Kaare Dybvad Bek: Asylsystem zusammengebrochen – Schlepperrouten schließen

Am Sonntag war der dänische Migrationsminister Kaare Dybvad Bek als Hauptredner im Kloster Seeon zu Gast. Markus Söder versucht, sich mit einem profilierten Kritiker des EU-Asylsystems zu schmücken. Die CSU bleibt exemplarisch für die deutschen Parteien hinter dem Sozialdemokraten zurück.

IMAGO / SEPA.Media
Dänischer Minister fuer Immigration und Integration Kaare Dybvad Bei (hier am 24.10.2023 in Wien)

Bringt Innenminister Kaare Dybvad Bek von den dänischen Sozialdemokraten jetzt den CSU-Oberen die migrationspolitischen Flötentöne bei? Diese Erwartung dürfte trügen. Denn dazu sind die Positionen der in Deutschland regierenden Parteien viel zu sehr festgelegt, und das seit Jahren schon. Noch im November beschränkten sich die Forderungen der bayerischen Staatsregierung – angesichts einer Verdoppelung der Asylanträge im Freistaat – auf die zahnlose Forderung von mehr Rückführungen (also Detailkorrektur ex post), der Einführung einer „Bezahlkarte“ für Asylbewerber und der Benennung einer Handvoll Staaten (Algerien, Tunesien, Marokko, Indien, Armenien) als sichere Herkunftsstaaten.

„Geldleistungen an rechtskräftig abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber“ wollte CSU-Innenminister Herrmann „deutlich reduzieren“ und so Ausreisen hervorrufen. Aber warum braucht es überhaupt noch Geldleistungen an abgelehnte Asylbewerber? Dass solche Maßnahmen reichen könnten, um die Dauer-Überlastung durch inzwischen mehr als 350.000 Asylanträge im Jahr zu beenden, wird kaum einer glauben. Auch der Däne Dybvad Bek mit dem gleichsam durch Seeluft und Erfahrung gegerbten, in markante Falten gelegten Gesicht nicht. Sein Land spricht längst von der Sicherheit Syriens und hat folglich seit Februar 2019 den Aufenthaltsstatus von gut 2.155 Syrern überprüft. Wieviele daraufhin Dänemark verlassen haben, erfährt man nicht so direkt. Nun erklärte Dybvad Bek gegenüber der Bild, es gebe in seinem Land nur noch 400 ausreisepflichtige Asylbewerber „in Rückkehrpositionen“.

Klar ist: Dänemark ist, egal ob von Rechtsliberalen oder Sozialdemokraten regiert, längst viel weiter als Deutschland. Es begann mit Dybvads Vor-Vorgängerin Inger Støjberg, die für ihre zahlreichen Gesetzesverschärfungen bekannt war. Die bekannteste war das Schmuckgesetz, das es bis heute erlaubt, den persönlichen Besitz von Asylbewerbern zur Deckung der Kosten für Verfahren und Unterbringung einzuziehen.

Dybvad Bek: Asylsystem ermuntert Menschen zu Überfahrten

Alle paar Monate kündigt auch der aktuelle Ausländerminister eine Gesetzesverschärfung an, so etwa im vergangenen Juli eine Verschärfung der Regel, dass Asylbewerber ihr Heimatland zehn Jahre lang nicht besuchen dürfen, da sie sonst ihren Flüchtlingsstatus verlieren. Diese Regel soll bald auch über zehn Jahre hinaus gelten.

Das aktuell geltende veränderte EU-Asylsystem nennt Dybvad „unmenschlich und dysfunktional“. Das ist seit langer Zeit die Position der dänischen Sozialdemokraten. Dieses gerade in Brüssel neu „reformierte“ gemeinsame Asylsystem sei es, das Menschen dazu ermuntere, die „lebensgefährlichen Reisen nach Europa anzutreten“. Allein im letzten Jahr hätten „mehr als 2.700 Kinder, Frauen und Männer bei der Überfahrt über das Mittelmeer ihr Leben verloren, während Menschenschmuggler ein Vermögen verdienen“. Andere stürben, „noch bevor sie das Mittelmeer erreichen“.

Schon Ende des Jahres hatte Dybvad gesagt, dass sich die EU „leider mitten in einer europäischen Migrationskrise“ befinde. Auch wenn bisher nur Zahlen bis einschließlich November 2023 vorliegen, seien „die Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren sehr hoch und wir müssen bis 2016 zurückgehen, um einen größeren Zustrom als in diesem Jahr zu finden“, so Dybvad Bek. In Deutschland, wo sich absolut Vergleichbares abspielt, spricht das kein politischer Akteur aus.

355.000 illegale Einreisen in die EU gab es laut Frontex bis Ende November. Immer wieder erstaunlich: Allein in Deutschland wurden in diesem Zeitraum 300.000 Erstasylanträge gestellt, die sich ganz überwiegend aus der Quelle illegale Einreisen herleiten. Aber es werden eben längst nicht alle illegalen Einreisen festgestellt, weder durch deutsche noch durch andere Grenzschützer in Europa. Das gehört bis heute zu den Schwächen des „Systems“ (Schengen ohne konsequenten Außengrenzschutz).

Union bleibt im Merkel-Sumpf stecken

Seeon zeigt es deutlich: Die Unionsparteien haben sich Dänemark zumindest zum Teil zum Vorbild erkoren, nachdem sie das Sterben im Mittelmeer ebenso wie die Überlastung der Sozialsysteme durch illegale Zuwanderung jahrelang hingenommen und durch die Zulassung sogenannter „NGOs“ unterstützt haben. Deutsches und EU-Recht wurden auch unter CDU-Regierungen nicht angewandt.

Und noch immer weigert sich auch die CSU laut Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, ihre Entwicklungspolitik in Drittländern zu revidieren. Für die dänische Regierung ist klar: Ohne Rücknahmen von illegalen Migranten gibt es auch keine Entwicklungshilfe. Die CSU betrachtet das Entwicklungsministerium offenbar als zu wertvolle Pfründe, um das Konzept praktisch unbeschränkter Geldflüsse in Ausland aufzugeben. Natürlich gibt es viele andere Faktoren, die der Korruption hier Tür und Tor öffnen – etwa die Rolle der deutschen Parteienstiftungen, die im Ausland wie deutsche Neben-Botschaften oder Konsulate agieren und sich über zusätzliche Fördermittel freuen dürften.

CDU-Chef Merz fehlte übrigens im Kloster Seeon, angeblich wegen des 100. Geburtstages seines Vaters, aber es hatte anscheinend gar keine Einladung gegeben. Die Unions-Kanzlerkandidatur ist ja auch noch nicht entschieden. Dafür war Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) vertreten. Sie wiederholte aber auch hier nur ihre Formel, dass die Europäer angeblich „darüber entscheiden, wer nach Europa kommt und unter welchen Umständen – und nicht die Schlepper und Schleuser“. Das sei jetzt zur Aufgabe der EU geworden, die man „auch mit den Nachbarstaaten“ der EU „beherzt angehen“ wolle.

Wer weiß, wem dieses „Angehen“ übertragen ist, weiß, dass nichts dergleichen geschehen wird. Ohne eine Veränderung der Brüsseler Machtverhältnisse – die freilich schon im Gange ist – sind keine belastbaren Ergebnisse in Sachen Rückführung zu erwarten. Ebenso wird der EU-Grenzschutz bisher nur trotz, nicht wegen der Arbeit dieser Kommission gestärkt. Die EU-Wahlen im Juni 2024 sind der nächste Schritt zur Anpassung der europäischen Machtgrundlage.

Gefährliche Schlepperrouten stoppen

In der EU setzt sich Dänemark dafür ein, dass Asylverfahren in Drittländern außerhalb Europas stattfinden können. Bei dieser Forderung weiß man auch Italien auf seiner Seite, das an dieser Stelle eine nationale Lösung in Zusammenarbeit mit Albanien sucht. Zu befürchten ist, dass alle EU-Lösungen in dieser Richtung nicht die Härte des britischen Ruanda-Plans aufweisen, der vorsieht, dass der Drittstaat Ruanda die Asylberechtigten aufnähme, wenn es jemals so weit kommen sollte. Die EU-Länder sind freilich noch weiter davon entfernt als London.

Im September hat Dybvad ein Flüchtlingslager in Ruanda eingeweiht, das Migranten aus Libyen aufnehmen soll. Dänemark hat das Gebäude bezahlt, das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) leitet das Projekt. Das entspricht einem Politikansatz, den man zusammen mit anderen nordischen Ländern verfolgen will: Migranten sollen schon in Nordafrika abgefangen werden, bevor sie die gefährliche Reise über das Mittelmeer wagen, und ihnen soll anderswo Schutz gegeben werden – zum Beispiel in Ruanda, das sich selbst zu dieser Funktion angeboten hat.

In Gashora (Ruanda) sagte Dybvad: „Das Asylsystem ist zusammengebrochen und es braucht neue Lösungen, um das Geschäftsmodell der Schleuser und der irregulären Migration zu bekämpfen, damit die Migranten nicht die gefährliche Reise nach Europa antreten müssen.“

Schon früher hatte der dänische Minister festgestellt: „Irreguläre Migration hat enorme Folgen. Viele kommen auf ihrer Reise nach Europa um, während Menschenschmuggler sich eine goldene Nase verdienen. Gleichzeitig werden die am stärksten gefährdeten Flüchtlinge, die die Schlepper nicht bezahlen können, in benachbarten Gebieten zurückgelassen, wo sie nicht die notwendige Hilfe erhalten.“ Inzwischen werde aber „in ganz Europa zunehmend anerkannt, dass das Asylsystem nicht funktioniert“.

Ende letzten Jahres plädierte Dybvad dafür, die gefährlichen Schlepperrouten nach Europa zu stoppen und stattdessen dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge kontrolliert nach Europa kommen“. Wenn sich Dybvad Bek damit offen für begrenzte Kontingente zeigt, dann bleibt doch klar, dass das „Kontrollieren“ der Migration gewissermaßen Priorität hat: Nur wenn illegale Einreisen in Gänze verhindert werden, haben Staaten den Spielraum, um Schutzsuchende in Freiheit auszuwählen.

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Kommentare ( 28 )

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Manfred_Hbg
10 Monate her

Zitat: „Inzwischen werde aber „in ganz Europa zunehmend anerkannt, dass das Asylsystem nicht funktioniert“ > Ach, nur das Asylsystem funktioniert also nicht? Wie wäre es hier denn auch mit: der Grenzschutz funktioniert??! Was speziell die Zuwanderung und Migration nach Deutschland durch den aus den islamischen und afrikanischen Drittweltstaaten und Shithole-Countries kommenden Asyltourismus betrifft, an diesen ausufernden gesellschaftlichen und kulturellen Zu- und Mißständen ist ganz klar die gesamte „Altparteirnelite“ und deren Politik schuld. Und wenn ich hier dann zum Beispiel heute in der Glotze im Zusammenhang mit den Bauern-Demos den Habeck (Grüne) schwätzen höre wie er sich unter anderem darüber aufregt… Mehr

IJ
10 Monate her

Unsere Politiker haben während der vergangenen Jahre alles derartig verschlafen, dass sie gegenwärtig einfach nur noch fertige und bestens erprobte Lösungen aus dem Ausland abzuschreiben brauchen. Aber selbst dazu sind sie entweder zu blöd oder zu borniert. Es gilt die Diagnose des Amtsrichters für den maximal unbedarften Täter: „Er wusste nicht, dass er nichts wusste, weil er nicht wusste, dass es etwas zu wissen gab.“.

Derrick
10 Monate her

Kann einer mal dem Vergesslichen mit dem Dänischen Innenminister (Sozialdemokrat) zusammenbringen, damit er dran erinnert wird, wie Sozialdemokraten vernünftig regieren können?
Bei uns trau ich das nur noch der AfD zu.

AlterEgo
10 Monate her

Auch das Problem der weggeworfenen Pässe liesse sich leicht lösen: Einfach mal die Handies einsammeln und auswerten…..

andreas
10 Monate her

Gerade lässt sich die nächste linksextreme Partei, das Bündnis Sarah Wagenknecht in der Bundespressekonferenz über ihre Vorstellungen zum Asylrecht aus: bestenfalls geht es diesen dezidierten Deutschlandhassern um eine etwas langsamere Umvolkung. Wer seine Heimat nicht arabisch muslimisch und zum shithole verkommen sehen will, der kann weder Union noch die neue Nebelkerze BSW wählen. Es bleibt nur die AfD.

BeVo
10 Monate her

Das BSW hängt dem Märchen vom Stopp des Klimawandels an. Und wie das BSW, deren zweite gleichberechtigte Vorsitzende eine fanatische Spritzbefürworterin ist, zu der Reaktivierung der Zwangsspritzungen steht, ob es die wieder geben wird oder nie mehr geben wird, hierzu findet man nirgendwo auf der BSW-Internetseite eine Aussage, nur zu dem pösen pösen Klimawandel. „… Der wichtigste Beitrag, den ein Land wie Deutschland zur Bekämpfung von Klimawandel und Umweltzerstörung leisten kann, ist die Entwicklung innovativer Schlüsseltechnologien für eine klimaneutrale und naturverträgliche Wirtschaft der Zukunft.“ Siehe https://buendnis-sahra-wagenknecht.de/themen/wirtschaftliche-vernunft/ Das BSW ist nicht anders, als alle anderen Mainstream-Parteien. Es wurden nur die Farben… Mehr

Martin Beinhauer
10 Monate her

Wir ( Ich und 65 Millionen Deutsche ) wollen 0 Migranten , Scheinasylanten , Glücksritter , Asylanten , die sich in unserem Sozialsystem wohlfühlen sollen.

„09.10.2013 — Die neue Fraktionssprecherin der Grünen, Katrin GöringEckardt, hat sich für eine Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme ausgesprochen.“

Keine Sozialleistungen für dieses Klientiel.

Wer als Ausländer keine Arbeit in Deutschland mehr hat und nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft besitzt – fliegt unverzüglich aus unserem Land.

Dubai macht es auch !

Last edited 10 Monate her by Martin Beinhauer
Paprikakartoffel
10 Monate her
Antworten an  Martin Beinhauer

Also ich denke schon, daß unverschuldet in Not Geratene auch hier gestützt werden sollen, zumal wenn sie sich bereits als arbeits- und anpassungswillig erwiesen haben. Andererseits will ich überhaupt niemanden hier haben – da mag er verdienen, was er will – der die Eingeborenen und ihre Lebensweise verachtet und haßt und sich fremden gewalttätigen Sitten und Befehlen verpflichtet fühlt.

Manfred_Hbg
10 Monate her
Antworten an  Martin Beinhauer

Zitat: „Dubai macht es auch !“ > Hier muß man gar nicht so weit bis nach Dubai gucken, sondern einfach nur auf die Schweiz bicken. Ich weiß nicht ob Folgendes noch aktuall ist. Aber wenn ich mich recht erinnere, dann gibt/gab es in der Schweiz ein Gesetzt welches besagt, das sich Ausländern in der Schweiz aufhalten dürfen so lange sie eine Beschäftigung haben. Und werden sie arbeitslos, dann haben sie drei Monate Zeit für die Suche nach einen neuen Job. Finden sie keinen, müssen sie die Schweiz verlassen. Wie gesagt: ich weiß nicht ab es dieses Gesetz so noch gibt.… Mehr

Waldorf
10 Monate her

Die dänische Linie ist die einzige Chance, unsere Europäischen Wohlfahrtssysteme und unsere liberalen Rechtsordnungen zu erhalten. Negatives Anschauungsmaterial gibt es in der EU schon in genug Ländern, die wirtschaftlich nahe ihrer Möglichkeiten sind und deren innerer Frieden nebst innerer Sicherheit bereits massiv geschädigt wurden. Das sind keine exklusiv deutsche Probleme, nur sind sie es hier vom Ausmaß her gigantisch. Seit 2014/14 sind ca 5 Millionen illegale Einwanderer unter Mißbrauch des Asylsystems zu uns gekommen, zu 99,99% über sichere Drittstaaten, weil wir nur von sicheren EU-Nachbarn (plus der zweifellos sicheren Schweiz) umgeben sind. Konsequent dümpelt die Asyl-Quote nach Grundgesetz seit Jahren… Mehr

Herr Schmidt
10 Monate her

Es gibt den schönen Spruch: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“. Die CSU/CDU hat mich jedesmal angelogen, wenn Sie behauptet hat, dass man Grenzen nicht schliessen kann. Die CSU/CDU hat mich belogen, wenn Sie behauptet hat, die „Flüchtlinge“ müsse man ins Land lassen man habe keine Wahl. Die CSU/CDU hat mich belogen, wenn Sie behauptet hat, dem Bürger würde ja nichts weg genommen werden. Die CSU/CDU hat mich angelogen, wenn Sie behauptet hat, die „Flüchtlinge“ könne man nicht abschieben, jetzt sind Sie schliesslich da. Die CSU/CDU hat mich begelogen, wenn Sie behauptet… Mehr

Klausmai
10 Monate her
Antworten an  Herr Schmidt

Ich habe ihr seit 2015 nicht mehr geglaubt.Ich werde diesen Betrug nie vergessen.

Marcel Seiler
10 Monate her

Die herrschende politische Klasse beginnt, an ihren eigenen Lügen zu ersticken. Gut so!