Wie Lobby-Organisationen Druck auf Redaktionen ausüben

„Klima vor acht“ und andere Vereine versuchen, die Medienberichterstattung in ihrem Sinn zu beeinflussen. Und sie verzeichnen durchaus Erfolge.

Getty Images | Screenprint: klimavoracht.de - Collage: TE

Die Aktivisten der Lobbyorganisation „Klima vor acht“ mussten Schlimmes entdecken: ausgerechnet bei der Tagesschau, der deutschen Hauptnachrichtensendung. Was hatte sich das ARD-Flaggschiff geleistet? Es illustrierte Meldungen über die ohnehin schon medial völlig überinszenierte Sommerwärme in Europa mit Bildern von Menschen, die offensichtlich am Strand ihren Badespaß genießen. Die strenge Zurechtweisung von „Klima vor acht“ lautet:

„Da haben wir die Tagesschau wohl zu früh gelobt. Ihr wisst schon, dass da gerade Menschen an Hitze und Dehydrierung sterben? Wenn ihr euch schon weigert, eine Sondersendung zur besten Sendezeit zu bringen, wie @RTL_com es schafft, dann verkneift euch wenigstens die Spaßbilder.“

— KLIMA° vor acht e.V. (@KlimaVorAcht) July 19, 2023

Darunter heftete die Organisation einen Tweet vom 2. Juli an, in dem sie großzügig Medienlob an ZEIT, Süddeutsche Zeitung, Tagesschau und Spiegel verteilt hatte, weil deren Reaktionen nach der „scharfen Kritik“ von „Klima vor acht“ vorbildlich auf „Freibadmotive und Gute-Laune-Pics“ verzichten würden: „Nachdem wir die Bildsprache von Artikeln zu #Hitze und #Klima im letzten Jahr mehrfach scharf kritisieren mussten, finden wir in diesem Jahr bis dato so gut wie keine Freibadmotive und Gute-Laune-Pics mehr. Dafür möchten wir uns bedanken. @DIEZEIT @SZ @tagesschau @derspiegel .“

Umso ärgerlicher empfinden die selbstberufenen Medienaufseher offenbar den Rückfall der ARD-Nachrichtensendung. Bei „Klima vor acht“ handelt es sich um einen Lobbyverein, der hauptsächlich „Primetime fürs Klima“ fordert, was aus seiner Sicht bedeutet, die bisherige ARD-Sendung „Wissen vor acht“ durch eine tägliche Klima-Sendung vor der Tagesschau zu ersetzen. Wie die dann aussehen würde, lässt sich ungefähr erahnen, wenn schon Bilder von badenden Menschen als ungeheuerlich gelten. Neben der Forderung nach einer täglichen Portion Klimaalarmismus in der ARD sieht der Verein seine Aufgabe offenbar auch immer stärker in der generellen Druckausübung auf Medien. In seiner eigenen Definition heißt es: „KLIMA° vor acht e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, mit dem Ziel, die Klimaberichterstattung aller Medien zu verbessern.“ Die Organisation finanziert sich nach eigenen Angaben durch Spenden. Allerdings finden sich auf ihrer Seite keine Hinweise auf sie Geldgeber und die Höhe der Mittel.

Zu dem relativ kleinen Verein gehören einflussreiche, gut vernetzte Aktivisten. Unter anderen die Autorin und Kolumnistin der „Frankfurter Rundschau“ Maren Urner, die zu den wichtigsten Protagonisten des „konstruktiven Journalismus“ in Deutschland zählt – also eines Journalismus, der nicht mehr ein kritisches Gegengewicht zur Politik bilden, sondern vor allem bestimmte „Lösungen“ für Probleme popularisieren soll. Ein weiteres Mitglied ist der taz-Journalist Jakob Lochner, der vorübergehend am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung arbeitete. Er engagiert sich nicht nur bei „Klima vor acht“, sondern auch in der Aktion „fossilfreie Medien“, die sich zum Ziel setzt, Druck auf Redaktionen auszuüben, damit sie „freiwillig“ auf „fossile Anzeigen“ verzichten – etwa Werbung für Verbrenner-Autos und Flugreisen.

Neben „Klima vor acht“ und „fossilfreie Medien“ nimmt auch die mit staatlichem Geld geförderte Organisation „Neue Deutsche Medienmacher“ seit einiger Zeit Einfluss auf Redaktionen, und zwar im Sinn der „Diversität“. Kürzlich forderte die Mitgründerin der „Neuen Deutschen Medienmacher“, die mittlerweile zur „Antidiskriminierungsbeauftragten“ der Bundesregierung aufgestiegene Ferda Ataman, Redaktionen dazu auf, Daten über Herkunft, Religion und Sexualität der Mitarbeiter zusammenzustellen, um nachzuweisen, dass die Belegschaft hinreichend „divers“ sei.
Verleger- und Journalistenverbände unterließen es bisher, diese Art der Druckausübung deutlich zurückzuweisen.

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