Twitter ist nicht Privatvergnügen von Politikern – blockieren blockiert

Twitter wird zum Ernstfall: Das bei Politikern so beliebte "blocken" von kritischen Journalisten klappt nicht mehr: Es ist ein Eingriff in die Presse- und Informationsfreiheit.

imago/Metodi Popow
Niels Annen (SPD) im Bundestag

Ein Staatsminister im Auswärtigen Amt sperrt einen israelischen Journalisten der Jerusalem Post auf Twitter, weil dieser über den deutschen Sozialdemokraten im Zusammenhang mit Glückwünschen zum Jahrestag der iranischen Revolution berichtet hat. Was war da passiert?

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Der Hamburger Anwalt Joachim Steinhöfel schickte Niels Annen, so heißt besagter Staatsminister, jedenfalls vorsorglich eine Abmahnung, die dann schnell dafür sorgte, dass der blockierte Journalist auf Annens offensichtlich dienstlichem Twitter-Account wieder entsperrt wurde. So weit, so gut. „Aber“, so der Anwalt nun weiter, „das genügt nicht. Wir verklagen jetzt das Auswärtige Amt und Annen.“ Steinhöfel will hier einmal explizit einen Präzedenzfall schaffen.

Am Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Hamburg-Eimsbüttel, ehemaligem Juso-Vorsitzenden und Atlantik-Brücke-Stipendiaten Annen soll wohl ein Exempel statuiert werden. Soll einmal durchexerziert werden, was es beispielsweise für Israel bedeutet, wenn Vertreter der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes eine wohlwollende bzw. opportunistische Haltung gegenüber der islamischen Republik Iran einnehmen.

Der renommierte israelische Politikjournalist Benjamin Weinthal hatte seinen Bericht in der Jerusalem Post so überschrieben: „German Foreign Ministry celebrates Iran’s Islamic revolution“. Im Artikel selbst fasste er im Prinzip Fakten zur pro-iranischen Politik des deutschen Auswärtigen Amtes zusammen und informierte seine Leser über deutsch-iranische Begegnungen: Insbesondere richtet sich die Kritik Weinthals gegen die Ignoranz und die erstaunliche Laissez-faire-Haltung deutscher Politiker, wenn es darum geht, Irans antisemitische und antiisraelische Haltung und Vernichtungsdeklarationen öffentlich zu kritisieren.

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Weinthals „Vergehen”, das offensichtlich zur Sperre auf dem Account des SPD-Staatsministers führte: Er hatte die deutsche Tageszeitung Bild zitiert. Damit machte er international bekannt, dass Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt in der iranischen Botschaft mit den Mullahs in Berlin den 40. Jahrestag der islamischen Revolution feierte.

Für Joachim Steinhöfel ein klarer Fall: „Natürlich ist dies ein rechtswidriger und inakzeptabler Eingriff in die Presse- und Informationsfreiheit. Journalisten, deren Haltung einem nicht passt, vom Informationsfluss abzuschneiden, ist einer Demokratie unwürdig“, stellt der Anwalt des Betroffenen fest. Die Pressefreiheit sei durch das Amt verletzt. Und es soll sogar weitere hochrangige Beamte des Auswärtigen Amtes geben, die eine ganze Reihe kritischer Journalisten blockieren, die den Iran-freundlichen Kurs Deutschlands kritisieren.

Das Urteil hat große Bedeutung: Twitter und andere soziale Medien sind nicht das Privatvergnügen von Politikern, es sei denn, sie trennen strikt zwischen Amt und Person. Missliebige Journalisten können dann nicht einfach amtlich ausgesperrt werden.

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Kommentare ( 22 )

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SystemKritiker
5 Jahre her

Das ist ein interessanter Vorgang – aber nur die Spitze des Eisberges. (Von wegen: Eine Zensur findet nicht statt) In Wahrheit haben Bundestagsabgeordete/Minister (Alle, auch lokal) die Möglichkeit per „Standleitung“ bzw. Direktintervention in die Redaktionen von Medien, z.B. aktuell focus, spon, welt, Tagesspielgel usw. , einzugreifen um vor Veröffentlichung von Beiträgen oder Kommentaren sensible oder für die Politik unangenehme Veröffentlichungen direkt per Knopfdruck zu sperren oder sperren zu lassen. Das läuft seit Jahren so und erlebt jetzt im Zuge von „Correktive“/“Recherscheverbünde“/“Presseräte“/“DSDG“ im Rahmen der Islamisierung seinen Höhepunkt. Perfekter Vorreiter war schon ab den 2005 t-online, als massive Kritik zu Hartz-IV… Mehr

Klaus Mueller
5 Jahre her

Ein Staatsminister sperrt Journalisten aus. Das ist ein Staats- und Demokratieverständnis, das deutscher im historischen Sinne nicht sein kann.

Fischkopp
5 Jahre her

Herr Steinhöfel, Herr Weinthal,
Sie sind ware Vorbilder in einer finsteren Zeit. Ich drücke Ihnen beide Daumen und hoffe, daß am Ende ein Rücktritt oder Entlassung von Herrn Annen steht. Im Weiteren brauchte der Herr vom Abi bis zum Bachelor 28(!) Jahre, er hat nie was gearbeitet. Eine echte Hofschranze.

JoergPlath
5 Jahre her

Sorry, Korrektur:

Es ist ein Anachronismus ohnegleichen, dass diejenigen, die auf den Antisemitismus von SPD- und CDU-Regierungsmitgliedern hinweisen von Politikern eben dieser Parteien als „Neue Rechte“, ergo Nazi´s diffamiert werden.

JoergPlath
5 Jahre her

Es t ein Anachronismus ohnegleichen, dass diejenigen, die auf den Antisemitismus von SPD- und CDU-Regierungsmitgliedern von Politikern eben dieser Parteien als „Neue Rechte“, ergo Nazi´s diffamiert werden.

Berlindiesel
5 Jahre her

Ich besitze keinen Twitter-Account, werde mir auch keinen zulegen. Daher die Bitte an die Redaktion um Beantwortung folgender Fragen: 1. Was bedeutet, einen anderen Twitter-User (in diesem Fall den Journalisten Weinthal) zu „sperren“? 2. Ich kann bei meinem Smartphone unerwünschte Anrufer sperren, das Telefon verweigert dann die Entgegennahme des Anrufs. Diese Funktion ist u.a. in den USA unentbehrlich, um sich gegen die oft wie Seuchen auftretenden „Robocalls“ also unerwünschte Werbeanrufe zu wehren. Nützlich aber auch, wenn man vom Ex-Liebhaber(in) gestalkt wird. Ich kann jemanden auch bei Whatsapp oder Facebook sperren, d.h. er kann mir keine Nachrichten mehr senden, sieht meinen… Mehr

Andreas aus E.
5 Jahre her
Antworten an  Berlindiesel

Danke für Ihre Frage: Wollte ich so ähnlich auch eben anmerken, denn das wüßte ich auch gern. Kann ein „geblockter“ Nutzer das dann nicht mehr lesen? Das wäre bei einem dienstlichen Account m. E. Rechtsbruch. Oder kann der Geblockte bloß nicht mehr antworten? Das wäre m. E. in Ordnung. Auch ich bitte um Aufklärung. Davon ab: Diese ganze Politikertwitterei haben sich die klassischen Medien selbst eingebrockt. Vor Trump kannte das hierzulande kaum einer, aber dann wurde es „chic“ sich tagelang über ein verunglücktes Getwitte des US-Präsidenten auszulassen, Trump-Bashing eben, egal was, wann, warum. Meldungen wurden so zu einer Dauerwerbesendung für… Mehr

Ali
5 Jahre her

„German Foreign Ministry celebrates Iran’s Islamic revolution“. Ganz toll, die gleiche schmuddelige antisemitische Soße wie auch in Schloss Bellevue. In zwanzig Jahren sind es dann wieder alle „Deutschen“ gewesen, das ist es doch was -zu angesichts dessen völlig zu recht- bei unseren israelischen Freunden hängen bleiben muss. Wann wird eigentlich einmal gründlich thematisiert werden, das es zwischenzeitlich vier politische Parteien in Deutschland gab die alle eines gemeinsam hatten: Das „Sozial“(listische) im Namen oder Inhalt ihrer Partei und den gemeinsam „gepflegten“ Antisemitismus -für mich bleibt es versteckte Judenfeindlichkeit- stets gepaart mit einer ausgeprägten Vorliebe für faschistisch muslimische Ideologie. Das eigentlich „Glanzleistung“… Mehr

K.Weber
5 Jahre her

All dies erscheint nun also 75 Jahre nach dem Holocaust und den zahllosen Krokodilstränen in der Jerusalem Post und wahrscheinlich auch in vielen anderen Israelischen und Amerikanischen Medien. Was mag da für ein Bild über das neue Merkel-Deutschland entstehen? Ich fürchte, dass diese Regierung und der Herr Bundespräsident das Ansehen Deutschlands im Ausland auf das Erheblichste beschädigen. Wenn in amerikanischen Filmen der Ausruf ‚der kommt aus Deutschland‘ oder ‚der war schon mal in Deutschland‘ erfolgt, erstarren neuerdings alle im Raum zur Salzsäule als sei Ihnen soeben der Leibhaftige erschienen. Ich fürchte, dass man uns in weiten Teilen der freien Welt… Mehr

usalloch
5 Jahre her

Respekt! Der Steinhöfel ist ein richtiger „Steinbeißer“.

WIING
5 Jahre her

…warum dachte ich gerade an die “Freiheitsstatue” gewordene SPD-Mumie, die man gestern mittels Achse bewundern könnte?