Der Thriller »Schwarzer Winter« von Guiseppe Gracia erzählt auf packende Weise von idealistischen jungen Menschen, die in den Sog radikaler Gruppierungen geraten. Auch Extremismus hat Ursachen und die führt der Autor auf spannende Weise vor.
Eine sich radikalisierende Extremistengruppe, die für den »Klimaschutz« alles tut: Zum Beispiel Straßenblockaden und Farbanschläge. Na, klingelt’s? Nein, es geht dieses Mal nicht um die »Letzte Generation«, sondern um eine fiktive Terrorgruppe namens »Schwarzer Winter«, von der Guiseppe Gracias neuester und gleichnamiger Roman handelt.
In diesem geht es aber um mehr als nur um Aufstände, Blockaden und Protestaktionen – die sehr viel radikaler sind als die der derzeitigen Extremistengruppen: Es geht auch um Liebe in Zeiten von Klimaterrorismus. Denn seit ihrer gemeinsamen Jugend ist Antonio Sala in Julia Schwarz verliebt. Die Julia, die eine Terrorgruppe gründet, die für den Klimaschutz und gegen »das System« kämpft. Julia wird zur international gesuchten Terroristin, Sala zu einem erfolgreichen Unternehmensberater. Doch seine Liebe zu Julia vergeht nicht.
In »Schwarzer Winter« schafft Gracia mit einem brillanten Schreibstil viele Facetten miteinzubringen: Vor allem zeigt er, dass Klimaextremisten – so radikal sie auch sein mögen – nicht zu pauschalisieren sind. Vielmehr macht er immer wieder auf die Ursachen und Hintergründe für das terroristische Handeln von »Schwarzer Winter« aufmerksam. So schreibt Gracia über Julia beispielsweise: »Julias Kindheit gilt als ›schwierig‹: Sie ist die alleinige Tochter des erfolgreichen Schweizer Bauunternehmers Gregor Schwarz und seiner depressiven, durch Suizid aus dem Leben geschiedenen Ex-Frau.«
Andere Menschen, so wie Sala, lösen ihre Traumata anders: mit beruflichem Ehrgeiz, mit Alkoholsucht, mit Depression. Dadurch vermenschlicht Gracia die Klimaterroristen – entdämonisiert sie. Ein Blick in die Biographien der Extremisten erklärt deren Handeln und verdeutlicht, dass sie etwas suchen, das sie im Klimaaktivismus auch nicht finden werden. Das Zutun der Eltern von Extremisten beleuchtet Gracia ebenfalls, am Beispiel von Julias Vater: Dieser stellt an einer Stelle etwa fest, dass er Jahrzehnte lang nur gearbeitet habe: »Jahrzehnte, die eigentlich Julia gehört hätten.«
Außerdem beschreibt Gracia unterschwellig verschiedene Typen von Extremisten: Anführer, Mitläufer und jene, die in dem Protest ohne Impulskontrolle all ihren Hass auf die Menschheit auslassen – so wie das Mitglied von »Schwarzer Winter« Popoye. Es ist nicht so, dass Gracia dem Leser sagt, es sei richtig oder falsch, was diese Terrorgruppe tut: Der Leser versteht aber, warum die Extremisten sich so auf den »Klimaschutz« stürzen – was sie damit kompensieren. Etwas, das sich in der heutigen Zeit mit immer mehr auftretenden Gruppierungen wie der »Letzten Generation« und »Extinction Rebellion« viele Menschen fragen. Der Roman zeigt: Klimaextremisten fallen nicht vom Himmel.
Apropos: Gracias hochaktueller Roman weist Bezüge zu realen Organisationen wie »Extinction Rebellion«, Veranstaltungen wie dem G-20-Gipfel und Orten wie Hamburg, Zürich und Lausanne auf. So wird die Geschichte für den Leser noch greifbarer, noch realer.
Gracia verdeutlicht in seinem Roman, wie wichtig die Berichterstattung der Medien für die Terrorgruppe »Schwarzer Winter« ist: Schlagzeilen zu bekommen steht über allem. Aber es ist auch eine unterschwellige Kritik an den Mainstream-Medien zu vernehmen: »Der redaktionelle Grundtenor geht eher dahin, dass man die extreme Aktion zwar verurteilt und feststellt: Jede Form von Gewalt ist falsch. Doch kaum ein Medium kritisiert die eigentlichen Anliegen von ›Schwarzer Winter‹, sondern man gibt ihnen viel Raum.« Wieder eine Parallele zum aktuellen Weltgeschehen.
Gracia macht das alles hervorragend: Auf eine fesselnde Art und Weise erzählt er die Hauptgeschichte, lässt aber nebenbei die anderen Perspektiven, unterschwellige Analysen und Rückblenden einfließen. Als Leser kann man sich kaum aus den spannenden Erzählsträngen lösen. Denn die Polizei und ein engagierter Privatdetektiv treiben Julia und ihre Terrorgruppe immer stärker in die Enge, während diese immer radikalere Anschläge gegen »das System« planen.
Sala möchte seine geliebte Julia retten. Ob er das schafft und sich die Liebe aus dem Sog des grünen Terrors befreien kann, darf der werte Leser selbst herausfinden.
Giuseppe Gracia, Schwarzer Winter. Thriller. Fontis Verlag, Klappenbroschur, 272 Seiten, 19,90 €.
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Dieses Thema wurde vor vielen Jahren bereits von Michael Chrichton in „Welt in Angst“ auskömmlich und ohne übertriebenes Täter- Sozialverständnis publiziert. Ein spannender und augenöffnender Roman, den ich jedem interessierten Leser wärmstens an’s Herz legen möchte.
Dem Artikel folgend ist das Buch sicherlich gut geschrieben. Dennoch fürchte ich, werden viele die Nuancen nicht wahrnehmen. Es ist ja heute gute Schriftstellertradition, den verkorksten Bösen zum Protagonisten zu machen. Sicher bietet das mehr Möglichkeiten psychischen Tiefgangs. Aber es birgt doch auch immer die Gefahr der Fraternisierung. Allzu schnell gehen die Nuancen, mit denen der Autor Motivation und Maß in Frage stellt, unter. Und spätestens bei der Verfilmung wird es dann zur epochalen Hommage an die „tollen Aktivisten“ von unseren fernsehpreisheischenden, deutschen Medienunternehmen umgedichtet – und – by the way – die Rolle des Sala wird sicher mit einem… Mehr
„Kreuter-Kirchhof ist eine Tochter des Juristen Paul Kirchhof und Nichte des Juristen Ferdinand Kirchhof“.
Diese beiden Kirchhofs haben unseren Gez-Zwangsbeitrag ausbaldovert, der eine hat ihn für gutes Geld aus den Staatskassen erfunden und sein Bruder in der Funktion eines Verfassungsrichters hat ihn für gutes Geld aus den Staatskassen für verfassungsgemäß erklärt. Und was wollte diese Tochter und Nichte uns jetzt nochmal sagen? Sie hätte sich, nachdem sie einen Herrn Kreuter geheiratet hat, einfach nur Kreuter nennen sollen, dann wäre man nicht darauf gekommen.
Natürlich sind Menschen, die eine „narzisstische Wunde“ haben für Extremismus erreichbarer. Vor allem diejenigen, die ein so geringes Selbst und Talente haben, dass Nachplappern von Parolen und Gesinnung die Leere füllt.
Ist praktisch, man muss selbst nicht denken, selbst nichts können, aber kann durch Gesinnung „jemand sein“ und wie es zur narzisstischen Persönlichkeitsstörung gehört: Gottähnlich, nicht verhandelbar.
Insofern ist das Buch – der Rezension nach zu urteilen – kein Erkenntnisgewinn, aber vielleicht eine Erklärung für diejenigen, die sich im Bereich spezifischer Persönlichkeitsstörungen nicht auskennen.
„Vielmehr macht er immer wieder auf die Ursachen und Hintergründe für das terroristische Handeln von »Schwarzer Winter« aufmerksam.“
Ach, leider sehr realistisch: Sowohl die RAF-Verbrecher als auch die Anführer unserer Klimaextremisten sind in wohlhabenden Umgebungen mit sie fördernden Eltern aufgewachsen. Sie wurden „mit dem Silberlöffel im Mund“ geboren.
Die richtige Bezeichnung wäre „Wohlstandsverwahrloste.
Die Verbrechen der „Roten Armee Fraktion“, abgekürzt RAF, habe ich allabendlich im damals noch halbwegs neutralem Fernsehen mitbekommen, weder der Mord an Arbeitgeberpräsident H.M. Schleyer noch die Inhaftierung der Terroristen in Stuttgart-Stammheim – dem gleichen „Hochsicherheitsgefängniss“,in dem man auch Michael Ballweg (angeblich wegen Veruntreuung?) ohne Anklage festhielt. Eine „grüne RAF“ oder eine neue, kommunstische und antinationale Bewegung, ob auf Ideologien von Marx, Lenin oder Mao beruhend, mich interessiert es nicht mehr.
Der Extremismus liegt in der deutschen Mentalität an sich. Niemand sonst hat diesen ausgeprägten Hang dazu.
Eine ärgerliche Ausgeburt der Sozialforschung, sich in der Antriebsstruktur von Verbrechern zu verlieren. Eine empathische Faszination kann oft kaum verborgen werden. Diese Haltung erzeugt die aktuelle Wehrlosigkeit dieser Gesellschaft gegenüber Verbrechen. Das Strafrecht vor den 68igern stellte Abschreckung und Sühne in den Mittelpunkt des Strafrechts. Angesichts der offsichtlichen Verrohung der Gesellschaft ist die Rückkehr zu diesem Prinzip m.E. geboten. Die Ethik gebietet m.E. eine Re-Fokussierung auf das Los des Opfers, nicht des Täters. Da die Kette des Abgleitens von Spinnern (ob schuld oder nicht – ist mir egal) bekannt ist, – um so schlimmer. Dann sollten die Radikalisierungsketten bei manchen… Mehr
„Danke für Backobst“ wie der Berliner sagt. Die Realität ist billiger und lächerlicher als das Buch und ich möchte mich nicht auch noch in meiner Freizeit mit diesen kaputten Typen beschäftigen. Schon gar nicht interessieren mich ihre Beweggründe.
Die Botschaft dieses Buches ist, wie ich es diesem Artikel entnehme, „es ist gut, ein Opfer zu sein, dann müssen alle Verständnis für mich zeigen“. Ich warte auf ein Buch mit der Botschaft „ich suche einen Weg, auch wenn es mühsam ist und eine Zeit dauert, bis ich ein gutes Ergebnis bekomme“.
Ich kenne sehr viele Leute mit einer nicht so einfachen Kindheit. Aber die haben sich nicht irgendwo angeklebt und geheult, sondern sie haben an sich gearbeitet, gelernt, probiert, sich einen Weg gesucht.