Wie die SPD den Wohnungsbau zerstört

Die SPD-Bundestagsfraktion will Mieten einfrieren – die SPD-Bauministerin will Wohnungsbau vitalisieren. Beides gleichzeitig kann nicht gelingen. Die SPD betreibt eine Wohnungspolitik, die mit der einen Hand kaputtmacht, was sie mit der anderen aufbaut.

IMAGO / IPON
Bauministerin Klara Geywitz (SPD), 16.08.23

Die Interventionsspirale im Wohnungssektor dreht sich und dreht sich. So forderte die Spitze der SPD-Fraktion im Bundestag nun einen „bundesweiten Mietenstopp“. Konkret will sie bestehende Mietverträge einfrieren. Für drei Jahre sollen Mieten nur noch um maximal sechs Prozent steigen und nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinauswachsen dürfen.

Schon jetzt sind Mietsteigerungen reguliert. In einem Zeitraum von drei Jahren darf die Miete um höchstens 20 Prozent steigen, in Gegenden mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ sogar nur um 15 Prozent. Diese Grenze sollte nach dem Ampel-Koalitionsvertrag sogar noch auf elf Prozent abgesenkt werden.

Außerdem möchte die SPD die Indexmiete reformieren. Statt wie bisher soll die Indexmiete nicht mehr an die Inflation, sondern an die Entwicklung aller Netto-Kaltmieten gekoppelt werden. Außerdem ist eine Kappung der Mietsteigerungen im Gespräch. Ein aktionistischer Vorstoß, der die Planlosigkeit der SPD unterstreicht. Denn: Jahrelang hatten SPD-Politiker für Indexmietverträge geworben. Also in Jahren, in denen die Inflation niedrig und damit das Wachstum der Indexmieten niedrig war. Nun ist die Inflation hoch, und die Indexmietverträge steigen schneller als Verträge, die sich zum Beispiel an dem Mietspiegel einer Gegend ausrichten.

Doch es ist nicht allein die Inflation, die die Mieten steigen lässt. Auch der Mangel an Wohnraum und immer neue Vorgaben für Modernisierungen und Sanierungen von Gebäuden lassen die Mieten steigen. 700.000 Wohnungen fehlen in Deutschland, das Statistische Bundesamt errechnete für 2021, dass mehr als 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in einer zu kleinen Wohnung für ihre Familie leben.

Die Situation wird sich in den kommenden Jahren nicht bessern. Die Bevölkerung wächst in Deutschland aufgrund von Migration immer weiter. Im ersten Halbjahr 2023 wächst die Bevölkerung um voraussichtlich 150.000 Personen. Gleichzeitig steuert die Bauwirtschaft auf eine massive Krise zu. Doch im gleichen Zeitraum wurden nur für 111.500 neue Wohnungen Baugenehmigungen erteilt, über 30 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Vorstoß der SPD ist dabei ein fatales Signal für Wohnungsunternehmen. Denn natürlich müssen steigende Kosten im Bau und Unterhalt auch mit steigenden Mieten wettgemacht werden. Mietdeckel, wie sie die SPD plant, schaffen so keinen neuen Wohnraum – im Gegenteil, sie sorgen nur dafür, dass noch weniger gebaut wird. Und das ruft die Politik dann auf den Plan um die Mieten wieder weiter zu begrenzen und den Wohnungsbau weiter abzukühlen.


In eigener Sache: 

Über die Herausforderungen fürs Bauen, Mieten und Wohnen diskutiert Roland Tichy mit ausgewählten Gästen und dem Publikum am 9. September in der Messe Dresden. Wir würden uns freuen, auch Sie begrüßen zu dürfen. Einen Veranstaltungsplan, Hinweise und weitere Informationen finden Sie hier:



Die Grünen begrüßen den Vorstoß der SPD. „Die seit Jahren explodierenden Mieten treiben Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zunehmend an die Belastungsgrenze“, sagte Christina-Johanne Schröder, Sprecherin für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, der WELT. „Die Verlängerung der Mietpreisbremse, die Absenkung der Kappungsgrenze und die Regulierung von Indexmieten sind dringend notwendig.“ Die Grünen wollen gleichzeitig den Bausektor stimulieren, indem mit Zuschüssen und Steuerersparnissen Wohnungen für „kleine und mittlere Einkommen“ gefördert werden. Die Logik der Grünen: Mit Regulierung das Bauen und Vermieten unattraktiv machen – um dann mit Steuergeldern die Probleme wieder ein bisschen auszugleichen.

„Statt der immer gleichen Forderungen zur Verschärfung des Mietrechts sollten sich die SPD und ihr Bauministerium endlich darum kümmern, dass die Bauwirtschaft in Deutschland nicht vollständig kollabiert“, zitiert die WELT den Wohnungspolitischen Sprecher der FDP, Daniel Först. Först vergisst dabei, dass die SPD zwar das Bauministerium führt, seine Partei aber wohl Teil der Ampel ist – und auch Maßnahmen wie eine Absenkung der Kappungsgrenze auf elf Prozent still und heimlich mittragen wollte.

Im selben Dilemma befindet sich die Union: „Jetzt wie die SPD einen Mietenstopp und neue Regulierung zu fordern, ist absurd und unverantwortlich“, sagt Jan-Marco Luczak. Doch auch er vergisst dabei: Viele Initiativen, die das Bauen verteuern, wurden unter der Union beschlossen. Das Heizungsgesetz Habecks, das den Bürgern ihre Heizung vorschreiben will, wurde unter der Regierung Merkel eingeführt, Habeck verschärft das Gesetz nur. Immer neue Klima- und Effizienzpflichten im Bau wurden durch die Union auf Bundes- und Europaebene mitgetragen. Der Mangel an Wohnraum ist ein Problem, dass sich über Jahre hinweg angestaut hat und von der Union nie angegangen wurde.

Der Vorstoß der SPD, die Mieten zu deckeln, kommt nur eine Woche, nachdem Bauministerin Klara Geywitz (SPD) den Bau stimulieren wollte. Ab 2025 gelten eigentlich deutlich schärfere Regelungen, wie energieeffizient Neubauten sein müssen. Diese wollte sie vorerst verschieben – die bestehenden Verschärfungen, die dieses Jahr in Kraft getreten sind, bleiben aber unangetastet. So die Ankündigung von Geywitz, ein konkretes Gesetz liegt aber noch nicht vor.

Wie funktionieren die Efifzienzregeln?

In typisch deutsch-bürokratischer Manier regelt das Bauministerium bis in die Details des Wohnungsbaus hinein. Um die Effizienzklasse eines Baus festzustellen, hat das Ministerium ein Referenzgebäude festgelegt, das als Maßstab für den Verbrauch genutzt wird. Bis zum letzten Jahr galt der EH 70 Standard, daher durften Neubauten nur 70 Prozent des Energieverbrauchs dieses Referenzhauses aufweisen. Seit diesem Jahr gilt der EH 55 Standard, das heißt, ein Neubau darf nur noch 55 Prozent der Energie verbrauchen, die das Referenzhaus braucht. Ab 2025 sollte eigentlich EH 40 gelten. Schon jetzt werden nur noch Häuser gefördert, die EH 40 entsprechen. Dazu kommt, dass alle Gebäude, die ab 2024 gebaut werden, ihren Energiebedarf fürs Heizen, Kochen, Duschen zu 65 Prozent über erneuerbare Energien decken müssen.

Doch diese Regelungen sind nichts gegen die Pläne der EU: Das Parlament plant, dass ab 2030 nur noch Null-Emissionshäuser gebaut werden dürfen. Bis dahin müssten auch alle öffentlichen Gebäude zu einem Null-Emmissionsstandard nachgerüstet werden. Bis 2050 sollen dann alle Wohngebäude in der EU diesen Standard erfüllen.

So versucht die SPD das Unmögliche: Sie will Mieten einfrieren, aber gleichzeitig die Vermieter zwingen, Geld in ihre Wohnungen zu investieren, und die Unternehmen sollen sich Geld leihen, um Wohnungen zu bauen, deren Miete sie nicht anhand ihrer Kosten festlegen können. Auf Bundesebene sollen Regulierungen ausgesetzt – niemals abgeschafft – werden, die dann kurze Zeit später über die EU wieder in das Land kommen.


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Kommentare ( 61 )

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61 Comments
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Guidomuc
1 Jahr her

Während der Niedrigzinsszeit sind über viele Jahre Bauvorschriften und Regeln erlassen worden, die das Bauen sehr teuer gemacht haben bei zweifelhaftem Nutzen. Von der Dämmung über 3-fach-Verglasung, Rauchmelder, Zwangslüftung mit Wärmerückgewinnung, Spielplätze am Mehrfamilienhaus (auf denen niemand spielt weil da zB gar keine Kinder wohnen) usw. usw. und die Wohnungswirtschaft hat das mitgetragen. Und es wird munter weitergehen: Wärmepumpe, E-Ladesäulenpflicht, Mietendeckel usw. So wird das nix mit Sozialwohnungen und bezahlbaren Einfamilienhäusern.

H.Arno
1 Jahr her

Die SPD-Bauministerin wird zum Pleitegeier des Wohnungsbaues – mit Miet-
begrenzung und inflationären Kosten für Grüne Bauverordnungen!

Klaus Weber
1 Jahr her

Je mehr der Staat in einen Markt eingreift, desto öfter muss er danach wieder eingreifen, um das wieder zu reparieren, was er mit dem ersten Eingriff kaputt gemacht hat. Das Dilemma aller sozialistischen Staaten! Dadurch entsteht eine zentral nicht mehr beherrschbare Komplexität und genau daran gehen sozialistische Staaten kaputt. Hoffentlich geht es dieses Mal schnell…

jopa
1 Jahr her

Ruinen schaffen ohne Waffen. Das können nur die Roten und ihre Helfer. Die Ossi konnten nicht s dagegen tun, die Wessies wollen nichts dagegen tun. Walter!! Wir kommen.

Micky Maus
1 Jahr her
Antworten an  jopa

Ich will ja niemanden zu nahetreten, aber was gilt die Wette, dass in Hessen und Bayern wieder dieses unfähige, marode und korrupte Parteiensystem wieder mit großem Abstand von seinem verblödeten Volk gewählt wird?!

puke_on_IM-ERIKA
1 Jahr her

Wohnungsbau, Kernkraft, Schulen, innere Sicherheit, einheitliche Sprache, Heimat – alles gestrig, brauchen wir nicht.
Wer sowas fordert, ist mindestens rechtsextrem und rückwärtsgewandt.

Last edited 1 Jahr her by puke_on_IM-ERIKA
Darkage
1 Jahr her

Die Mieten fressen bereits seit langem schon 50 % des eigenen Gehaltes auf!
Sowas kann und darf nicht sein!

Ein Mietendecken ganz Deutschlandweit kann und wird nicht funktionieren!
Das Wohnungsangebot wird immer weiter verknappt!
Alte Wohnungen werden abgerissen und keine neuen erbaut….

Man wird den Eindruck nicht los, dass es Absicht ist…

Or
1 Jahr her
Antworten an  Darkage

Das Wohnungsangebot wird immer weiter verknappt ? Wie kann das sein, bei einer schrumpfenden Bevölkerung ?
Ahhhh … . Tschuldigung, ich hab den Elefanten im Raum nicht sofort gesehen.

Last edited 1 Jahr her by Or
H. Priess
1 Jahr her

Ich kann nur auf das Blog von Hadmut Danisch von heute hinweisen zum Thema: Die Interventionsspirale, sich selbst verstärkende Fehler. Er zeigt sehr gut auf wie das völlig verkorkste System immer weiter auf seine schon gemachten Fehler immer neue hinzufügt, weil einfach die Einsicht, der Mut und die Kenntnisse fehlen diese Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Natürlich kann man immer mehr Benzin ins Feuer schütten in der Annahme, daß es dann schon aufhören würde zu brennen. Benzin ist eine Flüssigkeit, Wasser ist eine Flüssigkeit aber wenn man die chemischen Unterschiede nicht kennt hat das eine eine völlig andere Wirkung… Mehr

Or
1 Jahr her
Antworten an  H. Priess

Es lohnt da oft ein Blick in die Vergangenheit.
Die letzte Institution des untergehenden Römischen Reichs, das noch voll funktionsfähige war, nachdem die Thermen, die Theater, das Herr, etc. vor die Hunde gegangen waren, war der Fiskus.
Und der erhöhte die Steuern so sehr, daß es für die Bürger rentabler war, das Wirtschaften komplett einzustellen und vom Staat zu leben.
Ergebnis: Die Steuereinnahmen gingen zurück.
Reaktion: Der Fiskus erhöhte die Steuern nochmals, und nochmals, und nochmals …. .
Nun, wie‘s geendet hat, wissen wir.

Waldorf
1 Jahr her

Ein interessanter Netzfund. Läßt sich der Autor identifizieren? Jedenfalls hat diese/r Unbekannte schlicht Recht. Politische Ideologen gleichen am ehesten Klerikern oder Sektengurus. Deren Eigeninteressen sind alle ähnlich bis identisch: Macht über andere und ein komfortables Leben für sich selbst. Auch unideologische Eliten wie klassische Kapitalisten oder einfach nur Superreiche ticken ähnlich, nur dass es ihnen nicht primär um Macht geht, sondern „nur“ um Geld. Gesellschaftliche oder individuelle Fragen interessieren Kapitalisten nicht so sehr, solange sie ihren Geschäften nachgehen und Profit machen können, je mehr, umso besser, klar. Ideologen und Gurus aller Art wollen anderen Menschen ihre Ansichten, Meinungen oder Gedankengebäude… Mehr

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Unseren Spezialdemokraten kann man noch so oft erklären wie ein Markt funktioniert, sie werden bzw. wollen es einfach nicht verstehen. Ihr sozialistisch vorgeprägter Denkapparat hat einfach keine Kapazitäten zum Erkennen bestimmter ökonomischer Realitäten. Was nicht ins sozialistische Weltbild passt, das existiert für diese Leute einfach nicht. So sieht dann auch ihre Politik aus. In den letzten 25 Jahren saßen diese Herrschaften mit einer Unterbrechung von vier Jahren in der Bundesregierung. So viel Sozialdemokratie hält auch das stärkste Land nicht aus, ohne massiven Schaden zu nehmen. Die von den Sozis unterstützte grüne Idiotie gibt dann unserem Land endgültig den Rest.

Aegnor
1 Jahr her

„Das Parlament plant, dass ab 2030 nur noch Null-Emissionshäuser gebaut werden dürfen.“
Genau – da werden sich Länder wie Italien, Frankreich oder Griechenland, von Bulgarien oder Rumänien ganz zu schweigen, bestimmt dran halten. Diese Regelungen werden selbstverständlich nur in Deutschland eingehalten, bzw. engefordert. Und warum? Weil es Deutschland ist… Um mal den Schon-Klood, den alten Schluckspecht, zu zitieren.