Politische Willkür ersetzt den Rechtsstaat

Heute Morgen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser das „Compact-Magazin“ verboten. Es ist der vorläufige Schlusspunkt in der Demontage des liberalen Rechtsstaates durch die Verfassungsministerin.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Nach dem Ende der Fußball-Europameisterschaft beschäftigt sich das „Bundesministerium des Inneren und für Heimat“ wieder mit dem, was es seit der Ernennung der hessischen SPD-Politikerin Nancy Faeser zur Bundesinnenministerin als seine Kernkompetenz betrachtet: der Delegitimierung der verfassungsrechtlichen Ordnung. In den frühen Morgenstunden hat das Ministerium mit der Durchsuchung der Räumlichkeiten der „Compact-Magazin GmbH“ begonnen. Das betraf auch die Privaträume ihres Chefredakteurs Jürgen Elsässer.

An den Umständen dieser Aktion durfte die Öffentlichkeit teilhaben. Offensichtlich waren Pressevertreter vor Ort, die es für eine gute Idee hielten, einen noch schlaftrunkenen Elsässer bei der Überreichung des Durchsuchungsbeschlusses abzulichten. Die rechtliche Würdigung solcher Methoden ist noch zu prüfen. Aber es ist ein bezeichnendes Berufsverständnis von Journalisten, wenn sie das Verbot eines Presseerzeugnisses auf Grundlage einer willkürlichen Entscheidung der Bundesinnenministerin unterstützen sollten.

Grundrechte schützen den Bürger, nicht eine Ministerin

Denn darum handelt es sich, wie der offiziellen Begründung des Ministeriums zu entnehmen ist. Die rechtliche Fassade liefert der Artikel 9 Absatz 3 GG in Verbindung mit dem § 3 Vereinsgesetz. In der Argumentation gibt sich das Ministerium allerdings noch nicht einmal den Anschein einer rechtlichen Prüfung, sondern verweist lediglich auf die politischen Überzeugungen der Ministerin Faeser, wie im folgenden Zitat deutlich wird: „Ich habe heute das rechtsextremistische ‚COMPACT-Magazin‘ verboten. Es ist ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene. Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie. Unser Verbot ist ein harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene. Das Verbot zeigt, dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen.“

Compact-Verbot
Faeser überspannt den Bogen: „eindeutig verfassungswidrig“
Es ist aber rechtlich irrelevant, wie die Ministerin etwas politisch beurteilt. Die freiheitliche Rechtsordnung beruht darauf, dass sie den Bürger vor den politischen Vertretern eines Staates schützt. Diese können nämlich das ihnen auf Zeit übertragene staatliche Gewaltmonopol missbrauchen, um ihre Macht zu sichern. Das ist der Sinn von Grundrechten: Sie schützen nicht die Bundesinnenministerin, sondern den Bürger vor möglichem Machtmissbrauch.

Insofern ist es belanglos, wie man die Inhalte des Compact-Magazins beurteilt. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung erlaubt Hass und Hetze, den Kampf für eine andere staatliche Ordnung und sonstige Aktivitäten, die der Verfassungsschutz gern als verfassungswidrig einstufen kann. Das kann linken und rechten Radikalismus betreffen, auch die Aktivitäten linker Klimaaktivisten sind erlaubt. Nicht erlaubt sind lediglich strafbare Handlungen, wie etwa die nicht mehr durch das Recht auf Versammlungsfreiheit gedeckte Nötigung von Verkehrsteilnehmern durch Straßenblockaden oder die Zerstörung von Kunstwerken. Der verfassungsrechtliche Rahmen ist für die „Letzte Generation“ breit gesteckt, obwohl die Umsetzung ihrer politischen Forderungen wohl nur in einem autoritär verfassten Staat umsetzbar wäre. Sie handelten mit ihrer Kandidatur zur Europawahl richtig, wenn das Ergebnis mit 104.386 Stimmen auch nicht ihren Erwartungen entsprochen haben wird. Sie werben um Unterstützung für ihr politisches Anliegen.

Das ist für die Ministerin ansonsten ein Tatbestandsmerkmal für ein Verbot. Es sei bei „Compact“ zu befürchten, dass „Rezipienten der Medienprodukte durch die Publikationen, die auch offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“. Die Ministerin ließ das in ihrer Stellungnahme hervorheben, offenbar in der irrigen Annahme, damit die rechtliche Relevanz dieser Aussage stärken zu können. Diese Methode einer präventiven Gefahrenabwehr durch das Verbot von Meinungsäußerungen wurde auch schon in dem Strafverfahren gegen MicLiberal versucht. Es ist in erster Instanz gescheitert.

Ein Pamphlet als Verbotsbegründung

So macht sich die Bundesinnenministerin konsequenterweise nicht einmal mehr die Mühe, eine rechtliche Begründung für das Verbot überhaupt noch vorzutäuschen. Sie hält es nicht für nötig, mit ihrem Verbot in Widerspruch stehende Grundrechte wie den Artikel 5 GG überhaupt zu erwähnen. Tatsächlich erinnert die Pressemitteilung an ein politisches Pamphlet, wie es etwa auf „Campact“ veröffentlicht werden könnte. Jeder darf bekanntlich seine politischen Überzeugungen in Wort, Bild und Schrift veröffentlichen. Nur verfügt dieses Kampagnennetzwerk nicht über das staatliche Gewaltmonopol, um kurzerhand alles zu verbieten, was den dortigen Aktivisten nicht gefällt. Aber es ist ein Skandal, wenn dieser kategoriale Unterschied zwischen dem Staat und gesellschaftlichen Gruppen im Verfassungsministerium von Frau Faeser vergessen worden ist. Campact begrüßt das Verbot. Sie machen auch deutlich, worum es geht: ein Verbot der AfD als nächsten Schritt.

Diese rechtlichen Fassaden erinnern an Potemkische Dörfer zur Simulierung des Rechtsstaates. Die Bundesinnenministerin hat sich eine Generalvollmacht ausgestellt, um von nun an mittels Generalklauseln zu agieren. Wer rechtsextremistisch ist, bestimmt die Ministerin. Was erlaubt ist, bedarf damit in Zukunft ihrer konkludenten Zustimmung, ansonsten wäre es verboten. Der Rechtsstaat wird durch die politische Willkür der Amtsinhaberin ersetzt. Mit dieser Methode ist prinzipiell jeder gefährdet, egal, wie er sich politisch verortet. Denn eines ist sicher: Minister kommen und gehen, aber eine von allen liberalen Geistern verlassene Regierung bleibt eine Gefahr für den demokratischen Verfassungsstaat.

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Kommentare ( 74 )

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ketzerlehrling
1 Monat her

Dass Faeser dies ganz ohne gerichtliche Unterstützung hingekriegt hat, kann sein glaube ich aber nicht. Sie hat vermutlich nur den richtigen Zeitpunkt abgewartet, um diese Bombe platzen zu lassen. Mannheim, Trump-Attentat, all das wirft zu viel Licht auf die Schweinereien dieser Regierung und Brüssel. Ablenkung, Wahlkrampfgetöse, Warnschuss für alternativen Medien und die AfD und alle Renitenten.

Sancho
1 Monat her

Fassadendemokratie nennt man das.
„Es muss alles demokratisch aussehen,
aber wir müssen alles in der Hand haben.“
(Walter Ulbricht)

Petra Horn
1 Monat her

Fäser hat das bestimmt nicht im Alleingang gemacht. Das ist ganz auf der Linie von SPD und Grünen. Die hassen ihre Gegner so, daß sie sie zu zerstören zu versuchen. Es sollten keine Gefangenen gemacht werden. An allen Reglern wird gedreht, um endlich die AfD loszuwerden.
Fäser, Paus und wie sie alle heißen, sind aufgebrochen, um eine Partei zu zerstören. Ich hoffe, daß das ihre eigenen sein werden.

murphy
1 Monat her
Antworten an  Petra Horn

Alleingang?
Der Bruder vom (überflüssigen) Arbeitsminister Heil ist zufällig Chefredakteur beim ARD

Marie M
1 Monat her

Ich denke, Faeser hat sich an Jürgen Elsässer gewaltig verhoben.Die Panik, welche die gegenwärtige Regierung ergriffen hat, wird dazu führen, dass sie noch vor den nächsten Landtagswahlen ausgetauscht wird. Und wie ich Jürgen Elsässer kenne, wird mit der gerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit des Compact-Verbotes die Geschichte nicht zu Ende sein. Er wird Faeser vor Gericht sehen wollen und auf Millionen Schadenersatz klagen.

Peter Schewe
1 Monat her

Was einst mit dem Begriff ‚political corectnis‘ begann, findet jetzt im Verbot eines politischen Magazins seinen vorläufigen Höhepunkt. Dafür bin ich 1989 nicht auf die Straße gegangen. Offenbar brauchen Regierende, deren Rückhalt in der Bevölkerung schwindet, immer ein Feinbild. In der DDR war es der allgegenwärtige Klassenfeind, jetzt ist es die AfD. Offenbar reicht die politische Intelligenz einer Frau Faeser und anderer nicht aus, sich argumentatitiv mit dem ‚Feind‘ auseinanderzusetzen. So bleibt nur noch das staatliche Gewaltmonopol als Antwort. Wo das hinführt, siehe 1989.

Kati.D
1 Monat her

So vieles erinnert an die letzten Monate der DDR. Unfähige Politiker, deren Auftritte/Reden aus leeren Phrasen bestehen, die in ungeschickter Rhetorik vorgetragen werden. Trotzdem hatten sie die Macht, über Wohl und Wehe eines ganzen Landes zu bestimmen und es ist so greifbar, dass sie sich immer für das Wehe entscheiden. Man fühlt sich so hilflos diesen Betonköpfen ausgeliefert und hofft täglich, dass man aus diesem Albtraum aufwacht … nunja, bei der DDR ging es dann plötzlich ganz schnell. Im hier und jetzt habe ich da so meine Zweifel. Das Spiel vom Teilen und Herrschen funktioniert in der Bundesrepublik ganz wunderbar… Mehr

Last edited 1 Monat her by Kati.D
Hosenmatz
1 Monat her

Welches Demokratieverständnis will man von jemandem erwarten, der selbst keinerlei demokratische Legitimation besitzt? Frau Faeser wurde nicht in den Bundestag gewählt, sondern, nachdem sie krachend in Hessen gescheitert war, direkt auf den Ministerposten gehievt. Als Spitzenkandidatin fürs Minsterpräsidentenamt schon eine Fehlbesetzung, in ihrem Wahlkreis bei der BTW nur auf dem dritten Platz gelandet – zumindest in Hessen wollte sie niemand haben, und ich nehme an, im restlichen Deutschland eigentlich auch niemand.
Es gibt den Spruch „Wenn du den Charakter eines Menschen erkennen willst, dann gib ihm Macht“ – Frau Faeser ist ein Paradebeispiel dafür!

Sonny
1 Monat her

Diese Frau hat völlig und total den Verstand verloren. Und sie mag keine Kritik oder Widerrede.
Sie ist weder zur Königin noch zur Kaiserin gewählt worden, meint aber selbst, das zu sein. In einer anderen Zeit hätte sie sämtliche politischen Gegner am nächsten Baum aufknüpfen lassen, hier macht sie das auf andere Weise.
Wenn jetzt die Justiz nicht einschreitet, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland sich absolut von Recht und Gesetz verabschiedet hat. Es ist Verbrechern zum Opfer gefallen.

Stefan Z
1 Monat her

Sie können es drehen und wenden wie sie wollen, im Ergebnis wird nicht die Gefahr von „Rechts“ bekämpft sondern die Demokratie und Meinungsfreiheit. Die größte Gefahr für Deutschland ist daher die Ampel plus Anhang. Ja, auch die AFD könnte, ich betone könnte eine Gefahr für Deutschland werden. Gesichert, ist dies allerdings nicht. Die meisten Vorwürfe gegen die AFD, sind erst einmal nur Propaganda der politischen Gegner. Die Gefahr durch Ampel und Co ist allerdings real und zeigt immer mehr erschreckende Auswüchse. Ob Wirtschaft, Meinungsfreiheit, Antisemitismus, Zuwanderung etc. oder jetzt auch die Pressefreiheit. Diese Regierung will alles und jeden unter Kontrolle… Mehr

murphy
1 Monat her
Antworten an  Stefan Z

Ja, die AfD könnte eine Gefahr für unser Land werden. Es wohnt jeder Partei inne, dass sie gewendet wird wie die CDU/CSU unter Merkel. Deshalb wäre es IMHO besser es gäbe keine Parteien, sondern nur Einzelbewerber für max. 2 Wahlperioden. Aber nun gibt es Parteien. Sie sind im GG erlaubt, aber haben dort keinerlei Funktion! Das Geld was sie sich abgreifen ist eine Anmaßung! Momentan mag die AfD – mit und ohne Anti-AfD-Propaganda – nicht ideal erscheinen. Die AfD ist aber die einzige verfügbare Notlösung. Nur sie leistet Oppositionsarbeit!

Last edited 1 Monat her by murphy
RauerMan
1 Monat her

Volkeswille vertritt Faeser nachweislich nicht, die Hessen kannten/kennen sie schon länger.
Wessen Wille ?
Linksradikaler ?
Herr Bundeskanzler, setzen Sie bitte wieder das Recht durch, reicht es noch immer nicht ? Entlassen Sie diese dem Land schadende Dame.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  RauerMan

Da er es nicht tut – was soll man von ihm und seiner Regierung halten?

Petra Horn
1 Monat her
Antworten an  RauerMan

Will Scholz etwas anderes als Fäser?
Handelt sie im Alleingang?
Mit Sicherheit nicht!