Jeder dritte Hamburger traut sich nachts kaum noch vor die Tür

Seit Juni gibt es eine Umfrage zum Sicherheitsgefühl der Deutschen. Mit gutem Grund, denn die enthaltenen Nachrichten sind keine guten, wie das Beispiel Hamburg zeigt: Etwa die Hälfte der Hamburger fühlt sich im ÖPNV nicht mehr sicher. 60 Prozent der Frauen trauen sich nachts nicht alleine auf die Straße.

IMAGO / Sergienko

SkiD – das bedeutet „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ und ist eine repräsentative Umfrage, die vom Bundeskriminalamt in Auftrag gegeben wurde und inzwischen ohne viel mediale Aufmerksamkeit veröffentlicht wurde. Es geht dabei um die sogenannte Dunkelfeldforschung, die Befragung soll also ein vollständigeres Bild der Kriminalität in Deutschland erlauben, als es die polizeilichen Kriminalstatistiken bieten. Erfasst wurde die „Wohnbevölkerung ab 16 Jahren“. Als Sprachen standen Deutsch, Türkisch, Russisch und Arabisch zur Verfügung. Gut 45.000 Fragebögen wurden dazu ausgewertet. Die Studie ist laut BKA „auf regelmäßige Wiederholung“ angelegt. Vergleiche in die Vergangenheit sind mangels ähnlicher Studien kaum möglich.

In Hamburg muss der SKiD-Bericht der Landespolizei öffentlich sein. Im Netz steht er in einer „Version 1.0“ vom Juni 2023. Da aber die Ergebnisse nicht durchweg ins Narrativ passen, hat man ihn lieber an eine unauffällige Stelle ins Netz gestellt, auf dass nicht jeder neugierige Bürger gleich darüber stolpert … Kontaktiert wurden rund 23.000 Hamburger von November 2020 bis Januar 2021 durch Papier- und Onlinefragebögen. Das war bekanntlich die durch Coronamaßnahmen geprägte Zeit, und es wird gemutmaßt, dass das veränderte Leben eine Auswirkung auf die Antworten hatte. Das kann man weder beweisen noch widerlegen. Nahe liegt jedoch, dass die befragten Bürger ihre Erfahrungen und Erinnerungen eher aus der Vor-Corona-Zeit zogen. Das gezeichnete Bild bleibt in jedem Fall hochaktuell und relevant. In Hamburg waren rund 8.500 beantwortete Fragebögen auswertbar. Etwas mehr Frauen (4.520) als Männer (3.862) haben die Fragebögen ausgefüllt.

Das Wegstellen muss jedenfalls einen Grund haben. Fangen wir also mit den wichtigsten Ergebnissen in Kürze an, wie sie auch die Hamburger Polizei in einigen drögen, aber informativen Absätzen erläuterte (mit Link zum gesamten Bericht).

Demnach fühlen sich fast alle Hamburger tagsüber in ihrer Wohnung und Wohngegend sicher. Überraschung! Wo sonst sollte Sicherheit garantiert sein. Im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) stimmt das am Tage schon für elf Prozent nicht. Und nur etwa zwei Drittel der Hamburger (69,7 %) fühlen sich nachts in ihrer eigenen Wohngegend sicher. Das bedeutet auch, dass fast ein Drittel (29,2 %) sich nachts nicht mehr immer vor die eigene Tür traut. 22 Prozent verlassen das Haus häufig nicht mehr alleine. Das gilt vor allem für Frauen, die neben Wohnungseinbrüchen neuerdings vor allem sexuelle Belästigungen befürchten. Zum klassischen Einbruch ist die Angst vor Vergewaltigung und sexueller Belästigung als Teil des „normalen” Lebens gekommen. Nachts fühlen sich nur noch rund 60 Prozent der Frauen ohne Begleitung sicher.

Das Erleben von Straftaten steigert die Unsicherheit stark

Insgesamt fühlt sich nur noch die Hälfte der Hamburger nachts im ÖPNV sicher. Aber – verraten uns die Studienautoren – im Bundes- und Großstadtdurchschnitt sei das noch ein guter Wert. Das heißt wiederum: In deutschen U-Bahnen und Bussen fühlen sich im Schnitt weniger als die Hälfte der Nutzer sicher (genau 46 %; unter Frauen: 33 %; Männer: 60 %). Ein Drittel der Hamburger Befragten meidet den ÖPNV denn auch nachts, so gut es geht. Bundesweit gilt das sogar für 37 Prozent und für 52 Prozent der Frauen.

Das „Schönste” an diesem ersten Absatz zum „raumbezogenen Sicherheitsgefühl“ sind aber die letzten beiden Sätze. Nach ihnen ist „das Sicherheitsgefühl nachts in der Wohngegend“ zwar „als Standardindikator der allgemeinen, raumbezogenen Kriminalitätsfurcht etabliert“. Das von den befragten Hamburgern geäußerte „(Un-)Sicherheitsempfinden“ sei aber ein „unspezifisches, das primär eher mit Persönlichkeits- und Gruppenmerkmalen sowie besonderen externen Umständen in Zusammenhang steht als mit Kriminalität“.

Das Unsicherheitsgefühl der Bürger hätte also mit gar nichts zu tun – außer mit den je spezifischen „Persönlichkeits- und Gruppenmerkmalen“ und irgendwelchen anderen „externen Umständen“. Aber woher wissen die Auswerter das eigentlich so genau? Genauso plausibel erscheint, dass blutvolles eigenes Erleben zusammen mit gehäuften Nachrichten von Kriminalität zu einem veränderten Sicherheitsempfinden geführt haben. Übrigens fühlt sich auch im bundesweit erhobenen SKiD ein Viertel der Bundesbürger in der eigenen Wohngegend unsicher. Knapp zwei Drittel aller befragten Bundesbürger sind etwas bis sehr stark beunruhigt, zum Opfer von Körperverletzung zu werden.

Müll, herumhängende Gruppen und Schmierereien untermalen das Unsicherheitsgefühl

Hat man einmal eine Straftat erlebt, wächst die Sorge stark auf das Zwei- bis Dreifache an, bei Körperverletzung und sexueller Belästigung sogar noch sehr viel stärker. Es handelt sich um einschneidende Erfahrungen, die Spuren hinterlassen. Kein Wunder ist es da, dass auch die Hälfte der Hamburger „häufig bis sehr oft bestimmte Straßen/Plätze/Parks“ meidet (bundesweit: 44 %; Frauen: 58 %) oder „nachts fremden Personen auf der Straße“ ausweicht. 14 Prozent haben eine Notruf-App auf ihrem Handy installiert. 2,6 und 3,6 Prozent führen einen Schrillalarm oder ein Reizgas mit sich, 1,1 Prozent ein Messer, 3,9 Prozent haben ein Selbstverteidigungstraining absolviert oder betreiben Kampfsport.

Fast jeder dritte Hamburger (28 %) fühlt sich durch Wohnungseinbruch beunruhigt. Jeder Vierte befürchtet, bestohlen zu werden, fast jeder Fünfte (ca. 18,5 %) ist unruhig, von Körperverletzung und sexueller Belästigung betroffen zu sein. Das sind eher abstrakte Zahlen, die aber konkrete Befürchtungen anzeigen. Prinzipiell hatten die Befragten eher vor Eigentumsdelikten als vor Gewaltkriminalität Sorge. Auf Straßen, Plätzen, in Bus und Bahn kommen beide Kriminalitätsarten vor; häufig führt eins zum anderen. Am deutlichsten ausgeprägt ist interessanterweise die Angst vor Betrug im Internet (38,3 Prozent fühlen sich dadurch beunruhigt) – trotzdem verzichten die meisten Hamburger nicht auf Geldgeschäfte im Internet.

92 Prozent der befragten Hamburger leben noch gern in ihrer Wohngegend. Zugleich gibt es aber Warnzeichen, die von gefühltem Abstieg künden: Fast die Hälfte bemerkt im eigenen Viertel oft oder sehr oft die Vermüllung von Straßen und Grünflächen. Etwa ein Drittel nimmt „herumhängende Gruppen“ wahr. Ein Fünftel bemerkt Schmierereien und unangemessenen Lärm. Seltener (zu unter zehn Prozent) werden Vandalismus, Streitereien und Schlägereien im öffentlichen Raum wahrgenommen.

Der Unterschied zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen

Schließlich ist interessant, inwiefern sich Personen mit und ohne Migrationshintergrund sicher fühlen. Tagsüber fühlen sich Personen mit Migrationshintergrund demnach etwas weniger sicher als „Personen ohne Migrationshintergrund“, also Deutsche. Nachts seien die Unterschiede größer, und das Verhältnis dreht sich um: Nun fühlen sich die Deutschen deutlich unsicherer als Personen mit Migrationshintergrund.

Dagegen befürchten „Personen mit Migrationshintergrund“ deutlich häufiger, zum Opfer von Vorurteilskriminalität, Terrorismus und Körperverletzung zu werden. Sie betreiben auch häufiger Kampfsportarten, um sich vor Kriminalität zu schützen. Das kann mit ganz verschiedenen Faktoren zusammenhängen, etwa auch den Wohngegenden der Migrationshintergründler. Deutsche ohne Migrationshintergrund schützen sich dagegen häufiger vor Einbruch. Übrigens ist die durchschnittliche Furcht vor Kriminalität in Hamburg-Mitte und auch Hamburg-Harburg deutlich höher als in vielen anderen Bezirken.

Bundesweit vermutet laut dem BKA-Bericht jedes zweite Opfer von Körperverletzung, wegen „gruppenbezogener Vorurteile“ angegriffen worden zu sein – das beleuchtet, wenn nichts anderes, auch die fortschreitende Tribalisierung, den Gang in den Multi-Kulti-Stammesstaat in Deutschland. Wobei es natürlich auch noch andere als ethnische Gruppen geben soll. Männer werden übrigens insgesamt häufiger zum Opfer von Straftaten, nur bei Sexualstraftaten und Partnerschaftsgewalt ist das anders.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 115 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

115 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
lube
1 Jahr her

Bei einem Besuch in Touluse bemerkten wir, das Weisse nur noch von Früh bis Nachmittags zu sehen waren.Ab dann wurde die Population immer dunkler. Ab 20:00 war es dann Afrika mit viel Randale. Ich befürchte, das wir bald auch da sind.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat(e) 1: „Insgesamt fühlt sich nur noch die Hälfte der Hamburger nachts im ÖPNV sicher. Aber – verraten uns die Studienautoren – im Bundes- und Großstadtdurchschnitt sei das noch ein guter Wert“ > Na, endlich mal auch von offizieller Seite eine Bestätigung meiner hier mehrmals gesagten Worte: „wenn ich zur „Bereicherungs-Aufstehzeit“ ab etwa 10h/11h mit den Öffis fahre oder durch die City oder Einkaufszentren gehe, dann komme ich mir mittlerweile vor als wenn ich im Orient oder in Afrika wäre“. Man sieht dann vor allem in den Öffis fast nur noch fremde Kulturen um sich herum und kann vollauf verstehen… Mehr

Donostia
1 Jahr her

Der Hafen dort ist schon sicher. Nur die Innenstadt halt nicht.

Donostia
1 Jahr her

Wahlergebnisse Bürgerschaftswahlen 2020 in Hamburg: CDU: 11,2%
SPD: 39,2 %
FDP: 4,97% (haben da Grüne und SPD-ler ausgezählt?)
Grüne: 24,2 %
Linke: 9,1 %
AfD: 5,3 % (konnten das die Grünen und SPD-ler Wahlauszähler nicht mehr weiter nach unten korrigieren, weil es einfach zu viele waren?)
Fassen wir zusammen: Grüne, SPD und Linke kommen zusammen auf 62,5 % der Stimmen.
60 % Prozent der Frauen trauen sich nachts nicht alleine auf die Straße. Wieviel dieser Wählergruppe gehört zu den 62,5%? Das wäre doch interessant zu recherchieren.

Blickwinkel
1 Jahr her
Antworten an  Donostia

Richtig, genau das ist das Paradoxe.
Vor allem junge Frauen wählen gerne die Grünen oder SPD. Also warum beschweren sich diese dann über die Politik der von ihnen gewählten Parteien?

Last edited 1 Jahr her by Blickwinkel
verblichene Rose
1 Jahr her
Antworten an  Blickwinkel

Kann ich Ihnen und Donostia erklären. Haben Sie beide schonmal etwas davon gehört, dass man aus Angst vor dem Tod Selbstmord begeht? Nun, das ist kein Slogan, sondern in der Psychologie sind solche Verhaltensweisen durchaus bekannt! Das Stockholm-Syndrom sei hier nur nebenbei genannt. Und dieses Syndrom, verbunden mit dem „mir wird schon nichts passieren, schliesslich meine es ja nur gut…“ greift immer dann um sich, wenn (meistens) die Selbstachtung unter dem Level des Selbstverständnisses sinkt. Und das wird aber in den häufigsten Fällen von aussen gesteuert und hat dann einen entsprechenden Effekt, wie Sie beide es hier vortrefflich zu beschreiben… Mehr

Joe4
1 Jahr her
Antworten an  Blickwinkel

Junge Leute wählen – „altersgemäß“ – überwiegend links-grün. Aber beschweren sie sich über die Politik? Eher nicht. Das Wahlalter auf 16 herabzusetzen, ist ein Fehler.

JuergenR
1 Jahr her

Dort steht jeder dritte Hamburger. Hätte man nur die Frauen befragt, käme ein ganz anderer Wert heraus. So lügt man mit Umfragen.

Ms.Headlost
1 Jahr her

Ich fahre heute Abend zu einer Geburtstagsfeier in eine größere Stadt. Auch wenn ich nicht bis Mitternacht bleiben werde, habe ich mein Pfefferspray dabei. Der Weg vom Haus bis zum Auto könnte gefährlich werden. Was ist nur aus diesem Land geworden? Noch vor 10 Jahren war ich wöchentlich zu Montagsdemos in dieser Stadt, damals fühlte ich mich noch relativ sicher…

Delarue
1 Jahr her

Das Handeln,bzw. Nichthandeln der Verantwortlichen lässt nur den Schluß zu,daß die Verängstigung und der Rückzug der Ureinwohner gewollt ist.
Bald werden gerade ältere Deutsche ihre Wohnung nur noch im Notfall verlassen.

friedrich - wilhelm
1 Jahr her

…….ob man solche umfragen nicht auch einmal hier vornehmen kann? dann wird sich sicher auch ein institut finden, das diese umfragen auswertet! meine frau und ich haben je in unserem fachgebiet oft unsere studies mancherlei gefragt. wir hatten auch die entsprechende abteilung, die auswerten konnte!
all the best from cambridge/mass.!

Last edited 1 Jahr her by friedrich - wilhelm
DackelWastel
1 Jahr her

Nach Aussagen der Ampelpolitiker haben wir vor allem ein Sicherheitsproblem, das angeblich von Rechts ausgeht. Von wem sehen sich diese Hamburger wohl eher bedroht? Von Rechten oder von kriminellen Migranten? Wenn man das nur wüßte.

Sonny
1 Jahr her

Die Studie ist also von 2020/2021. Da, finde ich, kann man nicht unbedingt von „zeitnah“ sprechen.
Das Sicherheitsgefühl nimmt doch insgesamt rapide und inflationär seit 2015 ab. Und ich bin überzeugt davon, dass die Zahlen zur gefühlten UN-Sicherheit seit 2015 von Jahr zu Jahr gestiegen sind und weiter steigen werden.
Deutschland ist kein sicheres Land mehr. Auch nicht, was die Rechtssicherheit angeht.

Last edited 1 Jahr her by Sonny