Tichys Einblick wehrt sich gegen die unvollständige Wahlwiederholung der Berliner Bundestagswahl. Das Gericht bestätigt nun den Eingang.
Die Bundestagswahl in Berlin muss vollständig wiederholt werden – diesen Standpunkt vertritt TE seit Monaten. Die von unserem Team festgestellten Mängel, Ungereimtheiten, Fehler und Manipulationen haben eine Tragweite, dass eine teilweise Wiederholung von wenigen hundert Wahllokalen nicht ausreicht. Der Vertrauensverlust lässt sich dadurch nicht beheben. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat dies genauso gesehen – und die komplette Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus und der Bezirksverordnetenversammlung angeordnet.
TE hat deshalb eine Wahlprüfungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Sie ist dem Bundesverfassungsgericht am 5. Januar per Fax und am 7. Januar per Brief zugegangen. Am Donnerstag, dem 26. Januar, hat das Gericht den fristgerechten Eingang bestätigt und der Beschwerde ein Aktenzeichen (2 BvC 15/23) gegeben.
Der Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau, der die Causa vor Gericht vertritt, schätzt, dass 20 bis 25 Wahlprüfungsbeschwerden fristgerecht eingegangen sind. „Das wundert mich eigentlich, ich hätte beinah mit hunderten von Beschwerden gerechnet, nachdem es ja allein wegen der Berlin-Wahl über 2.000 Einsprüche gegeben hat“, erklärt Vosgerau. Das Verfassungsgericht gebe zwar über die Zahlen bisher keine Auskunft, er habe aber mit verschiedenen Kollegen kommuniziert und die Aktenzeichen verglichen. Die „überlangen Transportzeiten“ beim Verfassungsgericht seien überdies „nicht selten“.
Beschwerdeführer Jan Kopfmann zeigte sich erfreut, dass „wir nun durch das Aktenzeichen Klarheit haben, dass die Verfassungsbeschwerde eingegangen ist und angenommen wurde“. Er bedauerte jedoch, dass offenbar nur wenige Beschwerden eingegangen seien. „Es ist schade, dass angesichts der richtigen Entscheidung, einen Widerspruch zu formulieren dann so wenige Bürger das Ganze weiterführen.“ Er hoffe auf eine „sorgfältige Prüfung“ und eine „weise Entscheidung“ in der Sache.
Interessant sei auch, wie das Gericht mit der von Vosgerau gestellten Frage nach der Briefwahl umgehen werde, so Kopfmann. Diese habe mit 47 Prozent ein „unfassbar hohes Ausmaß“ angenommen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2009 entscheiden, dass die Briefwahl nicht zum Regelfall werden dürfe. „Das Gericht wird sich ja wohl nicht aus den eigenen damaligen Formulierungen herauswinden können. Wir sind gespannt.“
Der Deutsche Bundestag hatte am 10. November 2022 eine Wahlwiederholung in 431 Berliner Wahllokalen angeordnet. Der Beschluss ging vornehmlich auf die Stimmen der Fraktionen der Ampel-Koalition zurück. Die Oppositionsfraktionen CDU/CSU und AfD haben ebenfalls eine Beschwerde eingereicht. In Berlin wird die komplette Wahl zum Abgeordnetenhaus und der Bezirksverordnetenversammlung am 12. Februar wiederholt.
Die gesamte Wahlprüfungsbeschwerde können Sie hier nachlesen.
Roland Tichy, Herausgeber von TE, hat eine Initiative gegründet, um die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.
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Gerade erfreute nicht die Nachricht, mit der ich nie gerechnet habe, das die Wahl vom 26.9.2021 in Berlin wiederholt werden muss.
Meine Erwartung an das BVerfG ist sehr gering. Eingaben von normalen Bürgern werden ohnehin zu praktisch 100% ablehnt, 100% Gehalt aber kassiert. Ein Rechtsanwalt sagte mir dazu: das ist normal, – wenn man nicht sehr prominent ist. Tichy scheint ausreichend prominent zu sein. Die Zuteilung eines Aktenzeichens ist aber kein gewonnener Prozeß! Ironisch sagt man zwar: alte Diktaturen manipulierten die Auszählung. aktuelle Diktaturen manipulieren die Wählermeinung. Aber der Spruch muß nicht stimmen. Über jede Wahl bei uns gibt es eine Menge beobachtete Unregelmäßigkeiten, Fehler, Fälschungen. Immer schon. Jede einzelne Beanstandung wird normalerweise mit dem Hinweis: „dieser Einzelfall beeinflußt nicht das… Mehr
Bzgl. Wiederholung der Bundestagswahlen muss doch jedem klar sein, dass das BVerfG mit seinem Hackepeter an der Spitze eine Entscheidung in jedem Fall so lange hinauszögern wird, bis eine Neuwahl zum Bundestag obsolet geworden ist bzw. bis die Wahlen zum nächsten Bundestag bereits vor der Tür stehen, …und damit aus organisatorischen Gründen etc. eine Wiederholungswahl in Berlin nicht mehr möglich sein wird. Ach wie schade ! Hoch lebe die Macht des BVerfG zur Prüfung von Zulässigkeit und Zuständigkeit von Klagen und zur Terminierung von Verhandlungen und Verkündung von Entscheidungen. Auch das bedeutet Machtausübung und evtl. auch Machtmissbrauch im engeren Sinne.… Mehr
Ich bin Herrn Vosgerau und TE sehr dankbar für ihr Engagement -und werde es auch gerne wieder finanziell unterstützen, wie so ziemlich jede TE-Aktion in den vergangenen Jahren. Allerdings vermute ich ob der komplett Berlin-hörigen Marionetten im Bundesverfassungsgericht, dass die Sache erst gar nicht zur Entscheidung kommen wird: Weil es für das Gericht (und das politische Berlin) zu peinlich wäre, das Ganze zu verhandeln und sich irgendwelche rhetorischen Floskeln zur Begründung einer Ablehnung auszudenken, vermute ich eher, dass das Gericht die Anträge erst gar nicht zur Entscheidung annehmen wird: „Und er kommt zu dem Ergebnis: ‚Nur ein Traum war das… Mehr
Die Entscheidung dazu und zur Wahl in Berlin, werden die Fronten endgültig klären. Ich bin gespannt auf die Entscheidungen, aber auch, wie der Souverän dann damit umgeht.
Von ganzem Herzen: DANKE.
Richtig, das BVerfG ist auch dazu da, die Legislative zu kontrollieren. Und diese wählt aus ihren Reihen besonders stramme Parteisoldaten dazu aus.
Das Bundesparteiengericht wird ein Pseudo-Urteil fällen. das die Fehler der Wahl herunterspielt oder gleich Null setzt.
Im Sommer 2025 wird man dann erfahren, dass die Wahl nicht demokratischen Grundsätzen genügt hat.
Der Eingang meiner Wahlprüfungsbeschwerde beim BVerfG am 10.1. wurde von der Geschäftsstelle des zweiten Senats am 13.1. (Schreiben bei mir angekommen am 16.1.) bestätigt. Ich bin auch gespannt; meine Erwartung ist gering.
Verständlich. Jeder Realist hat begründete Zweifel.