Der Versuch, Olaf Scholz durchzuwinken, wird mit den sinkenden Umfragewerten immer unwahrscheinlicher. Zahlreiche Sozialdemokraten könnten ihr Mandat verlieren. Auch deswegen wird die Kandidatur des Kanzlers immer mehr kritisiert.
Im April riss Kevin Kühnert noch den Mund auf: Bei der SPD herrsche in der K-Frage „personelle Klarheit“, sagte der SPD-Generalsekretär dem Stern und fügte giftig hinzu: „Grüße an dieser Stelle an die Union!“ Fünf Monate später scheinen CDU und CSU das Thema Kanzlerkandidat gütlich entschieden zu haben (Merz macht’s, wenngleich immer mit Querschlägen Söders zu rechnen ist). Und die Sozialdemokraten müssen sich wachsende Sorgen machen, ob es dieses Mal nicht vielleicht sie sind, die jene Streit-Show um die K-Frage abziehen, die 2021 noch die Christdemokraten geboten hatten.
Denn die Parteioberen sind zwar früh mit unzweifelhafter Klarheit in die Offensive gegangen: Scholz wird noch mal antreten, war vom Kanzler selbst genauso zu hören, wie von Kühnert und den beiden Parteichefs Lars Klingbeil und Saskia Esken. Jenen Apparatschiks also, die sich – vor allem im Fall Kühnerts und Eskens – einst als linke Rebellen inszenierten und nun nur noch die Kanzlerverteidiger vom Dienst mimen.
Allerdings dürfte der Versuch, Scholz einfach so durchzuwinken, immer stärker unter Druck geraten, je mehr sich abzeichnet, dass der Kanzler die SPD nicht aus ihrem Umfragetief um die 15 Prozent befreien kann. Denn sollte sich dieses Ergebnis bewahrheiten, könnte etwa die Hälfte der SPD-Abgeordneten ihr Mandat verlieren. Der Einbruch wäre besonders heftig, weil 2025 erstmals die Wahlreform greifen wird, die die Zahl der Gesamtmandate nach unten schraubt. Dagegen war der Verlust von rund 20 Prozent der Mandate, den die Union 2021 zu verkraften hatte, geradezu ein Zuckerschlecken.
In der SPD-Spitze verweist man gerne auf den Wahlkampf 2021. Da hatten es auch viele nicht für möglich gehalten, dass Scholz das Rennen machen würde. So könnte es auch dieses mal laufen, sagen sie. Doch der Vergleich hinkt, da die SPD anders als vier Jahre zuvor mit dem Hintergrund in den Wahlkampf geht, dass sie eine grottenschlechte Regierung mit einem höchst unbeliebten Kanzler führt. Da wird es kaum ausreichen, mit dem Erfolgskonzept von 2021 anzutreten, das im Wesentlichen darin bestand, dass der eigene, als Kanzler noch ungeprüfte Kandidat schwieg und man die eigene Parteivorsitzende versteckte.
Die Aussichten sind also düster. Und so ist es kein Wunder, dass manch einer langsam aber sicher die von der Parteispitze verordnete Sedierung nicht mehr aushält. So hat der alte Parteigrande Franz Müntefering wiederholt klar gemacht, dass Scholz keineswegs als gesetzt gelten kann. Und nun mischt sich im Tagesspiegel kein geringerer als Dieter Reiter, Münchens Oberbürgermeister, in die Debatte ein. Reiter ist nicht einfach irgendein Lokalpolitiker. Sein Amt strahlt über die bayerische Landeshauptstadt hinaus – man erinnere sich an Christian Ude, Reiters Vorgänger, den man auch nicht nur in München kannte.
Es hat also durchaus Relevanz, dass sich der Münchner OB in der K-Frage zu Wort meldet. Seine Botschaft versucht Reiter in seichte Tücher einzuwickeln, aber das macht sie nicht weniger klar. Er teile „99 Prozent“ der Kanzler-Entscheidungen, sagte er dem Tagesspiegel. Und Scholz habe es schließlich auch schwer. Aber die Kommunikation des Kanzlers, die sei ein Problem, und für Entscheidungen nehme er sich zu viel Zeit: „Die Leute erwarten einen entscheidungsstarken und kommunikativen Bundeskanzler.“
Und dann tut Reiter, was weder Scholz noch die Parteispitze gebrauchen können: Er befeuert die Spekulation, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius anstelle des Kanzlers antreten könnte. Schließlich hat der die besseren Umfragewerte: Während Scholz in der Politikerzufriedenheit des ARD-Deutschlandtrends abgeschlagen selbst hinter Alice Weidel und Christian Lindner rangiert, gilt Pistorius als Liebling der Deutschen (und der Medien). Obwohl man von ihm auch schon seit längerer Zeit nicht mehr allzu viel hört.
Reiter gerät über den Niedersachsen regelrecht ins Schwärmen: „Er entscheidet, er erklärt, er hat klare Botschaften, er redet mit der Truppe. Er sagt, was er denkt, und er kämpft. Das macht ihn authentisch. Bei ihm weiß man, was er will.“ Also alles, was auf Scholz nicht zutrifft: Weder entscheidet der Kanzler, noch erklärt er etwas, er sagt auch nicht, was er denkt. In der aktuellen Migrationsdebatte wird das wieder einmal überdeutlich. Also Pistorius als Kanzlerkandidat? „Natürlich kommt der beliebteste Politiker Deutschlands als SPD-Kanzlerkandidat infrage“, sagt Reiter.
Trotzdem gibt er Scholz noch eine Chance: Der müsse „jetzt seine Kommunikation intensivieren“. Doch kann er das überhaupt? Der Kanzler sitzt in einer Falle, wie jüngst in der Generaldebatte im Bundestag deutlich wurde. Da wurde Scholz ungewöhnlich klar, ungewöhnlich grob, ungewöhnlich aufgewühlt. Er giftete gegen Merz, gestikulierte über dem Rednerpult. Es war offensichtlich eine Rede an die eigene Fraktion und Partei, der Versuch, dem Wunsch nach mehr rhetorischer Schärfe nachzukommen.
Nur wirkte es trotzdem nicht authentisch, sondern eher unsouverän. Scholz war 2021 mit der Idee angetreten, Angela Merkels Stil des Aussitzens und Einschläferns fortzuführen. Mittlerweile ist allen klar, dass sich diese Herangehensweise angesichts der noch einmal radikalisierten Probleme in Deutschland überlebt hat. Nun versucht der Kanzler umzuschwenken, hat dabei aber ein Glaubwürdigkeitsproblem. Bis zur Wahl ist es noch ein Jahr hin. Ein Jahr, in dem in der Politik alles möglich ist. Trotzdem sprengt es derzeit die Vorstellungskraft, wie der Kanzler diese Sache noch drehen will.
Am kommenden Sonntag könnten die Sozialdemokraten bereits den nächsten Dämpfer einfahren. In Brandenburg drohen sie erstmals seit der Wiedervereinigung auf dem zweiten Platz einzulaufen, hinter der AfD. Die Umfragen zeigen allerdings auch: Obwohl die AfD zulegt, könnte die SPD ihre eigenen 26 Prozent von 2019 in etwa halten und wird die CDU damit weit hinter sich lassen. Es wäre also nicht die ganz große Katastrophe. Damit ist auch die Zeit noch nicht reif für eine offene Revolte gegen Scholz. Wobei ein Erfolg der märkischen Sozialdemokraten sich sogar gegen den Kanzler interpretiert ließe: Den hatte die SPD im Wahlkampf nämlich erfolgreich versteckt.
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Die Medien haben ihn hochgeschrieben, so auf Vorrat. Belastbare Argumente für den, gibt es doch gar nicht.
Pistorius ist unzweifelhaft zu den Linksextremen in def SPD zu zählen. Das haben seine Äußerungen zur Migration und zur AfD bewiesen. Was den nun zum Kanzler befähigen soll, erklärt sich mir nicht. Pistorius bedeutet ein weiter so.
Es gibt anscheinend doch noch ein paar SPD-Mitglieder, die sich noch einen gewissen Restverstand bewahrt haben: „Aber die Kommunikation des Kanzlers, die sei ein Problem, und für Entscheidungen nehme er sich zu viel Zeit: „Die Leute erwarten einen entscheidungsstarken und kommunikativen Bundeskanzler.“„Natürlich kommt der beliebteste Politiker Deutschlands als SPD-Kanzlerkandidat infrage“, sagt Reiter. „Angela Merkels Stil des Aussitzens und Einschläferns“ war auch bereits kaum zu ertragen, aber wenn Merkel hier schlimm war, dann ist Scholz Merkel im Quadrat – also hoch zwei. Ich denke nicht, dass Pistorius für die SPD die Rettung wäre, hoffe aber, dass Scholz weitermacht und krachend scheitert… Mehr
Na ja der Münchner OB, was sagt uns das, die Ratten verlassen das sinkende Schiff! Die Sowjet-SPD auch in München braucht eine sehr lange schöpferische Pause, einige hätten auch nochmals eine Würdigung der Justiz für vergangene Großtaten zusammen mit den schwarzen und grünen Sowjets als notwendige Reinigung des politischen Systems zu erwarten, so wie alle Bürger bei Fehlleistungen und schädigendem Verhalten den Kopf hinhalten müssen. Man darf ja mal Träumen. Die neue Räterepublik ist noch keine ausgemachte Sache, es kann noch ganz anders kommen. Die Gelben haben wohl fertig, sie haben hart dafür „gearbeitet“ um ihre Ideale zu verraten. Gut… Mehr
Scholz war nie populär, von vielen gewollt. Geworden ist er es in einer sehr speziellen Situation, in der er manchen, gegenüber der Völkerrechtlerin und der rheinischen Frohnatur, als das geringere Übel erschien. Scholz hat wenig Führungs- und kommunikative Fähigkeiten, die Bürger zu erreichen und zu motivieren. Der schlechte Stand, den die Politik hat, hat auch mit diesen personellen Mängeln an der Spitze zu tun. Deutscher Regierungschef zu sein braucht etwas anderes, als die Leitung einer Stadtverwaltung.
Welcher von den beiden Kanzlerkandidat wird ist genauso relevant wie bei den Grünen. Weil, es wird eh keiner Kanzler.
SPD-Kanzlerkandidat…..das ist doch egal denn wenn nicht noch was passiert was der CDU schadet wird Merz kanzler. Der SPD kanns nur noch ums mitregieren gehen und da hat sie gute karten.
Bei der AfD hätten die Regierungsmedien nun getitelt „AfD zerfleischt sich“, aber so ist er halt dieser Rotfunk. Pistorius soll doch nicht den Vorzug erhalten weil der sich durch irgendwas hervorgetan hätte, sondern ausschließlich weil das einer der ganz ganz wenigen Sozis ist der bislang noch nicht groß peinlich aufgefallen ist, eben auch weil er sonst eher völlig unbedeutend ist.
Bis der von den Medien hochgeschrieben wurde wussten sicher 99,9% der Wähler in diesem Land nicht mal wer dieser Pistorius eigentlich ist.
Diese Ansicht teile ich: „Pistorius“ ist ein Medienphänomen. Im Kontrast zu seinen schwachen Vorgängerinnen erschien er fast wie eine Lichtgestalt, außerdem versteht er es, sich im Rahmen des Ukraine-Konflikts, als kantig und durchsetzungsfähig darzustellen. Dass daraus, medial, herausragende politische Qualitäten konstruiert werden, über die er angeblich verfügt, ist typisch.
Naja, Niedersachsens SPD-Wähler kannten ihn, alle übrigen nicht. Ein blasser Apparatschik, der auch nicht auf Widerspruch stößt. Laut Meinungsumfragen hatte er 70% Zustimmung und damit den Spitzenwert. Jetzt sind es nur noch 50%.
„..könnte etwa die Hälfte der SPD-Abgeordneten ihr Mandat verlieren.“ Oh wie furchtbar! Wie viele von denen wohl sonst keinen Beruf haben? Die brauchen doch ihr Mandat, wovon sollten sie denn sonst leben? Erst komme ich, dann die Partei und dann… naja, irgendwann vielleicht das Land. Das ist heute die Maxime der SPD. Scholz hat die ärgste Gegnerin seines Erfolges übrigens in seiner Regierung sitzen: Nancy Faeser. Sie schafft die Themen, an denen die SPD scheitern wird. Im übrigen übersteigt es meinen Verstand, wie eine Partei, die die wirtschaftliche Basis des Landes ebenso aktiv zerstört, wie seine kritische Infrastruktur, seine umlagefinanzierten… Mehr
Genauso links wie Scholz hat bisher auch noch nicht wirklich gezeigt was er kann, soll es besser können? Die SPD hat fertig.