, den anderen von den Grünen würde ich das erst einmal nicht glauben.
Das wäre nämlich deutsche Kultur, die es ja zu verdammen gilt.
Da bin ich wieder bei meiner favorisierten Behauptung, denen geht es gar nicht um irgendetwas gewachsenes, die wollen nur zerstören und in ihrer Fantasie ihr „Reich“ auf der Asche Deutschlands neu errichten.
Deshalb muss alles was funktioniert zerstört werden oder so völlig überlastet, dass es nicht mehr funktioniert. Anarchisten eben.

Paul987
1 Monat her

Allein das Wort „Islamisierung“ im Prolog des Artikels, reicht ja für den VS unter Haldenwang & seinen Antifa-Mitstreitern in Politik, Medien und Gesellschaft aus, dass man diesen Text als „rechtsextremistisch“ verurteilen kann. Ohne jedwede inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text. Das Wort im Prolog reicht und der Text ist als toxisch für jedermann erklärt und Chef-Ideologen wie Haldenwang/Faeser müssen sich mit dem Problem nicht auseinandersetzen.

Die politische Linke von Merkel-CDU bis Linkspartei wollen das alles wie gehabt einfach weiter läuft, bis zur völligen kulturelle & wirtschaftlichen Zerstörung der Bundesrepublik Deutschland.

the NSA
1 Monat her

TE braucht mehr von solchen Articles.
Wenn es vom Buch eine englische Version gaebe, wuerden viele das in USA/UK/AUS lesen.

hansgunther
1 Monat her

Ein Kulturkreis, der das „Messer“ als schärfste Waffe seiner religiösen Überzeugungen in unseren Alltag, täglich integriert, ist verfangen in seiner eigenen Welt und wird diese auch nicht verlassen. Verlassen müssen diese „neue“ Welt, die, die diesem Ungeist den Weg bereitet haben. Omas gegen Rechts werden das Ende nicht mehr erleben, ihre Enkel schon! Eine politische Clownsklasse, die das Alles anrichtet, so dem eigenen Volk einen „blutigen“ Niedergang aussetzt, ist noch verkommener als die Messerfetichisten!
Aber noch schlimmer ist es, daß wir diese Volksvernichter nicht zum Teufel jagen!

Juergen Waldmann
1 Monat her

«Der muslimische Antisemitismus ist der gefährlichste», sagt Michael Wolffsohn ! Der deutsch-jüdische Historiker Michael Wolffsohn sieht drei Quellen des wieder aufflammenden Judenhasses. In der Ausgabe von «NZZ-Standpunkte» spricht er über das Bündnis von linkem und muslimischem Antisemitismus und erklärt , wieso ihn die Ausfälle der AfD am wenigsten schrecken .Wenn sich die Juden in Europa dies zu Herzen nehmen , dann sollten sie auch keine Brandmauer zur AfD unterstützen . Mir sind bisher keine Aussage von AfD Politikern bekannt , die die Vernichtung des Staates Israel fordern ! Aber wer von unser Ampel die Zweistaatenlösung von den Juden fordert ,… Mehr

Flik Flak
1 Monat her

Der Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini war eine prominente religiöse und politische Figur im frühen 20. Jahrhundert und hatte enge Verbindungen zu verschiedenen anti-westlichen und anti-israelischen Bewegungen. Er war bekannt für seine radikalen Ansichten und seine Bemühungen, islamistische Ideologien zu verbreiten. Während des Zweiten Weltkriegs kollaborierte er mit den Nazis und propagierte die Idee, dass Muslime im Kampf gegen die westlichen Mächte und den Zionismus vereint sein sollten. Al-Husseini behauptete, dass der Islam eines Tages den Westen durch die Anwendung von dessen eigenen demokratischen Prinzipien und rechtlichen Strukturen überwinden würde, indem er die westliche Toleranz und die Freiheit des religiösen… Mehr

Last edited 1 Monat her by Flik Flak
Juri St.
1 Monat her

Brandner bestätigt im Grunde, dass beginnend mit Merkel und fortgeführt durch die Politik der Ampel das westliche Europa systematisch zerstört werden soll und zwar zum einen durch die möglichst unumkehrbare Zerstörung der Energieversorgung (wie z. B. der beabsichtigte Rückbau der Gasnetze oder der Ausstieg aus der Kernenergie mit Rückbau der Kraftwerke) zum anderen durch die ungeregelte Massenzuwanderung kulturfremder Menschen (s. o. Brandner). Ein kluger Kopf sagte mal, dass Merkel in 16 Jahren im Alleingang geschafft hat, was der Ostblock in 60 Jahren kaltem Krieg nicht geschafft hat, nämlich die nachhaltige Schwächung des westlichen Europa. Was mich dabei am meisten wundert… Mehr

Sozia
1 Monat her

Die Grundverdrehung der Wahrheit in Sachen Islam ist die Gleichsetzung mit dem Islam mit „Rasse“ oder „Ethnie“ und seine Ablehnung dementsprechend „Rassismus“ oder gar eine vermeintliche psychische Störung „Islamophobie“. Der Islam ist aber eine Ideologie. Keine Religion im eigentlichen Sinne, diese wäre nicht politisch oder gesellschaftsformend. Der Islam ist eine Ideologie und im Sinne der mitteleuropäischen Werte keine gute, da sie verschiedene Wertigkeiten für Muslime und Nichtmuslime bis zur Tötungsaufforderung der „Ungläubigen“ enthält und Abwertung und Unterdrückung der Frau. Und zwar schon laut Urschrift. Selbstverständlich lehnt ein gebildeter Europäer in der Regel eine solche Ideologie ab. Der Islam ist weder… Mehr

GWR
1 Monat her

Einfach mal Sarrazin lesen.
Egal wie man zu dem steht, er hatte in allen Punkten recht,