Vom Untersuchungsausschuss nichts Neues: Scholz weist alle Vorwürfe zurück

Der Bundeskanzler bleibt auch in der zweiten Befragung vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss bei seiner Behauptung, nichts Genaues über den Fall Warburg-Cum-Ex zu wissen und keinen Einfluss auf das Steuerverfahren genommen zu haben. Die Union will den Fall wieder vorm Bundestag behandeln.

IMAGO / IPON
Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt, 17.08.2022

„Der Bundeskanzler hat sich heute verweigert, an der Aufklärung mitzuwirken.“ Das sagte Matthias Petersen, Mitglied des Hamburger Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Skandal nach der Befragung von Olaf Scholz. Der hatte in seiner Zeugenaussage erneut den Vorwurf persönlichen Fehlverhaltens zurückgewiesen. „Ich habe auf das Steuerverfahren Warburg keinen Einfluss genommen“, sagte Scholz laut Presseberichten zu Beginn der Sitzung und: „Es hat keine Beeinflussung des Steuerverfahrens durch die Politik gegeben.“

Cum-Ex-Skandal
Scholz und der Schein-Ausschuss: Unter Freunden
Bei dem Cum-Ex-Finanzskandal geht es um Aktiengeschäfte, mit denen Banken sich illegal Kapitalertragssteuern erstatten ließen, die nie gezahlt wurden. Dadurch entgingen dem Staat Milliarden Euro. Die Hamburger Warburg-Bank hat auch solche Geschäfte gemacht. Auf eine Steuernachforderung über 46 Millionen Euro hat die Hamburger Finanzverwaltung allerdings verzichtet. Zuvor hatte der damalige Erste Bürgermeister Scholz Gesellschafter der Warburg-Bank mehrfach getroffen. Die Vermutung, der der Hamburger Untersuchungsausschuss nachgeht: Der heutige Bürgermeister und damalige Finanzsenator Tschentscher und andere SPD-Politiker haben auf die Finanzbeamtin eingewirkt, die den Verzicht entschied. Scholz ist bisher nur Zeuge. Politisch steht aber seit nunmehr zweieinhalb Jahren seine Glaubwürdigkeit in Frage, da er behauptet, sich an Inhalte der Gespräche mit dem damaligen Warburg-Chef Christian Olearius nicht zu erinnern.

Scholz sprach laut Presseberichten von „Mutmaßungen und Unterstellungen“. Diese seien „falsch und werden erkennbar durch nichts und niemanden gestützt“. Er wisse keine Details über die fraglichen Steuerverfahren in der Finanzverwaltung damals in seiner Zeit als Bürgermeister und Finanzminister.

Der Obmann des Ausschusses, der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Richard Seelmaecker, sprach laut Presseberichten bei der Befragung von „Anomalien“ des Steuerverfahrens Warburg, die auf eine politische Einflussnahme schließen ließen und erklärte Scholz‘ bisherige Aussagen als völlig „unglaubwürdig“. Er verwies auf mehr als 50 Treffen, die es laut Akten zwischen dem Banker Olearius und Scholz‘ Parteifreunden Kahrs und Pawelczyk gegeben habe. Scholz wiederholte nur, dass es keine politische Beeinflussung gegeben habe und er bei allen seinen Gesprächen „rechtstreu“ gewesen sei.

Es war schon die zweite Befragung des Kanzlers in dem Ausschuss. Da zwischenzeitlich neue Details auftauchten, die den Verdacht erneuerten, dass Scholz mehr weiß, als bislang zugegeben, wird aus der Cum-Ex-Affäre immer mehr eine Scholz-Affäre. CDU und Linke in der Hamburger Bürgerschaft wollen eine Erweiterung des Untersuchungsauftrags erreichen und Scholz noch ein drittes Mal befragen. In der Union wird auch eine erneute Befragung im Bundestag angestrebt.

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„Ich glaube dem Kanzler kein Wort“, hatte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz dem Handelsblatt gesagt.  „Wenn es um Steuernachforderungen in dreistelliger Millionenhöhe einer so großen Bank in der eigenen Stadt geht, dann vergisst man doch den Inhalt der dazu geführten Gespräche nicht“, sagte er. „In Deutschland gibt es doch kaum jemanden, der Olaf Scholz die vielen Gedächtnislücken abnimmt.“

CDU-Obmann Seelmaecker hatte vor der Sitzung angekündigt, man werde Scholz „gedanklich auf die Sprünge helfen“, weil er sich in bisherigen Aussagen widersprochen habe: „Wir haben so viele Indizien und Beweisanzeichen, dass hier Einfluss genommen ist, dass man überhaupt nicht mehr behaupten könne, es sei kein Einfluss erfolgt“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete dem rbb-Sender Radioeins. Seelmaecker fordert den Rücktritt von Tschentscher und Scholz.

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Kommentare ( 27 )

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Harald Gmelch
2 Jahre her

Wie soll man jemanden in dieser Führungsposition vertrauen, wenn er nicht zur Aufklärung eines Steuerskandals beitragen will? Wie kann jemand mit so einem Kurzzeitgedächtnis ein 80-Mio.-Volk durch die derzeitigen Krisen führen? Zu befürchten ist aber bei einem Rücktritt von Scholz, dass Habeck an die Reihe kommt. Das wäre schlichtweg der noch größere Albtraum. Allerdings gehe ich nicht nicht davon aus, dass unser vor Arroganz nur so strotzender Kanzler, der in seiner Zeit als Finanzminister auch keine Ahnung von Benzinpreisen hatte, sich aus seinem Selbstverständnis heraus niemals mit einem Zurückweichen von seinem Amt beschäftigen würde. Das lässt seine Hybris überhaupt nicht… Mehr

MartinLa
2 Jahre her

Es wurden schlicht die falschen Fragen gestellt. Wie kann Scholz behaupten, dass er keinen Einfluss nahm, wenn er sich nicht erinnern konnte? Entweder er kann sich über das Gesagte erinnern und lügt mit dieser Behauptung, oder er kann sich wirklich nicht erinnern und kann dann auch nicht behaupten, dass er keinen Einfluss nahm.
Außerdem: Scholz wie auch Tschentscher tragen in jedem Fall die politische Verantwortung. Hätte die Abteilungsleiterin der Finanzbehörde dies Entscheidung ohne Abstimmung mit den beiden Verantwortlichen getroffen, wäre die ein schweres Dienstvergehen, dass eine umgehende Untersuchung und Anklage jener zur Folge gehabt haben müssen.

d.rahtlos
2 Jahre her

Angenommen, es wäre alles so gelaufen, wie es heute seitens Scholz & Tschentscher dargestellt wird: da hat also eine Finanzbeamtin die Steuerforderung an eine große Privatbank in Höhe von 46 Mio Euro verjähren lassen. Es stellen sich zwei spannende Fragen: wie geht es dieser Beamtin heute? Ist sie immer noch in der gleichen Behörde beschäftigt?

H. Heinz
2 Jahre her

Wer die Hamburger Politik ein wenig kennt, weiss das hier der SPD Klüngel seit Jahrzehnten Politik und Justiz bestimmt. In Hamburg kennt man sich, man trifft sich, man tauscht sich aus, man bewegt sich immer in denselben, gut situierten Kreisen. Deshalb tut man sich auch nicht so richtig weh, will man vielleicht noch den ein oder anderen Vorteil mitnehmen, man weiss ja nie

Herbert Rehm
2 Jahre her

Deutschland leistet sich einen Bundeskanzler, der mit Demenz oder Alzheimer gesegnet ist. Dies ist kein Einzelfall. Verkehrsminister Scheuer, der einige hundert Millionen verzockte, „verlor“ sein Handy und konnte sich an keinerlei Gespräche erinnern. Bei Frau von der Leyen veraschwanden aus „unerklärlichen“ Gründen ganze Aktenordner und Frau Schwesig „verlor“ ebenfalls prisante Vorgänge zu Nordstream 2. Und so weiter und so fort. Dies ist sicher nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Handeln unserer „Eliten“. Eines vergessen sie jedoch nicht. Sich in jeglicher Form die Taschen voll zu machen.

d.rahtlos
2 Jahre her

Angenommen, es wäre alles so gelaufen, wie es heute seitens Scholz & Tschentscher dargestellt wird: da hat also eine Finanzbeamtin die Steuerforderung an eine große Privatbank in Höhe von 46 Mio Euro verjähren lassen. Eine spannende Frage sollte dann doch sein: welchen Job hat diese Beamtin heute? Ist sie immer noch in der gleichen Behörde beschäftigt, oder erfüllt sie inzwischen die Vorstands-Frauenquotenvorgaben jener Privatbank?

Astrid
2 Jahre her

Das bei dieser Befragung nichts herauskommt, ist keine Überraschung. Egal wie tief er in drin steckt, was er damals unterlassen hat usw. allein die Tatsache das ein Bundeskanzler in eine solche Affäre verwickelt ist, ist für Deutschland untragbar. Seine Verstrickung wird ja seit Jahren immer wieder aufs Trapez gebracht und somit ist sein Mitwirken zumindest fragwürdig. Allein der immer wieder aufkeimende Verdacht der Unredlichkeit und seine angeblichen Erinnerungslücken disqualifizieren ihn ein Land zu führen. Genauso wie Steinmeier schadet auch er dem Amt enorm. Deutschland hat mit diesem Führungspersonal fertig, da geht nichts mehr!

GP
2 Jahre her

Interessante Situation. Scholz kann sich nicht an den Inhalt der Gespräche erinnern, weiß aber genau dass es keine Beeinflussung des Steuerverfahrens seitens der Politik gegeben hat. Bleibt zu Klären wie jemand wissen kann was nicht Inhalt eines Gesprächs war, wenn er sich an den Inhalt selbst nicht erinnern kann…?. Damit sollte einmal ein „normaler“ Bürger bei einer Befragung versuchen durch zu kommen…..

Ho.mann
2 Jahre her

Von Ganoven gestützt, von Ganoven geschützt, von Ganoven ins Amt befördert und schwuppdiwupp schon ist man schnell selbst ein Ganove, der  den Halunken der Pharma-, Kapital-, oder Polit-Mafia zu dienen hat.

J. Braun
2 Jahre her

Es ist nicht Aufgabe von Scholz, seine Unschuld zu beweisen, es ist die Aufgabe der anderen, ihm die Schuld nachzuweisen. Gelingt ihnen das nicht, kommt er aus der Sache heraus. Und er ist in keinem Fall verpflichtet, der Gegenseite zu helfen und sich selbst zu belasten. Das weiß jeder, der schon einmal mit der deutschen Gerichtsbarkeit zu tun hatte oder der gar Jurist ist. Und „Glauben“ heißt „Nicht wissen“. Herr Merz ist Jurist und sollte sich nicht dumm stellen, denn bei allem was er sonst ist, dumm ist er gewiß nicht.