Schritt für Schritt werden in Wort und Bild erprobte, überlieferte aber auch selbst erfundene raffinierte Rezepte so beschrieben, dass das Nachkochen sowohl dem Anfänger wie dem Profi am Herd gelingt
Ok, das hier ist ein Family-Business, wie es im Buche steht. Meine Frau verlegt ein Buch ihrer besten Freundin. Ein Kochbuch, das Schritt-für-Schritt erklärt, wie man feinste Gerichte zaubert. Wobei wirklich jeder Schritt fotografiert wird. Jeder. Und die Rezepte sind nicht das übliche Überkandidelte aus der Fernsehküche, sondern seit Jahrzehnten gesammelt: Erst handschriftlich, jetzt als Buch. Die Autorin, Monika Frei-Herrmann, hat dazu die Rezepte von der badischen Großmutter Pauline gesammelt, von der Schwiegermutter, den Tanten aus Hessen, von den Wanderjahren in der Schweiz. Gut soll es schmecken und gleichzeitig unkompliziert, mit wenigen Zutaten um den Einkauf zu bewältigen und: erklärbar.
Und weil wir schon dabei sind: unser Sohn Konstantin hat das Hotel Mama verlassen. Natürlich nicht, ohne praktisches Survival-Training. Seine kulinarischen Exkursionen anhand des neuen Buches aus Mamas Verlag hat er aufgezeichnet – und freigegeben zur Veröffentlichung auf Papas Site:
„Ich verlasse Hotel Mama. Je näher dieser Schritt rückt, desto mehr wird mir bewusst, was er wirklich bedeutet. Es gibt Wohnungen ohne Möbel, Lampen, Toiletten ohne Toilettenpapier. Küchen ohne frisch gekochtes Mittagessen. Bisher war es eine Selbstverständlichkeit, jetzt schwant mir, dass es sehr anstrengend sein wird, diesen Standard auf Dauer halten zu können. Damit dieser kulinarische Schock nicht zu groß wird, habe ich mir ein Kochbuch geschnappt, das bei uns im Wohnzimmer herumlag. ‚Mein kulinarisches Erbe – Traditionelle Rezepte Schritt für Schritt fotografiert‘ von Monika Frei-Herrmann. Die ganze letzte Woche habe ich danach gekocht. Zunächst Schnitzel mit Senfkruste und Bratkartoffeln. Eine Kombination, die ungewollt zum Luxusgericht ausartete, denn die Metzger in Frankfurt kennen kein Schnitzel vom Rind und verkauften mir daher Rinderfilet. Das Essen war wie zu erwarten großartig, allerdings riss es ein riesiges Loch in mein Budget. Gutes kostet. Darf es aber nicht jeden Tag.
Deshalb gab es am drauffolgenden Tag die Nudelpfanne mit Ei, die ich mir auch als Student gut werde leisten können. Nach meinem Geschmack fehlte aber dabei der Speck. Ich glaube nicht, dass badische oder Schweizer Hausfrauen ohne Speck kochen. Überhaupt: Schweinefleisch in jeglicher Form ist im gesamten Kochbuch kaum zu finden. Es ist wohl doch ein Kochbuch der besseren Stände. Also Nudelpfanne mit Ei. Durch meinen Eifer überdimensionierte ich jedoch das Gericht, die vorgegebene Dosiermenge an Nudeln schien mir viel zu gering. Faktor 5 (500 Gramm Nudeln statt 100 Gramm) und 10 Eier statt 2 haben die Pfanne gesprengt und dazu geführt, dass wir zu dritt zwei Tage davon essen konnten, ehe die Reste doch vernichtet werden mussten. Die Mengenangaben scheinen also doch eher realistisch statt knickrig.
Nach dieser Woche des Probekochens habe ich einiges gelernt: Bratkartoffeln muss man vorher nicht kochen, sie schmecken auch lecker, wenn man sie roh in der Pfanne brät. Außerdem wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, Paprika mit Honig zu würzen, was aber ein sehr gutes Aroma erzeugt. Jedoch ist bei der Auswahl der Rezepte auf den Geldbeutel zu achten, da man schnell durch die animierenden Fotos zum Nachmachen verführt wird. Meine persönliche Meinung zu dem Kochbuch ist, dass sich die Rezepte gut für Festtagsgerichte eignen. Klar, solche Anleitungen gibt es auch per Smartphone. Aber Teigfinger zerstören jede Tastatur, die Bilder sind zu klein. Und vieles klingt bieder: Markklößchensuppe. Klingt sehr nach Oma. Aber die konnte: kochen.“
Monika Frei-Herrmann, Mein kulinarisches Erbe. Traditionelle Rezepte Schritt für Schritt fotografiert. Quell Edition, 174 Seiten, 19,90 €.
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Wie jetzt, nicht vorrätig? Etwas verwirrt bin? Ich hab Hunger!
Ich glaube, das Kochbuch werde ich meinem Enkel schenken, lieber Herr Tichy. Ebenfalls Student in Frankfurt, durchaus koch-affin, aber ohne jede Erfahrung und wie fast alle Studenten mit kleinem Geldbeutel. Hoffe nur, dass „Borstenvieh und Schweinespeck“ darin nicht allzu kurz kommen …
Lieber Herr Tichy,
ich versuche mich gerade an Mallet’s „Simplissime – Das einfachste Kochbuch der Welt“… „Richtig gut kochen mit maximal 6 Zutaten“.
Kochen kann ein Jedermann, wenn er denn will, und das gut, günstig, einfach, s hnell und super lecker.
Essen und Trinken ist Leben und keiner müsste darben in diesem „besten Land aller Zeiten“… eigentlich!
Prima, der Artikel ist eine gelungen Abwechslung. Danke!
Ach, ist das schön!
Wem’s nach tollen Kochtipps und wirklich klassischer und lehrreicher Darbietung dürstet, dem seie „Townsend“ auf Youtube empfohlen.
Sag ich doch:
Lecker Essen und Trinken schmeckt gut.