Eine leidenschaftliche Liebeserklärung an den Staat Israel

Durch ihren „Faktencheck über das am meisten missverstandene Land der Welt” räumt Noa Tishby Mythen über Israel aus und erzählt viele persönliche Anekdoten, die zeigen, wie liebenswert dieses Land ist. Vielleicht ist es genau dieses Buch, das man jetzt angesichts des Hamas-Terrors zu diesem Thema braucht.

Die Zeiten sind voller Falschnachrichten zum Staat Israel. Die einen sagen, dem Judenstaat fehle jede Legitimierung, da die Palästinenser doch schon viel eher den Landstrich besiedelt hätten. Die anderen betonen zwar immer wieder das Existenzrecht Israels, als würden sie das bei einem anderen Land je tun, kritisieren aber zugleich die sogenannten Zionisten, ohne wirklich zu definieren, was das überhaupt bedeutet. In ihrem neuen Buch unternimmt Noa Tishby den Versuch, mit diesen und anderen Irrtümern und Unwahrheiten über den kleinen Staat aufzuräumen.

Und das, obwohl sie keine Historikerin ist. In Israel erlangte sie 1994 Berühmtheit, als sie in der Fernsehserie „Ramat Aviv Gimmel“ die Rolle der „Daphna“ spielte, eine junge, angesagte Designerin, die das Modeunternehmen, um das sich die Handlung dreht, auf Vordermann bringen soll. „Ramat Aviv Gimmel“, das nach einem wohlhabenden Viertel in Tel Aviv benannt wurde, wurde zu einem riesigen Erfolg, bis Noa Tishby ausstieg, nach Los Angeles zog und neben einigen Rollen in bekannten Serien vor allem als Produzentin durchstartete.

Nachdem durch Zufall ein Video, in dem sie sich gegen Antisemitismus äußerte, in den sozialen Netzwerken viral ging, etablierte sich Tishby zu einer Person, die sich lautstark und medienwirksam gegen Judenhass stark machte. Später gründete sie „Reality Israel“, eine Unternehmung, die eine Reihe von Bildungsreisen für Juden und Nichtjuden durch Israel anbot. Ihr Engagement wurde so groß, dass die heute 48-Jährige 2016 und 2018 über das Thema vor den Vereinten Nationen sprach. Im Jahr 2022 wurde sie unter dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Yair Lapid zur „Sondergesandten für die Bekämpfung von Antisemitismus und Delegitimierung Israels“ ernannt. Damit war sie die erste Person in dieser neu geschaffenen Position.

Kaum ein Land trägt so viel Geschichte in sich

Information statt Agitation
Zeit für Fakten: Die Wurzeln des Streits zwischen Juden und Arabern
Insofern scheint „Israel: Der Faktencheck über das am meisten missverstandene Land der Welt“ eine logische Konsequenz ihrer bisherigen Vita zu sein. Folgerichtig beginnt das Buch mit einer kurzen, aber dichten Beschreibung der Geschichte des Staates. Zunächst begibt sich Noa Tishby auf Spurensuche in der Bibel. Laut dieser Quelle und seiner Exegeten kamen die Hebräer um 1250 v. Chr. ins Land und gründeten das Königreich Israel, das später zu einem souveränen jüdischen Königreich wurde, insbesondere unter König David. Dieser spielte eine Schlüsselrolle beim Aufbau der jüdischen Nation und bei der Errichtung des ersten Tempels in Jerusalem durch seinen Sohn Salomo.

Jedoch hatte das erste jüdische Königreich eine begrenzte Lebensdauer und wurde von den Assyrern im Jahr 722 v. Chr. erobert. Das Königreich Judäa überlebte bis zur Zerstörung des Ersten Tempels in Jerusalem durch den babylonischen König Nebukadnezar im Jahr 586–87 v. Chr., gefolgt von einer Diaspora. Später erlaubten die Perser, die das Land eroberten, den Juden die Rückkehr nach Zion und den Bau des Zweiten Tempels.

Als die Griechen, angeführt von Alexander dem Großen, das Land besetzten, ermöglichten sie den Juden die freie Ausübung ihres Judentums während der hellenistischen Periode. Doch nach dem römischen Einmarsch im Jahr 63 v. Chr. folgte ein Aufstand, der zur zweiten Diaspora führte. Es folgten mehrere Jahrhunderte der Unterdrückung, ob unter den Römern, unter der muslimischen Herrschaft oder unter dem osmanischen Reich. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges waren Juden in ihrem eigenen Staat, wenn überhaupt, Bürger zweiter Klasse.

Erst als die Briten das Mandat über ganz Palästina übernahmen und als schließlich die UN 1947 die Gründung des Staates Israels ermöglichte, konnten Juden in ihrem Land frei leben. Eine besondere Würdigung im Buch erhält auch der Staatsgründer Ben Gurion.

Antizionismus ist weit mehr als Israelkritik
Israel, Orthodoxie oder das jüdische Nichts
Tishby bezieht sich zwar unter anderem auf religiöse Bücher, wie die Bibel oder den Koran. Sie betont jedoch den historischen Bezug der Texte, aber auch die Erkenntnisse der Archäologie: „Wissenschaftlern ist es mit Hilfe der Kohlenstoffdatierung gelungen, das Alter von Gebäuden und Artefakten zu bestimmen, die vor Zehntausenden von Jahren entstanden, also lange bevor die Menschheit die ersten Schriften entwickelte.“

Immer wieder Konflikte mit der arabischen Welt

Immer wieder umrahmt die Autorin historische Ereignisse mit persönlichen Anekdoten aus ihrem Leben. So wird das Wort „Zionismus“, das für Nichtjuden oft wenig verständlich ist, lebendig, wenn sie von ihrer Großmutter Fania erzählt, die sie als „glühende Zionistin“ bezeichnet. Der Leser kommt nicht umhin, ein Gespür für diesen Begriff zu bekommen: „Ganz im Sinne der rabbinischen Tradition und der liberalen Werte, auf denen er fußt, ist der Zionismus an und für sich von Anfang an umstritten gewesen und wird auch weiterhin umstritten sein, wenn es darum geht, die israelische Gesellschaft zu verbessern. So haben die Juden eine ständige Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unsere Vision dieses Staates weiterhin dem jüdischen Grundwert treu bleibt, die Welt zu einem besseren Ort zu machen“, schreibt Tishby hierzu.

Auch die steten Konflikte zwischen Israel und der arabischen Welt werden ausführlich erörtert. Diese unterteilt Tishby in drei Haupthasen: den bikommunalen Konflikt (1860–1948), zwischenstaatliche Konflikte (1948–1973) und der Konflikt zwischen nichtstaatlichen Akteuren, also „Terroristen, Guerillas und aufständische Organisationen, die von anderen Nationen finanziert und für Stellvertreterkriege benutzt werden“ (1973 bis heute). Das Land befindet sich in einer blutigen Dauerschleife zwischen Friedensabkommen, wie dem Oslo-Abkommen, oder gescheiterten Abkommen, wie beim Camp-David-Gipfel, und zahlreichen Kriegen. Bei der Lektüre wirkt es unvorstellbar, wie sich ein Land mit der Größe Hessens oder New Jerseys immer wieder gegenüber weitaus größeren Ländern behaupten konnte.

Neben den eindrücklichen Anekdoten entfaltet das Buch seine größte Stärke dort, wo Tishby von ihrer politischen Heimat spricht, besonders wenn es um Palästina geht: „Die palästinensische nationale Identität ist, so hart es für meine wohlmeinenden, politisch links eingestellten Freunde auch klingen mag, eine neue Identität. Sie wurde 1964 zum ersten Mal als politisches Konstrukt geschaffen. Sie ist nicht indigener Natur. Die palästinensische Identität wurde als Antwort auf Israel geschaffen, um mit einer sich verändernden Welt fertigzuwerden.“ Bei den allermeisten deutschen Linken wäre diese Einschätzung, die auf Tatsachen beruht, undenkbar.

Ein Buch für den Unterricht

Opfer in Gaza als Propagandamaterial
Die Hamas ist der Feind der Palästinenser
Neben den Konflikten, Kriegen und Spannungen bietet das Buch auch einen Einblick in die vielfachen Möglichkeiten des Landes als Hochburg in Sachen Technik und Entwicklung, in Verbindung mit einem funktionierenden Sozialsystem. Die Autorin begründet die Tatsache unter anderem mit einer egalitären Gesellschaft, die auf sozialistischen Wurzeln basiert. So ist das öffentliche Bildungssystem kostenlos, und Universitäten werden staatlich subventioniert. Andererseits ermutigt die ständige Diskussion in der Gesellschaft zur Eigeninitiative, wobei die permanente Bedrohung vor allem junge Menschen dazu motiviert, eigene Verantwortung zu übernehmen.

Die Frage, warum fast die Hälfte aller Resolutionen, die im UN-Menschenrechtsrat verabschiedet wurden Israel kritisieren und man dem Land „Apartheid“, „Kolonialismus“, „ethnische Säuberung“ oder „Besatzung“ vorwirft, lässt Noa Tishby offen stehen. Bedenkenswert bleibt: weder andere demokratische Länder, noch Diktaturen werden in solcher Frequenz derart angeklagt …

Neben einem fundierten, teilweise emotionalen Einblick in das Land Israel, gewinnt das Buch bei aller Schwere mancher Themen, durch die unverblümte Sprache und positive Erzählhaltung, mit der Noa Tishby den Schatz ihrer eigenen Geschichten erzählt, an Leichtigkeit. Es wäre durchaus geeignet, auch an deutschen Schulen gelesen zu werden.

Durch ihren „Faktencheck über das am meisten missverstandene Land der Welt“ ist es der Autorin gelungen, mit weit verbreiteten Irrtümern und Unwahrheiten über den kleinen Staat Israel aufzuräumen. Doch nicht etwa mit einem paukerhaft erhobenen Zeigefinger, sondern viel mehr mit launig erzählten, anekdotischen und dennoch faktenbasierten Geschichten, die vielleicht gerade wegen ihrer Leichtigkeit mehr Anklang finden könnten, als die Lektüre eines historischen Werkes. Ein Anhang mit allen Informationen im schnellen Überblick, ausführlichen Anmerkungen und Quellen sowie ein sorgfältiges Stichwortregister, machen es überdies zu einer praktischen Informationsquelle.

Das Buch entstand vor dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023, dem Tag, an dem sich die Welt in dem kleinen Land veränderte. Vielleicht ist gerade deshalb und gerade jetzt Tishbys unbefangenes Werk ein guter Einstieg, um den Staat der Juden in positivem Licht zu sehen.

Samuel Faber

Noa Tishby, Israel. Der Faktencheck über das am meisten missverstandene Land der Welt. Gütersloher Verlagshaus, Hardcover mit Schutzumschlag, 400 Seiten, 22,00 €.


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Kommentare ( 2 )

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2 Comments
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Hontes
11 Monate her

Das Buch ist bestellt, ich freu mich darauf.
Israel ist ein wunderbares Land, jeder Meter jahrtausendalte Geschichte, Flora und Fauna traumhaft schön! Ich war bis jetzt fünfmal dort und habe nur gute Erfahrungen gemacht ,die Leute sind unglaublich freundlich und hilfsbereit, mit englisch kommt man gut zurecht.
Und was die Politik anbelangt, das überlasse ich den Israelis #Istandwith Israel #

LiKoDe
11 Monate her

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges hatten Juden keinen eigenen Staat und natürlich lebten sie zuvor unter islamisch-osmanischer Herrschaft als Bürger zweiter Klasse, wie immer schon unter islamischer Herrschaft. Das mit dem Ende des Ersten Weltriegs besiegte Osmanische Reich wurde aufgeteilt, ein Teil davon nannten die britischen Mandatsherrscher ‚Palästina‘. Die Bürger des Mandatsgebietes hatten keine Staatsanghörigkeit. Mit der Gründung Jordaniens 1946 (4/5 des Mandatsgebietes Palästina) und Israels 1948 (1/5 des Mandatsgebietes Palästina) wurde die britische Mandatsherrschaft über das vorherig osmanische Staatsgebiet beendet. Die Kriege der islamisch-arabischen Staaten gegen Israel ab dessen Gründung 1948 führten zu der Entwicklung von Gaza und… Mehr