Selbst im Kanzleramt wird nun bezweifelt, ob Merkels Bundeslockdown verfassungskonform ist

Die Bundesregierung scheint entschlossen, ihr Vorhaben zum neuen Infektionsschutzgesetz gegen allen Widerstand durchzupeitschen. Dabei gibt es Medienberichten zu Folge selbst intern mittlerweile massive Zweifel.

IMAGO / Christian Thiel

Am Freitag steht das neue Infektionsschutzgesetz im Bundestag zur Debatte – mit dem würde die Kanzlerin nahezu alle Macht in der Corona-Frage an sich ziehen. Doch ihre Pläne werden mittlerweile selbst im eigenen Haus wohl kritisch beäugt. Eine Kanzleramts-Juristin meldet massive Bedenken zu den Lockdown-Plänen der Kanzlerin an.

Die Juristin Susanne Jaritz zeigte dem Kanzleramtschef Helge Braun an, dass der Gesetzesentwurf „an einigen Punkten fachlich problematisch“ sei. Das berichtet die Bild-Zeitung. Jaritz, die im Referat für Gesundheitspolitik arbeitet und vorher lange Richterin am Landessozialgericht Hessen war, zerreißt Merkels Lockdownpläne regelrecht: Der „rein inzidenzbasierte Maßstab“, der die bundesweiten Verbote auslöse, sei „angreifbar“ und keine ausreichende Grundlage für harte Maßnahmen. Automatische Schließungen von Schulen und Kitas seien mit dem „Recht auf Bildung“ nicht vereinbar. Von vorne bis hinten attestiert Jaritz dem Bundeslockdown rechtliche Untauglichkeit. Insbesondere Merkels generelle Ausgangssperren sieht sie kritisch. Diese seien mit Blick auf „Verhältnismäßigkeit“ und die nicht nachgewiesene Wirksamkeit problematisch und vor Gericht möglicherweise nicht zu halten. Die Juristin warnt: „Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat vor Kurzem eine entsprechende Ausgangssperre aufgehoben.“ (TE berichtete).

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Doch im Kanzleramt will man Jarichs Gutachten nicht wahrnehmen. Gegenüber der Presse, die dazu Anfragen stellt, herrscht dröhnendes Schweigen. Keine Frage: So kurz vor dem Ziel will man sich keinen Stock mehr in die Speichen rammen lassen – auch wenn der Stock „Recht“ oder „Grundgesetz“ heißt. Merkels eigene Top-Juristin jedenfalls reiht sich damit in die immer länger werdende Liste von Richtern und Juristen ein, die den Kanzlerinnen-Kurs wortwörtlich mit Recht kritisch sehen.

Besonders der Fokus auf die Inzidenz und die generellen Ausgangssperren stehen in den letzten Tagen unter juristischem Sperrfeuer – es findet sich kaum ein Staatsrechtler, der die Pläne nicht zumindest problematisch findet. Ein weiteres Problem der Regierung: Die Begründung im Entwurf baut nach wie vor zentral auf die Sorge vor gefährlicheren Virus-Varianten. Allerdings zeigte jüngst eine umfassende britische Studie, dass die als „britische Mutante“ bekannt gewordene B117-Veriante weder tödlicher ist noch zu mehr oder stärkeren Symptomen führt (TE berichtete).

Die Kanzlerin scheint fest entschlossen, ihr Vorhaben gegen allen Widerstand durchzubringen. Doch der Widerstand mehrt sich – auch in den eigenen Reihen.

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Kommentare ( 111 )

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Ali
3 Jahre her

„Selbst im Kanzleramt wird nun bezweifelt, ob Merkels Bundeslockdown verfassungskonform ist.“
 
Das ist schon richtig. Allerdings hat es das „Kanzleramt“ bis dato ja auch nie gejuckt, wenn Merkel verfassungsfeindliche Gesetzte auf den Weg brachte. Es ist ja nicht neu, das Bundesbürger im Merkel-Maas-Und-Co-Rechtstaat häufig nur noch über die Verfassungsgerichte zu ihren freiheitlichen Bürgerrechten kommen. Das ist kein Kanzleramt, das ist ein oberirdischer Führerbunker!
 
Keine Bundesregierung zuvor hat jemals so viele verfassungsfeindliche Angriffe auf den staat, pardon Gesetzt in den Bundestag eingebracht wie die selbsternannt „beste (korrekt verfassungsfeindlichste) Bundesregierung aller Zeiten.“

eswird
3 Jahre her

Wenn die Frau Merkel ihren Willen durchsetzen sollte, müsste einfach mal jemand dafür sorgen, dass das Spiel mit den Inzidenzwerten nicht mehr funktioniert. Der Wert gibt an, wie viele Menschen in 7 Tagen auf 100.000 Einwohner positiv getestet wurden (Bedeutet keinesfalls infiziert). Ein Wert von 35 entspricht 0,035, 50 sind 0,05% und ein Wert von 100 bedeutet 0,1% der 100.000 Getesteten. Mit einem Wert von 0,1% lässt sich keine Panik aufrecht erhalten, mit 100 ergibt sich für viele Menschen eine beängstigende Zahl. Wenn 99,9% der Getesteten nicht positiv getestet sind, gilt der Wert von 100. Wer nachrechnen will, bitte.

Weiss
3 Jahre her

Für mich stellt sich das jetzt auch als eine diktatorische Machtergreifung Merkels dar. Wir leben in spannenden und historischen Zeiten. Dass ich eines Tages wieder mal in einer rotfaschistischen Diktatur aufwachen würde, habe ich mir als junger Mann beim Fall der Berliner Mauer wirklich nicht vorstellen können. Ich war damals ja in Berlin mit dabei und habe den Fall der DDR als Augenzeuge mitbekommen. So kann man sich im Leben täuschen. Alles sehr ernüchternd für mich und ich muß zugeben, dass mich das auch wirklich bestürzt. Meine Mutter, die überzeugte Antikommunistin in ihrem ganzen Leben gewesen ist, hatte es aber… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Weiss
Ralph Martin
3 Jahre her

Für Merkel ist der Staat ein Instrument um Macht auszuüben.
Eine andere Auffassung ist ein Staat als interessenwahrender Funktionsträger der Menschen für Sachen die ein Bürger schwer allein organisieren kann, wie Rechtsrahmen, Sicherheit, Aussenpolitik, Infrastruktur, etc.

IJ
3 Jahre her

Angela Merkel hinterlässt Deutschland und uns Deutschen nichts anderes als schwarze Asche – bis zum letztenTag ihrer Regentschaft. Und der Ascheberg wächst während ihrer letzten Wochen und Monate exponentiell an.

Mozartin
3 Jahre her

Ich begrüße das nur, wenn es dem Rechtsstaat UND der Gesundheit der Bundesbürger dient.

Endlich Frei
3 Jahre her

Wenn man Leute schon ab 21:00 Uhr wegschließen will, dann bitte in den Stadtteilen, wo die Krankenhäuser besonders voll sind.

Karina Gleiss
3 Jahre her

Ich bewundere dabei ja besonders den gewählten Zeitpunkt der Kritik übenden Juristen sowie auch mancher Mediziner, nach fast einem Jahr der systematischen Vorbereitung dieses Putschs von oben. *Sarkasmus Ende* .
Will sich da der Eine oder Andere vorsorglich rein waschen, für „später“?

Last edited 3 Jahre her by Karina Gleiss
Weiss
3 Jahre her
Antworten an  Karina Gleiss

Ich kenne einige Top-Juristen in oberster Führungsposition in Bundesministerien, in BRD-Konzernen, u.a. auch im militärisch-industriellen Komplex der BRD. Einige gehen ein und aus in der Bundesregierung. Mein bester Freund ist so ein Jurist. Der hätte wirklich etwas zu verlieren, wenn ich hier seinen Klarnamen und seine Position in einem Top-BRD-Konzern preisgeben würde. Natürlich äußert er sich entsprechend vorsichtig, weil er halt wirklich Angst vor dem BRD-System und dem tiefen Staat hat, was ich auch verstehe und nachvollziehen kann. Und so geht es einigen Juristen, die wirklich etwas in der BRD zu verlieren hätten, wenn sie sich jetzt aus der Deckung… Mehr

Keinweltretter
3 Jahre her

Nur mal so am Rande: Was immer man auch von dem „Inzidenzwert“ halten mag – in D ist er bei 160, in der Schweiz bei 205. Und? D denkt über einen harten Lockdown nach – die Schweiz wird ab 19.04. weitere Lockerungen durchführen. Wie verbohrt ist unsere Kanzlerin?
Herr, schmeiß Hirn vom Himmel.

Nun ja
3 Jahre her
Antworten an  Keinweltretter

Noch besser: laut Prognose des RKI vom 12.3. sollten wir heute bei 350 stehen… Diese mathematischen Spielereien ohne Bezug zur Realität dienen als Rechtfertigung des Regierungshandels. Ähnlichkeiten zur Klimamodellierei sind wohl nicht rein zufällig.

Karina Gleiss
3 Jahre her
Antworten an  Keinweltretter

Es geht nur noch um pure, bösartige Zerstörungswut, verstärkt durch eine Art von extremem Cäsarenwahn mit völligem Realitätsverlust. Ihre Racheaktionen, nachdem sie ihren Trotzkopf nicht durchsetzen konnte (aktuell ihre „Osterruhe“), sind ja legendär.
Inwieweit sie eine Art Spezialauftrag der Strippenzieher hat – Beschleunigung der Zerstörung des „alten Europa“ und dabei im besonderen Deutschlands – , wird im Dunkeln bleiben.
Und wie immer machen sich alle Speichellecker und Nutznießer mit schuldig. Aber auch die scheinen in der Mehrzahl jenseits von Gut und Böse zu sein.

Last edited 3 Jahre her by Karina Gleiss
Wilhelm Roepke
3 Jahre her

Mein Gott, schickt sie doch endlich in Pension, schenkt ihr ein großes Puzzle, eine typische Ehrendoktorwürde und einen unwichtigen Orden. Und dann hört nicht mehr auf sie.

Ralph Martin
3 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Nix gibt’s. Ihre Amtszeit gehört juristisch untersucht.