„Zeit“-Herausgeber Joffe warnte befreundeten Warburg-Banker vor Cum-Ex-Enthüllungen

Laut Informationen des Magazins Spiegel hat der Zeit-Herausgeber Josef Joffe einen kritischen Artikel seiner Wochenzeitung über Cum-Ex-Geschäfte geschoben, um einen befreundeten Banker bei Warburg rechtzeitig zu warnen.

IMAGO / allefarben-foto
"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe im Sommer 2017.

Im Zuge des Cum-Ex-Skandals hat Josef Joffe, der Mitherausgeber der Wochenzeitung Die Zeit, einen befreundeten Banker bei der Hamburger Warburg Bank vor der kritischen Berichterstattung seines eigenen Blattes gewarnt. Das berichtet das Wochenmagazin Der Spiegel. Die Absprache gehe aus einem persönlichen Brief Joffes an Max Warburg aus dem Januar 2017 hervor.

Joffe erklärte darin, er habe sich um „Schadensbegrenzung“ für das Bankhaus bemüht, nachdem die Wochenzeitung kritisch über die Steuertricks Warburgs berichtet hatte. Wörtlich zitiert der Spiegel Joffe: „Ich habe Dich gewarnt, was in der Pipeline steckte.“ Er habe interveniert, um den Artikel schieben zu lassen, damit die Bank Gelegenheit zur Widerrede erhielt. Joffe habe Warburg zudem in der Vergangenheit „angefleht“, wegen der Vorwürfe eine „exzellente“ PR-Agentur zu engagieren. Offenbar hatte sich Warburg über die Berichterstattung der Zeit beschwert.

Auf Anfrage des Magazins bestritt Joffe jedoch die Vorwürfe. Er habe der Redaktion lediglich geraten, der Warburg Bank Zeit zu geben, sich zu äußern. Daher sei der Artikel um eine Woche geschoben worden. Joffe habe den Brief geschrieben, da Max Warburg die Freundschaft beendet hatte. Eine Zeit-Sprecherin erklärte ebenfalls, Joffe habe keinen Einfluss genommen.

Warburg steht im Zentrum des Cum-Ex-Skandals

Wegen der Cum-Ex-Praktiken der Warburg Bank sind mittlerweile zwei hochrangige Warburg-Banker zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der Bundesrechnungshof hatte die Cum-Ex-Praxis im letzten Jahr als illegal bezeichnet. Die Steuererstattungen für die Finanzszene kostete den Steuerzahler Millionen. Es handelt sich um den größten Steuerskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Steuerschaden: 150 Millionen Euro
Warburg-Banker droht Haftstrafe – Cum-Ex-Deals und mutmaßliche Verstrickung von Scholz
Warburg spielt in diesem Skandal eine zentrale Rolle. Als einer der führenden Köpfe bei der Einführung des Cum-Ex-Modells bei der Hamburger Privatbank gilt Hanno Berger. Dabei unterhielt er offenbar engen Kontakt zum Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Olearius.

Die Verbindung Berger-Olearius sitzt dabei bis heute einer hochrangigen Persönlichkeit im Nacken – nämlich dem damaligen Hamburger Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Hansestadt verzichtete 2017 auf 47 Millionen Euro, die Warburg durch Cum-Ex-Geschäfte erwirtschaftet hatte. Scholz traf sich mehrmals mit Olearius. An die Treffen aber habe er „keine Erinnerung“, so der Kanzler.

Tschentscher nennt Vorwürfe gegen Kanzler Scholz „völlig haltlos“

Statt politischer Aufarbeitung der Vorgänge konzentriert sich das Verfahren bisher nur auf die Finanzszene selbst. Der aktuelle Bürgermeister von Hamburg, Peter Tschentscher, behauptete, Scholz habe „keinen Einfluss genommen auf die Steuerentscheidung im Fall Warburg“. Es handele sich um Vorwürfe, „die völlig haltlos sind und richtiggestellt werden müssen“. Das sagte Tschentscher am Freitag im Hamburger Untersuchungsausschuss.

Tschentscher war von 2011 bis 2018 unter Scholz Finanzsenator der Hansestadt. Gemäß seiner Darstellung sei Hamburg in einem „Dilemma“ gewesen, weil man die Cum-Ex-Praktiken damals nicht mit letzter Sicherheit habe nachweisen können. Daher habe man auf die Steuerrückforderung verzichtet.

Doch die Causa Joffe zeigt deutlich: Nicht die Finanzelite allein steckt im Sumpf, sondern sie hatte ihre Verbindungen. Dass Politik und Medien den Schwarzen Peter nun allein auf Warburg schieben wollen, ist ein naheliegendes Mittel, um den Verdacht von sich abzulenken. Doch der Hamburger Sumpf ist tiefer, als man glauben machen will.

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Kommentare ( 12 )

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Monostatos
2 Jahre her

Alles lupenreine Hanseaten – woanders nennt man solche Herrschaften: „societá honorata“ ~ ehrenwerte Gesellschaft

Gerro Medicus
2 Jahre her

Wenn es ernst wird, müssen wir lügen, lügen, lügen (Zitat Jean-Claude „Ischias“ Juncker)
Nicht wahr, Herr Scholz und Herr Tschentscher? Linke waren schon immer große Lügner, weil ihre Ideologie sehr weit von der Realität entfernt ist. Diese Entfernung kann nur durch Lügen überbrückt werden.
Aber das Gute ist dabei:Die Realität setzt sich IMMER durch! Denn die Wahrheit kann ohne Kraftaufwand alleine stehen, Lügen hingegen benötigen ständigen und wachsenden Support!

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Politik und staatshörige Medien in einem Boot. Wer hätte das gedacht? Gedacht hat das eigentlich jeder, der Politik und Medien in den letzten beiden Jahrzehnte aufmerksam verfolgt hat. Der deutsche „Qualitätsjournalismus“ ist zum Kumpanen und Komplizen politkrimineller Machenschaften geworden. Warum wohl kaum mehr jemand die Regierungspostillen abonnieren will? Fragen über Fragen. Unser Land ähnelt immer mehr einer Bananenrepublik.

BHaven
2 Jahre her

Eine rote Krähe hackt der anderen doch kein Auge aus, da prellt man lieber den dummen Steuerzahler um 47 Mio€. Und mittendrin in diesem Skandal ein Staatslenker, der sich an nichts erinnern kann. Was würde da ein Herausgeber wie Herr Joffe machen, wenn das in Polen, Ungarn oder gar in Amerika passiert wäre? Persönliche investigative Recherchen vor Ort und dann ein gigantischer Aufmacher auf der Titelseite. Im feinen HH wird erst einmal geschoben und gewarnt… Warum nur tun sich diese sogenannten Qualitätsmedien immer schwerer damit ihre Postillen zu verkaufen? Ich habe keine Ahnung.

taliscas
2 Jahre her

Das mit den „haltlosen Vorwürfen“ hab ich wortgleich schon mal Barschel sagen hören. Fehlt nur noch das Ehrenwort.
DIE ZEIT scheint ja mittlerweile tief in Steuersümpfen zu stecken. Theo Sommer als Hinterzieher, Joffe als Mitwisser und Durchstecher….was kommt als nächsten?

Wolfgang Richter
2 Jahre her
Antworten an  taliscas

Barschel? War da nicht mal was mit einer Badewanne in einem Schweizer Luxushotel? Und irgendwas mit dem einen oder anderen Geheimdienst? Bis dahin könnte es ja noch die eine oder andere „Indiskretion“ an die Öffentlichkeit schaffen, wenn irgendwer sich etwas davon verspricht. Die Zeit wird es zeigen.

Marcel Seiler
2 Jahre her

Schwierig: was macht man, wenn man erfährt, dass ein Freund in rechtlich zweifelhafte Geschäfte verwickelt ist? Ist man dann zunächst der Allgemeinheit verpflichtet oder doch dem Freund? Soll man ihn verpfeifen oder, wenn man sich dagegen entscheidet, wie weit soll man ihm helfen?

Wenn die gesellschaftliche Moral erstmal Schaden genommen hat, werden sich viele solche Fragen stellen müssen. Und eigentlich unbescholtene Leute geraten leicht gegen ihren Willen plötzlich ins Umfeld zweifelhafter Geschäfte. So breitet sich Korruption aus wie Pilzbefall.

Emsfranke
2 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Aber, wie verhält es sich, wie Falle einer hochstehenden Persönlichkeit, wenn es sich um einen Amtsträger handelt? Da wäre dann, Freundschaft hin oder her, in einem solch möglichen Fall, noch ein „abgelegter“ (??) Amtseid. Man könnte auch meinen: naja, was ist schon ein Amtseid (sowas in der Art hat man auch aus dem Dunstkreis einer ebenso über 4 Amtsperioden hochstehenden Amtsträgerin vernehmen dürfen). Das Vertrauen eines großen Anteiles derer, die schon länger hier wohnen, ist damit dahin. Und das eventuell für einer zweifelhafte „Freundschaft“? In Bayern nennt man solch geartete Freunde Spezln. Das hohe Amt, welches ich meine, wird m.E.,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Emsfranke
Manfred_Hbg
2 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Mhh, soweit ich den Artikel verstanden habe, geht es hier ja nicht darum „einen Freund zu verpfeifen“, sondern darum diesen Freund bei seiner (angenommenen) kriminellen Handlung aktiv/mitwirkend zu unterstützen.

Hätte Zeit-Herausgeber Josef Joff geschwiegen und nichts getan, sehe die Lage anders aus und er wäre nicht als Mittäter ins Gespräch gekommen.

merlin999
2 Jahre her

Und einer aus diesem verseuchten Sumpf ist heute der Bundeskanzler von Deutschland. Dies zeigt auf die heuchlerische Moral der deutschen Politik und der von ihr großzügig unterstützten Medien (außer den ÖRR, die muss das Volk aus eigener Kasse bedienen und deren wahnwitzigen Löhne noch dazu)!

Aber wer wählt diese Politiker? Da fängt das Übel an. Es ist das deutsche Volk, das Volk der Pharisäer, das Wasser predigt (aber wir doch nicht) und Wein trinkt (indem sie genau diese Versager und vielleicht auch korrupten Politiker der linken und grünen Elite wählt).

Carrera73
2 Jahre her

Man kennt sich, man hilft sich, man fördert sich … Eine Hand macht die andere schmutzig.

bkkopp
2 Jahre her

Ob und wie weit Joffe mit im Sumpf steckt wäre genauer zu analysieren. Ich vermute eher nicht. Tschentscher/Scholz sind ein ganz anderes Kapitel. Sie hätten die Macht gehabt die Verjährung der Steuerrückforderung anhalten zu lassen, haben aber genau das nicht getan. Frei nach der Scholz-Devise : wenn ich nichts tue, bin ich nicht angreifbar. Mir scheint aber, dass Scholz/Tschentscher “ schuldig durch Unterlassen “ sind. Ich hoffe immer noch, dass beide sich vor einem ordentlichen Gericht verantworten müssen, und nicht nur vor einem im Zweifel läppischen U-Ausschuß.