Schulschließungen schränkten Kinder in Deutschland stärker ein als anderswo

Im europäischen Vergleich hat die Pandemie hierzulande besonders große Lerndefizite hinterlassen. Einer von mehreren Gründen: Bei der digitalen Lehre befindet sich Deutschland auf den hinteren Rängen.

Schulschließungen in Deutschland haben Kinder und Jugendliche im internationalen Vergleich besonders stark eingeschränkt. Das geht aus einer Vergleichsstudie des ifo-Instituts zwischen Deutschland und sechs anderen europäischen Ländern hervor. „Andere Länder in Europa legten größeren Wert darauf, die Schulen weitgehend offen zu halten“, sagt ifo-Forscherin Larissa Zierow. „Gleichzeitig waren die anderen Länder für digitalen Fernunterricht besser gerüstet.“

Die Hauptthese der Autoren lautet: Schulschließungen müssen nicht die wesentliche Maßnahme zur Pandemiebekämpfung sein. Das zeigt der Vergleich der Corona-Bildungspolitik zwischen Deutschland und sechs weiteren europäischen Ländern. So hatten die Schulen in den Niederlanden, in Spanien und in Schweden deutlich kürzer geschlossen als in Deutschland. Zudem waren in Deutschland die Einschränkungen für Schulkinder oft größer als für erwachsene Arbeitnehmer. In Frankreich galt z.B. eine Homeoffice-Pflicht, wenn Arbeit von zuhause möglich war. Außerdem waren Ausgangsbeschränkungen für Erwachsene strenger als für Schulkinder.

Hinzu kommt, dass die Umstellung auf Online-Distanzunterricht in Deutschland oft eine Herausforderung darstellte. Bei der digitalen Lehre befinde sich Deutschland auf den hinteren Rängen. Der Grund laut Zierow: Andere europäische Länder nutzen schon länger digitale Techniken in der Schule und konnten daher einfacher auf Distanzlehre umstellen. Für deutsche Schulkinder fand Online-Unterricht jedoch vergleichsweise selten statt, und die entstandenen Lernrückstände sind gerade für Leistungsschwächere besonders hoch. Programme sollten daher gezielt eingesetzt werden, um diese Rückstände aufzuholen und die betroffenen Schulkinder beim Lernen in der Pandemie zu unterstützen. Auch hier könnten die europäischen Nachbarn ein Vorbild sein. Erneute Schulschließungen hätten insbesondere für benachteiligte Schulkinder drastische Konsequenzen, warnt das ifo Institut.

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Kommentare ( 4 )

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Selbstdenker
3 Jahre her

Was die digitale Lehre betrifft ist mir eine Karikatur besonders in Erinnerung. Eine Lehrerin steht vor einer grünen Wandtafel mit der Aufgabe „2 mal 3 = ?“. Der Grundschüler vor ihr meckert: „Wie soll man in diesem Analog-Museum irgendwas kapieren?“ Ansonsten macht mich die gegenwärtige Lage ohnehin skeptisch, ob der Schulunterricht, ob digital oder analog, irgendwas zur Denkfähigkeit beiträgt. Man könnte auch so sagen: Wer in sich den Impuls zum Lernen trägt, der lernt das, was ihn interessiert, wer nicht, bei dem ist Hopfen und Malz verloren. Schön, wenn man Flächen berechnen kann für den Fall, dass man tapezieren möchte.… Mehr

PatDog
3 Jahre her

Nicht zu vergessen: der Unterricht hat DSGVO konform zu erfolgen. Bedeutet eigentlich, dass wie in Zoom oder Teams möglich der Videohintergund verpixelt werden muss bzw. die Kamera aus bleibt. Dabei war man ja schon froh – im HomeOffice erstmal auf den privaten Rechner angewiesen – dass die Kinder eigene mobile Endgeräte besitzen und darüber ein wenig Unterricht stattfand. Ganz zu schweigen von mangelnden Bandbreiten, Serverleistung und „Internet ist Neuland“ – Lehrern. In Sachsen wurde ein Jahr zuvor flächendeckend verpflichtend LernSax als Plattform zum digitalen Lernen eingeführt. Viel mehr als ein Login haben dort aber nur die wenigsten genutzt. Hehres Beispiel:… Mehr

AlNamrood
3 Jahre her

Ich denke mir bei solchen Meldungen jedes Mal „Wisst ihr eigentlich was für einen Blödsinn die Kinder in der Schule lernen?“

Unterricht in Deutschland ist defizitär egal ob in der Schule oder digital.

FerritKappe
3 Jahre her

Im ersten Lockdown gab es bei uns am Gymnasium keine einzige Stunde Online Unterricht.
Es ist unglaublich das es wirklich eine ganze Berufsgruppe gibt die nichts mit PC, Mail und Videokonferenz anfangen können!