Die Dämonen des Elon Musk

Er gilt als der reichste Mann der Welt, aber es kann gut sein, dass er schon wieder an der Pleite kratzt. Er baute nicht eines, sondern drei oder vier technologische Imperien auf – und könnte sie auf X verspielen. Diese Biographie zeigt Größe und Wahn von Elon Musk.

Er ist auf dem Schulhof verprügelt worden und verbrachte die Ferien in einem Camp, in dem sich die Kinder um die zu knappen Essensrationen schlagen mussten. Er reiste in die USA, ließ sich im Greyhound-Bus die wenigen Traveler-Schecks klauen und machte seine ersten paar hundert Millionen mit dem Zahlungsdienstleister Paypal. Er wurde zum Milliardär, mit seinem Tesla zum Helden der Umweltbewegten und in Deutschland zum Feind der Grünen und Linken, weil er für Meinungsfreiheit eintritt und die Flüchtlingspolitik kritisiert.

Seine Biographie zeigt Glanz und Gloria eines Unternehmers und den inneren Dämon eines Getriebenen, der nach jedem gigantischen Erfolg, für den sich jeder normale Mensch feiern ließe bis ans Ende seiner Tage, ein neues Abenteuer sucht, das ihn vernichten könnte.

Elon Musk hat mit Tesla den Automarkt revolutioniert, das erste massentaugliche E-Auto durchgesetzt und die gigantischen Auto-Konzerne der Welt gezwungen, seinem Weg zu folgen – oder auf dem Schrottplatz zu landen.

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Er hat mit SpaceX einen Raumfahrtkonzern geschaffen, der in ein paar Monaten das umsetzt, wozu die staatliche NASA Jahrzehnte braucht; er baut mit den Starship nicht nur die leistungsfähigsten Raketen mit denen er Menschen und Material in Raumstationen fliegt – er lässt die Raketen auch wieder landen und für den nächsten Start vorbereiten wie einen Tesla an einer Stromladestation. 60 Prozent der Tonnage, die die Erde Richtung Weltraum verlässt, transportiert Elon Musks Unternehmen. Die NASA, Russland oder China: Zwerge neben Elon Musk, der den Mars besiedeln will. Nichts weniger ist sein Ziel, alles Bisherige nur die Schaffung einer wirtschaftlichen und technischen Basis für den ganz großen Schritt.

Mit 42.000 (!) Satelliten baut er Starlink zur alternativen globalen Internet-Alternative aus; vermutlich lächelt er, wenn die EU, die bis zum Hals in ihrem Brüsseler Sumpf steckt, damit droht, seinem sozialen Netzwerk „X“ (vormals Twitter) die Zugänge sperren zu lassen. Die Brüssokraten wirken wie die Erben Honneckers, der in der DDR die Antennen von West auf Ost umdrehen wollte.

Musk braucht die Kleingeister nicht, er ist eine private Großmacht: In den ersten Tagen des Ukraine-Kriegs zerstörte Russland die Satellitennetze der Ukraine und brachte deren Armee ohne Kommunikationsmöglichkeiten an den Rand des Kollaps. Musk versorgte die untergehende Armee in zwei Tagen mit 5.000 Rucksack-Satellitenempfängern und stabilisierte die Front. Als die Ukrainer mit Hilfe von Starlink gesteuerten Drohnen-Booten den russischen Kriegshafen Sewastopol angriffen, drehte Musk einfach den Kommunikations-Hahn ab. Der Angriff ging unter. Musk hatte befürchtet, dass Putin mit einem Atomschlag auf die Vernichtung seiner Flotte reagieren würde – ein Risiko, das er nicht eingehen wollte.

Wer Putin ärgert und dann Joe Biden, der hat nur Gott zu fürchten, nicht aber die EU-Kommission, die ihn an die Leine legen will. Denn neuerdings kämpft er nicht nur um den Weg zum Mars, sondern auch für die Verteidigung der Demokratie gegen zensurwillige Staaten.

Wer ist Elon Musk, was treibt ihn? Was ist sein Erfolgsrezept?

Das wird in der Biographie von Walter Isaacson hervorragend beschrieben. Sie fußt auf vielen Gesprächen mit Musk, seiner Familie, seinen (wenigen) Freunden und seinen (vielen) Feinden. Sie ist detailreich, widmet seiner Psyche, seinen Erfolgen, seinen Niederlagen, seinen Scheidungen und auch seinen falschen Entscheidungen viel Raum. Sie ist vielschichtig und auch eine Anleitung für Unternehmer, die sich fragen: Wie macht der das? Wie führt er derart gigantische Unternehmen praktisch gleichzeitig zum Erfolg?

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Musk ist ein Freak, der die Silicon-Valley-Technk beherrscht. Und sich in schwierigen Zeiten Stunden über Stunden mit einem Computerspiel beschäftigt wie ein daddelnder Zwölfjähriger, der Schule und Hausaufgaben vergisst.

Aber Musk ist auch ein klassischer Schrauber, ein Techniker, der zwar die Möglichkeiten der IT nutzt, aber für klassische Produkte benutzt. Er ist eigentlich Fabrikant, ein Unternehmer vom ganz alten Schlag. Seine Leistung ist nicht das Design von Tesla – sondern dass es ihm gelingt, dieses Auto kostengünstig zu produzieren. Um den Ausstoß auf 5.000 Autos pro Woche zu steigern, hat er wochenlang auf dem Dach der Fabrik geschlafen, unter dem Schreibtisch genächtigt und an jeder Produktionsstation persönlich dafür gesorgt, dass noch ein paar Cent eingespart werden.

Auch die NASA hat Raketen gebaut, aber Musk hat die Produktionszeiten gekappt und die Kosten jeweils um 90 Prozent und mehr gesenkt: Mittlerweile schickt er seine Raumtransporter in den Orbit wie UPS seine braunen Lieferfahrzeuge durch die Straßen.

Die rabiate Verkürzung von Produktionszeiten und Kosten macht ihn zum Sieger. Er reduziert höchst komplexe Technologien zu Produkten, bis sie in Serie aus seinen Fabriken purzeln und zur preislich unschlagbaren Massenware werden.

Musk ist nur hilfsweise ein Finanzjongleur und Internet-Freak – er ist eher ein Henry Ford, ein Friedrich Krupp oder ein Max Grundig: Er ist Produzent. Er organisiert Fabriken. Er ist ein Tyrann. Er ist Pfennig-Fuchser und Präzisions-Priester. Ganz nebenbei wirft er die gängigen Kuschel-Muschel-Managementtheorien über den Haufen: Work-Live-Balance gibt es nicht. Seine Mitarbeiter ziehen mit ihren Familien in Zelte oder in die Kaffee-Küchen ein, um in den Fabriken und Startplätzen, den Giga-Factories die irrsinnigen Zeitvorgaben von Musk einhalten zu können; er ist ein Diktator des Terminplans.

Eine von Deutschen gebaute Autofabrik in Brandenburg wäre heute noch nicht aus den Startlöchern – Tesla produziert. Chefs müssen nicht verständnisvoll zuhören, sondern als „feuerspeiender Drachen“ durch die Fabrikationshallen und Büros ziehen.

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Musk verbrennt und verbraucht Mitarbeiter, Manager, Frauen und sich selbst in immer waghalsigeren Abenteuern. Auch politisch wandelt sich der zunächst eher linksgrüne Kalifornier. Sein Sohn Xavier lässt sich zu „Jenna“ transformieren – ein ungeheurer Verlust für Elon Musk. Er beginnt den woken, rotgrünen Zeitgeist zu bekämpfen, mit demselben „Flammenwerfer“, den er sonst auf Mitarbeiter richtet, die nicht spuren.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, zu dem noch Unternehmen für KI, Neuro-Wissenschaft und Tunnelbau gehören, kauft er Twitter, mit über 50 Milliarden Dollar einer der größten und wagemutigsten Deals der Wirtschaftsgeschichte, das sein gigantisches Tech-Fabrik-Imperium erneut an den Rand des Ruins bringt.

Es ist auch ein Kampf um Meinungsfreiheit. Er enthüllt, wie sich die Social-Media-Giganten zu Erfüllungsgehilfen der US-Geheimdienste und -Politik gemacht haben, politische Themen wie Kritik an der Biden-Familie ebenso unterdrückt haben wie Bedenken hinsichtlich der Corona-Politik. Er enthüllt ein globales Machwerk, Manipulation und Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Musk nutzt Twitter, das er wie SpaceX und seinen Lieblingssohn „X“ ebenfalls in X umbenennt, für immer neue Botschaften, die beispielsweise das Zeug dazu haben, endlich die deutsche Migrationspolitik in Frage zu stellen. Er ist unberechenbar. Er instrumentalisiert seine psychischen Defekte für seinen eigenen Erfolg.

Die Twitter-Files und die öffentlich-schweigsamen Medien
Isaacsons Biographie über Elon Musk schildert einen Menschen mit einem Doppelgesicht: einen Visionär, der Tesla auch deshalb gegründet hat, um Geld zu generieren für seine Mars-Besiedelung. Der menschliches Wissen und Kultur vor dem Untergang schützen will, aber unmenschlich ist zu seiner Umgebung. Musk plädiert für Familie und den Wert von Kindern, die er in Reagenzgläsern und/oder mit Hilfe von Leihmüttern zeugt und erzeugt. Er ist eine grandiose und niederträchtige Figur, die mit kindischem Kichern und schlechten Witzen die größten Niederlagen einsteckt und dann doch noch in Triumphe verwandelt. Er wurde immer wieder für tot erklärt, von der NASA, von deutschen Autofirmen, von Produzenten. Dann kommt er persönlich und treibt seine Mitarbeiter in gnadenlose Schlachten um extrem verkürzte Termine und gekappte Kostenpläne.

Er ist einer der Großen der Unternehmensgeschichte.

Eine einzige Frage ist noch unbeantwortet: Schafft er es auf den Mars? Oder zerstört er kurz vorher sich selbst und seine grandiosen Unternehmen?

Dass dem Buch ein umfangreiches Quellenverzeichnis und Namenregister anhängt, macht es wertvoll. Aber es ist ein Buch aus dem Bertelsmann-Konzern. Selbst angesichts der Größe von Musk sprechen sie vom „N-wort“, das er benutzt haben soll und gendern – Gott sei Dank nur an einigen wenigen Stellen, die nur einen sehr aufmerksamen Leser verärgern können, Eingriffe von Kleingeistern, die ein so großes Werk nicht verhunzen können. Man ahnt die Debatten in der Bürokratie von Bertelsmann darum – und freut sich über eine großartige Biographie. Schnell kaufen: nicht, dass für die 2. Auflage die Bürokraten siegen.

Walter Isaacson, Elon Musk. Die Biographie. C. Bertelsmann, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 832 Seiten, 200 s/w Abbildungen, 38,00 €.


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Kommentare ( 19 )

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19 Comments
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Ralf Poehling
1 Jahr her

Wunderbar treffend beschrieben. Aber in einem Punkt muss ich widersprechen. Zitat:“Er ist unberechenbar. Er instrumentalisiert seine psychischen Defekte für seinen eigenen Erfolg.“ Äh, nein. Das sind keine „psychischen Defekte“. Musk gehört zu der Informatikergeneration der Anfangstage, die noch wissen, wie so eine mit Nullen und Einsen arbeitende Maschine funktioniert. Und dann erkannt haben, dass der Mensch gar nicht so viel anders arbeitet. Das Resultat davon ist permante Reprogrammierung, also quasi eine strukturierte und gut organisierte Selbstoptimierung hin auf die jeweilige Situation. Ich mache das auch. Ich weiß, wie ich mein Gehirn so programmieren kann, dass es in jeder erdenklichen Situation… Mehr

HansKarl70
1 Jahr her

„Elon Musk hat mit Tesla den Automarkt revolutioniert, das erste massentaugliche E-Auto durchgesetzt und die gigantischen Auto-Konzerne der Welt gezwungen, seinem Weg zu folgen – oder auf dem Schrottplatz zu landen.“
Na ich weiß nicht! Ist für mich etwas sehr übertrieben , diese Aussage.

Micci
1 Jahr her

„Er wurde … zum Helden der Umweltbewegten und in Deutschland zum Feind der Grünen und Linken, weil er für Meinungsfreiheit eintritt …“

Dieser Satz sollte eigentlich etwas zur Person Elon Musk aussagen – aber wenn man ihn in Ruhe wirken lässt, ist er die klarste Entzauberung der Grünen, die sich denken lässt.

Wer immer noch Grün wählt, ist entweder entschuldigt, weil man als „zu jung“ ohnehin alles darf – oder aber er ist ein nicht mehr entschuldbarer Hauptttäter!

Nibelung
1 Jahr her

Sieht ganz nach dem klassischen Spieler des American Way of Life aus und solche Typen gab es schon immer, die eben mehr Risiken eingegangen sind und dabei gewonnen oder verloren haben, einschließlich der erforderlichen Bauernschläue, die man braucht um nach vorne zu kommen. Sowas kann man nicht erlernen, denn der Erfolg steckt schon in dieser Art von Menschen drinn und hinzu kommt noch eine gewisse Spielernatur und wer nicht gerade den Verstand verloren hat, kann es auch zu was bringen und davon gibt es viele und wie heißt der alte Spruch so schön, der Neid sieht nur das Blumenbeet. aber… Mehr

Frau U.
1 Jahr her

Musk hat eine Variante von Autismus, wie wahrscheinlich viele grosse Visionäre.
Das befreit ihn, sich zum Deppen von moralingeschwängertem Gelaber von Quotentussis zu machen, die sonst nichts können, aber sich massenhaft in Medien, Politik und Verwaltung/Wissenschaft gezeckt haben.
Das mag „niederträchtig“ sein, befreit aber ungemein vor Untertanengeist.
Bei ihm zählt die Leistung und die Idee. Besser kann man nicht arbeiten.
Sollte er mal alles „Materielle“ verlieren, lebt er einfach weiter als Gamer und guter Vater. Furchtbar für die „German Angst“.

Peter Pascht
1 Jahr her

„Diese Biographie zeigt Größe und Wahn von Elon Musk. Also Größenwahnsinn !!! Das kommt hin. Größenwahnsinn kommt immer vor dem Fall. Seine Gesichtszüge zeigen, er ist ein hochintelligenter Mensch. Da liegt auch schon das gesamte Problem seines Lebens. Es wird ihm aber auch danach bestimmt noch genügend bleiben um nicht betteln gehen zu müssen. Was ihm aber bleiben wird, ist die menschliche Leere um ihn herum und in ihm, die ihn schon sein ganzes Leben seit Kindheit begleitet, weswegen er sich damit abgefunden hat, ja dies sogar als „normal“ betrachtet für „Menschen wie ihn“. Es zeigt mal wieder eindrucksvoll, was… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Peter Pascht
Dieter Kief
1 Jahr her

Oh -der Twitter Deal kostete Musk 44 Milliarden Dollar – und brachte sein Unternehmen keineswegs an den Rand des Abgrunds.
Walter Isaacson, einer der besten US-Biographen, schließt sein Buch mit der Bemerkung, dass es die Nerds brauche, um die Welt zu verändern: – Das ist kein kleines Wort, und es ist positiv auf Elon Musk gemünzt.

Hier ist eine kenntnisreiche Rezension der Musk-Biographie auf Taki’s Magazine von Steve Sailer:
‘Elon Musk’: Purge and Surge – Taki’s Magazine (takimag.com)

Fragen hilft
1 Jahr her

Bertelsmann will mir die Funktion Musk erklären ? Alarm!
Bisher habe ich alle Enkeltricks rechtzeitig erkannt.

marie huana
1 Jahr her

Ohne Elon Musk gäbe es keine konservative Alternative. Ich bin sooooo froooooh, dass es ihn gibt!‘Noch!‘

ErBe
1 Jahr her

Isaacson ist ein ganz hervorragender Biograph. Niemand hat Steve Jobs so gut beschrieben wie er!