Nach RKI-Files: Folgenreicher Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück

Die Entscheidung ist eine Sensation: Zum ersten Mal erschüttern die geleakten Dokumente des Robert-Koch-Instituts die Grundpfeiler des Rechtsgebäudes, auf dem die Corona-Politik mit ihren Grundrechtseingriffen beruhte. Künftig können sich Gerichte nicht mehr auf die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI berufen.

picture alliance/dpa | Roberto Pfeil
Ein Plakat mit der Aufschrift «Keine Impfpflicht für Pflegekräfte». Einige tausend Demonstranten protestieren gegen die Coronamaßnahmen der Bundes- und Landesregierung am 12.2.2022

Bisher argumentierte die Justiz damit, dass das Robert-Koch-Institut seine Entscheidungen politisch unabhängig rein nach wissenschaftlichen Erkenntnissen formuliert habe. So wurden bisher alle Corona-Klagen abgeschmettert, im Gegenteil sogar Ärzte in das Gefängnis geworfen, die sich der offiziellen Corona-Doktrin nicht beugen wollten.

Doch den bohrenden Fragen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Osnabrück an den geladenen Zeugen ist es zu verdanken, dass die wissenschaftliche Kompetenz des RKI zusammengebrochen ist. Der geladene Zeuge war: Lars Schaade, zu Corona-Zeiten Leiter des »Corona-Krisenstabes« des Robert-Koch-Institutes und heute dessen Präsident.

Die Justiz kann sich mit ihren Gerichtsentscheidungen künftig nicht mehr auf die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI berufen.

Formal ging es um einen Bescheid des Landkreises Osnabrück. Eine Pflegehelferin aus Quakenbrück hatte eine Normenkontrollklage angestrengt, denn der Landkreis hatte der Helferin im November 2022 untersagt, ihren Beruf auszuüben und an ihren Arbeitsplatz zu gehen. Sie hatte weder Impf- oder Genesenennachweis noch ein befreiendes ärztliches Attest vorgelegt. Basis des Bescheides war das sogenannte Infektionsschutzgesetz mit jener »einrichtungsbezogenen Impfpflicht«. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2022 diese Impfpflicht und die Konsequenzen als zulässig anerkannt.

Auch das Verwaltungsgericht Osnabrück habe seinerzeit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes entschieden, wie jetzt der Präsident des Verwaltungsgerichtes, Neuhäuser, erklärte. Dabei hat er darauf vertraut, dass der Entscheid des Bundesverfassungsgerichtes auf den unabhängigen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Robert-Koch-Institutes beruhten.

Dann platzten die geleakten RKI-Files in den öffentlichen Raum und erschütterten dieses Vertrauen. Deshalb lud das Verwaltungsgericht den damaligen Leiter des Corona-Krisenstabes und heutigen Präsidenten des RKI als Zeuge nach Osnabrück.

So will Richter Neuhäuser wissen, wie ein Protokolleintrag vom 10. September 2021 zu verstehen ist. Da das Bundesgesundheitsministerium die Fachaufsicht über das RKI habe, könne sich das Institut nicht auf die Freiheit der Wissenschaft berufen, heißt es da. Schaade erklärt, dass das Robert-Koch-Institut tatsächlich weisungsgebunden sei, lediglich in der Wahl der Methoden und der Interpretation frei sei.

Das Bundesgesundheitsministerium habe seine Behörde ausgebremst, sagte Schaade. So sei das Ministerium am 25. Februar 2022 nicht dem Rat des RKI gefolgt, die aktuelle Risikolage herabzustufen. »Wir haben da keine Zustimmung für unseren Vorschlag gefunden beim Ministerium«, so zitiert die neue Osnabrücker Zeitung den heutigen Präsidenten des Robert-Koch-Institutes. Ansonsten sei die Risikoeinschätzung Sache des RKI. »Wir sind hier wohl an einer Schnittstelle, wo Management, wo Wissenschaft verantwortlich sein sollte, da gab es bei uns verschiedene Auffassungen.«

Den Landkreis treffe keine Schuld, so später Richter Neuhäuser. Er habe nach geltender Rechtslage handeln müssen. Denn ein Vertreter des Landkreises hatte gegen Ende der Sitzung erklärt, die Beweisaufnahme habe ihn sehr nachdenklich gemacht. Doch der Kreis sei der kleinste Player und als regionale Behörde davon ausgegangen, dass RKI, Landes- und Bundesämter stets nach aktuellem Stand der Wissenschaft gehandelt hätten. Er würde den damals erlassenen Bescheid aufheben, wenn er könnte.

Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung das Klageverfahren der Pflegehelferin ausgesetzt und wird das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorlegen und ihm die Frage stellen, ob Paragraph 20 des Infektionsschutzgesetzes verfassungswidrig war.

Das hatte damals gesagt, das Robert-Koch-Institut sei in seinen Beurteilungen unabhängig. Doch aufgrund der vorliegenden Protokolle des Corona-Krisenstabes und der Zeugenvernehmung von RKI-Präsident Schaade sei die Unabhängigkeit der behördlichen Entscheidungsfindung in Frage zu stellen, wie das Osnabrücker Gericht mitteilte:

»Nach der Gesetzesbegründung sei der Schutz vulnerabler Personen vor einer Ansteckung durch ungeübtes Personal ein tragendes Motiv für die Einführung der Einrichtung und unternehmensbezogenen Impfpflicht gewesen. Diese auf den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts beruhende Einschätzung werde durch die nun veröffentlichten Protokolle des Instituts erschüttert. Der Gesetzgeber sei seiner Normbeobachtungspflicht nicht gerecht geworden.«

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Kommentare ( 63 )

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Kassandra
3 Monate her

Auf Multipolar findet man rechts einen Hinweis auf einen Bezahltartikel der Welt, der „Korrekturen aus dem Kanzleramt“ beschreibt. Und zwar sollen danach Stellungnahmen des Corona-Expertenrats im Kanzleramt vor der Veröffentlichung „überarbeitet“ worden sein. https://www.welt.de/politik/deutschland/plus253272180/Corona-Schriftverkehr-Korrekturen-aus-dem-Kanzleramt.html
Mehr Inhalt bei Multipolar.
Die Protokolle des Expertenrats gibt es hier: https://img.welt.de/bin/kanzleramt.pdf_bn-253277326.pdf

Last edited 3 Monate her by Kassandra
Thorsten Maverick
3 Monate her

Endlich ein Richter, der seiner Amtsermittlungspflicht nachkommt. Die anderen Richter haben der Politik einfach geglaubt, waren opportunistisch und habe weder ermittelt noch die Gegenseite gehört, bis auf einen Richter, der deswegen verurteilt wurde. Das lief hier wie in einer Diktatur, die Justiz als williger Helfer der Politik genauso wie Presse und Rundfunk, bis auf die Blogger und andere alternative Medien. Eigentlich war das Rechtsbeugung im großen Stil.

Nibelung
3 Monate her

Einen Verfassungsbruch nur festzustellen, ohne daß daraus juristische Konsequenzen gezogen werden, sieht eher nach Augenwischerei und Beruhigung aus. als die Verursacher zu bestrafen, was die logische Folge wäre, bei diesen Schandtaten, die im Namen der Gesundheitsvorsorge begangen wurden und zwar in einer Opferzahl, die unbeschreiblich ist und geradezu auf eine Strafe wartet, wenn man es mit dem Recht ernst nimmt, was durch niemand verletzt werden darf.

A.Kroemer
3 Monate her

Nach RKI-Files: Folgenreicher Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück Folgenreich? Ein Beschluss ist kein Urteil und eine »Nachfrage« an das Bundesverfassungsgericht nichts was sich als »Folgenreich« bezeichnen ließe. Die Folge ist nämlich, das wohl wieder erst ein Jahr vergehen wird, bevor das BVerfG eine Antwort gegeben hat. Richtig drollig finde ich allerdings, das es im Vorfeld Juristen offenbar sehr schwergefallen ist, eine Abhängigkeit, die sich durch die Weisungsgebundenheit grundsätzlich ergibt, nicht erkannt haben, um daraus den Schluss zu ziehen, das es mit der Unabhängigkeit nicht so weit her sein kann. Das lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Justiz vollkommen unterbesetzt… Mehr

Timur Andre
3 Monate her

..aber internationales Recht, Der Bundestag hat beschlossen dem WHO in einem Pandemiefall, das Recht in D zu uebergeben.

A.Kroemer
3 Monate her
Antworten an  Timur Andre

Das hat nichts mit internationalem Recht zu tun, denn die WHO darf nur Empfehlungen geben, nicht aber anordnen und somit in die Hoheitsrechte der Länder eingreifen.
Die WHO hätte aber in den Fall sicherlich anordnen können, dass der Reiseverkehr vorläufig eingestellt wird, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Export- wie auch Importwaren hätten dann mit UV Licht dekontaminiert werden können / müssen, denn das ist durchaus möglich und volkswirtschaftlich durchaus vertretbar. Der Schaden hätte sich in deutlich geringen Grenzen gehalten und die Wirtschaft hätte keine derartigen Schäden aushalten müssen.

Manfred_Hbg
3 Monate her

Wen und wie soll im #bestedeutschland der „Kleine Mann“ hier noch vertrauen können, wenn nicht mal mehr unserer höchsten Gerichtbarkeit(en)?🤔 Und wo bleibt -auch mit Blick auf die Relotius- und „Qualitätsmedien“- die Aufarbeitung und bleiben die Klagen gegen jene die bei diesem Corona-Pandemie-Lügengebilde vermutlich wissentlich und vorsätzlich mitgemacht haben, beginnend bei „Ärzte“ wie Drosten bis hinauf zu Spahn (CDU), Lauterbach (SPD), Scholz (SPD) und Genossen?! Wie soll doch noch gleich gesagt worden sein: „Wir wissen, sie lügen. Sie wissen, sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen“. Wobei man hier dann auch noch die Worte ranhängen müßte: „Und trotzdem… Mehr

corsen
3 Monate her

Der sehr geehrte Herr Vorsitzende Richter Neuhaus hatte bereits zu Corona Zeiten Hintern in der Hose, hat irgendeine G Regelung zum Einkaufen gerichtlich aufgehoben. Durfte ihn bereits mehrfach telefonisch kontaktieren und die Gespräche haben mich weiter und wieder an unsere Justiz glauben lassen!

A.Kroemer
3 Monate her
Antworten an  corsen

Richter Neuhaus hat damit Rückgrat bewiesen, doch erst, wenn andere Gerichte sich daran erinnern, das sie es auch mal wieder hervorholen, würde sich etwas ändern können. Das geht aber nur mit einem richtigen Urteil, nicht mit einem Beschluss. Erinnern wir uns nur mal daran, das der Bundesregierung unter Merkel eine Änderung im Wahlrecht »empfohlen« wurde, aber von der Kanzlerin schlichtweg ignoriert wurde.
Ohne bindendes Urteil und einer Fristsetzung, bis wann Vollzug gemeldet werden muss, kann das nichts werden.

Hans Wurst
3 Monate her

Ob das BVerfG seine Fehlentscheidung eingestehen wird, bleibt abzuwarten. In Anbetracht dessen, dass es durch seine „Rechtsprechung“ die Regierung quasi mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet und dadurch unzählige Leben zerstört hat, wäre eine Rückname aller relevanten Urteile das Mindeste, ein Rücktritt des gesamten zuständigen Senatsund des Präsidenten zu erwarten.

Stephan Stahl
3 Monate her

und wird das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorlegen und ihm die Frage stellen, ob Paragraph 20 des Infektionsschutzgesetzes verfassungswidrig war.“ Ich sage schon wie es ausgeht: Wegen Formfehler oder einer anderen Lappalie wird der Antrag nicht zur Entscheidung angenommen.

Paprikakartoffel
3 Monate her

Die ganzen feigen angepaßten „Journalisten“, dere Aufgabe es gewesen wäre, kritisch zu begleiten und zu berichten, sollte man nicht vergessen. Warum waren die Zeitungen nicht voll von Prof. Bhakdis Reden und Büchern, warum hat niemand die statistischen Recherchen aufgegriffen, die ab Herbst 21 unter „Erbsenzähler“ im Netz standen? Bei einer demokratiewürdigen Presselandschaft könnte sich der Kreis jetzt nicht auf das „RKI“ zurückziehen.