Justitia mit Parteibuch – AfD-Diffamierung wird rechtens erklärt

Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof urteilt: Staatsbedienstete dürfen über offizielle Kanäle die AfD diffamieren – Neutralitätspflicht hin oder her. Einer der Richter, SPD-Stipendiat und Ex-Regierungsmitarbeiter, nennt das „Schutz der Demokratie“ – Kritiker sprechen von parteipolitischem Missbrauch der Justiz.

picture alliance/dpa | Mona Wenisch

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Staatsbedienstete und Regierungen offizielle Kommunikationskanäle nutzen dürfen, um die AfD zu diffamieren. Und das, obwohl dies gegen ihren Verfassungsauftrag verstößt, politisch neutral zu bleiben. Der Verfassungsgerichtshof wies in einem am 2. April veröffentlichten Beschluss zwei entsprechende Anträge der AfD ab.

Die Partei hatte sich an einem Instagram-Posting der damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) aus dem Jahr 2024 sowie an mehreren Pressemitteilungen auf der offiziellen Website der rheinland-pfälzischen Landesregierung gestört. In dem Posting und den Pressemitteilungen wurde der AfD vorgeworfen, „rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten“ und mit ihren Forderungen nach ‚Remigration‘ die „Ausweisung und Abschiebung von Millionen von Menschen aus rassistischen Motiven“ zu planen. Die Partei wurde zudem als „rechtsextremistischer Verfassungsfeind“ bezeichnet.

Die AfD argumentierte, die abfälligen Äußerungen hätten gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Chancengleichheit für politische Parteien verstoßen. Sie wurden über die offiziellen Kommunikationskanäle des Büros des Ministerpräsidenten und der Landesregierung verbreitet – und nicht über die Parteikanäle der regierenden SPD. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts ist der Staat nach dem Grundsatz der Chancengleichheit für alle gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes zur Neutralität in seinem Verhältnis zu politischen Parteien verpflichtet.

Der Gerichtshof wies die Klage der AfD ab, obwohl er nicht bestritt, dass die offiziellen Aushänge und Pressemitteilungen gegen das Neutralitätsgebot verstoßen hatten. „Die angegriffenen Äußerungen greifen in das Recht auf Chancengleichheit ein“, schrieben die vorsitzenden Richter in ihrer Entscheidung. „Die beanstandeten Äußerungen entsprechen nicht dem Neutralitätsgebot“, stellten sie fest und fügten hinzu, die AfD sei ausdrücklich „negativ qualifiziert“.

Die offiziellen Äußerungen seien „zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerechtfertigt“, so die Richter. Das Gericht hielt es für zulässig, die AfD wegen ihrer „Verbindungen zu rechtsextremen Parteimitgliedern“, die „rechtsextreme, toleranz- und freiheitsfeindliche Positionen“ vertraten, der Gefährdung der Demokratie zu bezichtigen. Die Richter untermauerten ihre Argumentation mit Zitaten aus den Berichten der Verfassungsschutzämter dreier deutscher Bundesländer – Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt –, die die AfD allesamt als „eindeutig rechtsextremistisch“ eingestuft hatten.

Auch der Vorwurf, die AfD plane die Abschiebung von Millionen von Menschen aus rassistischen Motiven, sei unproblematisch – obwohl die Partei selbst solche Behauptungen wiederholt bestritten habe. „Es kommt nicht darauf an, wie der Antragsteller den Begriff ‚Remigration‘ verstanden wissen will“, schrieben die Richter. „Entscheidend ist vielmehr, dass die Auslegung von ‚Remigration‘ durch die Beklagte nicht willkürlich und unverständlich ist.“

Abschließend stellte das Gericht fest, dass Dreyer in der Überzeugung gehandelt habe, dass die Menschenwürde und das Demokratieprinzip gefährdet seien und sie mit ihrem Angriff auf die AfD die freiheitliche demokratische Grundordnung schütze.

Die Entscheidung löste breite Empörung aus. Am 3. April bezeichnete Ulrich van Suntum, Wirtschaftsprofessor, das Urteil in einem Beitrag auf X als „skandalös“. „Damit sind alle rechtlichen Schranken gegen die Verfolgung der Opposition durch die Regierungsparteien gefallen“, schrieb van Suntum. Er kritisierte auch die seiner Meinung nach „engen parteipolitischen Verbindungen“ zwischen den Gerichten und den Regierungsparteien.

Lars Brocker – Präsident des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs und einer der Richter, die das AfD-Urteil unterschrieben haben – erhielt nach Angaben der Zeitung Junge Freiheit ein Stipendium einer SPD-nahen Stiftung und arbeitete für die Landesregierung, bevor er Richter wurde.


Der übersetzte und bearbeitete Artikel ist zuerst bei Brusselssignal erschienen.

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Kommentare ( 110 )

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Stormaner
12 Tage her

Tatsächlich ist die größte Gefahr für die Demokratie das Ende der Gewaltenteilung. Die Protagonisten, die eine neue Staatsform unter dem Kampfbegriff „unsere Demokratie“ einführen wollen, sind die Totengräber der westlichen Gesellschaften. Vance hat dies messerscharf erkannt.

AlNamrood
12 Tage her
Antworten an  Stormaner

Eine vernünftige Gewaltenteilung hatten wir nie. Die 68er haben genau diese Schwachstelle erkannt und ausgenutzt.

Michael W.
11 Tage her
Antworten an  AlNamrood

Ich frage mich schon seit langem, warum die USA der BRD keine Verfassung im Sinne der US-Verfassung aufgezwungen haben. Ein paar spezielle Artikel dazu wg. Besatzungsrecht und so (die von den USA hätten aufgehoben werden können) und uns ginge es deutlich besser.

Michael Palusch
11 Tage her
Antworten an  Michael W.

Warum bekamen wir hier eine parlamentarische Demokratie übergestülpt, während die Siegermächte allesamt andere Regierungsformen hatten?
Die Amerikaner würden selbst heute nicht mal im Traum daran denken, auch nur einen Jota von ihrer Präsidialdemokratie abzurücken.

Last edited 11 Tage her by Michael Palusch
Dr.KoVo
11 Tage her
Antworten an  Michael W.

Sorry, da gehe ich nicht mit. Die Damen und Herren, die uns beherrschen, brechen jede Verfassung, egal was da geschrieben steht. Was kümmern die irgendwelche Sätze, die auf irgendein Papier geschrieben sind.

Demokrat1
11 Tage her
Antworten an  AlNamrood

In Deutschland ist der Justizminister gegenüber der Staatsanwaltschaft weisungsbefugt.
Anders als in anderen EU-Ländern sind Staatsanwaltschaften in Deutschland nicht befugt, Europäische Haftbefehle auszustellen. Das entschied nun der Europäische Gerichtshof.
In Deutschland gebe es „keine hinreichende Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive“, urteilte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.

Dieter
9 Tage her
Antworten an  Demokrat1

(Curia Datenbank der EUGH Urteile C-508/18, C-82/19, C-509/18)

hoho
12 Tage her

Noch ein Tag, Noch ein Urteil und noch ein Schritt in die Richtung, wo die Viehwagons für die Gegner und anderen menschlichen Mist benutzt werden. Wer stoppt das? Ich sehe keinen.

Deutscher
11 Tage her
Antworten an  hoho

Also bitte, mäßigen Sie sich doch! So links, wie es die Nazis waren, ist nicht mal Saskia Esken!

Bei van Aken und seinem weiblichen Schreihals-Pendant bin ich mir da allerdings nicht ganz sicher. Bautzen 2.0 ist denen mindestens zuzutrauen.

Landgraf Hermann
11 Tage her
Antworten an  hoho

Das sind Urteile nach Volksgerichtshof-Manier.

Freiheit fuer Argumente
10 Tage her
Antworten an  Landgraf Hermann

Nein, sind sie nicht.

Das Urteil ist hochproblematisch und man darf es durchaus für brandgefährlich halten.

Aber noch könnte man durch engagierten Protest verhindern, dass dieses Urteil Schule macht.

Das war bei dem Gericht, auf das Sie Bezug nehmen nicht der Fall.

Es liegt auch bei uns, wie es weitergeht. Mitstreiter findet man nicht durch absurde Vergleiche.

Simplex
7 Tage her

Bei der ProPK-Stuttgart heisst es: „Verbotene Inhalte – Wo die Meinungsfreiheit Grenzen hat“ Extremistische Ideologien und Propaganda Extremistische Gruppen und Personen nutzen das Internet, um Propaganda zu verbreiten und Menschen für ihre Ideen einzunehmen. Verboten ist: gegen Minderheiten zu hetzen, zum Hass gegen sie aufzustacheln oder zur Gewalt gegen sie aufzurufen Wer also in Foren kommentiert, muss damit rechnen, dass eine politisch beflissene Staatsanwaltschaft und u. U. auch die Gerichtsbarkeit Kommentare so auslegt, dass sie zu einer Verurteilung ausreichen. Jeder Kommentar wird also mal so, mal so ausgelegt. Wenn die Foren durch die teilweise staatlich finanzierten „NGO-Jäger“ entsprechend – auch… Mehr

Last edited 7 Tage her by Simplex
Simplex
8 Tage her

Die Mehrheit im Lande schweigt. Und so wird das hier ein Land, das einem Cromwell-Regime in nichts nachsteht. Der woke Terror mit Sprachverboten und Meldestellen etc. knüpft historisch nahtlos an den Puritanismus und Calvinismus an.

Michaelis
9 Tage her

Die Kampagnen und undemokratischen Machenschaften gegen die AfD kann niemand übersehen, das heißt, dass sie als solche von den Bürgern wahrgenommen werden. Deshalb verläuft die gesellschaftliche Trennlinie auch nicht entlang der Frage, ob die AfD ungerecht behandelt wird oder nicht, sondern ob man diese unfaire Behandlung ablehnt oder ob man sie „rechtens“ findet – aus welchen Gründen auch immer. Wenn dem so ist, hätte das bedeutsame Konsequenzen für die politische Arbeit!

Lars Baecker
10 Tage her

Wer als Richter seine politischen Ansichten in einem höchstrichterlichen Urteil manifestiert, zeigt entweder, dass er nicht in der Lage ist um zwei Ecken zu denken, um zum Ergebnis zu kommen, dass sich der Wind drehen und die eigene Entscheidung dann zur Grundlage möglichen Handelns für die dann Regierenden gegen die sich dann in der Opposition Befindenden werden kann oder aber, der Herr Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz weiß mehr als alle anderen, nämlich, dass die AfD demnächst verboten wird. Aber selbst dann ändert dies daran nichts, dass er mit seiner törichten Entscheidung die Büchse der Pandora geöffnet und damit die Basis… Mehr

jsdb
10 Tage her

Das NAZI Regime hat genauso die Opposition behandelt.
Nie Wieder ist JETZT!

Privat
10 Tage her

Ich hätte nie gedacht, das es einmal so kommt, aber diese BRD, das ist nicht mehr mein Land. Wo irrsinnige kriegstreibende Politiker lügen, betrügen können, gegen andere Länder hetzen, täglich illegale aus fremden Kulturen in unser Land einfliegen.Wo die öffentliche Sicherheit verloren ging.
Wo naive Politiker dauern unser Steuergeld in der Welt verschenken, sich in fremde Kriege einmischen, die uns nichts angehen Millionen kulturfremde illegale Asylanten dauerhaft mit allem schönen plus Bürgergeld und Wohnung bereichert werden.
Ich bin fertig mit dem verkommenen Deutschland und mit seiner dummen Bevölkerung und den betrügenden Altparteien und deren Politikern.

Werner Brunner
10 Tage her

“ Unabhängige Gerichte “ hätten wir angeblich in
dieser Republik …
So , so , so …
Ich lach mich tot !
Gerichte waren noch nie unabhängig !
Nirgends auf der Welt !
Wie kann mann / frau so etwas behaupten ?
Ich versuche es zu erklären :
Z. B. :
Von wem werden sie bezahlt ?
Für wen werden sie tätig ?
Wer befördert sie ?
Noch Fragen ?

Dietrich
10 Tage her
Antworten an  Werner Brunner

…und welcher Partei gehören sie an.

Werner Brunner
10 Tage her
Antworten an  Dietrich

Keiner !

Dietrich
9 Tage her
Antworten an  Werner Brunner

Sie haben mich falsch verstanden. Ich habe nur ergänzt. (welcher Partei gehören die unabhängigen Gerichte an)

Werner Brunner
9 Tage her
Antworten an  Dietrich

Ja , Herrschaftszeiten , dann schreiben sie es bitte so ,
dass mann / frau es auch versteht !

Dieter Rose
10 Tage her

Die tun doch tatsächlich alles, um den Staat zu delegitimieren…

Martin Buhr
10 Tage her

Warum ueberlaesst man das Urteil nicht gleich dem Klaeger ?

Siggi
10 Tage her

Justitia war schon immer eine Hure, eine Stelle um sich die Absolution für jeden Blödsinn zu holen. Eine blinde Justitia gibt es nur im Märchen. Die drei Säulen des politischen Missbrauches heißen, Partei, Medien, Justiz. In der heutigen Zeit der Gleichschaltung und zwangsfinanzierten Staatspropaganda, verwischen sich die Grenzen bis zur Unsichtbarkeit. Der gemeine Bürger weiß das schon lange, der hat das Gefühl und die Nase, das wahrzunehmen, besonders die, die darin böse Erfahrungen gemacht haben, wie unsere Brüder und Schwestern in den östlichen Bundesländern.