Was aus den Parteien diesseits der Brandmauer ertönt

Boris Rhein (CDU) fordert Zeitenwende in der Migrationspolitik - Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt schließt Zusammenarbeit mit Linkspartei nicht mehr aus - in Sachsen ist die CDU doch vor der AfD - Linkspartei durch zwei Direktmandante im Landtag - Sigmar Gabriel (SPD) zu einer "Wende"  in der Migrations- und Wirtschaftspolitik auf

Vor den Gesprächen zwischen Bundesregierung und Ländern über Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Solingen sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengrupp: „Deutschland hat ein Terrorproblem bei der Migration und darauf muss die Ampel regieren … Wir brauchen eine Zeitenwende in der Migrationspolitik.“ Konkret verlangte Rhein, der Bund solle „die Kontrollen an den Binnengrenzen fortsetzen und endlich anfangen, an den Grenzen konsequent zurückzuweisen“. Außerdem müssten die sogenannten Dublin-Regeln konsequent angwendet werden, wonachder EU-Staat, in dem ein Flüchtling zuerst registriert wurde, das Asylverfahren durchzuführen hat. Rhein forderte auch, mehr Herkunftsstaaten als sicher einzustufen. Ferner müssten Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien erfolgen. Darüber hinaus sprach sich Rhein dafür aus, Straftätern und Gefährdern die Staatsbürgerschaft zu entziehen: „Abschiebe- und Haftmöglichkeiten müssen ausgeweitet werden.“

Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt schließt eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei nicht mehr aus. „Wir werden das amtliche Endergebnis abwarten und dann in den nächsten Tagen in den Gremien besprechen“, sagte Voigt der Bild-Zeitung. Zuvor hatte die Linkspartei in Thüringen die Tolerierung einer CDU-Minderheitsregierung in Aussicht gestellt. In der CDU gibt es einen Beschluss, wonach eine Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD ausgeschlossen ist. Aber dieser Beschluss könnte bald nur noch für die AfD gelten. Nach vorläufigem Ergebnis wäre in Thüringen eine Mehrheit nur durch ein wie auch immer gestaltetes Bündnis aus CDU, BSW und Linken möglich. Die SPD ist zu klein geworden und irrelevant geworden, FDP und Grüne sind aus dem Landtag geflogen. Stärkste Kraft ist die AfD, mit der aber niemand zusammenarbeiten will.

 

 

Bei der Landtagswahl in Sachsen ist die CDU nach vorläufigem Endergebnis nun doch vor der AfD gelandet, nachdem es im Laufe des Wahlabends vorübergehend knapp aussah. Nach Auszählung aller Stimmbezirke kommt die CDU auf 31,9 Prozent, vor der AfD, die 30,6 Prozent erzielt. Dahinter folgen BSW (11,8 Prozent), SPD (7,3 Prozent) und Grüne 5,1 Prozent. Die Linkspartei ist mit 4,5 Prozent in Fraktionsstärke im neuen sächsischen Landtag, weil sie in Leipzig zwei Direktmandate geholt hat. Die Freien Wähler kommen beim Zweitstimmenergebnis auf landesweit 2,3 Prozent, erhalten aber auch einen Sitz. Der langjährige Oberbürgermeister von Grimma, Matthias Berger, hat im Wahlkreis Leipzig Land III ein Direktmandat geholt. Nach dem landesweiten Erststimmenergebnis kommen die Freien Wähler damit auch auf immerhin 4,8 Prozent. Nicht im Landtag sind die „Freien Sachsen“ mit 2,2 Prozent, ganz weit abgeschlagen ist die FDP mit 0,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 74,4 Prozent.

 

 

 

Nach Sachsen und Thüringen ruft der Ex-SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zu einer „Wende“  in der Migrations- und Wirtschaftspolitik auf. „Ein Weiter so darf es für keine der Parteien der demokratischen Mitte mehr geben“, sagte Gabriel dem Tagesspiegel: „Es braucht eine wirkliche Wende in zentralen Politikfeldern wie der Migrationspolitik, der Energie- und Wirtschaftspolitik und einen handlungsfähigen Staat, der die Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaates auch tatsächlich durchsetzt.“ Die Landtagswahlen vom Sonntag seien „eine Zäsur“: „Ausweichen, relativieren, Durchhalteparolen reichen nicht. Die demokratische Mitte ist nicht nur geschwächt, sie wird getrieben und wirkt hilflos. Getrieben einerseits von einer rechtsextremen Partei, die in der Alltagskultur Ostdeutschlands offenbar weit stärker verankert ist als ihre demokratischen Wettbewerber. Und getrieben von einer national-bolschewistischen Partei, deren Führungspersonal es geschafft hat, nach der SPD die Linkspartei zu spalten.“

Gabriel forderte speziell die SPD zu einer programmatischen „Wende“ auf. Die SPD habe in den letzten Wahlen „immer in alle Richtungen verloren, weil sie in den Augen ihrer früheren Wähler ihre Identität verloren hat“, sagte Gabriel. Oftmals werde die SPD „nur noch als reine Funktionspartei“ wahrgenommen, die man gelegentlich brauche, um für andere Parteien die Mehrheit zu sichern. „Immer seltener wird sie als eigenständige Kraft wahrgenommen“, sagte der ehemalige Außenminister und Vizekanzler: „Wenn die deutsche Sozialdemokratie das ändern will, muss auch sie in wichtigen Politikfeldern eine Wende vollziehen.“ Gabriel sagte weiter: „Eigentlich braucht die SPD ein neues `Godesberg`, um ihre Programmatik an einer sich rasant wandelnden Welt anzupassen und Ideen zu entwickeln, wie sie für die arbeitende Mitte der Gesellschaft wieder Sicherheit im Wandel schaffen kann.“

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Kommentare ( 53 )

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53 Comments
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H. Priess
2 Monate her

Wer mit dem Teufel zu Tisch gehen will braucht einen langen Löffel. Altes Sprichwort. Die CDU würde selbst mit dem Teufel paktieren wenn sie nur am Ruder bleiben kann. Das gilt für die Länder ebenso wie für den Bund. Parteien der demokratischen Mitte? Welche meint er damit? Alle außer der AfD sind links bis linksextrem. Wobei man die Grünen nicht als Partei bezeichnen kann sondern als Sekte. Die SPD und ein neues Godesberg? Mit wem denn, mit Esken und Kühnert? Als Volkspartei im Abseits und nicht einmal mehr als Mehrheitsbeschaffer zu gebrauchen. Ansonsten kann der Gabriel seine Zeitenwende in die… Mehr

F. Hoffmann
2 Monate her

Gestern Abend gab es ein Interview mit Wagenknecht bei RTL Direkt. Interessant dabei: Auf die AfD angesprochen sagte Wagenknecht, dass es Koalitionen mit der AfD in Sachsen und Thüringen aufgrund von Besonderheiten (gemeint war wohl v.a. Höcke) nicht geben können. Ansonsten gebe es in der AfD zwar einige Nazis, viele seien aber nicht Nazis. Und eine generelle Ablehnung von wie auch immer gearteter Zusammenarbeit mit der AfD ließ sie nicht aus sich herauskitzeln. Da hat auch der Aiwanger von den FW ein Problem. Der OB von Grimma, Matthias Berger, lehnt ein Verbot der Zusammenarbeit mit der AfD ab, in Sachthemen… Mehr

F. Hoffmann
2 Monate her

Gabriel übersieht wieder eine Kleinigkeit: Schon zu Zeiten der unseligen Merkel ließen sich die etablierten Parteien von den Grünen und ihren linksgrünen medialen Propagandisten in wichtigen Punkten (Zuwanderung , Energiepolitik, etc.) vor sich her treiben. Man machte Politik um die Gunst der linksgrünen Medien zu gewinnen. Dumm nur, dass es da auch noch Wähler gibt, die nicht 20cm über dem Boden der Realität schweben sondern unmittelbar von ihr betroffen sind. Die wählen dann anhand der tatsächlichen und nicht der medial-virtuellen Realität.

GefanzerterAloholiker
2 Monate her

Warum wird einer SPD im Zusammenhang mit diesem Artikel Platz eingeräumt. Sie landete im Off. In die Richtung geht noch mehr. Von Interesse ist diese Organisation aber im Osten nicht mehr.

Ornhorst
2 Monate her

Machen wir uns nichts vor. Diese Zeitenwende gibt es nicht mehr. Der Zug ist vor 20 Jahren abgefahren. Deutschland ist in wenigen Jahrzehnten Geschichte. Wenn sich die AfD unbedingt verfassungs- und gesetzeskonform verhalten will, womit sie ziemlich allein dasteht, dann kann sie die Werte und Normen, die wir in Deutschland (und Europa) über Jahrhunderte entwickelt haben, nicht halten, denn ihre Gegner halten sich eben nicht an Gesetze, was von der Justiz immer deutlicher schlicht toleriert wird. Schon jetzt redet in den Straßen nur noch eine knappe Mehrheit Deutsch. Dieser Untergang ist der Verdienst Merkels, der Qualitätsmedien und all der Schnarchnasendemokraten,… Mehr

Waldschrat
2 Monate her

Ich kann nicht erkennen, wie Gabriel zu dem Schluss kommt, die SPD gehöre zur demokratischen Mitte. Gibt es eine solche überhaupt noch? Da würde ich in diesen Bereich eher die AfD und die Freien Wähler im Osten verorten, meinetwegen mitte-rechts, aber definitiv demokratischer, als die Etablierten. Die SPD und die anderen Vertreter der Ampel sowie die CDU sind weder demokratisch, noch Mitte. Das ist schon lange her, dass sie diese Attribute für sich reklamieren konnten. Die sind soweit nach links getriftet, dass sie schon die Linken links überholt haben und weiter links gar kein Platz mehr ist. Die Strukturen sind… Mehr

bfwied
2 Monate her

Auch hier zur AfD: „[…] offenbar weit stärker verankert ist als ihre demokratischen Wettbewerber.“ Auch hier wurde nie definiert und argumentativ nach Kriterien der Linguistik dargelegt, was genau denn „rechtsextrem“ bedeuten soll. Das behaupten die Inlandsgeheimdienste wie der von Fäser und Co abhängige „Verfassungsschutz“, aber wieder, auch bei denen, ohne jede nachprüfbaren Belege. Mir scheint, als Schein-Belege genügen Behauptungen à la NGO Correctiv – nachweislich „Erfindungsfabrik“ und solchen Lügen wie zu Chemnitz! Damit muss man doch endlich mal aufhören, ist doch Kindergarten, aber keine ernstzunehmende demokratische freiheitliche Gesellschaft. Kein Wunder, dass mittlerweile alle über D. lachen und den Kopf schütteln.

Baron Fred
2 Monate her
Antworten an  bfwied

Rechtsextrem bedeutet einfach: Extrem oft Recht haben!
In allen Politikfeldern: Wirtschaft, Recht, „Migration“, Biologie, ….

Wolfgang Schuckmann
2 Monate her

Was wir erleben werden, wird nach dem französischen Muster ablaufen, das die Wahlen zur Nationalversammlung in ihr Gegenteil verkehrt haben. Es werden die politischen Untiefen ausgelotet von den Nichtgewählten, und dann geht der Kuhhandel los. Geb ich Dir, gibst Du mir, heißt das Spiel. Für eine wahre Demokratie ein beschämendes Bild. Anstatt sich mit den Argumenten des politischen Gegners auseinanderzusetzen, wird diffamiert und schmutzigste Sprache ausgepackt um das eigene Fehlverhalten zu kaschieren. Ich nenne es einfach niederträchtig 30 % der Bürger dieses Landes zu entmündigen und von jedem verantwortlichen Bürgerwillen nichts übrig zu lassen als ‚ rechtsextrem‘ , nicht gesichert,… Mehr

Ornhorst
2 Monate her
Antworten an  Wolfgang Schuckmann

Frankreich habe zwar auch eine Demokratie, aber die funktionierte schon immer völlig anders als hier in Deutschland. Frankreich wird von einer gesellschaftlichen Elite regiert und verwaltet.

BellaCiao
2 Monate her

Wolfgang Kubicki von der FDP hat richtig erkannt und getwittert: 

„Das Wahlergebnis zeigt: Die Ampel hat ihre Legitimation verloren. Wenn ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft ihr in dieser Art und Weise die Zustimmung verweigert, muss das Folgen haben.“

Nur es müssten den Worten eben Taten folgen. Wenn die FDP es jetzt immer noch nicht schafft, die Ampel-Koalition zu verlassen, dann wird sie auf absehbare Zeit sicher gar keine Rolle mehr spielen.

»Die Ampel ist wie ein Migräne-Anfall. Du kannst dir im Moment, indem es halt kommt, nur sagen: Es geht vorbei!« (Zitat Christoph Schwennicke)

Last edited 2 Monate her by BellaCiao
Kassandra
2 Monate her
Antworten an  BellaCiao

Schlechtes Beispiel, das mit der Migräne. Denn wenn der Anfall vorbei ist, ist alles gut und dem Leben vorher ähnlich. Das, was seit Merkel angerichtet ist, wird jetzt auf jeden Fall in etwas führen, das für uns alle mit dem Zustand vorher nichts mehr gemein haben wird. Und wenn wir am Ende noch dabei sind, dann tatsächlich mit leeren Taschen und jederzeit angreifbar. Es wird sein, als hätte man amputiert – und zwar an den verschiedensten Stellen – und, falls es Prothesen gibt, werden diese nicht das wieder herstellen, was wir vorher kannten. Und das, was sie uns zusetzten, wird… Mehr

Last edited 2 Monate her by Kassandra
BellaCiao
2 Monate her
Antworten an  Kassandra

Eine echte Migräne ist eine schlimme, chronische Erkrankung.
Aber soweit muss man die Analogie auch nicht treiben.

Ohanse
2 Monate her

Was will Gabriel mit einer Wiederbelebung von Godesberg, wenn kein geeignetes Personal zur Verfügung steht? Esken, Kühnert, Klingbeil, Scholz etc. – welchen brauchbaren Gedanken sollten die denn beisteuern können?

Ornhorst
2 Monate her
Antworten an  Ohanse

Man könnte Herrn Müntefering als Berater engagieren 🙂 … immerhin ein ehrlicher erfahrender Mann.