PCK Schwedt in Not: Polen blockiert Öllieferung an die Raffinerie

Polen lässt Schiffe im Danziger Hafen nicht entladen und blockiert so die Öllieferungen für die PCK-Raffinerie in Schwedt. Das PCK ist von strategischem Interesse: Polens Regierung hat das erkannt, Deutschlands offenbar nicht. Übernimmt PKN Orlen die Anteile von Rosneft an der Raffinerie, macht sich Deutschland von Polen abhängig.

IMAGO / Frank Ossenbrink

Das PCK in Schwedt ist in schweren Gewässern, die Verantwortung dafür tragen zuerst und zwar persönlich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und sein Staatssekretär Michael Kellner, der noch dazu seinen Wahlkreis in der Uckermark, in der Schwedt liegt, hat. Aber auch Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach haben gegen die Interessen Schwedts und des Landes Brandenburg gehandelt, als sie auf den abenteuerlichen Kurs Habecks eingeschwenkt sind. TE hat von Anfang an das Vabanquespiel der genannten Akteure um Schwedt kritisiert, eingetroffen ist, was absehbar und vorausgesagt war.

Die Bundesregierung folgte ohne Not den nassforschen Ankündigungen der feministischen Weltinnenministerin Baerbock, die in Riga im April 2022 erklärte: „Wir werden bis zum Sommer das Öl halbieren und bis Ende des Jahres bei null sein.“ Damit meinte Baerbock, die ebenfalls ihren Wahlkreis in Brandenburg hat, russisches Erdöl. Und so ist es gekommen, Schwedt erhält kein Erdöl mehr aus Russland, dumm nur, dass dieser Ausfall höchstens zu 50 Prozent kompensiert werden konnte – und zwar über eine Notpipeline. Es heißt zwar, dass das PCK zu etwas über 50 Prozent ausgelastet sei, was entschieden zu wenig ist, doch wie viel vom verarbeiteten Öl durch die Pipeline aus Rostock kommt und wie viel davon noch in der Leitung befindliche Restbestände sind, lässt sich nicht feststellen.

Bundeswirtschaftsministerium, PCK und das Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg verweisen gern auf „Betriebsgeheimnisse“, um nicht antworten zu müssen, zumindest mauern sie, und die Bundesnetzagentur, die seit Herbst 2022 als Treuhänder für Rosneft 54,17 Prozent der Anteile am PCK hält, gibt sich erstaunlich einsilbig.

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Der Plan, den Habeck in Schwedt verkündete, lautete, dass ab dem 1. Januar kein Erdöl mehr aus Russland importiert wird. Beliefert werden sollte Schwedt über die Häfen Rostock und Danzig. Es existiert eine kleine Pipeline von Rostock nach Schwedt und von Danzig führt eine Leitung nach Plock, wo sie Anschluss an die Drushba hat. Von an Anfang nutzten die Polen die Notlage, in die Baerbock und Habeck Schwedt manövriert haben, aus, um Druck auszuüben, einen Druck, der immer mehr zu einer Erpressung wird, den Hauptgesellschafter des PCK, Rosneft, der sich stets als zuverlässig erwies, zu enteignen. Habeck gab dem Druck insofern nach, dass er das PCK unter die Treuhand der Bundesnetzagentur stellte, geleitet von Klaus Müller, der von Haus aus kein Energiefachmann, sondern eigentlich ein Verbraucherschützer ist, vor allem ist er Habecks Parteifreund.

Dabei geht es nur vordergründig darum, die Russen aus dem PCK herauszubekommen, sondern in der Hauptsache darum, dass der polnische Energieriese PKN Orlen Anteile, womöglich die gesamten russischen Anteile, für, wie man so schön sagt, einen „Appel und ein Ei“ übernimmt – und dazu noch Subventionen kassiert, die für Schwedt von der EU, von der Bundesregierung und vom Land Brandenburg bereitgestellt werden. Der Mehrheitseieigentümer des polnischen Energieriesen ist übrigens der polnische Staat. Deutschland würde sich wieder von einem Staat abhängig machen.

Das PCK Schwedt ist überdies von strategischem Interesse, für Polen, was die polnische Regierung erkannt hat, für Deutschland, was Habeck nicht erkannt hat – wie auch, schließlich kann er mit Deutschland nichts anfangen und schwelgt in den seligen Träumen seiner Wasserstoff-Utopie.
Das PCK Schwedt versorgt Westpolen, Brandenburg, Teile Mecklenburg Vorpommerns und Berlins mit Treibstoffen, auch den BER mit Kerosin. Übernimmt PKN Orlen, worauf die Polen zu drängen scheinen, die Anteile von Rosneft, macht sich Deutschland von Polen abhängig. Shell, der zweitgrößte Gesellschafter des PCK, hat signalisiert, seine Anteile verkaufen zu wollen.

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Interessant in diesem Zusammenhang ist zweierlei: Erstens, dass PKN Orlen die Tankstellengesellschaft Star unterhält, die auch in Ostdeutschland tätig ist, und zweitens, dass Polen von Deutschland Kriegsreparationen von Deutschland in der astronomischen Summe von 1,2 Billionen Euro fordert – und diese Forderung ist ernst gemeint und kein Wahlkampfgag. Übernimmt PKN Orlen das PCK, macht sich an der empfindlichen strategischen Stelle Deutschland von Polen abhängig, wird die Forderung mit ganz anderem Druck auf der Tagesordnung stehen. Verglichen damit sind die Kosten, die für den Ausbau des Rostocker Hafens und den Bau einer zweiten Pipeline, die vom Bundeswirtschaftsministerium abgelehnt wird, Peanuts. Vor diesem Hintergrund stellt sich weiterhin die Frage, wer Nord Stream 2 gesprengt hat.

Übrigens wirft es ein bezeichnendes Licht, dass es auch ein Resultat der grünen Politik Merkels ist, dass der Rostocker Hafen nicht ausgebaut wurde. Jedenfalls hatte Polen weitsichtig den Naftoport Gdansk, den Danziger Ölhafen, bereits vor zehn Jahren erweitert. In welcher Situation wären wir heute, wenn die Merkel-Regierung statt von der Substanz zu leben und den Grünen den Weg zur Macht zu ebnen, damals Rostock vergrößert hätte.

Nachgefragt, allerdings ohne Erfolg, hat TE, was mit dem berühmten Schiff denn sei, das für Schwedt nach Danzig kommen sollte. Die Anfrage, die TE stellte, lautete:

„Im Januar soll laut Medienberichten im Hafen von Danzig ein Tanker mit Erdöl für Schwedt eingetroffen sein. Ich bitte Sie, mir in diesem Zusammenhang folgende Fragen zu beantworten:

  1. Können Sie bestätigen: Ist der Tanker im Januar nach Danzig gekommen?
  2. Wurde aus Danzig Erdöl über Pipelines im Januar 2023 nach Schwedt gepumpt?
  3. Wenn ja, wieviel Erdöl wurde nach Schwedt gepumpt?
  4. Woher stammt das Erdöl?
  5. Wie heißt der Tanker und unter welcher Flagge fährt er?
  6. Wann wird der nächste Tanker erwartet?“

Die Bundesnetzagentur, Schwedts Treuhänder, antwortete: „Informationen zu konkreten betrieblichen Abläufen sowie zu möglichen vertragliche Beziehungen bzw. Anbahnungen können – soweit dazu überhaupt Erkenntnisse bei der Treuhänderin vorliegen – wegen bestehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen von Seiten der Bundesnetzagentur nicht beantwortet werden.“

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima antwortete am 1.2.2023: „Das Ölcargo (nicht-russischen Rohöls) eines der Shareholder der PCK-Raffinerie wurde im Januar erfolgreich im Hafen Danzig angeliefert und entladen und kann in Kürze, zusammen mit den Rohöllieferungen, die über den Hafen Rostock Richtung PCK-Raffinerie in Schwedt geliefert wurden, weiterverarbeitet werden. Weitere Details unterliegen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und können im Bedarfsfall bei der PCK-Geschäftsführung bzw. den drei Shareholdern erfragt werden.“ Übrigens einer der Shareholder ist aus Gründen der Treuhand die Bundesnetzagentur, siehe oben.

Gefragt hatte TE, weil das Verwirrspiel und die Unklarheiten, die seitens des Bundeswirtschaftsministeriums mit Blick auf die Versorgung der Schwedter Raffinerie mit Rohöl betrieben wurden, sowohl in der Öffentlichkeit, aber auch im Wirtschaftsausschuss des Landtages von Brandenburg sehr auffällig waren. Mal hieß es, dass Schwedt über die Rostocker Pipeline versorgt wird, was stimmt, aber eben nicht ausreicht, dann schwärmte Staatssekretär Michael Kellner in heftigster Romantik vom Schiff, dass in Danzig für Schwedt ankommen soll – und alle, alle Probleme lösen würde – und überhaupt käme bald das Erdöl durch die Drushba-Pipeline über Russland, Belorus und Polen aus Kasachstan. Brandenburgs Wirtschaftsminister hofft, dass zu Ostern „alles in trockenen Tüchern“ sei – und setzt damit auf die Lieferung von 6 bis 7 Millionen Tonen aus Kasachstan. Der Rest kommt über Rostock. Auf Habecks Danzig-Traum, den er als Lösung noch 2022 wie nichts auf der Welt favorisiert hatte, scheint Steinbach nicht sonderlich zu setzen.

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Und was ist nun mit Kellners Schiff? Business Insider enthüllt gerade, was TE schon geahnt hat: „Aber wie mit der Sache vertraute Personen Business Insider mitteilten, kam es Mitte Januar zu einer Sondersituation. Schiffe, die dringend benötigtes Öl für PCK geladen hatten, wurden in Danzig schlichtweg nicht entladen. Dabei hatten die polnische und die deutsche Regierung am 2. Dezember festgehalten, Lieferungen über Danzig so schnell wie möglich umzusetzen.“

Die Rosneft-Tanker wurden nicht gelöscht, Polen weigert sich, Rosneft Tanker zu entladen. Doch auch der Tanker, den Shell geordert hatte, Kellners vielbeschworenes Traumschiff, blieb auf Reede. Das von Shell bestellte Schiff wurde stark verzögert schließlich erst am 22. Januar entladen. Wer bezahlt die Liegekosten? Ob das Erdöl inzwischen via Pipeline auf dem Weg nach Schwedt ist, ob es dort schon ankam, bleibt im Dunkeln. Der Bundestagsabgeordnete Christian Görke, der sich bestens auskennt, war er doch einmal Finanzminister in Brandenburg, schätzt ein: „Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Versorgungssicherheit der PCK aus Danzig auf tönernen Füßen steht.“

So groß scheint das vom Bundeswirtschaftsministerium und von der Brandenburger Regierung hervorgerufene Desaster zu sein, dass man vor der Öffentlichkeit und vor den Abgeordneten eine Vertuschungs- und Geheimhaltungstaktik befolgt, die nicht den Standards einer Demokratie entspricht. Man lebt von der Hoffnung, dass die fehlenden 6 Millionen Tonnen Erdöl im März, April aus Kasachstan über die Drushba kommen und man bis dahin irgendwie mit Lieferungen über Rostock und Danzig die Raffinerie auslastet.

Ob die kasachische Lösung tatsächlich funktioniert, ob Polen nach den jüngsten Danziger Erfahrungen als Transitland für in Kasachstan erworbenes Erdöl verlässlich ist, daran darf man erheblich zweifeln. Einen Wirtschaftskrieg hat Polen nicht gegen Deutschland angezettelt, doch bei den Vorkommnissen bei der Belieferung von Schwedt muss man wohl von schwerer Erpressung sprechen. Freundlich oder freundschaftlich handelt Polen jedenfalls nicht.

Keinesfalls darf die deutsche Regierung die Rosneft-Anteile an PKN Orlen übertragen. Die jüngste Danziger Posse gibt einen Vorgeschmack, was folgen würde, wenn PKN Orlen Hausherr in Schwedt ist.

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Kommentare ( 93 )

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Rolling_Stone
1 Jahr her

Wenn das PCK Schwedt Westpolen, Brandenburg, Teile Mecklenburg Vorpommerns und Berlin mit Treibstoffen versorgt, dann wäre bei dieser polnischen Blockade doch die logische Konsequenz, zuerst Westpolen von der Belieferung abzuklemmen. Auch wenn Habeck und seine Grünen Spezln Deutschland hassen, dürfen sie Polen nicht alles durchgehen lassen.

Waldorf
1 Jahr her

Wir können als gesichert davon ausgehen, daß Polen die Öl-Versorgung Deutschlands strategisch nutzt, nutzen wird. Das ist auch wenig verwunderlich, nicht nur wegen der Reparationsforderungen. Diese kamen sowieso erst dann laut und deutlich auf den politischen Tisch, als „die EU“ also insb Frankreich und Deutschland meinten, Polen erziehen zu müssen. Die unbotmäßige polnische Regierung hatte sich bekanntlich mehrfach geweigert, brav nach deutsch-französischer EU-Linie zu tanzen, worauf irgendwelche obskuren „Rechtsstaats-Mechanismus“ gegen Polen eingeleitet wurden. Da gleiche Spielchen läuft bekanntlich gegen Ungarn. Und das insb das „superwoke“ Deutschland der treibende Keil bei dieser „EU-Politik“ gegen Polen und Ungarn ist, wird wohl niemand… Mehr

w.k.
1 Jahr her
Antworten an  Waldorf

Vorzügliche Kurzfassung der EU-Verhältnisse, die irgendwie nicht mal der sogenannten „konservativen Presse“ gelingt. Gewisse nationale Animositäten haben ihre Hintergründe.

Cornel Sto
1 Jahr her

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Schwedt-erhaelt-Ol-fuer-70-Prozent-Auslastung-article23897793.html
„Schwedt erhält Öl für 70 Prozent Auslastung“
Handelt es hier wirklich um schwere Erpressung Deuchtschlands durch Polen?

zaungast
1 Jahr her

Immerhin weiß Polen als neuer Frontstaat wie es Deutschland mit Reparationsforderungen ins moralische Abseits drängen kann. Immerhin dürfte die bislang durch Rot-Grün verteufelte Rechtsregierung in Warschau zum neuen Liebling der bisherigen Situationspazifisten aufsteigen – oder auch nicht. Wahrscheinlich bugsiert sich die rotgrüne Dilettantenschar in die nächste kognitive Dissonanz hinein. Nebenbei: herzliche Glückwünsche an die EU – nach der herrschenden Europaideologie sollten ja alle archaischen nationalen Ressentiments ad acta gelegt worden sein.

Thomas S62
1 Jahr her

„Das PCK Schwedt versorgt Westpolen,“
Falsch, PDK Schwedt versorgt Ostdeutschland.

„Einen Wirtschaftskrieg hat Polen nicht gegen Deutschland angezettelt, doch bei den Vorkommnissen bei der Belieferung von Schwedt muss man wohl von schwerer Erpressung sprechen. Freundlich oder freundschaftlich handelt Polen jedenfalls nicht.“
Hat Polen jemals freundschaftlich gegenüber Deutschland gehandelt?

Was die polnischen Forderungen anbetrifft…. Wenn Polen Ostdeutschland, wo immerhin mehr als 15 Millionen Deutsche vertrieben wurden, komplett geräumt hat, dann und erst dann kann man anfangen über irgendwelche Reparationen zu sprechen. Keinen Tag früher.

Mein Onkel
1 Jahr her

Der polnische EU-Parlamentarier und frühere Außenminister Polens Radosław „Radek“ Sikorski postete auf Twitter eine Luftaufnahme des Gaslecks der North Stream 2 – Pipeline und schreibt dazu „Danke USA“.

Mein Onkel
1 Jahr her

War es nicht der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der wenige Stunden nach den Sprengungen der beiden Ostsee-Pipelines Northstream I + II eine Glückwunschadresse nach USA sandte?

Toby
1 Jahr her

War es nicht Winston Churchill, der Polen einst als die Hyäne Europas bezeichnete?

Wie dem auch sei. Ich kann es den Polen eigentlich nicht mal übel nehmen. Sie vertreten ihre nationalen Interessen und suchen sich Vorteile, ein Konzept, dass den Schwachköpfen in Berlin völlig unverständlich sein dürfte. Dort gilt wohl: Deutsche Interessen durchsetzen? Nein danke, das wollen wir (oder unsere Auftraggeber) ganz sicher nicht.

Last edited 1 Jahr her by Toby
ilmstromer
1 Jahr her

Da vor allem deutsche und holländische EU-Abgeordnete die EU-Fördergelder für Polen sperren (z.B. Frau Barley) ist es legitim, daß Polen sich rächt, so gut es kann. Mit Reparationsforderungen und Absperrung der Versorgung aus dem Osten.

Niklot
1 Jahr her

Vielleicht führt Polen gar nichts im Schilde, sondern ist die Jahrzehnte lange deutsche Besserwisserei und Demütigung durch deutsche moralschwangere Linke satt.