Wer rückt von seiner Chemnitz-Aussage ab?

Einige korrigieren ihre ungeprüft übernommenen Meldungen über Hetzjagden in Chemnitz. Andere verbreiten die Falschnachricht einfach weiter und andere drücken sich um klare Worte herum.

Die NZZ war wohl die erste, die ihre Berichterstattung in Sachen „Hetzjagd“ korrigierte. Die FAZ tat es verschämt und versteckt im Feuilleton, Robin Alexander (WELT) ordnete auf Twitter ein und der Flurfunk in einer breiteren Erklärung der Rolle der Medien.

Don Alphonso (WELT) und Frank Lübberding, Autor u.a. bei FAZ, meinen:

— f.luebberding (@luebberding) September 5, 2018

Der Blog Publico zieht aus einem zähen Wortwechsel mit Mitarbeitern des Regierungssprechers den Schluss: »Merkel und Seibert lassen „Hetzjagd“-Vorwuf fallen«. Das wäre denn doch ein Wunder, wenn Merkel jemals einen Fehler zugeben würde. Wie sie so etwas macht, vermittel BILD mit einem heutigen Zitat, mit dessem Ton Merkel über Merkel in der Tat alles sagt:

„Meine Reaktion ist, dass wir dort Bilder gesehen haben, die sehr klar Hass und damit auch Verfolgung von unschuldigen Menschen deutlich gemacht haben. Von denen muss man sich distanzieren, das hat Herr Seibert gemacht, das tue ich, das habe ich auch schon getan, und damit ist alles gesagt.“

Eigentlich fehlt nur noch, es war zwar nicht so, aber es hätte so sein können. Aber davon ist Merkels gerade zitierter Spruch ja nicht wirklich entfernt.

Damit wird Frau Merkel so ernsthafte Stimmen wie Werner J. Patzelt nicht zum Schweigen bringen.

Was sich leider nicht überraschend abzeichnet, ist, dass fast niemand offen zugibt, eine einzige Nachricht einfach ungeprüft nachgeschrieben und nachgesendet zu haben.

Ministerpräsident Kretschmer erklärte als bisher einziger CDU-Oberer die „Hetzjagd“-Aussagen für falsch.

Falls Sie, werte Leser in Ihrer Regionalzeitung, im Radio, von Politikern und anderen Bürgern des öffentlichen Lebens, wo auch immer von aufrechten Leuten hören, die sagen, tut mir leid, ich hätte mich vorher informieren sollen, dann schreiben Sie uns bitte.

In der Basler Zeitung findet sich unter der Überschrift „Die Welt als Wille und Wahn – Wie der Journalismus und die Intellektuellen sich selbst abschaffen.“:

„Wer in Chemnitz von einem Lynchmob spricht, weiss nicht, was ein Lynchmob ist. Wer jeden AfD-Wähler zum Nazi macht, weiss nicht, was ein Nazi ist. Wer Sarrazin zu einem Ideologen des rassenreinen Ariertums macht, hat keine Ahnung, was ein solcher Ideologe denkt, sagt und schreibt. Wer vorschnell «Nazi» ruft, ist genauso dumm wie der Idiot, der die Hand zum Hitlergruss erhebt.“

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