Depressionsforscher Ulrich Hegerl spricht über die Auswirkung von Corona auf psychische Erkrankungen – und die Kollateralfolgen des Shutdown in Deutschland.
Professor Hegerl, Sie sind einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Depressionsforschung und Vorsitzender der Deutschen Depressionshilfe. Nach mehreren Wochen geht der Corona-Lockdown allmählich zu Ende. Gibt es schon Erkenntnisse, wie sich diese Einschränkungen auf die Situation der gut fünf Millionen Depressiven in Deutschland ausgewirkt hat?
Prof. Ulrich Hegerl: Die Corona-Krise wird nach meiner Einschätzung nicht zu einer Welle neuer depressiv Erkrankter führen. Aber für die vielen Erkrankten ist die Situation besonders problematisch. In einer Depression fehlt Hoffnung und Kraft, um sich auf die neue Situation einzustellen und Gefahren werden vergrößert wahrgenommen. Da Depression immer mit einem Erschöpfungsgefühl einhergeht, werden sich viele Betroffene auch tagsüber grübelnd ins Bett zurückziehen. Dies ist besonders problematisch, da langer Schlaf und lange Bettzeiten Depressionen eher verstärken. Am bedenklichsten ist aber, dass sich die Versorgungssituation verschlechtert hat.
Wodurch?
Stationäre Behandlungen wurden verschoben, Ambulanzen haben Ihre Versorgungsangebote reduziert. Weiter sind bei niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten viele Sprechstunden ausgefallen, häufig da Patienten aus Angst vor einer Ansteckung abgesagt haben. Manche depressiv Erkrankte werden auch gemeint haben, sie dürften das Gesundheitssystem jetzt in dieser besonderen Lage während der Pandemie nicht mit ihrem Problem belasten. Es gehört ja zu dem Krankheitsbild der Depression, dass viele fürchten oder sogar überzeugt davon sind, sie seien selbst Schuld an ihrer Erkrankung, und sie dürften der Gesellschaft nicht zur Last fallen. Das ist ein Denkmuster, das sich gerade in der Zeit von Corona besonders fatal auswirkt.
Wenn die Depression noch in Verbindung mit einer Suchtproblematik steht, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Situation durch den Shutdown verschärft hat. Die schlechtere medizinische Versorgung, die sich verschärfende Suchtproblematik und auch die soziale Isolation, das sind alles Faktoren, die Grund zur Sorge sind, dass die Zahl von Suiziden oder Suizidversuchen steigt. Dies werden wir sehen, wenn wir die offiziellen Zahlen für 2020 kennen.
Deutschland steuert in die tiefste Rezession seit dem 2. Weltkrieg. Treibt die Wirtschaftskrise jetzt Tausende in die klinische Depression?
Depression ist nicht nur eine Reaktion auf schwierige Lebensumstände, sondern eine eigenständige Erkrankung, die jeden treffen kann, der eine entsprechende Veranlagung hat. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Aufgabe eines Geschäftes sind Grund für Sorge, Frustration und gedrückte Stimmung, aber in der Regel nicht für eine depressive Erkrankung oder einen Suizid.
Wo finden Depressionskranke schnell Hilfe – besonders diejenigen, deren Situation sich jetzt verschlechtert?
Ansprechpartner bei Depression und Suizidgedanken ist der Facharzt für psychische Erkrankungen, also der Psychiater oder Nervenarzt. Auch Psychologische Psychotherapeuten und Hausärzte sind für die Diagnose und Behandlung der Depression zuständig. Notfalltelefone sind eine sehr wichtige Hilfe für alle, die akut in eine Krise geraten. Besteht akute Suizidgefährdung, kann auch der Notarzt angerufen werden.
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe bietet Hilfe im Netz – durch Online-Beratung und durch Online-Selbsthilfegruppen von Betroffenen. Es steht auch ein kostenfreies Selbsthilfeprogramm, das iFIghtDepression-Tool (www.deutsche-depressionshilfe/iFightDepression), zur Verfügung, das dabei hilft, den Tag zu strukturieren, den Zusammenhang zwischen Schlaf und Stimmung zu verstehen und negative Grübelschleifen zu durchbrechen.
Weltweit hinterlässt die Corona-Pandemie riesige wirtschaftliche Schäden, viele Länder werden in eine lange Krise stürzen. Was bedeutet das für die psychische Gesundheit der Bevölkerung?
Auch hier sehe ich das große Problem weniger darin, dass dadurch Depressionen verursacht werden, sondern darin, dass sich die medizinische Versorgung der Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen verschlechtert. Das gilt vor allem für Länder, in denen die Menschen ihre Behandlung selbst bezahlen müssen. Zu den Suizidraten konnten wir in einer europäischen Studie in Kooperation mit 29 Ländern zeigen, dass diese nicht mit dem Bruttosozialprodukt oder der Arbeitslosigkeit, jedoch mit der Verschreibung von Antidepressiva zusammenhängt. Werden mehr Antidepressiva verschrieben, das heißt, holen sich mehr Menschen professionelle Hilfe, dann gehen die Suizidraten nach unten – und umgekehrt.
Jetzt, da der Lockdown allmählich aufgehoben wird, beginnt auch die Diskussion über Nutzen und Kosten der Maßnahmen. Manche Mediziner befürchten, der Kollateralschaden des wochenlangen Stillstands könnte größer ausfallen als der Schaden durch das Virus. Was meinen Sie?
Wir müssen die Balance beachten zwischen Leid und Tod, die durch das Lockdown möglicherweise verhindert werden, und die, die durch das Lockdown verursacht werden. Verhindert werden sollen ja nicht die Corona-Toten, die wir zur Zeit trotz guter medizinischer Behandlung unvermeidlich zu beklagen haben, sondern mögliches zusätzliches Leid und zusätzliche Todesfälle, die dadurch entstehen, dass durch ein zu rasches Infektionsgeschehen die intensivmedizinische Versorgung überfordert wird. Davon sind wir in Deutschland zurzeit weit entfernt. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass überreagiert wurde und nicht nur bei Menschen mit psychischen Erkrankungen, sondern auch in anderen Bereichen der Medizin mehr Schaden angerichtet als verhindert wurde. Suchterkrankungen verschlimmern sich, Operationen wurden verschoben, professionelle Hilfe wird zu spät aufgesucht, etwa bei Schlaganfall.
Als die Maßnahmen im März verhängt wurden, spielten mögliche Kollateralschäden in der politischen Debatte kaum eine Rolle. War das ein Fehler?
Es ist nicht Aufgabe der Virologen und auch nicht meine, die Balance zwischen Nutzen und Schaden der Corona-Maßnahmen abzuschätzen. Das ist eine zugegebenermaßen schwierige Aufgabe der Politik, unterstützt durch einen multiprofessionellen Expertenstab.
Wurde also öffentlich zu wenig diskutiert?
Mich hat es als Mediziner schon erstaunt, dass dieser zentrale Aspekt der Nutzen-Schadens-Abwägung kaum öffentlich diskutiert wurde. Dies wurde immer unter dem Motto „Gesundheit und Leben geht vor Ökonomie“ moralisch ins Abseits gestellt. Es geht aber auch um Leid und Tod auf der einen und Leid und Tod auf der anderen Seite.
Professor Ulrich Hegerl, geboren 1953 in München, ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Seit Juni 2019 hat er die Johann Christian Senckenberg Distinguished Professorship mit Sitz in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Frankfurt inne, und ist Vorsitzender der Deutsche Depressionshilfe https://www.deutsche-depressionshilfe.de/start
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Seit 2013 gehört Ulrich Hegerl zum Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.
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Es ist unfaßlich, wie dieses Regime sämtliche zwischenmenschlichen Beziehungen zerstört. Sie sind die Grundlage unseres Menschseins und werden kriminalisiert mit sinnfreien Vorschriften. Menschen verkümmern seelisch ohne körperlichen Kontakt, wir haben eine Menge Singlehaushalte in Deutschland und selbst der Handschlag soll unterbleiben? Ist ein Türdrücker was Besseres als eine warme, liebevolle menschliche Hand? Und der Schutz gesundheitlich gefährdeter Personen rechtfertigt, daß ich mit meiner Familie draußen an der frischen Luft nicht picknicken darf, wir aber ins Lokal gehen dürfen? Ich mich schämen soll, daß ich in der Gemeinschaft die Gemeinschaft als solche genießen oder zum Zweck freudvoller Beschäftigungen oder künstlerischen Genusses… Mehr
Wer über psychische Erkrankungen ernsthaft nachdenken mag, der kommt um zwei Dinge nicht herum.
Das Manifest Theodore John Kaczynski und insbesondere des Beginns über die Psyche von Linken. Immerhin die mit den häufigsten Sympthomen.
Und ein Blick auf die andere Seite der Medaille.
Die Frage wer so groß im Schwätzer und Couchbusiness ist und sich dumm und dämmlich am Pillenverkauf verdient.
Hint: Sehen nur weiß aus my fellow whites.
Mag man die ersten 4 Wochen noch den Shutdown als gerechtfertigt sehen konnte, weil der internationale Herdentrieb sozusagen die Verunsicherung über die Virulent des Virus allgegenwärtig war, geht es heute längst nicht mehr darum die Bevölkerung zu schützen.Im Windschatten Covid-19 sollen nun Gesetze und Zahlungen an die EU durchgepaukt werden. Die ständige Panik in der Bevölkerung soll uns blind und taub schlagen, gegenüber dem, was jetzt auf uns zurollt. Und das ist um mehrere Potenzen schlimmer, vernichtet mehr Existenzen, als Corona hätte jemals vernichten können.
Und von den Medien bekam man stündlich die neuen Infektions-, Todes- und sonstige Corona-Zahlen um die Ohren gehauen. Es dauerte ewig, bis man die Zahl der noch Infizierten auf die Mattscheibe liess. Und es gibt ca. 4-5 gefährliche Umstände wo man sich das Virus einfangen kann. Darüber spricht man manchmal. Über die Maskenpflicht und andere Dinge wieder zu jeder Stunde. Die Hot Spots sind alle Zusammenkünfte mit vielen Menschen auf engen Raum mit viel Gesinge und Gequatsche! Das grösste Problem aber, was wir haben sind die desolaten Schulen. Die Toiletten sind schon fürchterlich, aber das Internet und alles was dazugehört… Mehr
„„Schaden und Nutzen wurden kaum öffentlich diskutiert““
Es ist ja auch bei Strafe verboten.
Wir erleben ein zentralistisches Durchregieren, diesmal im Namen von Wissenschaft und (Volks-)Gesundheit. Wo gehobelt wird, da fallen aber Späne … Der Kollateralschäden ist Legion. Und der „lebensunwerten“ Toten auch, durch ausgefallene, verschobene Behandlungen, Reha-Maßnahmen (wie bei mir), ohne Ausweg für die Betroffenen: Der Weg ins Ausland wurde genauso versperrt, wie der ins Fitnessstudio. Erzwungene Einfalt, diesmal global, trotz gepredigter (Schein-)Vielfalt und Toleranz. Zentralismen führen im Headcount …
Haben Sie auch Belege für Ihre Behauptung?
Das mag ja auch sein. Das darf für die Politik aber nur EIN Punkt von vielen sein, um eine derart epochale Entscheidung zu treffen oder eben nicht. NUR die Politik hat hier die alleinige Verantwortung, sie MUSS sich mit allen relevanten Nebenwirkungen beschäftigen. Dtld. hatte viele Wochen Zeit dafür!!
Also, wenn ich das so sagen darf, da muss nicht erst Corona her, um nicht auch schon vorher in Depressionen verfallen zu sein bei dem Niedergang dieser Bananenrepublik. Ich bin eher dankbar dafür, dass der Niedergang diesen Brandbeschleuniger hat. Bedeutet es doch, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Knall steigt und das Leiden mit diesem Saustall von Parteiendemokratie eher ein Ende hat. In diesem Sinne empfehle ich ebenso ganz gefühllos bei der nächsten Wahl und dunkelrot und dunkelgrün zu stimmen, um damit nochmal den Turbolader für das Ende zu starten.
In der Politik war niemand vorbereitet, es wurde verharmlost und Fasching gefeiert. Dann kam die Panikphase wo sich die Verantwortlichen mit Massnahmen übertreffen wollten. Abgewogen wurde nichts, statt dessen Unfähigkeit und völlig überzogene Massnahmen. Das Land wurde völlig sinnlos ruiniert.
Ich möchte hier präzisieren: Spahn hat monatelang allabendlich das Vorbereitetsein in allen Talkshows der Republik vorgegaukelt!
Meiner Meinung nach durfte Spahn gar nicht. Mutti war noch im Winterschlaf. Die meldete sich, als Spahn und die anderen so einigermassen die Kurve bekommen hatten. Natürlich zu spät, aber in der Herrschaft Merkel kommt vieles gar nicht oder halt zu spät!
Danke auch, dass Sie dass Thema Depressionen ansprechen. 5 Millionen Betroffene sind kein Pappenstiel. Da weiß ich, dass ich nicht alleine bin.
Liebe Jule, ich glaube, dass ich nicht besonders anfällig für Depressionen bin, jedoch nach vier Wochen fragt man sich als anscheinend gesunder und fiter Rentner schon was das alles soll. Andere Länder machen den Laden für Monate dicht, da wird selbst ein psychisch kerngesunder schon depressiv. Ich wünsche allen, die mit sowas Probleme haben dass die gut durch diese Krise kommen. Ich empfehle da Yoga, hat einer meiner Verwandten sehr gut geholfen.
Auswanderer, Sie haben den Artikel offensichtlich nicht gelesen. Welch ist Ihr Grund denn, jenen zu kommentieren? Tipp: genau die Kalender-Plattitüden, die Sie hier aneinander gereiht per copy/paste hier präsentieren, widerlegt der Facharzt im Interview klar, deutlich und sachlich. Ich wünsche Ihnen beste Gesundheit, doch bedenken Sie: nur ein kleines Ungleichgewicht im Stoffwechsel kann Sie auch in tiefste Depression stürzen. Nichts anderes als Stoffwechselstörung sind nämlich Depressionen – mit die tödlichsten Krankheiten überhaupt.