„Bürgergeld“ lautet das neue Versprechen der Ampel: Jedem ohne Arbeit ein Grundgehalt vom Staat und Überwachung der verbliebenen Reichen mit elektronischem Geld. Ist das die schöne neue Welt?
Auf den ersten Blick ist es ja ganz schön da in der Zukunft. Alle werden mit Bürgergeld gut versorgt. Die verbliebenen Reichen (und nicht nur die) werden überwacht, damit der Staat nur ja alles weiß und nichts an ihm vorbeigeführt werden kann. Instrument dazu ist das elektronische Geld, dessen Einsatz jederzeit von er Finanzpolizei abgerufen werden kann.
Das ist keine Spinnerei eines Romanautors. Die EZB arbeitet am E-Money, das Bargeld ersetzen und jeden Kaufvorgang nachprüfbar macht. Verbrechen? Gibt es dann nicht mehr. Die Ampel hat Bürgergeld eingeführt, ein Grundgehalt vom Staat. Es ist die aktuelle Form des bedingungslosen Grundeinkommens: Arbeiten muss nur noch der, der es nicht lassen kann, und dafür wird er mit hohen Steuern bestraft. Auch das ist bereits Realität in Deutschland.
Andreas Eschbach aber denkt weiter, und das ist es, was wirklich gute Romane auszeichnet: Dass sie Schlagworte und politische Utopien weiterdenken, zu Ende spinnen, einweben in die uralten menschlichen Beweggründe und Handlungsweisen. Jenseits der billigen Talkshows, in der die Regierungspropagandisten ihre Visionen abliefern dürfen, stellt das Buch generell und dieses im Besonderen einen Gegenentwurf vor. Es führt uns in eine Welt, die unter der Oberfläche abgründig ist. Aber der Reihe nach.
Sein Erfinder, der spätere Bundeskanzler und EU-Präsident Robert Havelock, war lange Zeit der mächtigste Mann im Land. Kurz vor der 30-Jahr-Feier zur Einführung des „Freiheitsgeldes“, auf der er eine Rede halten und gefeiert werden soll, wird er tot aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin. Nicht lange vorher wurde die Leiche eines ermordeten Journalisten entdeckt, der als Havelocks profiliertester Gegenspieler galt. Die Ermittler Ulf Pfennig und Ahmad Müller gehen auch scheinbar nebensächlichen Hinweisen nach und entdecken die atemberaubende, tatsächliche Wirklichkeit hinter der als Realität ausgegebenen Fassade …
»Fesselnd, erschreckend, dystopisch – so präsentiert Andreas Eschbach diese gar nicht unrealistische Romanhandlung«, schreibt ein Rezensent der Verlags-Lesejury und fährt fort »Roboter übernehmen viele Arbeiten, der Mensch hat nicht viel, aber mit dem monatlichen Freiheitsgeld ausreichend, um zu überleben. Wer nach mehr strebt, kann einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen. Kommunikation, Bestellungen und Zahlvorgänge, Ausweissammlung, Türöffner, alles läuft über einen Pod, den man immer bei sich trägt.
Die alte Welt existiert weiter. Freaks, die von gestern träumen, Journalisten, die noch recherchieren auch wenn es sich nicht lohnt, sogar ein Polizist, der seinen Job noch ernst nimmt, Frauen mit Kinderwunsch, Männer, die lieben. Die uralten Sehnsüchte haben aber nur noch Störpotential.
Auch die angestrebte Gleichheit ist eine Schimäre: Hinter den Mauern verstecken sich die wirklich Mächtigen und sie vollziehen ein perfides Spiel mit den ruhiggestellten Stallhasen in ihren zunehmend vergammelten Wohnungen. Die sozialistische Trias von Gleichheit, Versorgung und Überwachung hat ungewollte Nebenwirkung und provoziert Störenfriede im Reich der Stillgestellten und Leidenschaftslosen.
Eschbach hat eine Vielzahl spannender Romane geschrieben. Dieser ist sein politischster, auch wenn er so ganz unpolitisch daherkommt. Er stört die Idylle der vermeintlich leistungslosen, ehrgeizlosen, gleichmacherischen Politik, in deren Sog sich Deutschland längst befindet. Es ist ein Nachdenkroman. Risiken und Nebenwirkungen könnten verstärkte Nachdenklichkeit nach dem Lesegenuß sein.
Andreas Eschbach, Freiheitsgeld. Thriller. Bastei Lübbe, Hardcover mit Schutzumschlag, Schwarzschnitt, Leseband, 528 Seiten, 25,00 €.
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Wer sich nicht mit Fiktionen zufrieden geben mag, dem sei die akribische Beschreibung der drohenden dystopischen Zukunft empfohlen. Der Blogger, Autor und Wirtschaftsjournalist Norbert Häring schreibt sich seit ca. 7 Jahren zu diesem Thema die Finger wund. Bereits 2016 skizzierte er in seinem Buch „Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen“, und erweiterte diese Sicht in „Schönes neues Geld“ aus 2018, wohin die Reise nach Willen der Akteure, nein, nicht denen auf der Mattscheibe das sind nur die Gehilfen, gehen soll. Als er ab 2015 seinen Kampf gegen die GEZ führte indem er darauf bestand, den Rundfunkbeitrag in Bar begleichen… Mehr