Was steckt hinter der Absicht, Europa sperrangelweit zu öffnen?

Wie ist das diagnostisch und ideologiekritisch zu sehen? Hier ein paar Erklärungsversuche beziehungsweise Denkanstöße! Parallelen zu ziehen überlassen wir unseren TE-Lesern.

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Wir haben hier auf TE eine von der Politik und den sog. Leitmedien offenbar bewusst „vergessene“ Entschließung des Europäischen Parlament vom 26. März 2019 aufgegriffen. Darin geht es explizit um das weite Öffnen Europas für Migration aus Afrika und um volkspädagogische Maßnahmen gegen die angebliche „Afrophobie“ der Europäer.

Wie ist das diagnostisch und ideologiekritisch zu sehen? Nachfolgend ein paar Erklärungsversuche beziehungsweise Denkanstöße! Parallelen zu ziehen überlassen wir unseren TE-Lesern.

Jean-Jacques Rousseau: Der „Edle Wilde“ (1762)

In seinem „Erziehungs“-Roman „Emile – Oder: Die Erziehung“ schleudert Rousseau 1762 einen Bannstrahl gegen Kultur, Wissenschaft und Kunst. Selbst die Literatur ächtet er. Buchwissen lehnt er ab, nur den „Robinson Crusoe“ lässt er gelten. Die „Umstände“, würde heute gesagt, „deformieren“ schließlich den Menschen. Die Wurzeln allen Übels sieht Rousseau in den Künsten und Wissenschaften, die von der Natur, von der „glücklichen Unwissenheit“ wegführen.

Rousseaus pädagogisches Credo lautet dementsprechend: „Greife nicht ein!“ „Verhüte, dass etwas getan wird!“ Der erste Satz seines Romans „Emile“ liest sich denn auch folgerichtig so: „Alles, was aus den Händen des Schöpfers kommt, ist gut; alles entartet unter den Händen des Menschen.“ Eine Quintessenz Rousseaus wird dennoch gerne in das Schlagwort „Zurück zur Natur!“ gefasst, auch wenn Rousseau diesen Satz explizit so nie geschrieben hat.

Für Rousseau ist der „Mensch von Natur aus gut.“ Der „Edle Wilde“ ist geboren. Wiederbelebt scheint diese Vision in der Idealisierung des Fremden im Rahmen der Vision einer multikulturellen Gesellschaft und der Idealisierung von „bereichernden“ Völkerwanderungen.

Friedrich Nietzsche: Der Antichrist (1895)

Für Nietzsche ist das Christentum eine „nihilistische, die natürlichen Antriebe des Lebens schwächende Religion“; sie kommt aus dem „Ressentiment der Schwachen“ (siehe Nietzsches „Willen zur Macht“, seinen „Übermenschen“ und sein Urteil „Gott ist tot!“); diese Religion habe, so Nietzsche, mit der „Verfälschung natürlicher Werte“ und mit der „Ablehnung nationaler Gemeinschaften“ begonnen und diese Ablehnung radikalisiert. Zwar schreibt/sagt es Nietzsche nicht explizit so, aber viele verstehen darin die Prognose: Europa wird an der Sklavenmentalität und an der Mitleidsmoral des Christentums zu Grunde gehen.

Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes (1918/1922)

Den späten Zustand der Zivilisation charakterisiert Spengler unter anderem wie folgt: ein „Postheroismus“ und ein „greisenhaftes Ruhebedürfnis“, Geschichtslosigkeit, mangelnde Ehrfurcht vor dem Überlieferten, Materialismus, anarchische Sinnlichkeit, Motto: „panem et circenses“, Geburtenrückgang. Es fehlt zudem der „Wille zur Dauer“, zum Beispiel auch in der Ehe.

Alexander Demandt: Der Fall Roms (1984) / Das Ende der Weltreiche (1997)

Für Demandt ist „Dekadenz die Verbindung verfeinerten Lebensstils mit sinkender Lebenskraft, eines Zuviels an Subtilität mit einem Zuwenig an Vitalität.“ Er schreibt am konkreten Beispiel: Am folgenschwersten für Rom war die Schwächung des militärischen Bereichs; es gab kaum noch Freiwillige. Karthago und Rom sind untergegangen, weil deren Bürger nicht mehr zur Selbstverteidigung bereit waren.

Samuel P. Huntington: Der Kampf der Kulturen (1996)

Laut Huntington sind die Anzeichen der „inneren Fäulnis“ des Westens unübersehbar: Geburtenrückgang, Überalterung, Zunahme der Asozialität, Auflösung der Familienbande, Zunahme egomanischer Attitüden, Schwinden der Autorität von Institutionen, Hedonismus, Rückgang des Sozialkapitals, d. h. der Mitgliedschaft in Vereinen, das Schwinden des zwischenmenschlichen Vertrauens, Nachlassen des Arbeitsethos und zunehmender Egoismus, abnehmendes Interesse an Bildung …

Der vormalige Kardinal Ratzinger und spätere Papst Benedikt XVI. sagte übrigens im Jahr 2000: „Europa scheint in der Stunde seines äußersten Erfolgs von innen her leer geworden … Es gibt eine seltsame Unlust an der Zukunft … Kinder, die Zukunft sind, werden als Bedrohung der Gegenwart gesehen … Sie werden als Grenze der Gegenwart gesehen.“

Pascal Bruckner: Essay über den westlichen Masochismus (2006/2008)

Der französische Philosoph Bruckner (*1948) diagnostiziert Europas permanenten Schuldkomplex. Er schreibt: „Die ganze Welt hasst uns, und wir haben es verdient: Dies ist die feste Überzeugung der meisten Europäer, zumindest im Westen.“ Dieser provokante Satz steht in Bruckners 2008 auf deutsch erschienenem Buch mit dem Titel „Der Schuldkomplex – Vom Nutzen und Nachteil der Geschichte für Europa“. (Die französische Originalausgabe ist 2006 übrigens anders, treffender überschrieben, nämlich mit „La tyrannie de la pénitance. Essay sur le masochisme occidental“; auf deutsch also: „Die Tyrannei der Buße. Essay über den westlichen Masochismus“.)

Ein weiteres Zitat aus Pascal Bruckners Buch: Die Paradoxie des ewig sich schuldig fühlenden Europa besteht darin, dass es genauso arrogant ist wie das einstige imperiale Europa, da es sich auf kindische Weise rühmt, für alle Leiden der Menschheit verantwortlich zu sein. Europa, so Bruckner, sei geprägt von der „Eitelkeit des Selbsthasses“.

Douglas Murray: Der Selbstmord Europas (2018)

Douglas Murray, der britische Publizist (*1979), seziert die Vision der politischen Eliten von einem neuen europäischen Menschen und einem neuen Europa. Wörtlich schreibt er: „Dieses neue Europa müssten wir uns wie die Vereinten Nationen vorstellen. Menschen aller Länder würden dort leben, doch zu Hause wäre keiner mehr.“ Vor allem seziert Murray die moderne europäische Schuld, die in einem Endstadium angekommen sei. Und er fordert von den Europäern: „Genug mit der Unterwürfigkeit, die ihnen das Schuldbewusstsein aufzwingt, genug mit der Idee, dass etwas einmalig Schreckliches in der Vergangenheit passiert ist, genug damit, dass die Geschichte, von der sie niemals Teil waren, vorschreibt, was sie in der Gegenwart und der Zukunft tun oder lassen sollen. Möglich ist es schon. Vielleicht ist die Schuld-Industrie auch nur das Phänomen einer einzigen Generation und wird einst durch was auch immer ersetzt?“ Wenn es denn nicht zu spät ist! Siehe auch.

Reiner Kunze: Teurer Rat (2006)

Zum Schluss das Wort eines Dichters: Europa ist gefährdet. Viele wollen davon nichts wissen. Für sie gilt, was Reiner Kunze (*1933) in seinem Gedicht „Teurer Rat“ (2006) geschrieben hat: „Nicht ratsam ist´s, verfall / Verfall zu nennen / Vor der katastrophe.“ Wir hier bei TE werden diesem Rat des von uns hochverehrten, mutigen Reiner Kunze nicht folgen wollen. Und er wird sich darüber außerordentlich freuen.

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Kommentare ( 113 )

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Marko Thomas Scholz
4 Jahre her

Es ist bedauerlich, dass der Autor dieses Beitrags, den ich ansonsten durchaus schätze, sich auf das Buch »Der Wille zur Macht« beruft und als dessen vermeintlichen Urheber Friedrich Nietzsche benennt. Die moderne Literaturwissenschaft hat mittlerweile nachgewiesen, dass Friedrich Nietzsche dieses Buch nicht geschrieben hat, sondern seine Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche. Dem Philosoph selbst kann lediglich der Buchtitel zugeschrieben werden. Offenbar beabsichtigte Nietzsche eine Publikationsschrift mit diesem Titel zu verfassen. Hierzu kam es aber nicht mehr. Sein Gesundheitszustand kam ihm in die Quere. Das Werk Nietzsches muss folglich unter diesem Gesichtspunkt komplett neu bewertet werden. Hierzu kann ich die Arbeiten von Prof.… Mehr

Riffelblech
4 Jahre her

Den Untergang Europas leitet eine Politische Kaste ein ,die sich ihre Immunität vorsorglich gesichert hat. Die deutsche Politik ist von einem 3 Generationen anhaltenden Schuldwahn nach den 2. WK getrieben . Grüne ,Linke befeuern diesen Zustand, seit Merkel gibt es nur noch Vollgas in Richtung Abschaffung Europas . Die hemmungslose Migration ist eine Seite des Unterganges,dieser Irrsinn des Klimahypes eine nächste . Beides nur mit irrwitzigen Summen angesetzt,die diejenigen ,die sie beschließen und durchsetzen wollen schon gar nicht mal erwirtschaften .Demzufolge ist eine weitere Ausplünderung der arbeitenden Bevölkerung eindeutig eingeplant . Siehe Steuerlast in D, die zweithöchste in der EU.… Mehr

Frank v Broeckel
4 Jahre her

Sie ALLE verwechseln ständig die Ursache und Wirkung!

Die Leute fliehen in Wahrheit überhaupt NICHT originär vor dem syrischen, dem libyschen und ukrainischen Bürgerkrieg nach Mitteleuropa, SONDERN..

..der libysche, der ukrainische und insbesondere der syrische Bürgerkrieg existieren(!!) in Wahrheit überhaupt NUR aus dem EINZIGEN(!!!) Grunde, damit zumeist Nichteuropäer Richtung Mitteleuropa, INSBESONDERE jedoch in Richtung Deutschland, fliehen SOLLEN!

Das ist der sogenannte erste demographische Weltkrieg!

Gerro Medicus
4 Jahre her

Ganz im Gegenteil, was die Kolonialisten an zivilisatorischen Errungenschaften zurückgelassen haben, verkam und verschwand unter der Herrschaft der Schwarzafrikaner im Nu. Beispiele gibt es genug, siehe Rhodesien, heute Simbabwe / Malawi, siehe Süd-Afrika. Simbabwe galt lange als die Kornkammer im südlichen Afrika. Heute zählt das Land laut UN-Statistiken zu den ärmsten der Welt. https://www.mdr.de/nachrichten/politik/ausland/simbabwe-rhodesien-geschichte-mugabe-hintergrund-zahlen-fakten100.html Man kann offensichtlich Menschen, die noch vor drei oder vier Generationen in Lehmhütten ohne Elektrizität und Wasserleitung gewohnt haben, nicht mit dem Eilzug in die Moderne holen. Der Wechsel von Mentalität und Kultur dauert viele Jahrhunderte. Und selbst dann – man schaue nach USA. Sind die… Mehr

Sabine W.
4 Jahre her

Lassen wir doch den Versuch der Philosophien, Herr Kraus. Ich glaube, dass das einfach ein Thema ist, das den europäischen Apparat nicht einmal peripher kratzen darf. Zum einen, weil er sich in höheren Sphären wähnt (‚Was interessiert es die Europäische Eiche, wenn sich die Migranten an ihr schuppern?‘), zum anderen ist gewährleistet, dass nur Deutschland Migranten in unbegrenzter Zahl aufnimmt – selbst die vergleichsweise liberalen skandinavischen Staaten verweigern sich mittlerweile. Was interessieren diese Massenbewegungen daher die EU? Daher ist das Warum eigentlich uninteressant – das DASS zählt. Der Höhepunkt war die letzte Wahl in Dänemark, als eine sozialdemokratische Partei(!) unzählige… Mehr

Wolfgang Richter
4 Jahre her

Zur Wahrheit gehört auch, daß dominierende schwarze Völker und Araber Krieg, Verschleppung und Sklaverei betrieben haben, den Weißen die Sklaven an den Küsten zuführten. Während die Briten aus wirtschaftlichem Eigennutz 1833 die Sklaverei verboten, hat z. B. das Volk der Dahomey (heutiges Benin) auch noch nach 1850 Kriege zum Erhalt der Dominanz im Sklavenhandel geführt. Wer auch immer die Abnehmer waren. Zur Feststellung der Ursachen der noch heutigen Instabilitäten auf dem afrikanischen Kontinent wäre sicher die Dokumentation der Geschichte der diversen Stämme hilfreich, deren Kämpfe gegeneinander sich bis in die Bürgerkriege der letzten Jahre u. aktuell fortsetzen. Ingeressant dabei auch… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her

Ich sehe das alles etwas einfacher: Die Politikerkaste handelt im Auftrag des internationalen Kapitals, dem es um billige Arbeitskräfte und Lohndrücker geht. Die Politikerkaste kann so handeln, weil sie sich selbst vollkommen von den Folgen unkontrollierter Migration isoliert hat. Sie schicken ihre Kinder auf Privatschulen, haben Leibwächter und wohnen dort, wo der Afrikaner eher selten hinkommt.

Lucius de Geer
4 Jahre her

Aha, „das internationale Kapital“ sucht also mal wieder billige Arbeitskräfte. Meinen Sie die IT-Spezialisten der US-Technologiegiganten, die Ingenieure und Facharbeiter in Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, die versierten Handwerker, die Dachstühle bauen, Heizungen montieren und Bäder bauen? Meinen Sie, irgendein Unternehmer würde ungelernte und nicht belastbare Afrikaner und Araber auf solche Tätigkeiten ansetzen? Lassen Sie doch diese verstaubten Kamellen vom Oberspinner Marx im Schrank. Für ungelernte Tätigkeiten (speziell bei Dienstleistungen) haben wir längst genügend günstige Arbeitskräfte (Schüler, Studenten, Nebenjobbber). Es geht hier um etwas ganz anderes: die gezielte Unterhöhlung der bürgerlichen Gesellschaft als Hort des Individuums und des selbstverantworteten Daseins.

Balthasar
4 Jahre her

Seltsam, lieber @LJ, so „jämmerlich sklavisch“ kann das Christentum nicht gewesen sein. Denn solange Europa noch durch und durch christlich war, hat es dem Ansturm des Islam sicher standgehalten.

Erst seit das Christentum – auch unter dem Einfluss Nietzsches – in Europa praktisch aufgegeben wird (was u.a. durch das Ablegen der Amtskreuze der Bischöfe Marx und Bedford-Strohm auf dem Jerusalemer Tempelberg treffend symbolisiert wird), kapituliert vor allem das linke (mehrheitlich atheistische!) Europa vor dem Islam.

Nietzsches „schonungslose Analyse“ ist nicht überzeugend.

Kurzschlussingenieur
4 Jahre her
Antworten an  Balthasar

Mann sollte trennen, warum „Europa“ den islamischen Horden standhalten konnte, und warum es ihnen standhalten wollte. Das Volk wollte standhalten, und da gebe ich Ihnen recht, da es zumeist christlich war und eine fürterliche Angst vor den islamischen Gräueln gehegt wurde. Außerdem war man für gewöhnlich eher ungebildet und sah das eigene Seelenheil gefährdet. Die politische Führung wollte dank ihrer Adelsprivilegien standhalten. Eine dem christlichen Europa gleichwertige Aristokratie gab es im Osmanischen Reich nicht, entsprechen hätte zumindest der niedere/mittlere Adel alles verloren. Ein Hoch auf das Feudalsystem. Europa konnte standhalten da es ausreichend Bevölkerungszuwachs gab (vgl. Gunnar Heinson), es technisch… Mehr

Teide
4 Jahre her

Es ist der Selbstmord Europas. Auf dieser Karte kann man ein bisschen rumspielen. Da sieht man sehr gut wie „groß“ Deutschland in Wirklichkeit ist.

https://tinyurl.com/utlcw2o

Durch die Mercator-Projektion sieht Europa größer aus als es ist.

caesar4441
4 Jahre her

Die Briten wissen warum sie austreten.