Auch freigesprochen bleibt der Schauspieler Kevin Spacey erledigt

Kevin Spacey war einmal sehr angesagt. Dann kommt 2017 der Vorwurf der sexuellen Nötigung. Aktivisten und Journalisten vollziehen das Urteil auf Twitter unmittelbar. Nun hat ein Gericht den Schauspieler freigesprochen – doch seine Karriere wird das nicht wiederherstellen.

IMAGO / ZUMA Wire

Kevin Spacey ist erfolgreich. Der große Durchbruch gelingt ihm 1988 mit „Die Waffen der Frau“. Es folgen Hits wie „Die üblichen Verdächtigen“, „Sieben“ oder „Männer, die auf Ziegen starren“. Und dem Hollywood-Star gelingt es, sich ins Internet-Zeitalter zu retten, ist Hauptdarsteller der beliebten Netflix-Serie „House of Cards“. Doch die Produktion wirft 2017 ihren Star raus.

Spacey outet sich als homosexuell. Doch das ist da schon lange kein Problem mehr im amerikanischen Filmgeschäft. Der Schauspieler outet sich, nachdem ihn ein anderer Darsteller öffentlich bezichtigt hat, ihn rund 30 Jahre zuvor als Minderjährigen sexuell belästigt zu haben. Die Vorwürfe kommen genau zu der Zeit auf, in der die „#MeToo“-Debatte an Fahrt aufnimmt.

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Die Schauspielerinnen wehren sich aus gutem Grund gegen sexuelle Ausbeutung in Hollywood. Das ist in der männlich geprägten Hierarchie des amerikanischen Filmgeschäfts ein Missstand. Ein Gericht verurteilt den mächtigen Produzenten Harvey Weinstein deswegen später zu einer langjährigen Gefängnisstrafe. Doch viele „#MeToo“-Aktivisten sind nicht bereit, die Urteile der Gerichte abzuwarten.

Die Bewegung geht dazu über, Staatsanwalt, Richter und Vollzugsbeamter in einer Einheit spielen zu wollen. Wem Vorwürfe gemacht werden, der ist auch schuldig. Medien spielen das Spiel mit. Nur wenige erinnern an die Unschuldsvermutung als wichtiges Prinzip in einem Rechtsstaat. Wer es doch tut, gegen den geht die Bewegung genauso hart vor wie gegen die Verdächtigen selbst: Die Mahner akzeptierten sexuelle Gewalt, sie förderten sexuelle Gewalt, heißt der böse Vorwurf. Wie so oft bei radikalen Bewegungen ducken sich die Nicht-Beteiligten forthin feige weg.

Wer einem Vorwurf ausgesetzt ist, dessen Karriere ist erledigt. So wie die von Kevin Spacey. Netflix wirft ihn raus, fertig produzierte Filme floppen, Fernsehsender überlegen, seine alten Werke aus dem Programm zu nehmen. Spacey kann nur noch in Kurzfilmen auftreten, kommerziell wertlose Kunstprojekte. Nun ist sein Fall vor ein Gericht gekommen. In einem Zivil-Prozess. Das Gericht hat Spacey freigesprochen. Und angesichts des Prozessverlaufs stellt sich danach die Frage, wie es angesichts der Sachlage zu der Treibjagd gegen den Beschuldigten kommen konnte.

Die Widersprüche, die zum Freispruch führen, sind leicht zu verstehen: Der Ankläger schildert, der Übergriff sei in einem Nebenzimmer von Spaceys damaligem Appartement passiert. Das hat keine Nebenzimmer. Er schildert eine Szene, wie sie exakt so in einem Theaterstück vorkommt – in dessen Inszenierung der Ankläger mitgespielt hat. Für Juristen war der Freispruch daher absehbar. Für die Aktivisten-Journalisten-Blase von „#MeToo“ war das kein Grund, Vorsicht gegenüber Spacey walten zu lassen – geschweige denn die Unschuldsvermutung.

Spacey ist freigesprochen. Im Zivilprozess. Ein weiterer Strafprozess ist angesichts der Beweislage eher unwahrscheinlich. Es ließe sich darüber nachdenken, ob der dann nicht sogar im Sinne des Schauspielers wäre. Aber für seine Karriere ist das eigentlich egal. Über diese hat „#MeToo“ die Klage erhoben, das Urteil gesprochen und dann auch selbst vollzogen.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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Joerg Baumann
2 Jahre her

Was mir dabei etwas unklar ist, ist das sonst so verrückt erscheinende amerikanische Rechtssystem. Da kann jemand scheinbar wirklich den Hersteller eines Wohnmobils verklagen, weil in der Betriebsanleitung nicht ausdrücklich daraufhin gewiesen wurde, dass man während der Fahrt als Fahrer nicht nach hinten gehen kann um sich einen Tee zu bereiten und ähnliche vollkommen irre Urteile bei denen Millionen an die geistesgestörten Kläger gezahlt wurden. Warum kann Kevin Spacey hier nicht Twitter verklagen? Wenn Twitter es irgendwelchen Gruppen ermöglicht solche Hetzjagden zu veranstalten, dann sind sie doch haftbar, oder nicht? Wenn schon Kommentare gelöscht werden, die rechtlich nicht bedenklich, politisch… Mehr

Axel Fachtan
2 Jahre her

Nun ja, grob gesprochen könnte man schon mal fragen, welche Frauen etwa nur deshalb Filmkarriere gemacht haben, weil sie den sexuellen Wünschen und Bedürfnissen der Männerwelt nachgegeben haben.Vom ältesten Gewerbe der Welt war da die Rede. Während es die Filmwelt ja erst seit 1895 gibt, gibt es geile Böcke schon in der Bibel. Seit dem sechsten Tag, wenn man so will. Sex ist über Jahrmillionen ein Erfolgsmodell diesseits und jenseits der Menschheit. Ist wie in der Wurstküche. Warum sollte es in der Filmwelt anders zugehen, als im normalen Leben ? Wer von der Filmwirtschaft Höchstmoral erwartet, der macht sich nur… Mehr

Axel Fachtan
2 Jahre her

Negative Energie.
Massenhysterie.
Es ist schade um den Schauspieler.
Nur haben amerikanische Prozesse auch ein paar Besonderheiten.
Ich erinnere mal an O.J.Simpson.
Der ist strafrechtlich freigesprochen worden.
Zivilrechtlich ist er verurteilt worden.
Weil eben unterschiedliches Beweis- und Prozessrecht gilt, je nachdem, in welcher Sparte der Gerichtsbarkeit man sich bewegt.
Ich bin davon überzeugt, das O.J. seine Alte kalt gemacht hat. Nach amerikanischem Prozessrecht gilt aber anderes.
O.J. ist kein Verlust für die Schauspielkunst. Spacey schon.
Seine Raffinesse, sein ausgereiftes Spiel werden unvergesslich bleiben.

Waehler 21
2 Jahre her

Dünnes Eis. MeToo vielleicht am Anfang gut, dann machtbesoffen. Ich meine die Bewegung. Aber auch sich hochschlafen ist kein Wort, dass ich erfunden habe, keine Neologism von mir. Wenn es um Macht und Geld geht wird Sexualität als Werkzeug eingesetzt. Nach außen Hui, nach innen Pfui. Die Anzahl der Frauen in der Politik die sich an mächtige Männer gehängt haben dürfte ziemlich hoch sein. Gilt auch für die Wirtschaft und Behörden. Sehe ich mir aber mal die Vorgänge in der Kirche an und wie lange sie den Missbrauch unter ihrer Kutte verstecken konnte, ist das die klar definierte, rote Grenze.… Mehr

Sonny
2 Jahre her

Eine Hexenjagd par excellence. Es gibt mittlerweile viel zu viele Sekten auf dieser Welt. Und täglich kommen neue hinzu, die sich für absolut unverzichtbar halten, obwohl sie doch oft nur kleine Minderheiten vertreten.Trittbrettfahrer können da durchaus einen Orkan auslösen. Die Menschen sind so. Aber hauptsächlich sind sie hochgradig neidisch. Wer im Mittelpunkt des Interesses steht und vielleicht auch noch sehr erfolgreich ist, bei dem was er oder sie da tut, ist extrem gefährdet. Und für jemanden, der neidisch ist, sind solche erfolgreichen Menschen das Ziel ihres Hasses. Die Lust an der Zerstörung haben da viele gemein. Es gibt in der… Mehr

Fieselsteinchen
2 Jahre her

Das war doch von Beginn an eine überaus klägliche Metoo-Sache. Es meldeten sich zu Dutzenden irgendwelche XYZ-Promis, um Vorfälle nach teilweise mehr als 30 (!) Jahren in der Öffentlichkeit breitzutreten. Die Medienmaschinerie trötete mit! Wie viele dieser Geschichten verliefen denn im Sande? Depp, Trump, Spacey, Wedel – ob diese Männer eigenwillige Charaktere haben oder hatten, sei dahin gestellt. Die allermeisten Anschuldigungen waren erstunken und erlogen, einzig mit dem Ziel Geld von den Erfolgreichen zu erhalten oder sie, wie im Fall Trump zusätzlich politisch zu erledigen. Und das Schlimmste an diesen geltungsbedürftigen Idioten ist, dass sie Menschen schaden, denen tatsächlich Schlimmes… Mehr

Michael Palusch
2 Jahre her

„Die Schauspielerinnen wehren sich aus gutem Grund gegen sexuelle Ausbeutung in Hollywood.“ Worin besteht diese eigentlich? Keine der Damen wurde gezwungen, auf die „Angebote“ der Regieseure/Produzenzen einzugehen. Hätten wir etwa ohne die beklagte sexuelle Ausbeutung Hollywoodfilme ohne Frauen? Absurd. Was hindert die Frauen, die Opfer der sehr, sehr weit ausgelegten sexuellen Belästigung, daran, umgehend Anzeige zu erstatten und damit nicht erst zu warten, bis entweder sie selbst oder der Belästiger reich und berühmt geworden sind. Wenn die Zustände doch so schlimm sind, warum zieht es jährlich tausende von Sternchen dorthin, sind die alle naiv, wissen die nicht wie’s läuft? Oder… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Michael Palusch
alter weisser Mann
2 Jahre her
Antworten an  Michael Palusch

Seien wir mal gespannt, was nun ohne „Besetzungscouch“ passiert.
Wer bekommt dann warum welche Rolle? Derzeit könnten ein paar woke-Kriterien ihre Rolle spielen und danach? Anonyme Bewerbungen wohl eher nicht.

Steuernzahlende Kartoffel
2 Jahre her

Ich muss sagen, ich habe KS immer gerne gesehen und hätte seine schauspielerischen Leistungen auch von persönlichen/privaten Fehlern trennen können. Für Fehler von strafrechtlicher Relevanz hätte er natürlich die Konsequenzen tragen müssen, was bei einer Haftstrafe den Verzicht auf zukünftige Filme bzw. Serien bedeutet hätte… Ansonsten, wenn es zB. nicht um Mord, (Steuer-) Betrug etc. geht: Bitte mal Hand aufs Herz! Das sind alles aufgrund ihrer Erscheinung und ihres Erfolgs „besondere“ Gestalten – und jede(r), die/der sich mit ihnen einlässt weiß darum! Es ist auch schon vorgekommen, das derartige erfolgreiche Schauspieler von „Fans“ abgekocht wurden. Vor der (das ist meine… Mehr

rainer erich
2 Jahre her

Bitte keine Euphorie in der causa Weinstein. Abgesehen von den interessanten, aber selbstredend nicht gewuerdigten Aussagen und Verhaltensweisen der angeblich „Belaestigten“, die auch hier ziemlich „verspätet“die Belästigung spuerten , ist ein Strafmaß von deutlich ueber 20 Jahre, noch dazu fuer einen Tatbestand unterhalb einer Vergewaltigung Rechtsbeugung oder ein rechtswidrige Politurteil auf Druck der me too – Bewegung. Man oder besser Frau hat mit Weinstein den idealen „Taeter“ gefunden oder besser gemacht, alt, hässlich und mächtig. Dass die „Damen“ danach von der Peinlichkeit, es mit ihm ueberhaupt „getrieben“ zu haben, qua „Hinrichtung“ des vermeintlichen Taeter erlöst werden wollten, ist klar. Freiwilliges… Mehr

Fieselsteinchen
2 Jahre her
Antworten an  rainer erich

Vor kurzem gab es eine nette Geschichte über die Kessler-Zwillinge, die auch in den USA überaus erfolgreich waren, und mit mehr oder wenig allen Schwerenötern dieser Zeit in Kontakt kamen. Sie sagten, dass sie von keinem je belästigt wurde, ganz im Gegenteil. Ein möglicher Grund sei, dass sie sich wie Damen verhalten haben. Bitte diese Position nicht falsch verstehen! Es geht nicht um die leidige Diskussion mit einer Täter-Opfer-Umkehr. Aber bei diesen MeToo-Storys haben „Schauspielerinnen“ sich an Dinge vor 20 Jahren erinnert, sie waren damals auch keine Kinder mehr, und ihre Begründung dafür gefunden, warum sie keine Millionen verdient haben.… Mehr

mediainfo
2 Jahre her

Doch viele „#MeToo“-Aktivisten sind nicht bereit, die Urteile der Gerichte abzuwarten.

Nur die? Hätte ich nichts Besseres zu tun könnte ich eine lange Liste mit Zitaten aus Medienberichten anlegen, die sich wie Tatsachenberichte über die Untaten des Kevin Spacey lesen. Daran ändern auch die hier und da eingestreuten Disclaimer zur Unschuldsvermutung nichts, meistens wurden und werden sie ohnehin weggelassen. Wir waren schon mal weiter zivilisatorisch, diese Kampagnen um Menschen zu erledigen ohne die Pflicht eines Beweises, das geht Richtung Mittelalter.