Hans-Georg Maaßen: Verfassungsschutz ist selbst zur Gefahr für die Verfassung geworden

Ein Gespräch mit dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz über Notwendigkeit und Aufgaben eines Inlandsgeheimdiensts sowie die aktuelle Fehlentwicklung der Behörde.

Berlin. Der Verfassungsschutz ist nach Einschätzung seines früheren Präsidenten Hans-Georg Maaßen selbst zu einer Gefahr für die Verfassung geworden. Der Inlandsgeheimdienst werde eingesetzt, um die politische Konkurrenz auszuspähen und zu bekämpfen. „In keinem anderen westlichen Land wäre es vorstellbar, dass ein Inlandsgeheimdienst auf Politiker anderer Parteien angesetzt wird. Reden Sie mal mit den Chefs von MI5 oder des DGSI in Frankreich oder des FBI: Undenkbar!“, kritisiert Maaßen im Gespräch mit der September-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick. „Deutschland tut das Undenkbare und leistet sich einen Verfassungsschutz, der lieber die Ausspähung und Diffamierung der politischen Konkurrenz im Dienst der regierenden Parteien betreibt.“

Ein Inlandsgeheimdienst werde eigentlich dafür gebraucht, um „Spionage abzuwehren, um Sabotage, um Terroranschläge abzuwehren. Das sind die Grundaufgaben eines Geheimdienstes. Aber er muss diese Aufgaben auch wahrnehmen“, erklärt Maaßen. „Leider sehe ich nicht, dass diese Aufgaben wahrgenommen werden. Zum Beispiel habe ich das bei Nord Stream nicht gesehen.“ Vor dem Angriff auf diese kritische Infrastruktur der Bundesrepublik hätte der Verfassungsschutz „frühzeitig warnen müssen“, so Maaßen. „Ich sehe auch nicht, dass wir bei islamistischen Übergriffen ohne Unterstützung durch die Partnerdienste auskommen. Ich sehe das auch nicht bei Cyberangriffen. Stattdessen greift der Verfassungsschutz massiv in den demokratischen Diskurs ein, indem bestimmte politische Parteien markiert werden, indem man sich dann äußert, jemand sei – gesichert oder nicht gesichert – rechtsextremistisch.“

Heute müsse ein Verfassungsfeind nicht mehr Bomben bauen, sondern nur die falschen Worte benutzen. „Bisher galt es als verfassungsfeindlich, sich Munition zu beschaffen oder Bomben zu bauen. Das sind Handlungen. Unser Strafrecht sieht sogar die Strafbarkeit von Sprechhandlungen vor: Agitation im Sinne der Anstiftung.“ Jetzt betreibe der Verfassungsschutz jedoch Wortklauberei. „Diese Wörter werden von Haldenwangs Amt mit Bedeutungen aufgeladen, die der Sprecher gar nicht im Sinn hatte. Diese Technik ist neu und unglaublich perfide.“


Das gesamte Interview in Tichys Einblick 09-2024 >>>

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Kommentare ( 17 )

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17 Comments
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Flik Flak
1 Monat her

Das FBI ist nicht auf Donald Trump angesetzt? Entschuldigung, aber das glaube ich nicht.

Skeptiker
30 Tage her
Antworten an  Flik Flak

Das FBI ist allerdings kein Inlandsgeheimdienst, sondern – wie schon der Name sagt – eine Bundespolizei.

Flik Flak
29 Tage her
Antworten an  Skeptiker

Also die Leute die frühmorgens zur Hausdurchsuchung antreten? Na dann, solange es nicht der Geheimdienst ist. 🤣

AlexR
1 Monat her

Der von Merkel eingesetzte Haldenwang war der erste Schritt. Damit hat die Parteivorsitzende mal wieder einen ihrer Lemminge auf einen entscheidenden Posten gehievt. Siehe Harbarth.

Inzwischen haben sich Haltungszwang und Fæser zum Dream-Team gegen das Grundgesetz und Verfassung entwickelt. Sie sind eine maximale Gefahr für dieses Land. Aber eher sperrt man ja greise Reichsbürger ein, die mit Vorderladern angeblich den Reichstag stürmen wollten.

Und Olaf schaut weiter zu ….

murphy
1 Monat her
Antworten an  AlexR

Nein, Olaf Scholz beschützt das Tun dieser Kampftruppe zur Macht-Erhaltung mit bewusster Untätigkeit.

Axel Fachtan
1 Monat her

Haldenwang und Faeser haben bei der Verhinderung und bei der Aufklärung der Nordstreamsprengung komplett versagt.
Schon deshalb sind sie überflüssig und gehören abgesetzt.
Lieber eine Sonderabteilung beim BKA zum Schutz der kritischen Infrastruktur, als derartige Versager.

Forist_
1 Monat her

Wäre eine Mehrheit unserer Mitbürger nicht bereit, alles zu glauben was Regierung und Wahrheitsmedien erzählen, die Leute die diese undemokratischen Änderungen planen und durchführen wären schon lange jedes öffentlichen Amtes verlustig gegangen. Leider sieht es so aus als ob nur eine Minderheit der Deutschen in der Lage ist, Handlungen zur Kenntnis zu nehmen und zu bewerten, und den schönen Worten nur soweit zu glauben wie deren Sprecher glaubwürdig sind.

Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  Forist_

Die Existenz der Meldestellen jeglicher Art setzt in der Bevökerung die Bereitschaft zu „melden“ voraus.
Wenn rechte Einstellungen gemeldet werden sollen, dann setzt man voraus, dass jeder Bürger in der Lage ist, diese rechten Einstellungen als solche zu erkennen. Ist das realistisch?
Hier wird in Kauf genommen, dass Misstrauen in der GEsellschaft entsteht, Reputationen geschädigt werden, Meinungsfreiheit verletzt wird.
Jeder soll sich bewusst sein, dass auch er „gemeldet“ werden kann.

Rolfo
1 Monat her

Alles richtig, was Herr Maaßen sagt — die Abschaffung dieser Übergriffigkeit wird auch nicht durch diejenigen Parteien stattfinden, die den Verfassungsschutz so haben ausufern lassen, inclusive der superleisen CDU. Es ist schon peinlich: Da der Verfassungsschutz + BND ganz vieles NICHT dürfen, (z.B. Zugriff auf längere Vorratsdatenspeicherung) wirkliche Gefahren zu erkennen, zu beobachten und zu verhindern – deswegen hocken sie sich hinter die eigenen Landsleute inclusive des EX-Chefs, die an vielen Punkten mit dem Scheitern des Landes nicht einverstanden sind. Im Übrigen hängen sie ab von den US-Geheimdiensten, Engländern etc, denen sie quasi unbegrenzten Zugriff bis hin zu den Diensttelefonen… Mehr

Last edited 1 Monat her by Rolfo
Jumpin Jack
1 Monat her

Ist ja alles richtig, was Herr Maaßen sagt, aber es ist – mit Verlaub – die Meinung eines politischen Zombies. Maaßen hat sich dadurch ins Aus geschossen, daß er erstens die CDU – ausgerechnet die Partei, die er gerade verlassen hat – als „Premiumpartner“ für seine eigene neue Partei bezeichnet hat. Und zweitens konterkarierte er die Frage, ob er auch mit der AfD koalieren würde (wenn er könnte) mit der Bemerkung, er hätte da Vorbehalte denn die werde ja „vom Verfassungsschutz beobachtet“. Na sowas. Er selbst wird vom Verfassungsschutz beobachtet, findet es aber einen Ablehnungsgrund, wenn das auch anderen Parteien… Mehr

murphy
1 Monat her
Antworten an  Jumpin Jack

Maaßens Werte-Union wird mit Sicherheit an der 5%-Hürde scheitern. Diese Hürde hat zwar mit „Demokratie“ nichts zu tun, dieser Baustein einer Parteien-Diktatur hat er aber nicht zu verantworten. Er sollte vielleicht zum Abschied nochmal erklären, warum er dazu einen anderen Baustein unserer Frau Merkel ermöglichte: Als diese zur Finanzierung der Regierungs-Propaganda die Haushaltsabgabe einführte, hätte er sagen müssen „So nicht, Mädchen: im GG Art. 5.1 steht leider das Wort UNGEHINDERT !“. Versäumte er aber. Nun spürt der die Folgen seiner mangelnden Weitsicht. Oder die Folgen seiner Beurteilungsunfähigkeit bei einer gerissenen Politikerin.

November Man
1 Monat her

Nicht nur die rotgrüne Ampel war vorab über den Angriff auf unsere Energieversorgung voll informiert, sondern vermutlich auch dieser politisch instrumentalisierte und missbrauchte Verfassungsschutz. Getan hat keiner etwas dagegen. Deshalb ist anzunehmen, dass es ihnen recht war diese wichtige Gasleitungen zerstören zu lassen um endlich mit der unsäglichen Preistreiberei beginnen zu können und Mehreinnahmen zu generieren. Unser Geld wird dann, nicht für uns, sondern für alle Anderen verwendet. Schließlich müssen die horrenden Migrationskosten vom Steuerzahler finanziert und bezahlt werden.  

AndreasH
1 Monat her

Ein schöner Satz für die Medien, dass der Verfassungsschutz selbst zur Gefahr für die Verfassung geworden sei. Herr Massen weiss natürlich besser als jeder andere, dass das Bundesinnenministerium dem BfV gegenüber weisungsbefugt ist. Wenn nicht direkt, dann über der Wahl des Amtsleiters.
Nichts im deutschen Staatsapparat funktioniert ohne gesetzliche Legitimation und ohne Willen des Dienstherren. Wenn das BfV also zur Gefahr für Leben und Freiheit in Deutschland geworden sein sollte, dann nur auf Anweisung einer gewissen Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat. Und dann sollte man das auch direkt so sagen, anstatt einer nachgeordneten Behörde Vorwürfe zu machen.

Baron Fred
1 Monat her

Tritt denn der Herr Maaßen irgendwo zur Wahl an, das er sich jetzt meldet? Interessant wären doch Interviews mit richtigen Politikern, die zur Wahl stehen und die Interessen des Volkes vertreten! Wer immer noch von islamistischen Anschlägen statt von islamischen Anschlägen spricht dessen Denke ist von Vorgestern. Rechtsextrem heißt doch jetzt Extrem oft Recht haben! Das hat er auch noch nicht geschnallt…. Trump haben doch die US-Geheimdienste mit allen Mitteln bekämpft. Etwa mit der Angeblichen Unterstützung seitens Russland, Hunter Bidens und Bidens Dreck mit aller Gewalt unter dem Teppich gehalten. Hat er das auch nicht gemerkt? Oder meint er Geheimdienste… Mehr

Last edited 1 Monat her by Baron Fred
Ali Mente
1 Monat her
Antworten an  Baron Fred

Nunja, er hat eine Partei gegründet, recht gute und nachvollziehbare Ideen und Konzepte. Das sollte man sich ruhig mal ansehen, bevor man sein Urteil fällt. Kleiner Hinweis, in der Tagesschau und in den diversen Käseblättchen hört man dazu nichts. Aber wenn Sie natürlich lieber noch mehr grüne Schwergewichte bzw. Trinker oder Promotionsbetrüger von der CDU sehen wollen, sein Ihnen das auch vergönnt. Mach einer läst sich ja gerne belügen.

Raul Gutmann
1 Monat her

So sehr der Artikelüberschrift hinlänglich bekannter sprachlicher Charme innewohnt, so sehr scheint es erforderlich, die vollumfängliche Weisungsabhängigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter dem Bundesministerium des Inneren zu betonen.
Insofern steht primär die eigenverantwortliche Ministerin (Art. 65 Satz 2 Grundgesetz („Ressortprinzip“)) in der Kritik sowie darüber hinaus der Kanzler. Entweder handelt die Ministerin in seinem politischen Sinn oder er verzichtet auf die Wahrnehmung seiner Richtlinienkompetenz (Art. 65 S. 1 Grundgesetz) gegenüber einer Ministerin, die seiner Partei angehört, womit Koalitionsmachtabwägungen entfallen.
In beiden Fällen ist Olaf Scholz verantwortlich für die Politik seiner Regierung.