Warum die Ukrainer unbedingt westliche Geschütze wollen: Artillerie ist kriegsentscheidend

Seit Beginn des Ukraine-Krieges spielt Artillerie auf beiden Seiten eine wichtige Rolle, wie erneut russische Verluste belegen. Mit westlichen Geschützen können die Ukrainer die Oberhand im Ferngefecht erringen.

IMAGO / photothek
Panzerhaubitze 2000 von Kraus Maffei Wegmann

Zerstörte Pontonbrücken, ausgebrannte Fahrzeugwracks am Ufer – ein russischer Versuch, den Fluss Donez im Osten der Ukraine zu überqueren, ist mit schweren Verlusten bezahlt worden. Eine Bataillonskampfgruppe wurde fast komplett aufgerieben: Deutsche Medien sprechen von einem „Desaster“ und einer „Katastrophe für Putins Armee“. Dabei geht fast unter, dass die Russen es am Ende doch über den Fluss geschafft haben. Jedoch unter empfindlichen Verluste. Bilder, die vom ukrainischen Militär auf sozialen Medien veröffentlicht wurden, zeigen die kläglichen Reste der Kampfgruppe, zusammengezogen am Westufer des Donez.

Schwere Artillerie wurde auf den Punkt der Überquerung eingemessen, und noch bevor die Russen ihre Brücke vernünftig montiert hatten, schlugen die Ukrainer zu. Die Brücke wurde weitgehend zerstört, die Russen auf der anderen Seite mussten über die Trümmer der Brücke zurückweichen und ihre Ausrüstung zurücklassen. Nach ukrainischen Angaben soll die Lage an insgesamt fünf Stellen, an denen die russischen Truppen versucht haben, den Fluss zu überqueren, ähnlich aussehen. Die Bilder unterstreichen die Wichtigkeit des effektiven Einsatzes von Artillerie.

Der Waffengattung kommt im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle zu – auf beiden Seiten. Ob klassische Rohr-Geschütze oder Raketensysteme – bei ihren Angriffen auf die Ukraine setzen die Russen immer wieder auf den Beschuss vom Boden aus, zuletzt bei den Kämpfen um Charkiw. Doch auch die Ukraine hat ihre Fähigkeiten merklich verbessert, wie die Fotos vom Donez beweisen. Elementar sind hierbei vor allem westliche Artilleriesysteme. Insbesondere die M777-Haubitzen erweisen sich als „Gamechanger“. Dieses amerikanisch-kanadische Feldgeschütz zählt zu den modernsten der Welt. Die Haubitzen feuern in der Regel präzise Granaten ab, die mithilfe von GPS auf Ziele ausgerichtet werden können. Mit diesen „Excalibur“-Granaten soll die Ukraine bereits von kanadischer Seite beliefert worden sein. Auch die deutsche „Panzerhaubitze 2000“ dürfte von den Ukrainern bereits freudig erwartet werden: Sie kann ihre Granaten bis zu 40 Kilometer weit schießen und gilt als eine der besten Panzerhaubitzen der Welt. Im Afghanistan-Krieg waren solche deutschen Panzerhaubitzen mehrmals elementar, um Bundeswehr-Truppen im Feld wichtige Unterstützung zukommen zu lassen und ganze Gebiete zu sichern.

Die modernen westlichen Geschütze geben der Ukraine einen messbaren Vorteil im Kampf gegen Russland. So hat allein die M777-Haubitze eine deutlich höhere Reichweite als die russischen Geschütze, die fast ausschließlich noch aus der Sowjetära stammen. Für die Ukrainer kommt noch als Beweggrund dazu, dass ihnen für die alten, aus sowjetischer Zeit stammenden Geschütze die Munition ausgeht.

Der verstärkte Einsatz modernen, westlichen Artillerie soll sich bereits bemerkbar machen, berichtet die „Times of London“. Unter anderem sollen die Systeme ihren Beitrag im Kampf um Charkiw geleistet haben, wo die Russen deutlich zurückgedrängt wurden. „Was wir von den Ukrainern hören ist, dass (die Haubitzen) sehr nützlich sind“, erklärte auch Pentagon-Sprecher Kirby. In ähnlicher Weise zitierte ein Bericht des britischen Royal United Services Institute (RUSI) über die ersten Phasen des Krieges, der am 22. April veröffentlicht wurde, einen hochrangigen Berater des Kommandeurs der ukrainischen Streitkräfte, General Valerii Zaluzhnyi. Dieser Berater sagte angeblich, dass „Panzerabwehrraketen die Russen verlangsamten, aber was sie getötet hat, war unsere Artillerie. Das war es, was ihre Einheiten gebrochen hat“.

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