Ökonom Söllner: Die Sanktionen gegen Russland erreichen nicht ihr Ziel

Es komme darauf an, ob wir tatsächlich das Ziel erreichen, das wir mit Sanktionen anstreben, postuliert Volkswirtschaftsprofessor Fritz Söllner. Und wenn wir es nicht erreichten, seien die Sanktionen falsch. Sanktionen funktionierten nur unter bestimmten Bedingungen.

picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde

Berlin. Die Sanktionen Deutschlands und der EU gegen Russland wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine verfehlen nach Einschätzung des Ökonomen Professor Fritz Söllner von der TU Ilmenau ihr Ziel. Bei der Bewertung der Sanktionen sei nicht entscheiden, ob der Schaden der Subventionen in Europa oder in Russland größer sei. „Es kommt darauf an, ob wir tatsächlich das Ziel erreichen, das wir erreichen wollen. Und wir erreichen es nicht, und deshalb sind die Sanktionen falsch. Auch wenn der Schaden bei uns geringer ist als in Russland“, erklärt der Ökonom im Gespräch mit der August-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick.

Kurzfristig hätten die Sanktionen Russland wenig geschadet, erst langfristig würden sie dem Land stärker schaden. „2022 ist das russische Bruttoinlandsprodukt um drei bis vier Prozent eingebrochen. Aber die Wirtschaft hat sich schnell stabilisiert, 2023 gab es ein Wachstum von zwei Prozent, und für dieses Jahr wird ein Wachstum von drei Prozent erwartet. Das ist deutlich mehr als beispielsweise in Deutschland“, rechnet Söllner vor. „Der kurzfristige Schaden hält sich also in Grenzen. Auch die Inflation, die Arbeitslosenquote, der Außenhandelsüberschuss, alles sieht ganz gut aus. Langfristig wird Russland unter den Sanktionen leiden, etwa weil der Technologietransfer zum Erliegen gekommen ist. Westliche Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen.“ Hinzu komme, dass „viele junge, gut ausgebildete Russen ihr Land verlassen haben“.

Der Schaden für Deutschland sei erheblich. Die deutsche Wirtschaft habe durch den Krieg in der Ukraine 2022 und 2023 „einen Wertschöpfungsverlust von 300 Milliarden Euro“ erlitten. „Dazu kommen die Belastungen für den Staatshaushalt: Militärhilfe, Finanzierung des ukrainischen Haushalts, Finanzierung der Flüchtlinge in Deutschland. Das hat rund 60 Milliarden Euro gekostet – und diese Summe wächst weiter. Das ist Geld, welches an anderer Stelle fehlt.“


Das ganze Interview in Tichys Einblick 08-2024 >>>

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Kommentare ( 55 )

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Ornhorst
3 Monate her

„Und wir erreichen es nicht, und deshalb sind die Sanktionen falsch“ ?
Die Sanktionen können nicht falsch sein, wenn man Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht unterstützen will. Wenn man den Krieg fördern will, dann sind sie natürlich falsch. Oder meint der Professor, die Sanktionen seien falsch konzipiert und daher so wirkungsarm?
Man kann doch nicht diese Mörder und Folterknechte unterstützen!

Last edited 3 Monate her by Ornhorst
Hans Wurst
3 Monate her
Antworten an  Ornhorst

Die Sanktionen nützen nichts und schaden beiden. Einreiseverbote für Politiker und das Einfrieren von Kontentreffen Einzelne, aber nicht Russland. Wirksam wäre bspw. eine Sperrung der EU-Hoheitsgewässer für russische Schiffe. Damit wäre der Seehandel sowohl in der Ostsee als auch im Schwarzen Meer blockiert. Aber die Maßnahmen wurden bewußt halbherzig gewählt, da man nicht zuviel Porzellan zerschlagen möchte. Es sollen ja nach dem Krieg schnell wieder billige Rohstoffe fließen. Der eigentliche Schaden in Russland entsteht nicht durch die Sanktionen sondern durch die Abwanderung junger, gut qualifizierter Russen.

Teiresias
3 Monate her

Die Sanktionen funktionieren durchaus – allerdings im Sinne der USA gegen Deutschland/Europa, um einen zusammenwachsenden eurasischen Wirtschaftsraum zu verhindern. M.E. ist das auch der Sinn des Ukrainekriegs. Sieg oder Niederlage ist dabei gar nicht so wichtig, solange es nur zu keiner Annäherung Europa/BRICS/SCO kommen kann. Das Narrativ/die Propaganda, mit der die Sanktionspolitik den Untertanen verkauft wird, passt nicht zur Realität und dient nur dazu, Gegewehr der europäischen Sanktionsopfer (z.B. an der Wahlurne) zu unterbinden. Insofern sind die Sanktionen ein Erfolg der USA im intendierten Sinne – man darf es nur nicht laut sagen, sonst wird man zum Verschwörungstheoretiker gestempelt oder… Mehr

H. Priess
3 Monate her

Im Gegentum, es ist viel Schlimmer! Die Sanktionen trieben Russland zu China und die wirtschaftliche Machtkonstellation hat sich nach Osten verschoben. Der Werte Westen, im Prinzip 53 Staaten, muß mit ansehen wie die BRICS Staaten immer mehr werden, der größte Teil der Weltbevölkerung ist in diesen Staaten schon vertreten. Der Anteil der G7 an der Weltwirtschaft sinkt unaufhaltsam. Dazu emanzipieren sich immer mehr afrikanische Staaten von ihren ehmaligen Kolonialstaaten die diese Länder immer noch ausbeuten. Frankreich wird es bald zu spühren bekommen. Vielleicht werden die Sanktionen gegen Russland irgendwann negative Auswirkungen auf Russland haben, bis jetzt ist davon eher nichts… Mehr

Moses
3 Monate her

Diese Argumente sind verständlich und wahrscheinlich richtig. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, sich ausschließlich auf das Wirtschaftswachstum zu konzentrieren. Dieses Wachstum wird allein durch den Übergang der Industrie zu einem Militärregime gewährleistet, d. h. die Produktion von Granaten, Artillerie, Panzern und allem, was sonst noch für den Krieg benötigt wird. Infolge dieses Wirtschaftswachstums geht es der Bevölkerung immer schlechter, mit Ausnahme derjenigen, die für den Krieg arbeiten. Der Westen hätte nicht dummerweise hundert kleinen winzigen Sanktionen beschließen, sondern bis 10 von der wichtigsten Sanktionen verhängen sollen, deren Einhaltung streng überwacht werden sollte. Um einigermaßen das erreichen, brauchte Westen mehr als… Mehr

Johny
3 Monate her

Was mich nachdenklich macht ist: Das BIP von Russland soll angeblich dem von Italien entsprechen. Aber könnte Italien so einen aufwendigen Krieg wie Russland in der Ukraine führen, gleichzeitig noch eine Spitzen- Weltraumfahrt betreiben, umfangreichen Handel mit u.a. den BRICS- Ländern haben und die Versorgung der inländischen Bevölkerung weitgehend mit allem Wichtigen sicherstellen? Hat das russische BIP vielleicht eher eine realwirtschaftliche Grundlage, während das italienische BIP im Vergleich dazu möglicherweise aus aufgeblähten Zahlen in Form von Anteilen aus Finanz- bzw. Spekulationsblasen (ohne realwirtschaftliche Leistung) besteht? BIP scheint nicht gleich BIP zu sein.

Innere Unruhe
3 Monate her
Antworten an  Johny

Ich fürchte, das russische BIP keinen Dienstleistungssektor beinhaltet. Alles, was dort zum BIP beiträgt, lässt sich anfassen. Oder zu einem sehr viel größeren Teil als im Westen.
Daher könnten Sie Recht haben und BIP ist nicht immer der richtige Indikator für die Stärke einer Wirtschaft.

Kassandra
3 Monate her
Antworten an  Johny

Tja. Vielleicht ist das, was man ehemals „tertiärer Bereich“ nannte, in Russland tatsächlich nicht so weit aufgeblasen wie anderswo.
Alleine die in der Flüchtlingsindustrie ohne Erfolg seit Jahren „beschäftigt“ werden – wie viele Köpfe wird man da zählen müssen? Von sonstiger Infrastruktur alleine für diese Klientel wie den Ausgaben gar nicht erst gesprochen.
Dass es zu nichts führt zeigt der von Ihnen angestellte Vergleich.
Danke dafür!

Memphrite
3 Monate her

Technologietransfer zum Erliegen gekommen ist. Westliche Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen.“ Hinzu komme, dass „viele junge, gut ausgebildete Russen ihr Land verlassen haben“. Woher hat der Hr. Professor seine Zahlen bezl. der ausgewanderten Russen? Bitte Quelle nennen. Die letzte Nachricht war, dass viele 2022 „geflohene“ Russen wider zurück gekehrt sind, da das Leben im Westen oder in Kasachstan, Georgien doch nicht so toll ist wie Russland. Bezgl. des Technologietransfers: Welche großartige Technologie fehlt den Russland? Welche grossartige Technologie gibt es z.B. nicht in China? Bzgl. moderner Raketentechnologie hinkt der Westen eher 10-15 Jahre hinterher Ich glaube der Professor ist… Mehr

TschuessDeutschland
3 Monate her

„Kurzfristig hätten die Sanktionen Russland wenig geschadet“ Der Leitzins in Rußland wurde letzte Woche noch einmal von 16% auf 18% erhöht. Hypotheken gibt es derzeit zum Schnäppchenzins von knapp 22%, die Inflation liegt geschätzt über 30%. Zahlen veröffentlicht Rußland keine mehr (was die Frage aufwirft, wie der „Ökonom Söllner“ zu seinen Einschätzungen kommt). Rußland hat jetzt Bitcoin als Zahlungsmittel für seinen „internationalen Handel“ legalisiert – Rubel sind in keine andere Währung mehr konvertierbar und selbst die Chinesischen Banken wollen mit Rußland keine Geschäfte mehr machen. jetzt muß Rußland nur noch jemanden finden, der auch Bitcoin verwendet. Toi Toi Toi. Bei… Mehr

Last edited 3 Monate her by TschuessDeutschland
BK
3 Monate her

Von den 2500 Öltankern, die es auf der Welt gibt, sind inzwischen 1400 im Besitz Russlands. Und was der Westen durch Sanktionen nicht liefert, das bekommt man zu günstigen Preisen aus China oder Indien. Da muss man sich nichts vormachen, dass es auch noch ein paar funktionierende Volkswirtschaften außerhalb des Westens gibt und man mit Sanktionen nichts ausrichten kann. Außer, man will sich ins eigene Knie schießen.

Kassandra
3 Monate her

Oy, oy oy, wiki schreibt:
Söllner gab der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften[3]AfD Sachsen ein Interview[4] und verglich in der rechtskonservativen Jungen Freiheit die Wirtschaftspolitik der Ampel-Koalition mit der des Dritten Reiches.
.
Man glaubt es nicht, dass schon ein Interview mit den Falschen einen in Veruf bringen kann.

Bambu
3 Monate her
Antworten an  Kassandra

Ist ja nichts Neues was er hier feststellt. Haben ja sogar schon viele vor ihm gesagt und wer sich ein wenig mit Putins Motivation beschäftigt hat, der wusste von Anfang an, dass das nicht funktionieren würde.

pcn
3 Monate her

Diese Regierung ist eine Unverschämtheit, die uns Bürger für Nichts und wieder Nichts abzockt und zunehmend Menschen in die Armut treibt. Am Ende stehen wir alle nackt da und klopfen uns für die Deindustrialisierung und für die Armut gegenseitig auf die Schulter und begrüßen das Elend als neuen Wohlstand und freuen uns über Mangelwirtschaft nach ökosozialistischem Vorbild, das uns Grüne und ihre ideologischen Helfer, die Medien, eingeredet haben. Und wir können stolz sein, dass wir es sind, die am Ebde einen Krieg finanzieren, der bei uns gar nicht stattfindet! Na,toll! Abwählen! Die in Berlin gehen skrupellos gegen uns vor! Und… Mehr

Kassandra
3 Monate her
Antworten an  pcn

Bei uns findet lange ein anderer Krieg statt, der Tag für Tag an Brisanz gewinnt – der aber in Politik wie Medien, auch in der Wissenschaft, so gar keinen „Anklang“ findet.
Außer, wenn ein gewissen Büscher, dessen Hintergrund vollkommen im Dunkeln bleibt, von einer Arche spricht, die der geschaffenen Lage (mit Kindern!!!) nicht mehr Herr wird und „aufgeben“ möchte.