Vom zweiten direkt in den dritten Lockdown – hinter den Kulissen wird der Öffnungs-Stufenplan beerdigt

Verschiedene Medienberichte zeigen, wie das Kanzleramt daran arbeitet, die nach dem eigenen Stufenplan vorgesehenen Öffnungen nicht stattfinden zu lassen. Für die CDU ist das politischer Selbstmord mit Ansage. Warum macht sie das ganze also?

IMAGO / photothek

Der Lockdown ist eine Maßnahme, die einst eingeführt wurde, um Zeit zu gewinnen. Doch spätestens seit dem AstraZeneca-Debakel fragt man sich: Wofür soll eigentlich noch Zeit gewonnen werden? Ein Lockdown heute, bedeutet Lockdown für unbestimmte Zeit und potentiell auf ewig immer wieder.

Die Bevölkerung hat genug: Die Union fällt als Lockdown-Partei Nr. 1 in der Wählergunst immer weiter – nach den Landtagswahl-Debakeln letzte Woche sinkt sie in neuesten Umfragen bundesweit unter 30 Prozent. Die Mehrheit der Deutschen glaubt, dass die CDU nach der Wahl im September nicht mehr den Kanzler stellen wird. Für die Politik spricht also eigentlich alles dafür, schnell zu lockern oder zumindest den eigenen langatmigen und komplizierten Stufenplan in die Tat umzusetzen. Nachdem müsste in wenigen Tagen die Öffnung u.a. der Außengastronomie kommen.

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Doch am kommenden Montag ist der nächste Corona-Gipfel und in letzter Sekunde sollen die Öffnungen wieder zurückgenommen werden. Was für ein Wahnsinn: Da macht man extra einen Stufenplan, um Planbarkeit herzustellen, die finale Entscheidung trifft man aber dann an dem Tag, an dem die Öffnungen nach Plan stattfinden sollen.

Verschiedene Medien berichten darüber, dass das Bundeskanzleramt darauf hinarbeitet, die nach dem Stufenplan eigentlich anstehenden Lockerungen vom Tisch zu nehmen. Berlins Regierender Bürgermeister kündigte bereits an, vorerst keine weiteren Lockerungen vornehmen zu wollen. Einige Länder, u.a. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, pochten immerhin darauf, den Osterurlaub in Deutschland zu erlauben – schließlich darf man ja auch ins Ausland reisen, wo macht da ein inländisches Verbot noch Sinn. Helge Braun reagierte dann, wie Bild berichtete, indem er Mallorca als „Mutantenschmelztiegel“ bezeichnete – ganz so, als plane man, den Urlaub im Ausland auch noch verbieten. Markus Söder sagt: „Die Abkehr von der Inzidenz wäre ein Blindflug. Ab 100 muss einheitlich die Notbremse gezogen werden.“

Als härtester unter den Hardlinern profilierte sich aber jüngst Sachsens MP Michael Kretschmer. Er sagt: „Aus meiner Sicht ist der zweite und dritte Schritt vor dem ersten gemacht worden, was sich jetzt in Anbetracht der steigenden Zahlen bestätigt“. Die Lockerungen würden einfach nicht funktionieren, neue Verschärfungen stehen in Sachsen vor der Tür – obwohl mehrere Landräte die Verschärfungspläne scharf kritisieren.

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Warum das ganze? Ein neuer harter Lockdown, bevor der alte überhaupt beendet ist, ist Selbstmord auf allen Ebenen – für das Land ein wirtschaftlicher und sozialer, für die Union und die beteiligten Politiker ein politischer. Denn wem wird man diesen neuen katastrophalen Lockdown anrechnen? Den Politikern, die weder Testen noch Impfen auf die Reihe bekommen und für all ihre Fehler die Bürger bestrafen. Kretschmer und Söder mögen einfach zu langsam schalten oder festgefahren in ihrer Rolle sein – sie denken vielleicht, sie können ihre Corona-Beliebtheitswelle einfach noch ein bisschen weiter schieben. Vielleicht lassen sie sich auch tatsächlich von ein paar aufgebauschten und wie immer Positivtest mit Infiziert fahrlässig gleichgesetzten Inzidenz-Kurven Angst einjagen. Aber in Berlin ist man losgelöst von derartigen Fragestellungen. Bevor die Bundeskanzlerin abtritt, will sie es nochmal allen zeigen, ihren Kurs durchsetzen, ein letztes mal ihre Allmacht demonstrieren? Die Konsequenzen sind ihr wohl egal. Sie interessiert weder das Land, noch die Partei, noch das Amt, das sie ohnehin bald los ist. Und zur Not reißt man in den letzten Monaten eben alle mit in den Abgrund – die zuletzt abtrünnigen Landesfürsten haben es in ihren Augen sicherlich verdient. Und das undankbare Land ohnehin.

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Kommentare ( 242 )

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Peter Keis
3 Jahre her

unser Landkreis Schwäbisch Hall hat derzeit eine sogenannte „7-Tage-Inzidenz“ von 292. Hauptsächlich, weil in einer 5.800-Einwohner-Gemeinde, ziemlich am nördlichen Rand des flächenmäßig weit ausgedehnten Landkreises liegend, aufgrund eines Corona-Ausbruchs in einem Kindergarten ein Inzidenzwert von 1.200 besteht.Nun Ausgangssperre von morgens 5.00 Uhr bis abends 21.00 Uhr im gesamten Landkreis.. Ich würde dies als totale Ausgangssperre bezeichen, denn wohin soll man nach 21.00 Uhr gehen? Kneipen, Restaurants, Kinos und Theater? Alles zu. Da macht das Spazierengehen in der Stadt auch keinen Spaß mehr. Bin froh, daß ich im Dorf lebe und nicht in der Stadt,weil ich in wenigen Gehminuten auch im… Mehr

Entenhuegel
3 Jahre her
Antworten an  Peter Keis

Das Land voller Irrer, die jüngst Kretschmann wieder gewählt haben …

humerd
3 Jahre her

„Karl Lauterbach plädiert für schnellen und harten LockdownUm langfristige Einschränkungen und weitere Tote zu vermeiden, müsse das Land jetzt reagieren.“Seit November sind wir im Dauerlockdown und Lauterbach reichts noch nicht. Er will alles dicht machen, auch Fabriken, Ausgangssperren usw. Er muss es ja nicht bezahlen.
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2021-03/corona-infektionszahlen-anstieg-lockdown-karl-lauterbach-massnahmen
„Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stimmt auf herausfordernde Wochen ein.““
Nach Monaten , heißts jetzt Wochen. Nach Weihnachten, kein Ostern, kein Pfingsten, dann von vorne: kein Weihnachten …
Diese Regierung vernichtet nicht nur Existenzen, sie raubt der Bevölkerung Lebenszeit.

Sabine W.
3 Jahre her
Antworten an  humerd

Ich bin jetzt mal grauenhaft und wahrscheinlich auch ziemlich billig polemisch:
Seien Sie sicher, dass zum Zuckerfest nach dem Ramadan zumindest kurzfristig Feiertagsregeln wieder erlaubt/gelockert werden.

Fällt ja glücklicherweise (so wie 2020 auch) in den natürlichen Zeitraum des Rückzugs des Virus-Hypes.

Puuuhhh, mal wieder Glück gehabt…

tschotsch
3 Jahre her

Es ist ganz einfach, die Partei mit dem Namen „Christlich“ soll verschwinden, weil alles was an Christus erinnert, verschwinden soll. Ganz nach dem Vorbild Chinas. 
Als geschichtliche Präzedenz eignet sich die „Democrazia Cristiana“ in Italien, die auch binnen wenigen Jahren in 1994 implodiert ist.

jopa
3 Jahre her

Das wäre schön, dann wäre alles offen.. Im Ulbrichtschen Sinne ist dder Satz falsch. Es muß heißen „Niemand hat die Absicht den Lockdown fortzusetzen“.

Paul Brusselmans
3 Jahre her

Es gibt Hoffnung aus Europa: Brüssel, 19. März (dpa) Impfschutz – 50 Millionen zusätzlicher Dosen aus Russland «50 Millionen neuer Impfdosen zeigen, es funktioniert, ein Europa der Gesundheit, ein Europa für uns alle. Es zeigt auch, was harte Verhandlungen bewirken können; bereits zum 1. April erhalten wir 10 Millionen Dosen des russischen Impfstoffes Nowitschok, der seine allgemeine gute Verträglichkeit bereits bewiesen hat. In nur einem Fall kam es bisher zu Komplikationen aufgrund einer Vorerkrankung. Die Person wurde in einem Berliner Krankenhaus erfolgreich behandelt.» Dies erklärte Präsidentin von der Leyen heute morgen. Unbeschadet dieser Bestellung blieben die Boykottmassnahmen aufgrund des Sputnik V… Mehr

humerd
3 Jahre her
Antworten an  Paul Brusselmans

Selbst wenn es mehr Impfstoff geben würde, Deutschland kann nicht impfen. Die Impfquote war schon vor dem AZ Stop grottenschlecht. Deutschland kann es nicht.

Peter Keis
3 Jahre her
Antworten an  Paul Brusselmans

Hallo Paul Brusselmans,
der Impfstoff „Nowitschok“ dürfte aber nicht ganz ungefährlich sein. Da kann man aufgrund der Nebenwirkungen letztlich in einem russischen Arbeitslager landen. Kenne da so einen Fall, womöglich derselbe, welchen Sie meinen. Abgesehen davon, wie kann man sich denn von dem „bösen“ Putin den Impfstoff Sputnik V liefern lassen? Wer weiß, ob da nicht für die West-Bürger gefährlichere Substanzen drin sind als bei dem Impfstoff für die eigene Bevölkerung? Da braucht der böse Russe keine Atomraketen mehr, um uns zu vernichten! Falls ich mich jemals impfen lasse, würde ich aber trotzdem Sputnik V bevorzugen – sozusagen „Russisches Roulette“.

Anton Mohr
3 Jahre her

Jetzt rächen sich die Versäumnisse bei der Impfstoffbeschaffung. Andere Länder wie USA, GB und Israel sind viel weiter. Diese Lockdowns sind um so folgenreicher, desto länger sie dauern.

Last edited 3 Jahre her by Anton Mohr
humerd
3 Jahre her
Antworten an  Anton Mohr

Portugal, Spanien, Griechenland und viele andere EU Länder weisen eine bessere Impfquote auf. Deutschland kann es einfach nicht.

Eleftheria
3 Jahre her
Antworten an  humerd

Griechenland weist vielleicht eine etwas bessere Impfquote auf und warum? Weil die Leute mitnichten aufgeklärt werden. Von früh bis spät heißt es in allen Medien, dass nur die Impfung einen noch retten kann. Das Virus steht schon vor jeder Haustür. Apokalypse überall, wenn nicht die Spritze rechtzeitig gesetzt wird. Da werden beim Impftermin keine Krankheiten abgefragt, keine Allergien oder sonstwas. Nur spritzen, spritzen, spritzen. Pech nur für den Gesundheitsminister, dass ausgerechnet das Pflegepersonal sich bockig zeigt. Nicht einmal die Hälfte will sich impfen lassen. Jetzt droht man ihnen mit Rauswurf bzw. Degradierung in irgendeinen Bürojob. Ist natürlich sehr lustig, weil… Mehr

Endlich Frei
3 Jahre her

Umso größer das Impfdesaster, um so mehr wird der schnelle Forschungserfolg einer „deutschen“ Firma auf der Suche nach einem Impfstoff (…von dem die meisten dank Vollverssagen der Regierung nichts haben…) in den Vordergrund gerückt.
Heute wird Steinmeier vor den Augen der versammelten Presse zwei Mitgründer der Firma ehren, deren Produkte – trotz erheblicher Subventionen – fast ausschließlich exportiert werden.

Peter Mueller
3 Jahre her

Schade, daß man hier nicht begreift, worum es tatsächlich geht. Es ist nur noch peinlich.

Dorothe
3 Jahre her
Antworten an  Peter Mueller

Dabei wäre es doch ganz leicht, Peter Müller. Ein PCR-Test ohne Aussagekraft, die WHO, die die Definition für eine Pandemie und für die Herdenimmunität ändert, und die Dame im Blazer, die äußert dass wir keinen immerwährenden Anspruch auf Demokratie haben und ihre Entscheidungen aus politischen Gründen getroffen werden.
Unsere Mitmenschen w o l l e n nicht zuhören und begreifen. Es ist zum Verzweifeln!

Dorothe
3 Jahre her

Der „liebe Mitbürger“ ( sich gesund fühlend und ohne Symptome) setzt durch frei verkäufliche Schnelltest die Agenda der Dame im Blazer um. Er merkt es nicht und fühlt sich auch noch moralisch überlegen.
Die Dummheit ist wirklich grenzenlos, geradezu epidemisch………..

humerd
3 Jahre her
Antworten an  Dorothe

In Österreich machten die Leute beim angeboteten Massentest nicht mit, in Deutschland stellen sich die Leute in eine Schlange vor Discountern. Passt schon, was hier abgeht.

sven69
3 Jahre her

Die Frage ist für wen der Nutzen größer ist. Sicherlich für die Pharmaindustrie. Die haben große Kosten für langwierige Versuche und Regresszahlungen gespart. Es ist wie eine Lizenz zum Gelddrucken.