Der Kampf gegen die digitale Bevormundung

Wie Facebook, Twitter und Google uns vorschreiben wollen, was wir denken, schreiben und sagen dürfen oder der neue Kampf um die Freiheit der Kommunikation im Internet. Ein Anwalt führt die Gegenwehr an.

Seit Kommunikation das Niveau des Palavers in der Steinzeithorde verlassen hat, war es eine Frage der Macht, wer etwas zu sagen hat. Der Pfarrer predigt von der Kanzel, der Feldherr vom Pferd, die Journalisten vom unangreifbaren Feldherrnhügel ihrer Zeitungen aus: „Gate Keeper“ werden sie genannt oder Schleusenwärter, die entscheiden, welche Meinung, welche Nachricht, welche Information zum Rezipienten gelangen darf.

Der einflussreiche US-amerikanische Journalist, Schriftsteller und Medienkritiker Walter Lippmann prägte für Journalisten diesen Ausdruck, den man auch als Türsteher übersetzen kann: Was wird der Öffentlichkeit vorenthalten, was wird weiterbefördert? „Jede Zeitung ist, wenn sie den Leser erreicht, das Ergebnis einer ganzen Serie von Selektionen“, erklärte er und andere Forscher schon in den 50er Jahren. Hörfunk und Fernsehen haben den Prozess verstärkt, statt ihn aufzulösen. Während in Diktaturen dies durch „Gleichschaltung“ erfolgt, wie es Hitlers Propagandaminister Josef Goebbels nannte, liegt in Demokratien die Gefahr vor, dass Journalisten sich „freiwillig gleichschalten“ (Evelyn Roll), was noch wirkungsvoller funktioniert.

Und weil Journalisten häufig ein Herdenverhalten an den Tag legen, driften öffentliche Meinung und veröffentlichte Meinung weit auseinander. Wenn die Auswahlregeln von Journalisten weitgehend übereinstimmen, kommt ein seltsamer Gleichklang der Berichterstattung zustande, der sich gegenseitig bestätigt und auf das Publikum wie eine Bestätigung wirkt: alle sagen es, also muss es stimmen. So entsteht eine Scheinwelt der Wirklichkeit, die von wenigen Medienmachern erzeugt wird. „Framing“, ist ein neuer Begriff, den insbesondere die ARD einsetzt, um einen Gleichklang der Berichterstattung zu erzeugen. TE veröffentliche als erstes Medium die Strategie der medialen Gleichschaltung aus der Meinungsküche der ARD.

Kritik überlebenswichtig für die Demokratie
Das Verbot von »Hassrede« ist eine Einbahnstraße
Mit dem Internetzeitalter schien diese Gefahr gebannt. Jeder kann mit jedem Nachrichten austauschen, per Facebook oder Twitter. Es entstehen neue Anbieter, das öffentlich Geschriebene oder gesendet Gleichförmige der Massenmedien wird von unten korrigiert. Die Massenmedien schienen entthront, die Macht der Gatekeeper gebrochen. So die Hoffnung unter dem rosaroten Morgenhimmel des Internets. Die ersten Hoffnungen auf eine wirkliche Demokratisierung der Kommunikation schienen berechtigt.

Doch die Hoffnung trog.

Facebook, Google, X (Twitter) & Co., die »Big Tech« genannten IT-Riesen aus dem Silicon Valley, glauben, die Kommunikationsstandards über ihre Richtlinien und Standards Milliarden von Menschen vorschreiben zu können. Diese Anmaßung erfolgt ohne jede demokratische Legitimation. Durch ihre geradezu monopolistische Stellung bestimmen sie die Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation. Schlimmer noch: wie durch die Veröffentlichung der „Twitter Files“ durch Elon Musk bekannt wurde, kooperierte Big Tech mit den Regierungen. In der Corona-Pandemie erfolgte eine massive Steuerung der Kommunikation. Kritiker wurden ausgeblendet oder künstlich im Netz klein gehalten. Es kam zu Zensur und Sprachverboten. Gleichzeitig begannen die Regierungen, ihre Gewalt auf das bis dato freie Internet auszudehnen. Neue, unbestimmte Begriffe entstanden, wie „Hass und Hetze“, die staatliche oder halbstaatliche Zensur rechtfertigen sollen.

Narrativkapitalismus
Jenseits des Links-Rechts-Rasters
Mit dramatischen Konsequenzen: tausendfacher Rechtsbruch, digitale Massenvernichtung freier Rede und drastische Eingriffe in die Meinungsfreiheit sind die Folge. Selbst Texte von den Seiten des Deutschen Bundestages werden als »Hassrede« gelöscht. Womit selbst der Gesetzgeber Opfer seiner eigenen Medizin, des verfassungswidrigen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, geworden ist.

Viele setzen sich dagegen zur Wehr, etwa der bekannte Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel. Jetzt hat er seine Erfahrungen in einem Buch zusammengefaßt und die wichtigsten Fälle vorgeführt. Auch TE spielt dabei eine Rolle; Tichys Einblick sollte ausgerechnet von der staatlich finanzierten Agentur „Correctiv“ aus dem Internet verdrängt werden – durch Unterstellung, wettbewerbswidrigem Verhalten und schlichte Falschinformation. Steinhöfel half, dass TE sich dagegen erfolgreich zur Wehr setzen konnte.

In seinem Buch klärt Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel als einer der streitbarsten Verteidiger der Meinungsfreiheit über die Methoden von Big Tech auf und schildert, wie man sich dieser scheinbaren Übermacht in den Weg stellen kann. Als zentraler Protagonist in unzähligen Klagen gegen Facebook & Co. blickt er mit seinen Siegen vor Gericht auf eine beispiellose Erfolgsquote gegen Löschungen, Sperrungen und rechtswidrige Faktenchecks zurück, trotz bisweilen 1000-seitiger Schriftsätze der jeweiligen Beklagten mit überaus kuriosen Inhalten. Die Kontenpfändung bei den Parteien der großen Koalition ist nur eine von vielen teils amüsanten, teils absurden Facetten eines Kampfes von David gegen Goliath.

Er erwirkte die erste einstweilige Verfügung, mit der Facebook Löschungen verboten wurden. Dieser historische Erfolg erregte über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit, auch die BBC, »Newsweek« und Al Jazeera berichteten. »Der Cassius Clay unter den Anwälten«, so Henryk M. Broder über Joachim Steinhöfel. Der hat auch ein Stück Rechtsgeschichte geschrieben – in einem Kampf um Meinungsfreiheit, der weiter täglich ausgetragen werden muss. Und das Buch zeigt: Noch können wir uns wehren. Aber wir müssen uns trauen, gegen die scheinbar übermächtigen Giganten vorzugehen – und die wenigen Stimmen der Freiheit unterstützen.


Joachim Steinhöfel, Die digitale Bevormundung. Wie Facebook, Twitter und Google uns vorschreiben wollen, was wir denken, schreiben und sagen dürfen. FBV, 224 Seiten, 18,00 €.


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Kommentare ( 7 )

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Fuerstibuersti
7 Monate her

Ja, Herr Steinhöfel scheint mir ein Franz Liszt unter den Rechtsanwälten zu sein. Und ich würde um Welten besser schlafen, wüßte ich ihn an meiner Seite. Was ich dank der umfangreichen Coronamaßnahmen als mittelloser ehemaliger Musiker so alles mit Pflichtverteidigern und geldgeilen Anwälten nach eigener Wahl erlebt habe, würde ebenfalls ein Buch füllen – allerdings würde es bestenfalls als Brechmittel taugen und jeden anständigen Menschen mit Abscheu und Ekel erfüllen. In mindestens einem Fall war es völlig offensichtlich, dass sowohl mein Pflichtverteidiger als auch ein weiterer Anwalt in dem Fall von Oben instruiert waren. Oder ist es normal , dass… Mehr

Klaus D
7 Monate her

Auch über die suche werden wir manipuliert! Gebe ich bei der youtube suche = CDU CSU FDP SPD Die Grünen Die Linken ein kommt immer zuerst deren seite. Gebe ich AfD ein kommt zuerst = TOP News mit thema AfD und dann erst die AfD seite. Die TOP News über die AfD sind immer negativ!

Peter Pascht
7 Monate her

Die „digitale Bevormundung“ ist nur Teil der schon geübten Bevormundung der Meinungsfreiheit in Medien und Presse. Die 4. Gewalt die „freie Presse“, wurde bereits durch Korruption und Bestechung gekappert, es soll nun auch die finanzielle Kapperung der Welt durch die digitale Bevormundung geschaffen werden. Es ist die Vervollständigung der Bevormundung durch kriminelle Organisationen, krimineller Kreise, die sich bis in höchste Ämter von Regierungen und den von ihnen geschaffenen Bevormundung-Organisationen, UNO, EU, usw., eingeschlichen haben, indem sie ihr korrupt gekauftes Personal installiert haben. Ein Beispiel dazu ist der Name Ursula vd Leyen, aber auch eine Christine Lagarde, Eva Kaiali und viele… Mehr

Nibelung
7 Monate her

Eine Bevormundung kann nur stattfinden, wenn man seinen Geist an der Garderobe abgegeben hat, denn der Nachteil von vielfältiger Information. liegt auch am Geschick des Betrachters, sich das wesentliche herauszupflücken und erworbenes Wissen im Hirn gespeichert ist nicht mehr zu tilgen ist, was nur noch bei jüngeren Generationen möglich ist um sie von anfang an mit ihren Lügen und Verdrehungen zu beglücken. Heutzutage ist gerade über dieses Medium nahezu alles möglich, auch das Umgehen und es gibt keine Möglichkeit mehr Informationen jeglicher Art zu unterbinden, es sei denn man zieht auf altdeutsche Art den Stecker und wer sich nicht mehr… Mehr

Georgina
7 Monate her

Der Rechtsanwalt Steinhöfel versteht sein Handwerk, ich mag ihn. Im Fall von Donald Trump hat er jedoch die Lügenmedien nicht durchschauen können, ist denen aufgesessen, wie er in einem Nachbarblog, welches ebenso berühmt ist, wie tichy, leider aufzeigte, in der Vergangenheit. Solange man bereit ist, seine Vor-Urteile zu revidieren, wenn die Wahrheit ans Tageslicht kommt, ist dagegen nicht viel zu sagen, einzuwenden. Irren ist allzu menschlich. Aber, Herr Steinhöfel ist Opfer dieser manipulativen Lügenmedien geworden. Er, und sehr viele andere. Der Mensch Adam, von Gott erschaffen, konnte sofort reden. Eva, die danach kam, ebenso. Und das bringt mich zur Hypothese… Mehr

Last edited 7 Monate her by Georgina
Lesterkwelle
7 Monate her

Es sind die Regierungen und insbes. die EU, die mit dem Digital Service Act massiv das Recht auf Meinungsaeusserung beschneiden. Sollten die Konzerne die Vorgaben nicht einhalten, droht ihnen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes, und das duerfte bei den Internetriesen keine kleinen Betraege sein. Die Politik macht die Konzerne durch drakonische Strafandrohungen gefuegig. Die unschaetzbare Chance, sich auf global operierenden Plattformen zum Meinungsaustausch zu treffen, wird durch die Politik zunichte gemacht.

HDieckmann
7 Monate her

Wer Zeitung ließt, der weiß, was in der Zeitung steht. Und wer ARD, ZDF und Deutschlandradio schaut, der weiß, was der Staatsfunk sendet. Kritik, die andere Sicht, eine zweite Meinung gibt es in den MSM bei den Themen Zuwanderung, Corona, Energie, Klima, staatlicher Totalitarismus und Krieg nicht. Unsere MSM lassen sich als Propagandainstrumente der Herrschenden missbrauchen und machen deren Meinung öffentlich, sie produzieren eine „Öffentliche Meinung“ (zu Corona oder zum Ukrainekrieg)! Diese gemachte Meinung steht aber häufig im Widerspruch zur Wirklichkeit. Wichtig ist daher, dass die Meinungsfreiheit in den alternativen Medien verteidigt wird. Wenn der Kampf an dieser Front verloren… Mehr