Dieter Nuhr strafte beim Tournee-Auftritt in Bonn die Deutsche Forschungsgesellschaft mit Nichtachtung. Dabei hatten sich die Bonner DFG-Forschungsgeldverwalter doch Stunden vorher bei Nuhr entschuldigt.
Das Wort DFG nahm Dieter Nuhr nicht in den Mund, als er am Dienstagabend Open-Air in der Bonner Rheinaue seine erste Kabarettvorstellung seit einem halben Jahr vor Publikum gab. Wenige Hundert Meter von der Deutschen Forschungsgesellschaft entfernt. Doch zur vergifteten Entschuldigung der DFG vom gleichen Tag sagte Nuhr kein Wort. Sehr wohl äußerte er sich aber zur Meinungsfreiheit.
Aber kann man Entschuldigung nennen, was die DFG wenige Stunden vor Nuhrs Auftritt in Bonn veröffentlichte? „Die DFG bietet Herrn Nuhr aber sehr gerne eine im Lichte der aktuellen Debatte kommentierte Wieder-Online-Stellung seines Statements an, nicht zuletzt auch, um die Diskussion offenzuhalten. Die DFG will diesen Fall zum Anlass nehmen, eine Auseinandersetzung über die aktuelle Debattenkultur anzustoßen und sich dabei auch selbstkritisch mit dem eigenen Handeln zu befassen.“ Jetzt soll Dieter Nuhr also zulassen, dass sein Plädoyer für die Freiheit der Wissenschaft auch noch von denen kommentiert und eingeordnet wird, die vor einem Shitstorm eingeknickt sind? Damit ist kaum zu rechnen.
Dieter Nuhr nahm beim Gastspiel mit seinem Programm „Kein Scherz“ das Wort DFG nicht in den Mund. Stattdessen glänzte er mit klaren Aussagen zur Debattenkultur. Man müsse sich ja heute fragen, über was man überhaupt noch debattieren könne, so Nuhr an sein Bonner Publikum, das von Gegendemonstranten verschont wurde. Wenn man eine abweichende Meinung habe, dann paktiere man gleich mit dem Gegner. Und sei Rechtspopulist. „Eine «Ja, aber … Meinung» geht gar nicht mehr. Differenzierte Meinungen sind zwar nicht verboten, aber man wird dann als Idiot beschimpft und muss einen Shitstorm über sich ergehen lassen.“ Und deshalb bedankte sich Nuhr, dass er erstmals seit einem halben Jahr wieder vor Publikum und mit Applaus auftreten kann. „Schön, dass Sie trotz Dauer-Shitstorm gekommen sind.“ Ob auch DFG-Mitarbeiter im Publikum saßen und klatschten? Vermutlich konnten sich die DFG-Manager nicht verkneifen, ihr desavouiertes Testimonial einmal live zu erleben.
Und mussten sich dann anhören, was Nuhr zu den Wutdebatten auf Twitter und anderen Netzwerken zu sagen hat. „Es ist ein Irrsinn unserer Zeit: Die Leute werden so schnell wütend. Dabei gab es noch nie so wenige Gründe wütend zu werden.“ Applaus. Mehr als bei anderen Pointen. „Toleranz ist nicht, die Intoleranz der anderen zu akzeptieren.“
Den Satz der Toleranz sagte Nuhr, nachdem er sich mit der Toleranz in einem Düsseldorfer Kindergarten befasst hatte, wo muslimische Eltern gefordert hatten, bei einem Sommerfest auf Alkohol zu verzichten. Dabei ging es nicht darum, dass die Kinder oder die Muslime keinen Alkohol trinken. Das toleriert auch Dieter Nuhr gerne. Nein, nicht nur die muslimischen Eltern, sondern auch alle anderen Eltern sollten auf ein Glas Bier verzichten. Genau das sei nicht Toleranz, sondern das Gegenteil.
Zum Abschluss konnte sich Dieter Nuhr den neuesten Scherz über Greta Thunberg nicht verkneifen, die die DFG in ihrer vermeintlichen Entschuldigung ja ausdrücklich erwähnt hat. „Ich habe nichts gegen Greta Thunberg“, versicherte Nuhr. „Aber sie ist nicht der Messias. Das ist Jürgen Klopp. Aber der steht noch bei Liverpool unter Vertrag.“
Christian Cürten
Die nächsten Tournee-Termine von Dieter Nuhr finden Sie hier:
https://nuhr.de/termine
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Das Problem ist: für ihn selbst läuft es seit Jahren. Bloß gehört er finanziell und medial inzwischen zur Oberschicht. Da beantragt man keinen Wohnberechtigungsschein mehr für eine Sozialwohnung und bekommt die Krise, wenn die Waschmaschine den Geist aufgibt, auch wenn ihm das jung vielleicht so ergangen sein sollte. Die Sensibilität für Alt-Mieter mit neuen problematischen Nachbarn in Duisburg Marxloh oder Berlin Neukölln ist dann wohl eher verkümmert. Aber mit ihm könnte man wohl wenigstens noch darüber streiten, auch wenn ich mir da nicht zu 100% sicher bin.
Da Nuhr Gründungsmitglied der Grünen war und in seinen Auftritten fleißig nach rechts auteilt (soll er auch), hatte er bisher den Schutz des „alten Kämpfers“. Da er jetzt zunehmend dem System in die Quere kommt, beschirmen ihn diese Verdienste nicht mehr. Jetzt ist er ein Abweichler, ein Renegat, wie Trotzki, Strasser, Havemann.
„Die große Transformation frisst ihre Kinder“.
„Ich habe nichts gegen Greta Thunberg“, versicherte Nuhr. „Aber sie ist nicht der Messias. Das ist Jürgen Klopp. Aber der steht noch bei Liverpool unter Vertrag.“
Wie herrlich erfrischend.
Ich mag den Nuhr. Auch wenn ich manche seiner Ansichten oder Aussagen nicht mag. Aber das kann ich locker aushalten.
„DFG-Forschungsgeldverwalter “ mag mal so gewesen sein. Inzwischen ist sie eine staatlich finanzierte NGO. Ihr Anspruch “ Sie will, wie übrigens auch die Universitäten, der Gesellschaft zu vernunftgeleitetem Fortschritt, zu informierter Meinungsbildung und also zu Freiheit verhelfen. “
Das sind die Narrative der NGOs, Mittelverwalter sind nüchterner , greifen nicht auf Narrative zurück.
„Mittelverwalter sind nüchterner , greifen nicht auf Narrative zurück.“
Stimmt.
Die haben ein „Soll“ oder ein „Haben“.
Bald werden wir alle ein „Soll gehabt haben …“
Dieter Nuhr hat sich m.E. nie verändert. Er hat die Grünen mitbegründet, als die Gleichberechtigung der Frau in vielen Punkten nur auf dem Papier stand, Dünnsäure von Schiffen in die Nordsee gekippt wurde, der Rhein dreckig war und der Katalysator bei Autos angeblich nur in den USA einsetzbar war, während die soziale Marktwirtschaft im Inland funktioniert hat. All das hat sich geändert, weil die fundamentalistischen Grünen die Meinungsführung übernommen haben und von nahezu allen Parteien und Medien dabei hofiert werden, wie sie gerade das Kind mit dem Bade ausschütten. Herr Nuhr hat seinen Standpunkt behalten und ist konsequenterweise aus der… Mehr
Danke für den zutreffenden Kommentar, Herr Cuno.
„… Dass er in Fragen der Migration blauäugig ist, nehme ich ihm ab. Ein toleranter Mensch wie er kann sich nicht richtig vorstellen, wie die sog. „Partyszene“ nach einer undemokratischen Machtübernahme mit Leuten wie ihm umgehen würde…“
Es ist so offensichtlich, dass die Migration in Deutschland schief läuft – und das seit mindestens drei Jahrzehnten – dass man keine gutgläubige Naivität unterstellen sollte. Eher bräsige Borniertheit.
„Toleranz ist nicht, die Intoleranz der anderen zu akzeptieren“
Das sage ich seit langem, darf oder soll man tolerant mit jenen sein, welche selbst nicht tolerant sind? Meiner Meinung nach hört die Toleranz genau da auf!
Toleranz ist keine Einbahnstraße!
Das mit der Toleranz ist so eine Sache. Toleranz heißt im Sinne der Wortherkunft „ertragen“. Ich kann aber nur vollumfänglich etwas mir Fremdes/ noch Unbekanntes „ertragen“, wenn ich selber einen eigenen Standpunkt habe. Sonst schwebe ich im freien Raum, dann bedeutet „Toleranz“ ein „Alles Egal“ und „Macht mal“. Schließlich gilt, dass Toleranz nur derjenige (generisches maskulinum) gewähren kann, der sich in einer Machtposition befindet. Diese kann aus der gesellschaftlichen Stellung oder der Diskurshoheit erwachsen. Heute wird Toleranz im Sinne von „Alles so schön bunt hier“ häufig missbräuchlich verwendet, oftmals aus Selbstgerechtigkeit und Faulheit, Leichtsinn oder Dummheit. Bei unserer Legislative ist… Mehr
Kleiner Nachtrag noch: wie „die Welt“ vermeldet, wurde ein Auftritt von Lisa Eckhart (sie ist Dauergast in Nuhrs Sendung) auf dem „Harbour Front Literaturfestival“ abgesagt. Begründung: es bestehen Bedenken, daß die Sicherheit von Frau Eckhart in dem „bekannt linken Viertel“ nicht gewährleistet werden, da Protest gegen sie möglicherweise „eskalieren“ könnten.
Es geht voran. Ohne Zustimmung der Linken keine Vorträge im öffentlichen Raum, keine Videoclips, keine Künstlerauftritte. Und nie den „Kampf gegen Rechts“ vergessen, denn von dort droht ja die Hauptgefahr, nicht wahr, Herr Haldenwang?
gabs doch schon einmal im Land „entartete Kunst“.
Das schlägt dem Faß die Krone ins Gesicht! Als ich das las wurde mir richtig blümerant im Magen. Es paßt alles zusammen, ob bestimmte Leute in Gaststätten nicht mehr bedient werden oder eine Partei keine Räume mehr mieten kann, weil die Zerstörungswut der Linken gefürchtet wird oder Künstler aussortiert werden die eben eine eigene Meinung haben, alles fügt sich in eine Meinungsdiktatur. Man beugt sich faschistischer Methoden und hat Angst, in diesem Fall wird das auch noch offen kommuniziert, tritt sie auf könnte es Randale geben und man gibt dem nach! Kein Rückgrat, kein berufen auf das GG, kein „ihr… Mehr
Komischerweise hört man von all diesen Medien- und Kulturschaffenden jetzt nix von der Art: „Wehret den Anfängen!“ Vermutlich „wohnt (in Anlehnung an Hermann Hesse) diesen Anfängen ein Zauber inne“ – ein bis ins Mark verfaulter Zauber.
Deutschland könnte auch 100% des CO2-Ausstosses einstellen. Das sind 0,208% des Welt-CO2. Der arg gescholtene deutsche Autoterrorist macht da weltweit gerade mal 0,04% aus (einschließlich leerer Busse und dem Strom für Straßen- und Eisenbahnen).
Insofern müssten wir mindestens 10000% einsparen. Also für die anderen mit. Dann..vielleicht…wenn den Hysterikern 20% reichen…
Anonsten dürfte sich der Effekt arg in Grenzen halten. Also: tief einatmen.
Der Islam gehört nicht zu Deutschland. …Gehört er zu Deutschland, ist Deutschland nicht mehr Deutschland. Wäre der Islam eine religiöse,geistige ;friedliche ,freiwillige Verbindung. .dann ja….ist der Islam nicht. Islam bedeutet Unterwerfung.
„Toleranz ist nicht, die Intoleranz der anderen zu akzeptieren“
Ein sehr gefährlicher Satz! Warum?
Man definiert einfach öffentlich „konservativ ist intolerant“, ergo, wir brauchen die Konservativen nicht mehr zu tolerieren.
Wat nu, Herr Nuhr?
Sorry ich kann Ihnen nicht folgen.
Nico Laus bezieht sich möglicherweise auf den Grünen-Kampfbegriff: „Keine Toleranz den Intoleranten!“
Mit den „Intoleranten“ sind die gemeint, die eben nicht alles zu akzeptieren bereit sind (Konservative), während im Gegenzug die Grünen ja alles tolerieren wollen – abgesehen von dem, was sie hassen….
Will es anders formulieren:
Hass muss bekämpft werden – allgemeine Zustimmung.
Aber wer definiert, was Hass ist? Wenn Kritik an der Obrigkeit als Hass eingestuft wird, dann muss man die Kritiker „bekämpfen, ausschalten“.
Auf dieser Stufe befinden wir uns bereits.
Vor öffentlichen (zweckdienlichen) Umformulierungen sind wir heute so oder so nirgends mehr sicher. Siehe die Umformulierungen bzw. Neudefinition von „Demokratie“ und „Wissenschaft“.