Wissing schreibt Brandbrief an EU-Kommission

Millionen Diesel-Fahrzeugen droht im November der Entzug der Zulassung, sollte der EuGH einer Klage stattgeben. Verkehrsminister Volker Wissing schreibt panisch einen Brief an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dabei trägt er selbst Verantwortung.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Der Kampf gegen das Auto und die Mobilität geht weiter. Wer geglaubt hatte, die alte und neue Kommissionspräsidentin von der Leyen würde eine Kehrtwende von jenem verhängnisvollen Green Deal vollziehen, der sieht sich getäuscht. Das Kind hat einen anderen Namen bekommen und die Vernichtung der individuellen Mobilität wird fortgesetzt.

Immer noch steht das Ziel, dass die EU ab 2035 alle neuen Verbrenner verbieten lassen will.

Jetzt sorgt ein Brandbrief von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) für Aufsehen, in dem er davor warnt, dass möglicherweise acht Millionen Dieselautos plötzlich stillgelegt werden. Dann nämlich, wenn im November der EuGH sagt, die Zulassung von Dieselfahrzeugen vor 2017 gilt nicht mehr. Die wurden zwar nach den damals geltenden sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus-Regeln (NEFZ) zugelassen, doch – April, April – jetzt plötzlich sollen die nicht mehr gelten.

Wissing regt eine »Klarstellung« an, wie es in seinem Brief heißt, dass zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eine entsprechende Rechtsänderung schnellstmöglich ausgearbeitet wird. Die Fachebene des Bundesverkehrsministeriums werde einen konkreten Regelungsvorschlag unterbreiten.

Der Grund für die Hektik von Wissing: Er schlägt Alarm nicht zuletzt im Hinblick auf seine Parteifreunde, die im Osten vor Landtagswahlen stehen. Er selbst stünde vermutlich auch vor seinem politischen Aus. Denn wenn im November der EuGH tatsächlich urteilt, die Zulassung hätte nicht erteilt werden dürfen, würde dies dazu führen, dass das Kraftfahrtbundesamt Millionen von Autobesitzern sagen müsste: Ab morgen dürft ihr nicht mehr fahren; diese Autos besitzen keine Straßenzulassung mehr. Und übermorgen wäre Wissing seinen Chefsessel im Verkehrsministerium los. Und Deutschland stünde vermutlich vor einem Volksaufstand. Denn mittlerweile haben die Bürger von dem Unfug die Nase gestrichen voll, der mit ihrem Eigentum und ihren Arbeitsplätzen im Namen des »Klimas« getrieben wird.

Es geht wieder um die Frage, wie die Abgase eines Autos mit Verbrennungsmotor gemessen werden. Ein heikles Thema, viel Ingenieursintelligenz ist hineingeflossen, wie die Messungen unterschiedlicher Fahrzeuge vergleichbar gestaltet werden können. Festgelegt wurde in den Vorschriften ein Prüfzyklus für den NEFZ.

Klar war auch jedem Fachmann: Auf dem Prüfstand sieht das Abgasverhalten eines Autos anders aus als im realen Betrieb auf der Straße.

Anders wurde dies, als Umwelt-NGOs CO2, Stickoxide und andere Abgase des Autos als Kampfplatz wählten, um das Auto zu bekämpfen. Die riefen: Diese Messungen hätten kaum etwas mit dem realen Abgasverhalten von Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr zu tun. Die Innenstädte würden zu lebensgefährlichen Plätzen. Wir dokumentierten die abenteuerlichen Lügen und falschen Messungen, mit denen gearbeitet wurde, bei Tichys Einblick ausführlich.

Neue Zulassungsverfahren wurden entwickelt; die Motorenentwickler konstruierten nach viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit entsprechende neue Motoren, die diese niedrigeren Grenzwerte einhalten. Ein moderner Diesel hinterlässt unter bestimmten Betriebsbedingungen sauberere Luft, als er vorne einzieht. Doch auch diesen sauberen Dieselfahrzeugen soll mit neuen Vorschriften der Garaus gemacht werden.

Ab Herbst könnten Millionen von Dieselfahrzeugen unterhalb Euro-6 zwangsweise stillgelegt werden, wenn der EuGH aus heiterem Himmel diesen Autos rückwirkend die Zulassung entzieht. Auch Konsequenzen für Teile der Euro-6-Flotte schließt Wissing nicht aus. Dies würde nicht nur Diesel-, sondern auch Benzinfahrzeuge treffen.

Anlass ist übrigens die Klage zweier Personen vor dem Duisburger Landgericht, das die Entscheidung dem EuGH vorgelegt hat. Die Frage ist: Können neuere Zulassungsverfahren auch rückwirkend für Autos vorgeschrieben werden, die unter den alten zugelassen sind? Begriffe wie Besitzstandswahrung wären dann obsolet.

Auch die Kommission habe sich diesem Gedanken zugeneigt gezeigt. Sie will weiterhin mit aller Gewalt Elektroautos durchsetzen. Zu vermuten ist ferner, dass der EuGH auch diese absurden Wendungen in der ideologischen Auseinandersetzung um den Verbrennungsmotor mitmacht und der Klage stattgibt.

Es geht nicht ums Klima, sondern um Kohle. Davon leben unter anderem seit Jahren Umwelt-NGOs prächtig, die mit ihren Aktivitäten Sabotage am Industriestandort Deutschland leisten. Erfolgreich, muss man zugestehen.

Auch die Autoindustrie dürfte mit stillem Wohlgefallen auf die Auseinandersetzung schauen. Deren Geschäfte laufen schlecht, da käme es den Bilanzen gelegen, die alten Autos von den Straßen zu fegen und viele, viele neue verkaufen zu können.

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Kommentare ( 129 )

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129 Comments
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horrex
1 Monat her

Wie ich das meine?
Raten sie mal!
TIP: Ich habe „Die“ nicht gewählt.

horrex
1 Monat her

Ich denke, man kann sich nur WÜNSCHEN,
dass ab Nov. 8 Mio Diesel stillgelegt werden …

Stuttgarterin
1 Monat her

Natürlich geht es ums Geld, wo doch gerade die E-Flotte abschlafft, auf die dummerweise die Autohersteller – mit Blick auf den chinesischen Markt und die EU-Granden – gesetzt haben.
Der Verbrenner verbrennt an Ort und Stelle. Das E-Auto hat eine energetische Lieferkette, die nicht Betracht gezogen wird. Ein solcher Vergleich kann nur hinken.
Es wird ganz sicher ein Aufstand geben, wenn Millionen Autos plötzlich wertlos werden. Wer lässt sich schon gerne immer weiter enteignen, wo er doch schon mit Steuern und Abgaben abgezockt wird (sofern er arbeitet).

gartenzwergkiller
1 Monat her

Inzwischen gibt es eine Antwort aus der EU-Kommission, kann man im Focus nachlesen. Der Link, den ich dazu gepostet hatte ist auf unerfindliche Weise verschwunden. Manchmal ist es doch besser, den Ball flachzuhalten. Ich bin kein Freund der EU, aber man scheint sich dort trotzdem der Brisanz des Themas bewusst sein. Wissing spielt ein politisches Spielchen, indem er die Leute verunsichert.

Holger Douglas
1 Monat her
Antworten an  gartenzwergkiller

Das ist keine eindeutige Antwort von Breton!

libelle
1 Monat her

Die geradezu katastrophalen Folgen aller Ampel-Gesetzgebung für unser Gemeinwesen, das Generationen unserer Väter und Mütter im Schweisse ihres Angesichts gutgläubig mit den ihnen abgepressten Steuerlasten aufgebaut haben – übrigens zum Wohle ihrer Kinder, denen es einmal besser gehen sollte, und nicht für jeden Hergelaufenen – führen zu zwei Fragen: Erstens: Welche politischen Ziele verfolgt das Politiker gewordene Böse, das offenen Auges das von Generationen aufgebaute in einer Legislatur zerstören will? Zweitens: Warum dürfen wir nicht erfahren welche willfährigen Politiker- und Bürokratenseelen in geradezu verbrecherischer Nachlässigkeit oder Inkompetenz wichtigste Gesetze formulieren und beschließen? Wir müssen doch auch jeden Furz oder Pickel,… Mehr

Skeptiker
1 Monat her
Antworten an  libelle

Das „Politiker gewordene Böse“ – das trifft es. So schön hat das wohl noch niemand formuliert.

Peter Klaus
1 Monat her

Die betroffenen Fahrzeuge werden nicht stillgelegt, es geht schlicht und ergreifend, wie vom Autor erwähnt, nur um eines – um „Kohle“. Eine nachträgliche Zusatzsteuer, um die zahlreichen Haushaltslöcher, verursacht durch irrwitzige Geldverschleuderung, zu stopfen, käme sehr gelegen. Der Deutsche wird es schulterzuckend hinnehmen – was sind schon ein paar 100€ zusätzlich dem Klima zu Liebe. Der Franzose wird die Gelbweste herauskramen, der Spanier und Italiener die Parlamente zu Kleinholz verarbeiten. Vielleicht zahlen wir für die Südländer einfach mit, denn die EU ist ja schließlich ein „Friedensprojekt“.

Peter Pascht
1 Monat her

Es gibt überhaupt kein EU Recht,
sagt das BverfG in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 / 2 BvE 2/08
Das BverfG sagt in diesem Urteil:
Solange es keinen EU Staat gibt,

bleiben die in den Mitgliedstaaten verfassten Völker der Europäischen Union die maßgeblichen Träger der öffentlichen Gewalt,

***einschließlich der Unionsgewalt.***

Ein Recht dass es nicht gibt kann nicht weiter delegiert werden.
Auch vom Bundestag nicht.
Die Berufung des Bundestages und der Regierung auf EU-Recht ist also verfassungswidrig.

Last edited 1 Monat her by Peter Pascht
Lizzard04
1 Monat her

Wenn man eine dem Land und seinen Bürgern verpflichtete Regierung hätte, wäre der finanzielle Sumpf dieser sogenannten NGOs lange trocken gelegt und diese Leute müssten einer sinnvollen Arbeit nachgehen. Und auf irgendwelche abgehobenen Richter beim EuGH zu hoffen, die alle das Klimalied trällern, ist tatsächlich eine sehr wackelige Nummer. Dass von der Leyen trotz gelegentlich anderslautender Äußerungen und auch gegen den gesunden Menschenverstand weiter an „ihrem Green Deal“ festhält, dürfte jedem klar sein. Sie gehört zur in diesen Tagen weit verbreiteten Gattung von politischen Entscheidern, die sich und ihre Meinung für unfehlbar halten, egal was der Wähler wünscht. Sie wissen… Mehr

gartenzwergkiller
1 Monat her

Das Problem ist Wissing und die FDP. Er versucht nun schon zum zweiten Mal (man denke an die Androhung von Wochenendfahrverboten wegen der Sektorziele im Klimaschutzgesetz im vergangenen März) Panik zu verbreiten und sich als Macher zu inszenieren um damit Wähler zu mobilisieren. Das ist zwar recht durchsichtig, aber wenn ich mir die Mehrzahl der Beiträge hier ansehe, klappt es zumindestens mit der Panik bei den meisten. Ich hoffe, dass wenigstens niemand auf die Idee kommt, die FDP deswegen zu wählen.

Last edited 1 Monat her by gartenzwergkiller
Lesterkwelle
1 Monat her

Eine Abwrackaktion gigantischem Ausmaßes ohne Prämie. Wäre interessantgewsen, wenn das vor den EU-Wahlen bekannt gemacht worden wäre..

Skeptiker
1 Monat her
Antworten an  Lesterkwelle

So viel Platz ist ja auf den Schrottplätzen gar nicht!
Manche, die – anders als ich – selber keinen Diesel haben, könnten sich freilich über die dadurch frei werdenden Parkplätze freuen, denn auch der klimagerechte Nachschub wird sich so schnell nicht beschaffen lassen. Von den Finanzierungsproblemen ganz abgesehen.

Altrocker
1 Monat her
Antworten an  Skeptiker

Sie werden doch nicht glauben, dass die zum Teil fast neuwertigen Fahrzeuge einfach auf Schrottplätzen enden! Die werden sicherlich nach Afrika verschifft, wo sie, da sie dort kaum verrosten, noch zwei Jahrzehnte ihre Abgase in die Atmosphäre blasen – ohne von deutschen Abgasmessungen behelligt zu werden. Merkt schon jemand, dass das viel mehr dreckige Abgaswerte bedingt, als wenn sie weiterhin – streng vom deutschen TÜV kontrolliert – hierzulande betrieben worden wären?