Der Anwalt Joachim Steinhöfel gewinnt erneut einen Prozess gegen Nancy Faeser. Doch die Vielzahl der Fälle zeigt: Teure Gerichtsverfahren werden von Bundes- und Landesregierungen massenhaft eingesetzt, um missliebige und weniger finanzstarke Medien unter Druck zu setzen oder gezielt deren Reputation zu zerstören.
Das Bundesinnenministerium (BMI) muss dem Nachrichtenportal „Nius“ mitteilen, gegen welche Journalisten es im Jahr 2022 mit einem Unterlassungsbegehren vorgegangen ist. Auch muss das BMI offenlegen, aus welchem Grund es die Berichterstattung beanstandete.
Dies entschied der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg am Montag und gab damit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von „Nius“ statt.
Hintergrund war eine Anfrage an sämtliche Bundesministerien. Die Journalisten wollten wissen, ob und wenn ja, wegen welcher Äußerungen seit Amtsantritt der Ampel-Regierung gerichtliche oder außergerichtliche Unterlassungsbegehren gegen Medien oder Journalisten geltend gemacht wurden.
Damit wollte das CDU-nahe Portal „Nius“ herausfinden, ob ein „generelles und bisher unübliches“ neues Phänomen vorliege, dass der Staat verstärkt gegen mediale Äußerungen vorgehe – oder aber, ob nur bestimmte Journalisten im Fokus stünden.
Unter anderem hatten das Bundesentwicklungsministerium, das BMI und die Antidiskriminierungsstelle (ADS) von Ferda Ataman versucht, Berichterstattung oder Überschriften von „Nius“ oder Tichys Einblick gerichtlich zu untersagen. Zur Routine gehört mittlerweile, dass sich dieselben Stellen weigern, unliebsamen Journalisten Auskunft auf Presseanfragen zu erteilen.
Das Gericht äußerte sich außerdem inhaltlich in seiner Begründung. Dass die Bundesregierung mithilfe externer Anwälte gegen regierungskritische Berichterstattung vorgehe, sei ein „neues Phänomen“, an dem großes öffentliches Interesse bestehe, stellten die Richter fest. Mit der verpflichtenden Auskunft des BMI könnten sich Hinweise ergeben, ob die Bundesregierung „gezielt gegen bestimmte Journalisten“ vorgehe und ob sich daraus „ein Muster ableiten“ lasse.
Rechtsanwalt Steinhöfel gewann im Jahr 2024 bereits 14 presserechtliche Verfahren gegen verschiedene Regierungsstellen, im Auftrag von „Nius“, aber auch von Tichys Einblick. „Darüber könne man sich als Anwalt freuen, so Steinhöfel gegenüber Medien, oder man könne als Bürger fassungslos sein angesichts der Kaltschnäuzigkeit, mit der diese Regierung die Rechte der freien Presse rechtswidrig ignoriere.“
Auch TE ist in diesem Jahr in drei langwierigen Verfahren mit Bundes- und Landesregierungen verwickelt. Erkennbar wird daran der gezielte Versuch, kritische Medien mit teuren Verfahren zum Schweigen zu bringen, weil selbst bei einem gerichtlichen Erfolg Anwaltskosten von den beklagten Medien aufzubringen sind. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beispielsweise operiert mit Rufschädigung, die nur halbherzig und unauffällig korrigiert wird, sodass zum materiellen Schaden ein dauerhafter Reputationsschaden tritt.
„Es ist eine ungleiche Auseinandersetzung: Politiker lassen sich vom Staat und mit Hilfe von Steuergeldern vertreten und wissen genau, dass die Gegenseite das nicht finanzieren kann“, erklärt dazu TE-Gründer Roland Tichy. Ein weiterer Schritt sei die Einrichtung von „Meldestellen“, die künftig willkürlich und massenweise Aussagen zur Anzeige bei Behörden bringen oder bei den Plattformbetreibern wie Facebook löschen lassen. Auch dagegen helfen nur finanziell extrem aufwändige Gerichtsverfahren mit hohem Verlustrisiko.
„So werden Gerichtsverfahren als Instrument zur Unterdrückung von Presse- und Meinungsfreiheit instrumentalisiert“, so Tichy weiter: „Das widerspricht dem Geist des Grundgesetzes und der darin postulierten Meinungsfreiheit“.
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Wird Zeit, dass der Verfassungsschutz die Regierung beobachtet – vor allem seine eigene Chefin.
Eigentlich sollten wir es wissen. Wir leben trotz aller Demokratie und Gleichmacherei immer noch in einem mehr Klassensystem. Das fängt bei der Geburt an und zieht sich durch das ganze Leben und alle Lebensbereiche. Arm geboren, wird in den allermeisten Fällen auch arm beerdigt. Da ist es doch sehr einfach, wenn man mit dem Geld, was einem eigentlich nicht selber gehört, wie z.B. Steuern, endlich mal ohne eigenes Risiko andere vor den Richter zerren kann. Das zieht sich von den höchsten Staatsämtern bis zur kleinsten Kommune durch. Erst wenn jeder dieser Steuermittelverschwender persönlich mit einem Anteil bei Misserfolg bürgen müsste,… Mehr
„Ein weiterer Schritt sei die Einrichtung von „Meldestellen“, die künftig willkürlich und massenweise Aussagen zur Anzeige bei Behörden bringen oder bei den Plattformbetreibern wie Facebook löschen lassen. Auch dagegen helfen nur finanziell extrem aufwändige Gerichtsverfahren mit hohem Verlustrisiko.“ Ich überlege gerade, was passieren würde, wenn man den Spieß umdreht und diese „Meldestellen“ mit Hetzkommentaren von Politikern und Mainstreamjournalisten bombardiert. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute, die bei diesen Denunziationsportalen tätig sind, schon nach kurzer Zeit keinen Gefallen mehr an ihrer „Arbeit“ finden werden, wenn sie Tag für Tag mit zigtausend Beschwerden über schräge Aussagen von Typen wie Böhmermann… Mehr
Erstens hat das eine (da haben Sie sicherlich recht) absolut gar nichts mit dem anderen zu tun und zweitens kann man beim „anderen“ durchaus anderer Meinung sein.
Die nach Meinung einer Mehrheit der Deutschen allerschlechteste Bundesregierung aller Zeiten versteht sich auf ein Fach dennoch sehr erfolgreich: das Durchwurschteln! Kritiker werden dabei recht gekonnt mundtot gemacht, denn sonst wäre es schnell vorbei.
Ja. Merkel hat es ja gezeigt, wie man Missliebige aus dem Wege räumt. Ohne großes Aufhebens – das zudem.
Kann man das eigentlich zusammengefasst lesen, wen sie da innerhalb ihrer Partei in den Orbit schoss? Wobei die außerhalb wohl noch interessanter zu verfolgen wären.
Sie brauchen sich nur mal diesen armseligen Verbraucherschutz vornehmen. Allein die Bezeichnung……Wer sich mit der Internetkriminalität befasst, winkt nur noch ab. Da langts nicht mal mehr zur Ermittlung von privaten Peanuts-Fällen. Oder man nehme die Inkassobüros, die 3 Jahre lang (Verjährungsfrist für Forderungen) mahnen und die Forderungen um 200, 400% aufpumpen. Ja, Danke, FDP. Oder die KfZ-Werkstätten – kein Kunde kann kontrollieren, ob er da nicht nur betrügerisch abgezockt wird, ohne dass er in der Lage ist, dies beweisen zu können, da jeder Prozess zum Gutachterprozess wird, der 5.000,- €-Schaden zu einem Volumen von 50.000 € anwachsen und daher der… Mehr
Frage an den Autor: Joachim Steinhöfel hat dieses Jahr 14 Verfahren gewonnen, hat er auch welche verloren? Hätte er 14 von 14 gewonnen, wäre das phänomenal, wären es 14 von 114, wäre das zumindest auch eine Info. Unabhängig davon: jeder gewonnene Fall ist ein Sieg der (Presse)-Freiheit und unbedingt zu feiern.
Einen Beitrag in der Welt hatte ich so interpretiert, dass Herr Steinhöfel alle Verfahren zum Thema Pressefreiheit gewonnen hat. Also 14 von 14. So richtig klar wurde das dort aber auch nicht formuliert.
Erstens ja, zweitens nein.
Es stimmt mich zuversichtlich, dass es in Deutschland noch Gerichte gibt, die sehr deutlich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Regierung gegen kritische Journalisten stellen. Es ist ein Hoffnungsschimmer, wenn unabhängige Richter erkennen, dass es sich bei dem rechtsstaatlich fragwürdigen Verhalten der Regierenden um ein neues Phänomen handelt, das von großem gesellschaftlichen Interesse ist. Die Herrschaften auf den Regierungsbänken wollen die Demokratie, die sie gerne als „unsere Demokratie“ bezeichnen dadurch schützen, dass sie sie abschaffen.
Das hat man sich von den Versicherungen abgeschaut. Wir zahlen oft auch erst, wenn sie letztinstanzlich verloren haben. Nicht nur der Staat, auch Konzerne haben finanzielle gesehen einen deutlich längeren Atem als der Normalbürger. Hier hilft eigentlich nur für Gleichheit der Waffen zu sorgen. Wenn der Bürger 30% seines Einkommens für einen Rechtstreit riskiert, warum riskiert ein Unternehmen nur 0,0005% seines Jahresgewinns und nicht auch 30%? Verliert das Unternehmen, muss es entsprechend viel spenden (ohne steuerlich Vergünstigungen). Da würden langwierige Verfahren im Handumdrehen verhindert und Versicherungen würden nur prozerssieren, wenn sie sich sicher wären, dass sie gewinnen. Sind 30% zu… Mehr
Nennt sich das etwa „Rechtsstaat“?
Auch alte Autos müssen irgendwann mal überholt und modernisiert werden.