Garantierter Lesespaß

Richtig. Die Lastenfahrrad-Geschichte spielt in der Glasglocken-Welt Berlin, wo Journalisten fast alles glauben, was die Oberen der „Hünen und Flinken“ verzapfen. Der Lesespaß ist nicht nur für politisch interessierte garantiert.

Es kommt nicht oft vor, dass die Führung einer Regierungspartei für die Neuerscheinung eines Buches derart die Werbetrommel rührt. Fast zeitgleich zur Auslieferung des 308-Seiten neuen Werkes an die Literaturhandlungen treten Ricarda Lang und Omid Nouripour, die beiden Vorsitzenden der Grünen-Partei, medienwirksam zurück. In diesem Milieu der „Hünen und Flinken“ tummelt sich die Autorin, Kay Konrad, phantasievoll, kenntnisreich und detailverliebt mit spitzer Feder.
Der Irrsinn der Klimarettung durch ein paar Deutsche, die gar keine Deutsche mehr sein wollen, wird von der Autorin sanft eingebettet in eine ebenso liebevolle wie streitbare Beziehung. Die „Hünen und Flinken“ des 21. Jahrhunderts, für die Steuergelder Rauswerf-Material ist, hat es schon mal so ziemlich ähnlich gegeben – vor fast genau 300 Jahren. Damals erschien Jonathan Swifts Roman „Gulliver´s Travels“ (Gullivers Reisen). Wer erinnert sich? Wer hat es von seinem Papa als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen bekommen?

Es ist die Erzählung von einem seefahrenden Wundarzt, der zum Schiffskapitän aufsteigt. Er lernt auf einer seiner Reisen, bei der er auf einer weit entfernt liegenden Insel landet, ein Zwergen-Volk kennen, das gerne Häuser vom Dach her baut, seine Toten mit dem Kopf nach unten begräbt und Sonnenenergie aus Gurken herausfiltern will. Dafür haben sie jede Menge wortreiche Erklärungen parat. Das kommt einem aus aktuellen Gründen bekannt vor?

Richtig. Die Lastenfahrrad-Geschichte spielt in der Glasglocken-Welt Berlin, wo Journalisten fast alles glauben, was die Oberen der „Hünen und Flinken“ verzapfen. Ein halbes Jahrhundert hat die Autoindustrie gebraucht, bis sie Autogurte und Sicherheitszonen im Fahrgastraum für Jedermann zu bezahlbaren Preisen entwickelt haben. Jetzt empfehlen die „Hünen und Flinken“, Kinder in die hochgefährliche Knautschzone eines Lastenfahrrads zu setzen, subventionieren das Gefährt auch noch und behaupten oben drauf: wir retten die Welt!

Deshalb brauchen wir auch keine Parkplätze mehr, widmen sie stattdessen in ein Ökodorf mit freilaufenden Hühnern um, bauen Brokkoli in einer Gegend an, in der Wasser teuer und Sonne Mangelware ist.

Die tragende Romanfigur Jonathan Gutenberg kann nicht glauben, was die Partei der „Hünen“ und deren Führungsriege unterstützt von den „Flinken“ alles aushecken. Ihn erinnern die Ideen der vermeintlichen Ökopartei und der einstmaligen Arbeiterpartei, die Malochen heute am liebsten anderen überläßt, an Swifts Romanhelden Lemuel Gulliver und dessen verrückte Abenteuer. Das kommt bei seiner bildhübschen Partnerin Meli Loth überhaupt nicht gut an. Denn sie ist die Tochter der taffen Hünen-Frontfrau Cynthia Loth und wurde von Kindesbeinen an indoktriniert. Als Mama Loth auf dem Parteitag der „Hünen“ eine Burka-Modenschau zeigt und den Delegierten tatsächlich weismachen will, dass dieses Kleidungsstück die Rechte der Frauen im Islam stärke, knallen die Fronten erwartungsgemäß hart aufeinander.

Ein Buch also, das in den beginnenden Herbsttagen auf den Nachttisch für Schlafgestörte ebenso gehört wie in den Rucksack für Wochenend-Wanderer. Der Lesespaß ist nicht nur für politisch interessierte garantiert.

Das Lastenfahrrad
Eine fast wahre Geschichte
Von Kay Konrad
SALON LiteraturVERLAG
Preis: 22,50 EUR
Seiten: 308, Produktform: Hardcover mit Schutzumschlag u. Lesebändchen.
ISBN: 978-3-947404-45-2

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