Die „Evangelische Verlagsanstalt“ aus Leipzig gab im Juli 2023 ein Buch zu einem heiklen Thema heraus: „Angst, Politik, Zivilcourage: Rückschau auf die Corona-Krise“. Im November wurde die weitere Auslieferung des Buches gestoppt - dagegen protestieren jetzt Theologen und Wissenschaftler.
Jan Dochhorn, Judaist und Neutestamentler in Durham, hat sich in dieser Angelegenheit brieflich an das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik gewandt. Eine Antwort gab es nicht. Wir publizieren hier seinen Brief, von ihm selbst leicht überarbeitet, als einen Offenen Brief an das GEP.
TE hat über den Vorgang bereits im November berichtet:
Hier der Text selbst:
Offener Brief an das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik,
Verehrte Damen und Herren,
mir ist bekannt geworden, dass auf Einwirken des GEP als eines Mehrheitseigners des Verlags EVA Leipzig ein Buch mit dem Titel »Angst, Politik, Zivilcourage«, zu dem namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und renommierte Wissenschaftler beigetragen haben, vom Markt genommen wurde. Hierzu erlauben Sie mir als einem Leser von Büchern der EVA Leipzig und als einem ihrer langjährigen Autoren bitte folgende Stellungnahme:
1. Ich habe es immer sehr geschätzt, bei der EVA Leipzig ein facettenreiches Angebot vorzufinden, zu dem sehr unterschiedliche Autoren aus sehr unterschiedlichen theologischen und weltanschaulichen Richtungen beitragen. Es hat sich daraus ein Vertrauen entwickelt, das erheblich beschädigt wird, wenn nun ein ganzes Autorenteam in Haftung genommen wird für Anstoß, den eine einzige Rezension an dem o.g. Band genommen hat (Merle / Probst in »Zeitzeichen« vom 30.10.2023). Von zentraler Bedeutung scheint dabei ein Satz nur eines Autoren zu sein, der als antisemitisch gebrandmarkt wurde, obwohl er, wie schon aus dem Kontext des Satzes erkenntlich wird (deutliche Nationalsozialismus-Kritik ein paar Seiten vorher), kaum so intendiert gewesen sein kann. Einem Antisemitismus-Vorwurf sollte man sich nicht vorschnell anschließen; das gebietet Fairness und Respekt. Ich bin Judaist und bekennender Freund Israels; als solcher lege ich großen Wert darauf, dass durch vorschnelle Antisemitismus-Vorwürfe (fast immer von Christen gegen Christen) das gedeihliche Gespräch zwischen Christen und Juden, jüdischen und christlichen Forschern und Intellektuellen nicht belastet wird.
2. Ich habe nach wie vor großes Vertrauen in die Arbeit der EVA Leipzig, die unter den Verlagen für Theologie und Christentum eine einzigartige Stellung einnimmt. Die EVA Leipzig ist alles andere als bloß ein kirchliches Verlautbarungsorgan; sie kann vielmehr gelten als eine Stätte des angstfreien und wahrheitssuchenden theologischen Diskurses für die Kirche und in der Kirche. Als ein EKD-Verlag sorgt die EVA Leipzig damit auch für das Renommée der Evangelischen Kirche, das durch einen Akt fortgesetzter Depublikation (Cancel Culture) des genannten Bandes unwiderruflich Schaden nehmen würde.
3. Da Sie sich mit kreativer Arbeit auskennen, werden Sie wissen, dass gute wissenschaftliche und publizistische Literatur nicht entstehen kann, wo es nicht auch den missverständlichen und misslungenen Satz geben kann, der dann verziehen oder auch korrigiert wird. Die inkriminierte Auslassung über die Entschädigungszahlungen an die israelischen Opfer des Olympia-Attentats ist ein solcher Satz. Er stellt eine Digression dar, die für die meisten Leser kaum verständlich ist und damit auch missverständlich. Er kann bei den heutigen technischen Möglichkeiten vom Autor entnommen werden, ohne dass dem Manuskript außer einer Fußfalle etwas fehlen würde. Solche nachträglichen Korrekturen sind völlig unproblematisch. Möglich wäre sicher auch eine gut lektorierte Aufnahme der Debatte in eine erweiterte Auflage des Bandes. Doch das müsste mit den Herausgebern und den Autoren besprochen werden.
4. Der Hinweis in der PM der GEP vom 10.11.2023, es werde in dem Band rechtsextreme Literatur zitiert, bleibt ohne Spezifikation und entbehrt damit der Substanz. Man kann solche Vorwürfe nicht erheben, ohne klar zu definieren, was man unter »rechtsextrem« versteht, und ohne Beispiele zu geben, die dann kritisch geprüft werden können. Rechtsextremismus zu unterstellen, ist keine Harmlosigkeit; dies im Übermaßen zu tun bewirkt aber mindestens indirekt eine Verharmlosung des Rechtsextremismus, woran wir kein Interesse haben können. Ein verantwortungsbewusster Sprachgebrauch ist erforderlich und gerade unter Christen geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Dochhorn
Associate Professor Dr. Jan Dochhorn, dr. theol (dk)
Durham
Zahlreiche Kollegen und Kolleginnen aus Wissenschaft, Theologie und Kirche teilen das Anliegen dieses Briefes:
Prof. Dr. Detlef Hiller
Dr. Christian Herrmann
Dr. Harald Schwaetzer
PD Dr. Meik Gerhards
PD Dr. Benjamin Gleede
Pfarrer Martin Michaelis
Dr. Therese Feiler
Prof. Dr. Oleg Dik
Prof. Dr. Christin Werner
PD Dr. Axel Bernd Kunze
Dr. h.c. Christian Lehnert
Prof. Dr. Ole Döring
Prof. Dr. Henrieke Stahl
Prof. Dr. Christian Pietsch
Pfarrer em. Dr. Hans-Gerd Krabbe
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Als Autor des Offenen Briefes kann ich mich hier kurz zu dem Vorwurf äußern, mein Lob der EVA Leipzig sei zeitgeistig. Es handelt sich um echtes Lob; warum sollte ich als Autor dieses Verlages, der sehr wohl auch Kontroverses und Unangepaßtes verlegt, den Verlag nicht loben? Ich sehe nur die Unabhängigkeit dieses Verlages gefährdet durch den oben erwähnten Eingriff seitens des wichtigsten Anteilseigners, der mindestens EKD-nah ist. Es gibt auch im Protestantismus Restbestände kritischen Denkens, eher entfernt von der Leitungsebene als in ihrer Nähe, und die müssen mit Umsicht verteidigt werden. Ob man außerhalb des christlichen / kirchlichen Milieus auf… Mehr
Die EKD leidet an folgendem, fundamentalem Problem…..
in der Schöpfungsgeschichte (GEN 1 26 ff) heißt es…“Dann sprach Gott: Lasst uns den Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich….“
In der Postmoderne aber scheinen sich Theolog*Innen wie GöhringEckart, Bedford-Strohm, Kässmann, Gundlach, Kurschus etc. – möglicherweise verursacht durch Synapsen-Aberrationen – einen Gott zu schaffen als ihrem Abbild, ihnen und den rot-rot-grünen Partei-Programmen ähnlich…… da läuft wohl etwas gewaltig schief!
Da doktort es aber gewaltig. Ein Dr. in Theologie ist etwa so sinnvoll wie einer in Gendergaga. Ich nenn mich ab jetzt auch Doktor, in Elbo-und Orkologie. Hab immerhin Herr der Ringe und das Silmarillion gelesen. Wollts nur mal erwähnen, werte Kollegen Doktoren, und jetzt muss ich los zum Quidditch, bevor der Schnatz weg ist.
Mein Gott, oh Gott, bin ich froh, dass ich aus dieser areligiösen Politkongregation vor Jahren ausgetreten bin. Ich bin aber immer noch gläubig.
Meine Schwägerin war evangelisch.
Als sie den Queergottesdienst vom Kirchentag gesehen hat, ist sie am nächsten Tag zum Standesamt gefahren und hat ihren Kirchenaustritt erklärt!
Wer die Hälfte seiner Kritik an der EVA mit Lobpreisungen der EVA und ihres Tuns, ihrer Kompetenz usw. füllt, der ist selbst schon ganz zeitgeistig unterwegs. Und selbst mit der sanften Kritik ist man weit hinterher, das gemahnte Tun ist längst etabliert.
Ein Akt voraus eilenden Gehorsams. Die Etikettierung „rechts“ (unzulässige diffamierende Bezeichnung für rechtsextrem) hat sich mittlerweile derartig abgenutzt, dass nun der Terminus „Antisemitismus“ bemüht, ja mißbraucht wird, um unliebsame Äußerungen zu neutralisieren. Es ist in der Tat bitter, dass das Andenken der Opfer des tödlichen NS-Staatsterrorismus beschädigt wird, um eminente argumentative Schwächen zu kaschieren.
Dank den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern dieses Briefes für ihre Courage.
Bücher werden heutzutage nicht mehr verbrannt….sie werden „gecancelt“…..
Wenn es keine Antwort darauf gibt, ist es nur ein Kommentar.
Die Leute, die sich Kirche nennen, werden weiter die Kritik totschweigen und ihr eigenes, fettiges Süppchen kochen.