UN-Migrationspakt: Schäuble und Dobrindt ja, Merkel und Polat nein

Was bedeutet der UN-Migrationspakt und was nicht? Darin sind sich die nichts desto trotz handelnden Politikern alles andere als einig. Und nun soll der Bundestag Rechtswirkungen wegbeschließen?

Odd Andersen/AFP/Getty Images

Wolfgang Schäuble ist in jedem Quartal mal für schnell Dahingesagtes gut. Unpassend für den zweiten Mann im Staat. Thema dieses mal: der UN-Migrationspakt. Jetzt berichtet WELT online das:

»Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat den UN-Migrationspakt gegen Kritik verteidigt. Es sei ein wichtiger Erfolg, dass es den Vereinten Nationen gelungen sei, sich auf einen solchen Pakt zu verständigen, sagte Schäuble am Sonntag in Berlin. Vielleicht sei er nicht in allen Punkten perfekt – „wie immer bei solch großen Abkommen“. Er enthalte aber keine Verpflichtung, „zu der wir nicht ohnehin verpflichtet sind“.«

Der UN-Migrationspakt »„enthalte aber keine Verpflichtung, „zu der wir nicht ohnehin verpflichtet sind“.«

Das hatte schon Alexander Dobrindt – damals noch überraschend – gesagt:

»Der Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, sagte, die Bundesrepublik habe ein großes Interesse, sich international über illegale Migration, die Flüchtlingsproblematik, die Bekämpfung der Schleuserkriminalität sowie über die Verantwortung der Herkunfts- und Transitländer zu unterhalten. Dobrindt verwies darauf, dass das Papier keine Rechtsverbindlichkeit habe. Und es beinhalte auch keine Verschärfung der Gesetzgebung in Deutschland. Hierzulande würden bereits alle Vorschläge erfüllt, die in dem Pakt aufgeführt sind. Die Bundesregierung, voran das Auswärtige Amt, habe den Pakt verhandelt. Jetzt gelte es, dass „wir das parlamentarisch auffangen“.«

Dem widerspricht die migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Filiz Polat:

„Der Migrationspakt formuliert mehrere Leitlinien, die erst noch in nationales Recht gegossen werden müssen, auch in Deutschland. Wir haben dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir die schnelle Umsetzung des Pakts fordern.”

Berlin direkt: Thomas Strobl, Baden-Württembergs Innenminister, CDU, sagt Bettina Schausten zu Beginn der Sendung dasselbe wie sein Schwiegervater Schäuble (nicht die Augen zu machen, sonst wissen Sie nicht, wer von beiden spricht). Dann kommt ein Einspieler, bei dem Bilder und Stimmen völlig verrutscht sind. Und dann sagt Strobl wie AKK: Der UN-Migrationspakt habe mehr Vorteile als Nachteile.

Das gab auch schon der künftige Verfassungsrichter Stephan Harbarth von sich:

„Wir sind der Auffassung, dass die Vorteile dieses Pakts die Nachteile weit überwiegen.“

Noch mal Schäuble: »Er enthalte aber keine Verpflichtung, „zu der wir nicht ohnehin verpflichtet sind“.«

Die widersprüchlichen Aussagen soll nun ein gemeinsamer Antrag von Union und SPD krönen, was WELT online so vermeldet:

»Der Bundestag soll in einem Entschließungsantrag feststellen, dass der umstrittene UN-Migrationspakt „keine einklagbaren Rechte und Pflichten“ begründet und außerdem „keinerlei rechtsändernde oder rechtssetzende Wirkung“ habe.«

Wenn die Union glaubt, die Sache damit geklärt oder auch nur entschärft zu kriegen, irrt sie. Der Antrag, ob er nun beschlossen wird oder nicht, bestätigt alle, die dem UN-Migrationspakt selbst, vor allem aber seinen Konstrukteuren und Vertretern nicht über den Weg trauen.

In Wahrheit will die CDU so nur über ihren Parteitag hinwegkommen. Nur auf Sicht fahren zu können, hat seinen Preis.

Wissen Sie übrigens, was eine Entschließung im Bundestag bewirkt? 

„In Entschließungen bringt der Bundestag seine Auffassung zu politischen Fragen zum Ausdruck und/oder fordert die Bundesregierung zu einem bestimmten Verhalten auf. Rechtsverbindlich sind sie nicht.”

Nichts. Graue Salbe.


Mehr zum Thema:
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Kommentare ( 54 )

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Marie-Jeanne Decourroux
6 Jahre her

Wenn der Migrationspakt RISIKEN birgt – und zumindest DAS steht angesichts der Vorbehalte und Ablehnungen vieler demokratischer Staaten ausser Frage – muss selbstverständlich von ihm Abstand genommen werden

Das gebietet die Sorgfaltspflicht und die staatspolitische Verantwortung (ich hoffe, die gibt es noch !…).

Und auch dies sollten CDU-CSU und SPD bedenken: Wenn sich entgegen ihrer Vorhersage die Befürchtungen der Kritiker nach einer Unterzeichnung des Paktes bewahrheiten und die Immigration wieder anschwellen sollte, wären CDU-CSU und SPD definitiv deklassiert – und der Siegeszug der AfD wäre besiegelt.

caesar4441
6 Jahre her

“ Er enthalte aber keine Verpflichtung, „zu der wir nicht ohnehin verpflichtet sind“.“
Durch wen oder was sind wir „ohnehin“ verpflichtet ?

Aufgewachter
6 Jahre her

Wenn dieser Migrationspakt gut und vorteilhaft für unser Land ist warum wurde er nicht in den Wahlkämpfen (Bayern und Hessen) mit dem Argument das er gut für Deutschland und gut für Bayern, respektive Hessen wäre plakatiert? Genau diesen positiven Schub seitens der Groko hatten die Wahlkämpfer der Union und der SPD doch vermisst. Gerade Dobrindt der sich für den Pakt ausspricht, hätte die CSU locker damit über die 50% gebracht, eine AfD wäre heute nicht im bayrischen Landtag vertreten.

Karlsruher
6 Jahre her
Antworten an  Aufgewachter

?

Petra Horn
6 Jahre her
Antworten an  Aufgewachter

Worauf wir hätten wetten können!

Wolf Larsen
6 Jahre her

Wie wir wissen, wurde dieser Pakt unter dem Deckmantel der UNO ausbaldowert, um die Einreisebestimmungen in die EU auszuhebeln und möglichst viele Migranten nach Europa zu schleusen. Selbstverständlich versuchte die federführende Bundesregierung diesen Pakt still und heimlich nicht nur am eigenen Volk vorbei, so auch den anderen europäischen Staaten unterzujubeln, denn nur dann machte dieser Pakt auch Sinn. Und selbstverständlich hoffte man, diesen ach so“unverbindlichen“ Pakt dann durch die NGO Hintertür u.ä. zu „legalisieren“. Gottseidank aber haben andere Länder die Perfidie erkannt und schlussendlich zu Fall gebracht. Hierzu ist insbesondere Österreich zu danken, das hier eine Vorreiterrolle übernahm sowie der… Mehr

bkkopp
6 Jahre her

Zu Filiz Polat : die Migrationsindustrie steht Gewehr bei Fuss, um soft law in hard law umzuwandeln. Man kann unterstellen, dass die passenden Fälle, und Schriftsätze bereit liegen, um die Gerichte mit entsprechenden Anträgen zu bombardieren. Ob die Grünen im Bundestag wie gewünscht weiterkommen ist allerdings nicht so sicher. Die GroKo könnte kalte Füsse bekommen, wenn nach Marrakesch in allen Medien zu hören und zu lesen ist, wer den Pakt nicht angenommen hat. Ausserdem gibt es im BT zumindest eine Oppositionspartei zu dem Thema.

MarkusF
6 Jahre her

Es ist schon erstaunlich, alle schon damals zur bedingungslosen Grenzöffnung im Parlament sitzenden Parteien halten am Migrationspakt fest. Inzwischen ist auch klar, die deutsche Bundesregierung hat am Migrationspakt nicht nur federführend mitgearbeitet, sie hat den Pakt direkt bei der UN bestellt. Kann es sein das sich mit der Grenzöffnung einige Politiker rechtlich sehr weit aus dem Fenster gelehnt haben, zu weit um sicher wieder herein zu kommen? Kann es sein das es bei der ‚aus illegal legal machen‘ Aktion garnicht um Migranten geht sondern um die Haut der beteiligten Politiker? Sozusagen verletztes nationales Recht post ex durch neu geschaffenes Völkerrecht… Mehr

Nachdenkerin X
6 Jahre her
Antworten an  MarkusF

Ja, das hat die Gottgleiche gemeint, als sie sagte, aus „illegaler Migration“ wolle sie „legale“ machen. Die Wahrheit verpackt sie in ihrem Geschwurbel, so daß man denkt, man müsse es nicht ernst nehmen.
Und die Klagen beim Verfassungsgericht werden so lange verschleppt, bis das „heilige“ Völkerrecht das GG überlagert. Dann kann ihr niemand mehr …

W aus der Diaspora
6 Jahre her

es wurde, oder wird, somit nicht rechtsverbindlich, vom deutschen Bundestag, festgestellt, dass ein internationaler Vertrag nicht rechtsverbindlich sein soll.
Zweimal Minus ergibt plus. Es wrde also eigentlich höchst offiziell festgestellt, dass der UNO-Vertrag rechtsverbindlich sein wird.

caesar4441
6 Jahre her

Schäuble : „Wir sind auf einem guten Weg !“ – In den Abgrund .

W aus der Diaspora
6 Jahre her
Antworten an  caesar4441

nur sind wir schon längst einen Schritt weiter …

amendewirdallesgut
6 Jahre her

Die nächsten Wahlen kommen sicher , und mit ihnen der nächste Erdrutsch , einige weitere Berufspolitiker , bekommen bald schon notgedrungen ein neues Betätigungsfeld zugeschanzt , die Europawahl gibt die Richtung vor , es ist noch ein weiter Weg bis zur 5% Hürde , aber wenn man die minus 10% als Parteiziel gesetzt hat , sind beide Volksparteien auf einem guten Kurs , weiter so ,wir helfen so gut wir können , versprochen !

Johann Thiel
6 Jahre her
Antworten an  amendewirdallesgut

Versprochen.

renate mueller
6 Jahre her
Antworten an  amendewirdallesgut

Laut Welt.de 18.34 Uhr, sind nur 5 Abgeordnete der CDU/CSU gegen den Migrationspakt. Es ist zum Vezweifeln. Man fühlt sich absolut hilflos…

Nachdenkerin X
6 Jahre her

Da habe ich mich doch tatsächlich von dem geplanten Entschließungsantrag einlullen lassen (so nach dem Motto: Offenbar sind die Abgeordneten doch nicht so abgebrüht und machen sich tatsächlich wenigstens etwas Sorgen um Deutschland), und dann klären Sie mich auf, so daß ich schwarz auf weiß auf offizieller Seite lesen kann, daß Entschließungsanträge keine rechtliche Wirkung haben. Nun muß ich feststellen: Das ist ja – ich halte mich mal mit meiner Wortwahl zurück – im höchsten Maße hinterlistig! Wofür halten die uns?