Sachsen: Untersuchungsausschuss wegen versuchter Wahl-Manipulation kommt

Unter dem Arbeitstitel „Verstrickungen der Staatsregierung in die ‚qualifiziert rechtswidrige‘ Kürzung der AfD-Landesliste“ soll der Ausschuss ausleuchten, wie es zur Kürzung der AfD-Landtagsliste am 5. Juli 2019 durch Landeswahlleiterin Caroline Schreck kam.

imago images / ddbd
Sächsischer Landtag, Dresden

In Sachsen wird ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss aufklären, ob und wie die Landesregierung Einfluss auf die Zulassung der AfD-Wahlliste für die Wahl am 1. September genommen und sich in die Entscheidung der Landeswahlleiterin eingeschaltet hatte. Am 31. Oktober wird die AfD-Fraktion in Dresden den entsprechenden Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses stellen.

Da die AfD-Fraktion – die zweitstärkste im Parlament – die erforderliche Mehrheit für die Einsetzung eines Ausschusses besitzt, kann der Ausschuss von den anderen nicht verhindert werden.

Unter dem Arbeitstitel „Verstrickungen der Staatsregierung in die ‚qualifiziert rechtswidrige‘ Kürzung der AfD-Landesliste“ soll der Ausschuss ausleuchten, wie es zur Kürzung der AfD-Landtagsliste am 5. Juli 2019 durch Landeswahlleiterin Caroline Schreck kam. Die Beamtin hatte überraschend nur die ersten 18 Kandidaten der AfD zugelassen und alle anderen von der Liste gestrichen. Begründung damals: Die Partei habe ihre Liste wegen des aufwendigen Kandidatenwahlverfahrens in zwei aufeinanderfolgenden Parteitagsveranstaltungen aufgestellt; es sei nicht klar, ob es sich um einen fortgesetzten Parteitag oder zwei Parteitage gehandelt habe. Zudem, so Schreck, hätte die Tagungsleitung gewechselt. Renommierte Verfassungsjuristen wiesen schon kurz nach der Entscheidung darauf hin, dass diese Beurteilung kaum aus dem sächsischen Wahlgesetz abgeleitet werden konnte und auf eine schwere Benachteiligung der AfD hinausgelaufen wäre, wenn sie Bestand gehabt hätte. Die AfD klagte dagegen, das Landesverfassungsgericht verwarf die Entscheidung der Wahlleiterin als „qualifiziert rechtswidrig“. Die Liste wurde später wieder über Platz 18 hinaus zugelassen.

Die Wirkung kann eine andere sein
AfD in Sachsen: Formfehler oder Anschlag auf die Demokratie?
Der Untersuchungsausschuss soll jetzt feststellen, ob Mitglieder der Staatsregierung die Landeswahlleiterin dazu drängten, ihre Kompetenzen derart zu überschreiten, um der AfD zu schaden. Ministerpräsident Michael Kretschmer, Innenminister Roland Wöller und Schreck selbst werden vor dem Ausschuss aussagen müssen. Bekannt ist bis jetzt, dass ein hochrangiger Mitarbeiter des sächsischen Innenministeriums damals versucht hatte, die Landeswahlleiterin von ihrem Schritt abzuhalten, weil er die Listenkürzung für rechtswidrig hielt. Trotzdem griff Schreck – selbst CDU-Mitglied – in die Kandidatenaufstellung ein. Die AfD vermutet deshalb, es müsse Druck auf die Beamtin von noch höherer Stelle gegeben haben.

Bei dem kommenden Untersuchungsausschuss in Sachsen handelt es sich deutschlandweit um das erste Gremium dieser Art, das auf AfD-Antrag zustande kommt. Fraktionschef Jörg Urban greift zu einem großen Vergleich: „Wenn sich hier nur ein Teil dessen erweisen lässt, was wir heute vermuten müssen, war die Barschel-Affäre im Vergleich dazu – ein laues Lüftchen.
Nie zuvor in der Bundesrepublik Deutschland ist in einer solchen Dimension die Demokratie angegriffen worden.“

Die Staatsregierung wies bisher immer zurück, sich in das Zulassungsverfahren der Wahllisten eingemischt zu haben.

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Kommentare ( 20 )

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H. Priess
5 Jahre her

Seltsam, ich schaue jeden Tag bei der Mitteldeutschen Zeitung rein und habe da kein Wort drüber gelesen. Sonst wird über alles was die AfD betrifft lang und breit negativ berichtet aber in diesem Fall? Egal ob die AfD nun Recht bekommt oder nicht es wird nichts ändern eine Neuwahl würde nicht bei rausspringen. Trotzdem muß dieses undemokratische Verhalten der Dame untersucht werden.

Richard Beuthler
5 Jahre her

Sehr gut ! Dann wird so hoffentlich zeigen, ob die CDU-Wahlleiterin und die Abgesandte aus der Staatskanzlei das Recht gebrochen haben !

Denis Diderot 2018
5 Jahre her

Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, ein Viertel der Sitze zu erringen – solche Ausschüsse können nicht verhindert werden. Der Aufstieg der Grünen ist eng mit dem Flick-Untersuchungsausschuss verbunden.
Die AfD hat hier zum ersten Mal eine echte Waffe in der Hand.

Richard Beuthler
5 Jahre her
Antworten an  Denis Diderot 2018

Genau ! Danke an die Wähler in Sachsen !

fatherted
5 Jahre her

naiv zu glauben, dass dabei was rauskommen würde. Selbst wenn….es findet sich ein Gericht dass, das abbiegt….was nicht sein kann…das nicht sein darf.

D. Harry
5 Jahre her
Antworten an  fatherted

Die MSM werden das nicht publizieren, weder den Antrag noch das Ergebnis

Dr_Dolittle
5 Jahre her

Als „Machtwort“ medial verbreitet, aber doch nicht einmal ein Schröder’sches „Basta!“ Herr Steinmeier weigert sich die Dinge beim Namen zu nennen. Genauso wie die Universitätsleitung. Es hätte ihm gut zu Gesicht gestanden Ignazio Silone zu zitieren: Der Faschismus wenn er wiederkommt wird nicht sagen ich bin der Faschismus – er wird sagen ich bin der Antifaschismus. Er hätte ganz konkret darauf hinweisen können daß genau in demselben Hörsal eine damals jüdische Professorin mit genau denselben Methoden an der Lehre gehindert worden war und daß diese Methoden zu verurteilen sind egal wer sie mit welcher Absicht oder Moral oder Gesinnung auch… Mehr

Dr_Dolittle
5 Jahre her

Ein Landeswahlleiter mit Parteibuch – ist das nicht als wenn der FC Köln den Schiedsrichter stellen dürfte? Nie wieder Paternoster!

Protestwaehler
5 Jahre her

„Wir Demokraten“ hahaha… „Demokratische Mitte“ hahaha… und wer solche Methoden strikt ablehnt, ist in deren Augen natürlich ein Demokratiefeind hahaha…..
Obwohl, wer Linksextremisten und rot-lackierte Faschisten mit dem Siegel „Demokratie leben“ versieht, muss schon eine völlig gestörte Vorstellung von Demokratie besitzen.
Immer mehr erinnert heute an die DDR, auch die Verbrecher versteckten sich damals hinter dem Etikettenschwindel „Demokraten“.

Haegar der Schreckliche
5 Jahre her

Das ist das Problem, wenn überall Beamte und Angestellte in den Ämtern sitzen, welche Parteimitgliedschaft haben. Um so etwas ansatzweise zu vermeiden müsste es ein Verbot von Parteimitgliedschaften für alle Angehörigen des Öffentlichen Dienstes geben.

T. Pohl
5 Jahre her

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat die AfD einen Abgeordneten weniger, als sie eigentlich qua der von ihr errungenen Stimmen haben müsste. M.E. reicht das aus, das Wahlergebnis über das Verfassungsgericht anzugreifen (-> Neuwahl) da lt. Grundgesetz die Anzahl der Abgeordneten die Anzahl der errungenen Stimmen abbilden muss.
Die jetzige Situation müsste also ein Verstoss gegen höherrangiges Recht (GG) sein; damit wäre die Sachsenwahl ungültig. Spannender als das Abendprogramm in den ÖR-MSM-Medien…

Thorsten
5 Jahre her

Das ist ja eine deutlich stärkere Einmischung als Trump in der Ukraine vorgeworfen wird.

Trump pochte da nur auf eine vollständige juristische Aufarbeitung und keiner KUNKELEI die als Rechtsbruch dasteht.

Ich denke, dass deswegen nicht wenige Sachsen echt sauer sind.