Die liberale Ordnung wird von Linken als Ursache der Finanzkrise, von Rechten als Bedrohung nationaler Identität kritisiert. Dem widerspricht Thomas Mayer und zeigt in seinem neuesten Buch "Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde", warum wir den Prinzipien des Liberalismus verdanken, was wir erreicht haben und was wir sind.
„Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit. Das ist der Grund, warum die meisten Menschen sich vor ihr fürchten.“ George Bernhard Shaw
Thomas Mayer hat ein bemerkenswertes Buch geschrieben. Sein Gegenstand ist die Freiheit. Während er die vielfältigen Gefahren und Bedrohungen der Freiheit durch die Apologeten des Bevormundungsstaates auflistet, macht er mit tiefen Exkursionen in die liberale Ideengeschichte eines deutlich: Die Freiheit ist konstituierendes Merkmal des Menschseins überhaupt. Der freie Wille ist das Geschenk des Schöpfers, welches uns aus der Anonymität der Maschinen, der instinkthaften und triebhaften Wesenheit der Tiere heraushebt und jedem Menschen seine Einmaligkeit, seine Individualität und seine Würde gibt.
Indem er das aufzeigt, reisst Thomas Mayer den sich als Wohltätern und Gutmenschen gerierenden Feinden der Freiheit die Maske vom Gesicht und zeigt auf, wie ihre tutelage in die Knechtschaft, Abhängigkeit, Armut und den Zerfall der Gesellschaft führt. Er steht damit in bester Tradition von Hayeks und von Mises‘, aber er stellt das philosophische Gebäude des Liberalen Denkens in unseren heutigen Kontext und führt die argumentative Leere der neo-sozialistischen Bürokratieprofiteure vor.
Die ersten vier Kapitel dienen der Einleitung und dem Aufbau des analytischen Gerüstes klassischer österreichischer Schule. Sodann knöpft sich der Autor in Kapitel 5 die fundamentalen Irrtümer des sogenannten „dritten Weges“ und seiner geldpolitischen Fußtruppen vor und enttarnt sie als das, was sie in Wahrheit sind: Kein Mittelweg zwischen Markt und Sozialismus, sondern der Schleichpfad in den gesellschaftlichen Zerfall, an dessen Ende wiederum nur die Knechtschaft in fürsorglicher Tarnung wartet. Insbesondere die Blasenökonomie der Geldpolitik, die den Wohlstand der fleißigen und gut wirtschaftenden Bürger zur Beute einer Spekulations-Finanzialisierung macht, wird von Thomas Mayer in ihrer ganzen kleptokratischen Armseligkeit demaskiert.
Ein besonderes Lesevergnügen ist Kapitel 6. Dies vor allem deshalb, weil er, gestützt auf Mancur Olson, die Rolle des Staates in radikaler Grundsätzlichkeit problematisiert. Der Staat ist eben historisch nicht das Ergebnis eines Gesellschaftsvertrages, den seine Bürger zum gemeinsamen Nutzen abgeschlossen haben. Das ist eine dem Wunschdenken entsprungene Schönmalerei von Philosophen, die in ihm eine Kraft des Guten sehen wollten. In Wahrheit ist er das historische Ergebnis von Banditenbanden und zwar der Übergang von marodierenden Wanderbanditen zum stationären Banditen. Gewissermaßen die Evolution vom Raubüberfall zum Schutzgelderpresser, der insoweit am Wohlergehen seiner Opfer interessiert ist, als er sie immer wieder berauben können möchte. Der Staat ist ein Haifisch, der sich für das Wohlergehen der Makrelenschwärme interessiert, damit er auch morgen noch etwas zu fressen hat.
Besonders lesenswert in diesem Zusammenhang ist es, wie der Autor auf den Seiten 116 ff. die Geschichte vom Klimawandel und ihre Profiteure im Schnelldurchgang zerpflückt. Das sollte jeder lesen, der diese Story vom Pferd immer noch glaubt. Sein Fazit: Die Kosten der Energiewende sind eine Art von Ablasshandel, der sich wie schon sein großes Vorbild auf Aberglauben stützt.
Mit der gleichen Gründlichkeit analysiert Thomas Mayer die schlimmsten und größten Verfehlungen und Wohlstandsvernichtungen des sogenannten Wohlfahrtsstaates inklusive seiner neusten Ausgeburt, dem „allgemeinen Grundeinkommen“. Und wieder wird beim Lesen klar: Die Ökonomie ist halt keine Wissenschaft der Töpfe, sondern eine der Anreize und wer das nicht bedenkt, liegt schief – und zwar immer!
Ab Kapitel 7 wagt das Buch einen Blick in die Zukunft, die sich bereits deutlich abzeichnet, weil das Versagen des sozialistischen „dritten Weges“ immer tiefere Schäden an unserer Gesellschaft anrichtet. Er zeigt auf, wie ein sich dem Volk entkoppelnde Elite die Welt in Insider und Outsider aufteilt, wie die Entkoppelung von Freiheit und Verantwortung in der organisierten Verantwortungslosigkeit mündet und welche Folgen eine ungehinderte und unkontrollierte Zuwanderung für die Stabilität unserer Ökonomie haben muss.
Weil das Versprechen von Sicherheit des Vormundschaftsstaates nicht eingehalten wird, indem der umverteilenden Klasse das Geld anderer Leute ausgeht, kommt es schließlich und endlich zum Aufstand der Mündel. Er entzündet sich vor allem am Verteilungskampf mit dem von den Eliten eingeladenen neuen Proletariat, das mit dem gemeinen Volk um Ressourcen, Sozialleistungen, Jobs und Wohnungen konkurriert. Das Ergebnis ist der Aufstieg populistischer Parteien von rechts und links. Sie nimmt in den einzelnen Ländern unterschiedliche Formen an, aber sie stellt die Machtfrage.
Und für uns alle stellt sich die Systemfrage. Wir müssen uns entscheiden. Neue Modelle sind im Angebot, vorweg das Chinesische Modell, welches den westlichen Liberalismus als gescheitert ansieht und eine autoritär gelenkte Marktwirtschaft anbietet. Man sollte sich, so Thomas Mayer, aber nicht täuschen: Dieses Modell ist die Kapitulation der Freiheit vor der Unfreiheit. Nur ein weiterer großer Schritt in Richtung Knechtschaft und Sklaverei, denn wenn nicht das Recht herrscht, sondern ein wohlwollender Diktator, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann der Diktator oder seine Nachfolger genau das nicht mehr sind: wohlwollend.
Einen längeren Abschnitt widmet der Autor beim Thema Eigentumsrechte dem Geldsystem, weil unser Fiat-Geldsystem einen enteignungsgleichen Charakter angenommen hat, der dringend der Korrektur bedarf. Außerdem plädiert er dafür, dies nicht in einem radikalen großen Sprung zu versuchen, sondern der „Stückwerk-Technik“ Karl Poppers zu folgen und die marktwirtschaftliche und gesellschaftliche Erneuerung in vielen kleinen Schritten anzustreben.
Dies ist der eine Punkt, wo ich dem Autor nicht folgen kann: Die Stringenz seiner Zustandsbeschreibung unserer Gesellschaft läuft auf eine krisenhafte Katharsis hinaus. Die Revolution hat ihren Vormärz. Einer stufenweisen Erneuerung werden sich die korrupten Eliten mit allem verweigern, was ihnen zu Gebote steht. Aber wenn das Kartenhaus der von Dopingmitteln zusammengehaltenen Scheinblüte in sich zusammenbricht, wird die Gesellschaft vor die Wahl gestellt: Freiheit oder Sozialismus. Die Freiheit muss daher jetzt vorgedacht werden. Dafür brauchen wir Köpfe wie Thomas Mayer.
Thomas Mayer, Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde. Vom Aufstand der Verlassenen gegen die Herrschaft der Eliten. FBV, 240 Seiten, 17,99 €
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Lieber Herr Krall,
den politischen Thriler zu den zum Thema hat Frank Jordan geschrieben, „Ares“ erschienen im Lichtschlag Verlag.
Ich persönlich habe den Eindruck, die beschriebenen Entwicklungen in Staat, Politik Gesellschaft und Wirtschaftsordnung sind so weit fortgeschritten, dass eine Rückbesinnung und Neuausrichtung im Sinne von von Thomas Mayer unwahrscheinlich scheinen.
Wir steuern auf eine Phase dauerhafter Unfreiheit, Verarmung und Unterdrückung zu. Demokratie, Recht und Freiheit des Einzelnenwerden es jedenfalls schwer haben.
Die guten Zeiten für alle sind vorbei und das ist so gewollt.
Freiheit ist wichtig, aber Freiheit bedeutet nicht Anarchie. Wenn nur jeder sich selbst überlassen wird, wird alles gut, funktioniert so nicht. Freiheit muss eben auch reale Chancen beinhalten, wer nach Höherem strebt muss auch eine reale Chance auf eine Verbesseung haben. Der doppelt freie Lohnarbeiter von Marx ist sehr frei, aber er hat keine Chancen. Deutschland ist weniger vom Sozialismus als vom Ständedenken bedroht. Nur nichts ändern, noch mehr regeln, damit auch ja nichts passiert. Das ist allerdings keine Freiheit. Das bedingungslose Grundeinkommen und ähnliche Ideen entspringen der Idee, dass wenn für das Notwendigste gesorgt ist der Mensch frei ist.… Mehr
«Entre le faible et le fort, c’est la liberté qui opprime et c’est le droit qui libère».
[«Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Recht, welches befreit.»]
Jean-Jeacques Rousseau
Freiheit zu …richtig verstanden und nicht als Libertinage, Hedonismus oder ungehinderte Affektabfuhr u.a. ist für die meisten versorgungsorientiertenDeutschen eher Bedrohung und negativ konnotiert. An politischer und vor allem verantwortlicher Freiheit besteht hierzulande wenig Interesse, an Absicherung durch wen auch immer insbesondere bei eigenem fahrlässig/ unvernünftigen Verhalten ( Affektauslebung ) sehr wohl. Freiheit ist der Banker, der mir ein Produkt aufschwatzt, obwohl ich doch „nur“ mindestens 10 % Rendite, volle Steuerersparnis und kein Risiko wollte. Freiheit ist die nicht mehr vermittelte und äußerst ungeliebte Konsequenz für mein Handeln oder Unterlassen, wo es doch genug Instanzen gibt, die dann für mich einspringen,… Mehr
Thomas Mayer gehoert zur geistigen Elite, die sich nur noch wenig Gehoer verschaffen kann. Ich will nur auf die Schnelle ein paar wenige Namen nennen: Thorsten Polleit, Hans-Werner Sinn, Charles Blankart, Christoph Braunschweig, Bernd Raffelhueschen. Deren Beitraege finde ich bereichernd. Ob sich diese geistige Elite wohl trifft, austauscht, organisiert, sich ihrem Totschweigen entgegenstellt, kommuniziert?
Leider ist der Wirtschaftsliberalismus mit einem schrankenlosen Werte-Liberalismus (um nicht zu sagen -Nihilismus) sehr eng verzahnt, da er auf der Suche nach immer neuen Profitquellen – beinahe zwanghaft – letztendlich alle Tabus aufheben muss.
Der französische Philosoph Luc Ferry (Erziehungsminister im Kabinett Raffarin) hat die enge »Verwandschaft« beider Liberalismen in dem Buch »Quel devenir pour le christianusme?« sehr schlüssig analysiert.
Ich denke Sie haben von der Freiheit und dem dazu notwendigen Wirtschaftsliberalismus zu wenige Vorstellungen und Kenntnisse. Empfehle sich mit den Protagonisten der sozialen Marktwirtschaft, zB. Müller-Armack, zu beschäftigen.
Es kann nur einen Liberalismus geben. Ist im Grunde logisch. Wollten Sie ihn teilen, verliert er seine Eigenschaft der Freiheit. Eine „geteilte Freiheit“ (eigentlich ein Nonsens) erzwingt immer einen Teil der unfrei (besser: begrenzt bis hin zu versklavt als Antonym zu frei) sein muß, infolge von der zwangsläufig eintretenden Ungleichheit einer „geteilten Freiheit“.
@wolleus:
Es gibt keine „ungeteilte Freiheit“.
Genau deswegen ist „reiner“ Liberalismus auch eine Utopie.
Und noch dazu, eine solche, die nie Wirklichkeit werden kann.
Daraus folgend können Sie sich die Frage der Sinnhaftigkeit einer solchen Ideologie, dann auch gleich selber beantworten …
„Politische Freiheit im Sinne von Demokratie, ‚innere‘ Freiheit, Freiheit im Sinne des Fehlens von Hindernissen für die Verwirklichung unserer Wünsche oder gar ‚Freiheit von‘ Furcht und Mangel haben wenig mit individueller Freiheit zu tun und stehen oft in Konflikt mit ihr … Die Freiheit, um die es sich hier handelt, die allein als allgemeines Prinzip der Politik dienen kann und die auch das ursprüngliche Ziel aller freiheitlichen Bewegungen war, besteht ausschließlich in der Abwesenheit von willkürlichem Zwang.“ –Friedrich August von Hayek; ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft (1969/61)
mfg
Eine Rezension sollte ja nun auch dazu dienen, – zentrale Thesen des Autors/des Buches, – gerade auch den vom Rezensierenden aufgeworfenen Fragen gegenüber zu stellen, – um somit die Antworten zu besagten Fragen zu skizieren. Also, wo in dem Artikel/der Rezension, wird nun. die These der Linken entkräftet, – der Liberalismus sei Ursache für Finanzkrisen, – bzw. die These der Rechten entkräftet, – der Liberalismus sei eine Bedrohung der nationalen Identität ? So, wie der Artikel geschrieben ist, – dass er die Fragen eben nicht beantwortet, die der Autor selbst aufwirft, – sieht das einfach nur schwer nach Klick-bait aus… Mehr
Wo bitte liegt bei dem Begriff liberale Ordnung ein inhaltlicher Widerspruch vor (wie zB bei einem runden Quadrat)? Das Gegenteil vom freien Menschen ist der Leibeigene oder der Sklave. Genauso behandeln auch die linken und rechten Sozialismen (die Gegenideologien zum Liberalismus) den Menschen: als versklavten, also unwissenden, zu bevormundenden und fremdbestimmten Volltrottel. Ich sehe es so, der Liberalismus atomisiert die Machtverhältnisse infolge der gleichberechtigenden Freiheit mit einer Machtverteilung auf alle. Dagegen der rote wie braune (jetzt auch grüne) Sozialismus unterjocht und versklavt den Menschen, damit eine Ideologiekaste ihre persönliche Macht, Vorteile und Bevorzugung erhalten kann. Ich kann dazu nur immer… Mehr
„Der freie Wille ist das Geschenk des Schöpfers, welches uns aus der Anonymität der Maschinen, der instinkthaften und triebhaften Wesenheit der Tiere heraushebt und jedem Menschen seine Einmaligkeit, seine Individualität und seine Würde gibt.“ – Wer Freiheit mit Schöpfer – welcher denn? A oder G? – verbindet – von wem sind denn die Maschinen? – ist ein FEIND der Freheit.
Das einzige was Freiheit in einem vernünftigen Rahmen gewährleistet ist die Einhaltung des Rechts und jene, welche dazu beitragen es zu beseitigen gleichen einer Räuberbande und auch der Liberalismus kann sich nur in einem intakten Rechtssystem entwickeln und deshalb ist es unabdingbar für alle und bis in die kleinste Zelle hinein das Recht einzuhalten, ansonsten führt es zu Chaos und Unfreiheit.
Thomas Mayer, einst Chefvolkswirt der Deutschen Bank ist mir später bei der (damals noch nicht völlig der Maske entblößten) FAZ stets durch fachlich fundierte Gastbeiträge, als ein der Freiheit, der Selbstbestimmung, dem Markt und dem Individualismus von Herzen zugetaner Ökonom aufgefallen. Einsam ist es in diesem Segment unter Knute der Merkelpartei in Deutschland geworden, Hofschreiber von Merkels Gnaden stehen heute im Vordergrund, sollen den Eurowahnsinn, den EU-Zentralismus, den Schuldenkommunismus, das bedingungslose astronomische Grundeinkommen des globalen Finanzfeudalismus auf dem Rücken der Armen und der Mittelschicht als zu Nudging-Agitatoren herabgesunkene Ökonomen oberflächlich legitimieren. Thomas Mayer ist stets lesenswert und aufrecht. Wenn er… Mehr