In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 222.000 neue Flüchtlinge registriert, etwas weniger als im ersten Halbjahr 2015 (228.000). Dennoch: Zwischen Januar und Juni sind mehr Flüchtlinge gekommen als im ganzen Jahr 2014. Damals waren es 203.000.
Beim EU-Flüchtlings-Gipfel Anfang März hatte sich Angela Merkel durchgesetzt. Die Formulierung, die Balkanroute sei „geschlossen“, kam nicht ins Kommuniqué. Ihre Begründung, die auch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unterstützt wurde: Das Wort „geschlossen“ entspreche faktisch nicht den Tatsachen, hieß es damals.
Das Eingeständnis der Bundesregierung
Nun ja. Als Mazedonien nach Slowenien, Serbien und Kroatien seine Grenzen für Flüchtlinge schloss, war diese Route abgeriegelt. Ungarn hatte schon vorher getan, wozu es als EU-Mitglied verpflichtet war und ist: seinen Teil der EU-Außengrenze zu schützen. Weil aber nicht sein kann, was nicht sein soll, hat die Bundesregierung bisher jeden Zusammenhang zwischen rückläufigen Flüchtlingszahlen und dem Schließen der Balkanroute geleugnet.
Jetzt hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière das böse B-Wort in den Mund genommen. Den Rückgang der Flüchtlingszahlen im ersten Halbjahr 2016 begründete er so: „Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Zahlen ist natürlich die Verbindung des Schließens der Balkanroute und der EU-Türkei-Vereinbarung vom 18. März 2016.“ Jetzt haben wir es also amtlich. Wenn die Balkanroute noch offen wäre, kämen mehr Flüchtlinge. Was der Innenminister nicht sagte: Ohne den Druck, der von der Schließung der Balkanroute ausging, hätte es wahrscheinlich ein Abkommen EU-Türkei nicht gegeben.
Deutlicher Rückgang – aber weithin hohe Zahlen
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 222.000 neue Flüchtlinge registriert, etwas weniger als im ersten Halbjahr 2015 (228.000). Dennoch: Zwischen Januar und Juni sind mehr Flüchtlinge gekommen als im ganzen Jahr 2014. Damals waren es 203.000, die höchste Zahl seit dem Balkankrieg Anfang der 1990er-Jahre.
Hält dieser Trend an, dann muss man – hochgerechnet auf das ganze Jahr 2016 – mit 500.000 Flüchtlingen rechnen, trotz der Schließung der Balkanroute und ungeachtet des Abkommens der EU mit der Türkei. Allerdings ist zu beachten, dass der Zugang allein in den Monaten Januar und Februar mehr als 150.000 betragen hat. In den Monaten April, Mai und Juni hat sich die Zahl der Neuzugänge dagegen bei etwa 16.000 im Monat eingependelt. Wagt man aufgrund der Zahlen des 2. Quartals eine Hochrechnung, dann ist für das ganze Jahr 2016 mit insgesamt 320.000 Flüchtlingen zu rechnen. Das wären dann deutlich weniger als die 1,1 Millionen des Jahres 2015.
Ungeklärt: Wieviele Migranten leben in Deutschland ?
Immerhin lässt sich festhalten: Die Bundesregierung streitet nicht mehr ab, dass die Schließung der Balkanroute eine Voraussetzung für den Rückgang der Flüchtlingszahlen war. Allerdings schuldet uns Berlin noch immer eine wichtige Auskunft: Wie viele Asylsuchende, Schutzsuchende nach der Genfer Konvention und illegale Migranten im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen sind. Die immer wieder genannten 1,1 Millionen für 2015 waren eine vorläufige Zahl. Denn wir wissen bis heute nicht, wie hoch die Zahl der Illegalen ist, die hier leben: 200.000, 300.000 oder 400.000? Dieser Mangel an Transparenz ist erschreckend und beängstigend zugleich. Und das in der BRD, der Bürokratie-Republik Deutschland. Oder will die Obrigkeit die Bevölkerung über das Ausmaß des Kontrollverlustes nicht erschrecken?
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