"Als ich jung war, beschrieb der Begriff ‚radikal’ jemanden, der kompromisslos säkular, bewusst westlich und erklärtermaßen links war: jemanden, der so war wie ich. Heute bedeutet ‚radikal’ in einem muslimischen Kontext das genaue Gegenteil. Es beschreibt einen religiösen Fundamentalisten, einen Menschen, der anti-westlich und gegen Säkularismus ist." so Kenan Malik in seinem Buch.
Im Spannungsbogen von Aufklärung und Romantik verläuft die moderne Form der Völkerwanderung zwischen Chaos, Staatsversagen und Anomie.
Kenan Malik ist britischer Publizist, Universitätsdozent und Rundfunkjournalist indischer Herkunft. 2013 erschien von ihm „Multiculturalism and Its Discontents. Rethinking Diversity After 9/11“. 2017 erschien die deutsche Ausgabe des Essays bei Novo Argumente unter dem Titel: „Das Unbehagen in den Kulturen.“
Wer sein eigenes Denken über diesen zentralen Fragenkreis prüfen und seine Gedanken durchpusten will, dem empfehle ich die gut 100 Seiten im Kleinformat. Wer nach einer Handlungsanweisung sucht, sei gewarnt. Die findet sich auch hier wie fast bei jedem Intellektuellen nicht. Diese Arbeit muss jeder schon selbst leisten.
Mehrfach geht es Malik um den Konflikt zwischen Aufklärung und Romantik. Der Autor erklärt es ausführlich, also kann ich hier verkürzend zuspitzen. Die Romantik habe wohl Johann Gottfried Herder am besten vertreten und dabei im 19. Jahrhundert unabsichtlich Grundlagen für die Entwicklung der Rassenkunde geliefert – und: „Im 20. Jahrhundert schließlich prägte Herders Relativismus und Partikularismus weite Bereiche anti-rassistischen Denkens. Die Wurzeln der Barbarei, so glaubten viele, lägen in der Arroganz des Westens, und die Wurzeln dieser Arroganz lägen im unkritischen Glauben an die Überlegenheit des Rationalismus und Universalismus der Aufklärung.“
Teil 2 von 12 in Maliks Essay schließt mit der Feststellung, dass Herders Erbe den Multikulturalismus unserer Tage prägt:
„Herders Idee von den Unterschieden zwischen Gruppen mündete sowohl in rassistischen als auch in pluralistischen Anschauungen, und hier liegen, wie wir sehen werden, bis heute enge Verbindungslinien zwischen rassistischen und multikulturalistischen Vorstellungen menschlicher Differenz.“
Für nicht so Theorie-Freudige: Konservative und Grüne streiten sozusagen um die gegensätzlichen Romantik-Erbstücke Herders, ohne das zu wissen. Wenn sie denn miteinander stritten, was sie bekanntlich nicht tun, weil sie nicht streiten können.
Ich springe zu Anschaulichem: Malik erklärt in Teil 5, wie sich in drei Generationen mohammedanische Einwanderung in Britannien änderte.
Die erste in den 1950ern und 1960ern kam fast nur aus Indien. Die Väter gingen zu den Einheimischen im Pub Bier trinken. Sie brachten keinen Alkohol nach Hause und sprachen nicht drüber. Aber alle wussten es und fanden darin kein Problem. Keine Frau trug Kopftuch oder noch mehr Verhüllung, im Ramadan wurde selten gefastet, das Freitagsgebet oft ausgelassen.
Die zweite Generation der 1970er und 1980er, schreibt Malik über seine eigene, „war vor allem säkular.“ Und oft sozialistisch. „Erst die Generation, die seit den späten 1980er Jahren erwachsen wurde, begann die Frage kultureller Differenzen für wichtig zu erachten. Paradoxerweise beharrt genau jene Generation, die viel stärker integriert und ‚verwestlicht’ ist als die erste Generation, besonders hartnäckig auf den Erhalt dieser ‚Differenz’“.
Malik schaut auf den Kontinent und findet Unterschiede, die Übereinstimmungen sind: „In Deutschland führte die formelle Verweigerung der Staatsbürgerschaft zu einer multikulturalistischen Politik. In Großbritannien führte die Förderung multikulturalistischer Politik dazu, dass man Angehörige von Minderheiten de facto nicht als Staatsbürger behandelte, sondern einfach als Mitglieder der jeweiligen ethnischen Gruppe betrachtete. In beiden Fällen waren die Konsequenzen zersplitterte Gesellschaften …“.
Malik: „Die Politik des Multikulturalismus entwickelte sich nicht als Antwort auf Bedürfnisse von Minderheiten, sondern trug vor allem dazu bei, diese Minderheitengruppen überhaupt erst zu schaffen, indem sie den Menschen Identitäten zuwies und die internen Konflikte ignorierte, die innerhalb von Klassen, Geschlechtern und Religionsgruppen bestehen.”
Über die Rolle von Minderheitenorganisationen zitiert Malik aus einer Studie in Birmingham: „Der Weg der Beteiligung von Schirmorganisationen führte tendenziell zu Konkurrenz der jeweiligen Gemeinschaften um Ressourcen. Anstatt Bedürfnisse und über die einzelnen Minderheiten hinausgehende Zusammenarbeit in den Mittelpunkt zu rücken, versuchten die jeweiligen Schirmorganisationen meist, ihren eigenen Anteil zu maximieren.“
Was die staatliche Zuteilung von Identitäten zur Folge hat, nennt Amartya Sen „pluralen Monokulturalismus“, Malik: „eine Politik, die von dem Märchen angetrieben wird, dass die Gesellschaft aus einer Reihe getrennter, homogener Kulturen besteht, die umeinander herumtanzen. Ironischerweise hat diese Politik dazu beigetragen, genau so eine fragmentierte Gesellschaft zu schaffen.“
Kenan Malik empfehle ich zum Durchpusten festgefahrener eigener Gedanken. Am authentischsten begegnet er mir, wo er ein ganz persönliches Bild setzt:
„Als ich jung war, beschrieb der Begriff ‚radikal’ jemanden, der kompromisslos säkular, bewusst westlich und erklärtermaßen links war: jemanden, der so war wie ich. Heute bedeutet ‚radikal’ in einem muslimischen Kontext das genaue Gegenteil. Es beschreibt einen religiösen Fundamentalisten, einen Menschen, der anti-westlich und gegen Säkularismus ist.“
Am Ende bleibt dem politischen Westen Kenans Ausweg nicht, beide Erbschaften Herders zurückzuweisen, „den Multikulturalismus als auch seine Gegner”, sondern den ganzen Herder – wenn der Westen am Weg der Aufklärung festhalten will: Für sich selbst bitte, nicht mehr zur Missionierung der Welt. Dort, wo die anderen zuhause sind oder herkommen, mögen sie genau so selbstverständlich ihren eigenen Weg gehen, aber nicht bei uns. Und missionieren lassen wir uns nicht.
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„Probleme werden nicht gelöst, sondern verwaltet. Neue Gesetze bedeuten nicht, dass sie durchgeführt werden sollen.“ … Die Amerikaner nennen das den „as if …“ Stil.
Eine juristische Verhandlungsstrategie ist „sell the sizzle – not the steak“ und im Marketing gilt der Satz “Sell People What They Want, NOT What They Need”.
Die Obama-Administration hat das zum Credo ihres politischen Handelns erhoben und wurde damit zum Modell für alle „westlichen, demokratischen“ Staatschefs.
Das Konzept ist gescheitert. Nicht nur in den USA – auch in Deutschland.
Trump beendet diesen Stil – Gott sei Dank! Ich hoffe, er findet Nachahmer in Deutschland.
Die Tage ging nahezu gleichgeschaltet die Nachricht durch die linken MSM,
die 2018 am häufigsten vergebenen Namen wären Emma u. Ben.
Aber wie glaubwürdig sind solche Zahlen in Anbetracht der Tatsache, dass der Großteil aller Neugeborenen in Deutschland inzwischen einen Migrationshintergrund hat.
Oder ist das Verschweigen der Realität bereits als erstes Eingeständnis dieser Multikultifantasten des eigenen Scheiterns, wenn man sich nicht mal mehr selbst traut die Multikulti-Wahrheit zu veröffentlichen :-/
Seit wann streiten Grüne? Jedenfalls nicht so, was ich unter Streit verstehe. Andere Meinung und Sicht ist etwas völlig Normales. Die Grünen erlebe ich jedoch seit Jahren als eine unverschämte, Deutsche hassende, neunmalkluge, gewaltbereite, verachtende Gruppierung. Die unqualifizierten Zwischenrufe im Bundestag sind unterhaltsam zeigen sie doch, wessen Gesinnung dieses Klientel ist. Keine Partei nimmt das Wort Nazi so oft in den Mund wie die Grünen. Immer an den Stellen, wenn es um die Sicherheit und Steuergelder der deutschen Bevölkerung geht.
Totale Zustimmung! Schönen Feiertag, Mabell.
Heutzutage versucht man gerade die Mißstände laufend zu erklären, wobei das nichts anderes ist als die heimliche Entschuldigung für Zustände, die ursächlich in der Verantwortungslosigkeit liegen und da man keine Konzepte hat, wird eben die Situation gesund gebetet und wer dran glauben will, dem sei es unbenommen, aber viele Dinge im Leben sind einfach mit falschen Entscheidungen zu begründen und wer gibt schon gerne zu, daß er wider besseren Wissens gezielt handelt oder aus der Naivität heraus von Ereignissen überrollt wird. Für solche Entwicklungen brauchen wir keine Politiker, die es einfach mal aus der Zufälligkeit heraus versuchen. denn komplexe und… Mehr
Leider stellt Malik (vielleiht doch – jedenfalls nicht aus dem, was ich aus dieser Besprechung FGs entnehmen kann) nicht eine meiner Meinung nach entscheidende Frage: Warum überhaupt die Einwanderung? Die Mechanismen, entlang deren diversitäre Gesellschaften zersplittern und die Einzelgruppen sich segregieren, werden gewiß gut herausgearbeitet. Einwanderung wird im Westen heute generell von den Eliten als solche nicht mehr hinterfragt. Bestenfalls nur ihre Quantität scheint hinterfragbar, nicht aber das Konzept von Einwanderung als solche. Man muß nicht auf hanebüchene Platitüden wie die eines Wolfgang Schäubles verfallen („Inzucht“ – bei 80 Millionen Einwohnern, er sprach nicht von Vanuatu oder einem Kral im… Mehr
Es ist vielleicht auch völlig egal, welchem Einwanderungsmodell man folgt. Sobald zu viele Verbindungen zu den Krisen und Konflikten der Heimatländer oder fremden Ideologien entstanden sind, wird die Sache sauer. Alleine die andauernde Kettenmigration aus Südasien macht die Integration unmöglich. Das ist einfach Überfremdung und Überforderung. Der philosophische Ansatz ist eher eine Spielerei.
Es ist doch nicht verwunderlich, dass die heutige Generation muslimischer Einwanderer mehr auf Abgrenzung setzt. In den 50-60igern waren sie noch eine kleine Minderheit, im Volksmund Alis genannt, die in der Masse untergingen. Heute haben sich an den Schulen die Kräfteverhältnisse bereits dahingehend geändert, dass in etlichen Gemeinden die deutschen Mehrheiten verschwunden sind. Und wer denkt, dass die DITIB Muezzine das deutsche Grundgesetzt verkünden, der möge auch weiterhin an den Weihnachtsmann glauben. Wichtig ist zu verstehen, dass aus Muslimen keine strebsamen Asiaten werden. Wärend Dschingis Khans Truppen sesshaft wurden, sind die Muslime ein Volk von Hirten und Nomaden geblieben.
„Konservative und Grüne streiten …, was sie bekanntlich nicht tun, weil sie nicht streiten können“
Hier eher am Rande und vielleicht langweilig, aber der Ordnung halber muss ich Widerspruch einlegen:
Konservative können sehr wohl streiten, Grüne nicht. Die Grünen behaupten zwar exakt das Gegenteil, aber das ändert nichts daran, dass die Konservativen streiten können und die Grünen nicht…
Das Problem ist, dass die noch nicht abgewanderten Konservativen in der Union sich nicht mehr durchsetzen können. Der Merkel-Anhang streitet genauso wenig wie die Grünen, sie unterwerfen sich der Parteiführung und sind zu einem Block verschmolzen.
Interessanter Gedanke, wobei Herder mit Sicherheit auch nicht im entferntesten daran dachte, zum Ahnherrn der Multikulti-Religion heutiger Ausprägung zu werden.
Nebenbei erwähnt geht es auch hier wieder nicht „Multi“-Kulti, denn zur Debatte stehen nicht mehrere konkurrierende Kulturen, sondern wie immer, wenn dieser Begriff ins Spiel kommt, die westlich/europäische und die islamische. Und die scheine einfach nicht kompatibel miteinander zu sein.
Herder war der Begründer des Sturm und Drang, ein Romantiker war er mit Sicherheit nicht. Und zur Ehrenrettung Herders sei Arno Schmidt zitiert: „Man konnte Herder wunderbar mit Herder widerlegen“. Sonst, Goergen wie immer klasse.