Vorwurf: „Fridays for Future Deutschland ist strukturell rassistisch“

Die Bremer Ortsgruppe von „Fridays for Future“ hat sich aufgelöst. Auf ihrer Internetseite geben die Ex-Mitglieder strukturellen Rassismus und die falsche Strategie als Gründe an. Es zeigt, wie sich die Klimaszene radikalisiert.

IMAGO / Jan Huebner

Zu den lustigsten deutschen Büchern der letzten 20 Jahre gehört „Neue Vahr Süd“ von Sven Regener. Es schildert die Bremer Jugendjahre von „Herrn Lehmann“. Dessen Wehrdienstzeit ebenso wie sein Andocken an die kommunistischen K-Gruppen Bremens der frühen 80er Jahre. Fünf Linke kommen in dem Roman vor, die permanent neue Gruppen gründen, so lange alle daraus ausschließen, bis diese gescheitert sind, um dann wiederum neue Gruppen zu gründen.

Einen ähnlichen Weg geht nun die Bremer Gruppe von „Fridays for Future“. Sie hat auf ihrer Internetseite ihre Auflösung verkündet. In dem Schreiben attackiert sie die deutsche Sektion heftig: „Fridays for Future Deutschland ist strukturell rassistisch.“ Einzelne Mitglieder hätten Mobbing erlebt, seien beleidigt worden oder Machtmissbrauch ausgesetzt gewesen. Statt dass entsprechende Vorwürfe aufgearbeitet wurden, sei „alles unter den Teppich gekehrt“ und Täter in Schutz genommen worden.

❌ We are dissolving! You can see why in our statement:https://t.co/jtDvzkHRqupic.twitter.com/CFgc3q6FyT

— Fridays for Future Bremen (@bremenforfuture) July 3, 2023

Darüber hinaus moniert die Bremer Gruppe strategische Defizite. Dabei erweisen sie sich – eine Bremer Tradition – als Linksausleger der Klimaschutz-Bewegung. Bundesweit habe sich „Fridays for Future“ auf Klimaschutz konzentriert sowie auf das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Den Bremern sei es indes um eine Welt gegangen, „in der es als Mensch nicht nur möglich, sondern auch möglichst angenehm zu leben ist“. Der Klimaschutz müsse „mit feministischen, queeren, antikapitalistischen, antirassistischen und antikolonialen Befreiungskämpfen zusammengeführt werden“.

Klingt nach Sozialismus. Fühlt sich an wie Sozialismus. Ist Sozialismus: „Weiterhin stellt FFF die falschen Fragen und appelliert immer noch ziellos an die Politik, ohne das zerstörerische System an sich anprangern zu wollen.“ Die Bremer Gruppe sagt von sich, dass sie versucht habe, den Klimaschutz zu nutzen und „die Kritik in Richtung der Politik und dem kapitalistischen System zu lenken und diese infrage zu stellen“. Daran habe „Fridays for Future Deutschland“ sie gehindert.

Linke, deutsche Sektierer? Abkehr vom Kapitalismus? Da fehlt doch noch Hass gegen Israel, mag sich der kritische Leser fragen. Geduld. Kommt sofort: „Natürlich können wir auch die Thematik des ,Nahostkonfliktes‘ nicht ignorieren“, schreiben die Bremer Klimaschützer. International sehe sich „Fridays for Future“ als antikoloniale Gruppe in Solidarität zu den Palästinensern. „Die deutsche Sektion weigerte sich jedoch nicht nur daran teilzunehmen, sie distanzierte sich sogar aktiv davon und das, ohne jegliche Absprache mit den Ortsgruppen.“ So der „Vorwurf“ der Bremer Gruppe. „Fridays for Future Deutschland“ hat darauf noch nicht reagiert.

Die Bremer Ortsgruppe verabschiedet sich mit dem Hinweis, nicht länger an dieser Bewegung teilhaben zu wollen, „mit der Absicht, anderweitig mehr zur Lösung der Klimakrise beitragen zu können“. Ganz wie in Neue Vahr Süd beschrieben. Oder um es mit Reg (John Cleese) aus „Das Leben des Brian“ zu sagen: „Spalter!“

Anzeige

Unterstützung
oder