Zwei Kernkraftwerke sollten weiter laufen – Realität schlägt Ideologie

Robert Habeck will zwei Kraftwerke für eine begrenzte Zeit weiter laufen lassen. Die Begründung ist originell: Es ist der Franzose, der seine Kernkraftwerke nicht im Griff hat. Verleumdung des Nachbarn ist Völkerverständigung in grün.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Langsam nähern wir uns der Wahrheit und Vernunft, schrittchenweise und vielleicht zu spät: „Es spricht einiges dafür, dass die 2 KKW über den Jahreswechsel weiter laufen“, kündigt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf dem parlamentarischen Abend des Bundesverbands der Deutschen Industrie sowie des Arbeitgeberverbands und des Deutschen Industrie- und Handelstages an. Die richtige Bühne: Wirtschaft. Die richtige Richtung. Aber zu kurz gesprungen.

Nicht Putin, Macron ist schuld

Trotzdem ein vernünftiger Schritt. Die Begründung ist weniger vernünftig: Verantwortlich sei der Strommangel durch nichtlaufende Kernkraftwerke in Frankreich. 

Ach so? Nicht das Gas, das nicht mehr fließt, nicht die Kohle, die es nicht gibt und deren Bevorratung abgeschafft worden war im Zuge des Kohleausstiegs, nicht mal Putin sind schuld am Energiemangel? Französische Kernkraftwerke sind der Teufel, der mit dem Beelzebub zweier deutscher Kraftwerke ausgetrieben werden muss?

Das ist natürlich Unsinn. Schrittweise kommen in diesen Tagen die französischen Kraftwerke ans Netz. Das reicht auch, denn langsam beginnt die Heizperiode. Die Franzosen heizen mit Strom. Deswegen werden die Kraftwerke im Sommer gewartet und laufen im Winter – der Nachfrage gemäß. Das ist vernünftig.

So ist der Plan. Aber ob genügend Strom für den Export aus Frankreich nach Deutschland zur Verfügung steht, ist mehr als fraglich. Erst muss die la cuisine warm sein jenseits des Rheins, bis auch Deutschlands kalte Küche etwas erhält.

Habecks Weg ist richtig, die Begründung verlogen.

Wenn Robert Habeck spricht, ist es wieder das, was man keine Lüge nennt; es ist bloß nicht die Wahrheit.

Es sind nicht marode französischen Kraftwerke, sondern die deutsche Energiewende und deren Verschärfung durch fehlendes Gas.

Halten wir uns vor Augen: Im Koalitionsvertrag, der auch von Habeck unterschrieben wurde, steht schwarz auf weiß: 30 Gaskraftwerke müssen schnell gebaut werden, denn hinter jedem stehenden Windrad steht ein Gaskraftwerk, das den Show-Effekt des Windrades ausgleicht und tatsächlich Energie erzeugt, nicht nur auf dem Papier.

Und diese Gaskraftwerke gibt es nicht und wenn es sie gäbe, hätten sie kein Gas. Punkt. Der Strommangel ist durch die Energiewende verursacht, nicht durch französische Perfidie und Unvermögen. Was Habeck da vortäuscht, ist geeignet, das deutsch-französische Verhältnis zu trüben. Aber was schert Habeck das? Ihm geht es nur um sein Image.

Und die nächste Frage lautet: Warum so spät? Warum nur zwei Kraftwerke? Warum nur bis April?

Die Wahrheit hinter der Begründung

Denn klar ist: Auch im April und danach gibt es weder Gaskraftwerke noch Gas. Die Lage entschärft sich nicht. Also müssten die länger laufen. Und warum nur zwei, warum nicht auch das Kernkraftwerk in Niedersachsen? Richtig, da wird am 9. Oktober gewählt. Die Grünen haben bei den Befragungen fette Verluste, und damit die Verluste durch Kollision mit der Realität nicht noch anwachsen, verzichtet man auf das notwendige Kraftwerk. Sollen die Leute doch frieren, vorher wurde hoffentlich richtig grün gewählt bei einer Regionalwahl. Wahlsieg ist alles, Parteipolitik zählt, sonst nichts.

Und so kommt eine kleine Lüge zur nächsten und sie ergeben in der Summe eine wirklich große.

Fritz Vahrenholt hat im Talk von Tichys Einblick vorgerechnet: Drei Kraftwerke erzeugen Strom für rund 10 Millionen Haushalte. Das ist ja schon mal etwas. Jedenfalls viel mehr als Habecks Energie-Sparprogramm, das in etwa Strom für 40.000 Haushalte spart, wenn die Beleuchtung von Denkmälern und Straßen abgeschaltet wird.

40.000 Haushalte – das ist eine Kleinstadt. 10 Millionen Haushalte – das ist fast ein Viertel aller deutschen Wohnungen.

Und es kommt noch besser.

In Wirklichkeit gibt es noch mal drei Kraftwerke, die wieder angefahren werden könnten. Sie stehen seit einem Jahr still, sind aber jederzeit betriebsfähig und übrigens auch genehmigt: Denn sie sind noch mit Brennstäben geladen, die Wärme erzeugen, die künstlich mit teurem Strom, den es nicht genügend gibt, gekühlt werden müssen.

Dann kommen noch einmal 10 Millionen Haushalte dazu, die potentiell mit Strom versorgt werden könnten.

Insgesamt also dann gut die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Tolle Sache, eigentlich.

Und es könnten noch mehr sein.

Der Waschlappen

Wäre da nicht der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der hat beim Kraftwerk Phillipsburg, das stillgelegt wurde, sofort den Kühlturm sprengen lassen. Ohne Kühlturm, der nichts anderes ist als ein hoher Haufen Beton, kann das Kraftwerk nicht arbeiten. Es ist, als ob Kretschmann vorausgesehen hätte, dass das Kraftwerk noch gebraucht werden könnte.

So hat er einen Teil sprengen lassen, der nichts mit Atom und so zu tun hat. Man könnte es Sabotage nennen. Zerstörung von Volksvermögen, Beihilfe zum Frieren der Menschen und Kältetod der Wirtschaft.

Oder einfach: grüne Politik.

Kretschmann will, dass wir statt zu duschen den Waschlappen benutzen.

Vielen Dank für diesen Rat aus dem Irrenhaus grüner Politik. In der die Wahrheit nicht gesagt wird. Es wird auch nicht gelogen. Es wird nur gehofft, dass die Deutschen dumm genug sind, dass sie nicht bemerken, wie sie von der grünen Politik ins Elend geführt werden.

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Kommentare ( 124 )

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Der kleine Muck
2 Jahre her

2 KKW laufen weiter. Das in Niedersachsen nicht. Weil dort Wahl ist und die Wähler denken: „Super, KKW bei uns ist aus, da wähle ich doch die Grünen, weil die das so toll hinbekommen haben.“ Für wie dämlich halten die uns. Oh, grad die letzten Umfragen gelesen. Nehme alles zurück. Wir sind noch viel blöder als befürchtet.

Ener
2 Jahre her

Sie haben anscheinend gar nicht auf dem Schirm, dass einige internationale Atomexperten und Institute mit sehr großer Sorge nach Frankreich schauen. Das Problem ist so gravierend, dass es nicht um ein paar kWh geht, die nicht nach Deutschland exportiert werden können. Frankreich hat eben nicht mehr alles im Griff, aber anscheinend wollen Sie das nicht wahrhaben. Länder wie die Schweiz, Italien, Spanien aber auch Großbritannien sind seit Jahren im Winter abhängig von französischem Atomstrom. (Deutschland tatsächlich nicht, zumindest, wenn man sich die letzten 5 Winter ansieht, in denen war es sogar umgekehrt) Die Situation in Frankreich wird massive Auswirkungen auf… Mehr

sunnyliese
2 Jahre her

Kretschman hat den Kühlturm sprengen lassen, das steht fest, war ausgesprochen dämlich, wie sich jetzt noch deutlicher zeigt. Gibt es irgendein plausibles Argument dafür, dass die Russen ihre eigenen Pipfelines gesprengt haben? Sie bräuchten doch nur den Hahn zu zudrehen, hätte den gleichen Effekt und wäre auf jeden Fall unproblematischer.

Heinrich Wolter
2 Jahre her

Es gibt die einzigartige Möglichkeit, ziemlich exakt auszurechnen, wieviel es den Stromkunden kostet, wenn Emsland vom Netz geht: Im System „Merit Order“ bedeutet die Abschaltung, daß vom billigen KKW-Strom 1400 MW weggenommen werden, die dann mit teureren Gaskraftwerken zusätzlich erzeugt werden müssen. Da das teuerste Kraftwerk den Strompreis festlegt (ca. 24 ct/KWh Erdgaskraftwerk gegenüber AKW-Verlängerung 3 ct/KWh nach Tech for Future) sind die Mehrkosten relativ einfach zu errechnen.

Mikmi
2 Jahre her

Vielleicht erklärt jemand Herrn Habeck, er ist Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland, nicht der Grünen Basis.
Auch unser Landwirtschaftsminister sollte sich langsam mal bewusst werden, die Fleischpreise sind nicht bezahlbar und wir lassen uns das Fleischessen nicht von einer Minderheit vermiesen. Lidl gibt nur noch 30% Rabatt, satt 50%, ich möchte nicht wissen, wie viel Fleisch dort vernichtet wird.

Jack Pott
2 Jahre her

Muss man Mitleid mit Habeck bzw. den Giftgrünen haben?
Schalten sie die AKW´s ab sind sie weg vom Fenster, nehmen sie nicht vom Netz passiert das Gleiche.
Ach wie schön, es gibt doch noch Aussichten.

Carlos
2 Jahre her

Das einzige, was wirklich hilft ist : Habeck endgültig abschalten. Die 3 Meiler bleiben am Netz und die 3 intakten werden wieder angefahren. Außerdem wird Moorburg wieder in Betrieb genommen. Und den grünen Kommunisten aus BW kann er gleich mitnehmen, Vorher baut er aber auf seine Kosten den Kühlturm wieder auf.

Waehler 21
2 Jahre her
Antworten an  Carlos

Er ist ein Funktionär und bekommt sein Geld vom Staat. Woher soll er denn dann wissen, dass je größer das Angebot ist desto geringer der Preis. Gilt auch für Strom.
Da er laut Selbstauskunft viel verdient, merkt er wahrscheinlich nicht ob eine KW Strom einen Cent mehr oder weniger kostet. Nur die Menschen/ innen die diesen Wohlstand erarbeiten merken ihn.

GP
2 Jahre her

Ich gehe jede Wette ein dass die GEZ-Staatsmedien das Narrativ von wegen „die Französischen KKW sind schuld dass die Deutschen KKW länger laufen müssen“ verbreiten werden. Die grünen Schlümpfe werden es glauben und bei den nächsten Wahl brav die wählen, die sie schon immer gewählt haben; die können ja für nix….?

Stephan B.
2 Jahre her

Habeck kann sich entscheiden, der nächste Kanzler der Republik zu werden oder Vize-Kapitän des untergehenden Grünen-Traumschiffs.

Bundeskanzler wird wer:
– nach Zerstörung der Pipelines eine “neue Lage” ausruft
– die Energiewende für 10+ Jahre vom Dienst suspendiert 
– schnellstens alle verfügbaren Kraftwerke ans Netz bringt und bürokratische Hürden beseitigt
– in Niedersachsen umgehend die Erdgasförderung wieder aufnimmt
Diese Maßnahmen – glaubhaft angekündigt – hätten einen unmittelbaren Dämpfungseffekt auf die Energiepreise.Dies könnte manchen Klein- und Mittelbetrieb überzeugen, weiter zu machen, bzw. nicht ins Ausland zu gehen.

Last edited 2 Jahre her by Stephan B.
Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  Stephan B.

Wie kann man einem Habeck vertrauen, wenn er jahrelang gegen die Kernenergie war und nun binnen ein paar Monaten umfällt….
Wie kann einer, der Realität ignoriert, zum Kanzler gewählt werden?
Klar, möchte er gern an der Macht bleiben. Hätte er Anstand, würde er zugeben, dass grüne Ideen nicht funktioniert haben und den Ring verlassen…
Aber er ändert einfach seine Überzeugung…
Welche Wählergruppe soll dieser Opportunismus ansprechen?

StefanZ
2 Jahre her

Es gibt doch gar keine Mehrheiten für diese Politik. Diese Partei hat keine Mehrheit, der Atomausstieg hat längst keine Mehrheit mehr und selbst Habeck hat und hatte nie eine Mehrheit. In Berlin spielt man doch nur noch Theater für die Massen. Scholz ist die Karrikatur eines Bundeskanzlers und im Parlament sitzt die schlechteste Laienschauspieltruppe der Welt. Scholz ist dabei sogar noch die größere Katastrophe. Er hätte die große Gelegenheit voranzugehen und auch die SPD wieder zur Volkspartei zu machen und tut wieder nix. Sein Kollege auf der Oppositionsbank, steht ihm da leider in nichts nach. Man wird von diesen ganzen… Mehr