Bundesregierung erklärt: Ungeimpfte Pfleger können je nach Personalsituation weiterarbeiten

Die Impfpflicht für medizinisches Personal gefährdet die Versorgungslage. Bisher ist unklar, wie die Pflicht umgesetzt werden soll. Auf Anfrage der AfD bringt die Bundesregierung Licht ins Dunkel: Ungeimpftes Personal darf teils nun doch weiterarbeiten.

IMAGO/Westend61

Die Impfpflicht für medizinisches Personal ist in ihrer Ausgestaltung ein Rätsel. Bis heute wissen ungeimpfte Pfleger und Ärzte nicht, was mit ihnen ab dem 16. März passieren wird. 13 Prozent der Intensivpfleger und 11 Prozent der Krankenhausärzte sind weiterhin ungeimpft.

Im Infektionsschutzgesetz, das diese Impfpflicht regelt, wird die umständliche Formulierung gewählt, dass Mitarbeiter im medizinischen Sektor ab dem 16. März „geimpfte oder genesene Personen“ sein müssten. Pfleger, Ärzte & Co. müssen dann einen Nachweis beim Arbeitgeber darüber vorlegen; der Arbeitgeber muss diejenigen, die das versäumen, dem Gesundheitsamt melden. Das Gesundheitsamt „kann“ einer Person, die einen entsprechenden Nachweis nicht erbringt, nach dem Infektionsschutzgesetz dann untersagen, dass sie die Räume des Unternehmens betritt oder „in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird“.

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Das Gesundheitsamt kann dann also ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Die Erwartung: Das wird man dann auch tun, wenn andere Maßnahmen nicht greifen. So dachte man jedenfalls bis jetzt – TE weiß von zahlreichen Pflegern, denen vom Arbeitgeber bereits eine Freistellung ab dem 16. März angekündigt wurde, außerdem von Ärzten, die die Schließung ihrer Praxis als Folge dieser Regelung bereits umzusetzen beginnen.

Auch die Arbeitsämter sind bis dato nicht informiert – das Rätselraten zieht sich bis zu den Ministerpräsidenten, die zuletzt Druck auf den Gesundheitsminister ausübten, eine Verschiebung der Impfpflicht für Pfleger zu erwägen. Nun findet sich in einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der AfD, die TE vorliegt, ein brisanter Satz. Die Frage war: „Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zu ergreifen, sollte die Impfpflicht für Pflegepersonal zu einer Kündigungswelle in diesem Bereich führen, wie bspw. bereits im US-Bundesstaat New York geschehen?“

In der Antwort stellt die Bundesregierung klar, dass kein „automatisches Beschäftigungsverbot“ ergehe. Die Sache sei dem Gesundheitsamt zu melden und dort entscheide man „nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall über die weiteren Maßnahmen (z. B. ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot)“; dabei werde man ausdrücklich auch „die Personalsituation in der Einrichtung berücksichtigen“.

Das hieße: Sollte in einem Krankenhaus oder auch in einer Arztpraxis die Personalsituation dünn sein, kann ein Ungeimpfter nach Ermessen des Gesundheitsamtes trotz formaler Impfpflicht doch weiterarbeiten. Ein Betätigungsverbot steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Personalsituation. Nun ist es aber spätestens seit Corona bekannt, dass nahezu alle deutschen Kliniken chronisch an der Belastungsgrenze arbeiten. Hier wäre es also bei gewissenhafter Einzelfallprüfung fast nie sinnvoll, einem ausgebildeten, qualifizierten Mitarbeiter die Tätigkeit zu verbieten. Denn gleichwertig ist der Verlust der Mitarbeiter mittelfristig kaum auszugleichen.

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Der Bundesregierung selbst liegen der Anfrage zufolge „keine belastbaren Daten über die Anzahl der intensivmedizinisch geschulten Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte vor“. Die Pfleger-Impfpflicht wurde also in absolutem Blindflug beschlossen.

Doch auch darüber hinaus ist die Frage, wie das hier angekündigte „pflichtgemäße Ermessen im Einzelfall“ der Ämter aussieht. Zahlreiche Studien belegen, dass gerade in der Intensivmedizin ein höherer Personalschlüssel in Kliniken direkt zu schlechteren Überlebenschancen führt. Die Versorgung nimmt ab, während von einem ungeimpften, täglich getesteten Mitarbeiter, der auf Hygiene geschult ist, kaum Gefahr ausgeht.

Die Entscheidung dürfte am Ende also wohl bei den Kommunen liegen. In Ostdeutschland erklärten bereits erste Kommunen, die Impfpflicht nicht durchsetzen zu wollen. Die Bundesregierung macht hier eine gewaltige Hintertür auf – welche Verwaltung will schon dafür verantwortlich sein, die regionale Klinikinfrastruktur in Bedrängnis zu bringen? Das Chaos geht weiter – möglich, dass die Impfpflicht als solche in diesem Chaos untergeht.

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Kommentare ( 159 )

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Steffen Schrads
2 Jahre her

Also wird der Impfzwang wohl nicht umgesetzt werden, nur das wieder Minderheiten betroffen sind. Beispielsweise bekommen jetzt zur Freude der Pharmaindustrie sämtliche Heilpraktiker Berufsverbot. Das diese eine hervorragende Ergänzung zur Schulmedizin sind wird hier mit Sicherheit unter den Tisch fallen.

Schroeder
2 Jahre her

Frage: gibt es keine Pfleger mehr die reden wollen? Oder geht es erst Ende März weiter. Hier der Link auf dem Zensurkanal gab es noch eine Schwester.
https://www.youtube.com/watch?v=TocyQJLhokE

surban
2 Jahre her

Ich denke das das Aussetzen der Umsetzung nur dazu dient den Zusammenbruch zu verhindern, und peu à peu dann doch alle zur Impfung zu zwingen.
Jeder der in der Pflege arbeitet und nicht geimpft ist, sollte ab 1.März die Arbeit niederlegen, egal was dann passiert. Nur so kann eine Rücknahme dieses unsäglichen Gesetzes erzwungen werden.

elly
2 Jahre her

gestern im TV eine Intensivpflegerin fordert Solidarität vom Rest der Bevölkerung ein. Wieder eine, die absolut nichts begriffen hat. Die Impfpflicht für Pflegekräfte wurde auch deshalb gemacht, weil die PolitikerInnen mit den Pflegekräften so umspringen können. Wenn die Geimpften Dienst nach Vorschrift machen würden, bestünde die Chance, dass sich das Arbeitsumfeld bessern könnte. Noch nie hatten die Beschäftigen in Kliniken und Pflegeheimen diese Chance, dass die Weichen gesetzt werden, damit sich ihre Arbeitsbedingungen verbessern und sie lassen diese Chance verstreichen. Sie nehmen Lauterbachs hingeworfenen Knochen auf und keifen gegen die Ungeimpften. Selbst schuld kann ich nur noch sagen.

Spoekenkieker
2 Jahre her

Liebe Redaktion, unsere Tochter arbeitet im Gesundheitswesen ohne Patientenkontakt. Könnten Sie bitte auch einmal das Augenmerk auf diese Gruppe richten? Warum sollte jemand, der im Büro, im Homeoffice oder auch in einem Labor arbeitet, zur Impfung verpflichtet werden können? Ob sie sich dagegen wehren kann, ohne ihren Job zu gefährden? Über Ihre Recherche und ggf. Bekanntmachung dieses Unsinns würden wir uns sehr freuen.

Ray Bremser
2 Jahre her
Antworten an  Spoekenkieker

Sehr richtig! Die derzeitige Diskussion berücksichtigt ausschliesslich Pfleger und medizinisches Personal. Im Gesetz heißt es unter Punkt 2: „Personen, die in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder in vergleichbaren Einrichtungen tätig sind.“ Behinderungen umfassen nicht nur körperliche, sondern auch seelische Behinderungen. So kommt es, das Mitarbeiter in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (!!), die seelisch behinderte Kinder nach §35a SGB VIII betreuen, ebenfalls unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen. Und dies betrifft nicht nur die Betreuuer und Erzieher, sondern alleMitarbeiter: Hausmeister, Küche, Buchhaltung etc. Die Nachweispflicht erstreckt sich darüber hinaus auch auf externe Handwerker und… Mehr

Martin Schmidt
2 Jahre her

Das hat sich die Politik schön ausgedacht. Erstens kann man die Mitarbeiter weiter ausbeuten aber nur so lange wie man sie braucht und zweitens hat man dank der Meldung der Pflegekräfte, Ärzte usw. auch gleich eine Liste an die man die Bußgelder verschickt. D.h. zuerst werden sie schlecht bezahlt, ausgebeutet unter Druck gesetzt, schickaniert und dann will man von dem bisschen was da gezahlt wird auch noch gleich die Bußgelder abziehen? Für wie blöd halten die die Menschen? Die nächste Frage die sich stellt ist was passiert dauerhaft mit diesen Menschen? Soll die Pflegefachkraft zu Aldi an die Kasse wechseln?… Mehr

elly
2 Jahre her
Antworten an  Martin Schmidt

Soll die Pflegefachkraft zu Aldi an die Kasse wechseln?“
da fände sie wahrscheinlich bessere Arbeitsbedingen vor und die Discounter zahlen schon lange nicht mehr schlecht.

Joe X
2 Jahre her

Ich frage mich ja, ob denn überhaupt mal jemand das Gesetz liest. Da steht doch eindeutig, dass Arbeitgeber von Pflege-Einrichtungen Nicht-Immunisierte ab 16.03. nicht beschäftigen dürfen, dass Nicht-Immunisierte dort nicht tätig werden dürfen, und dass beides eine Ordnungswidrigkeit darstellt (§20a Abs. 3 Satz 4+5; §73 Abs. 1a Nr. 7g). Ausnahmen sind da nur vorgesehen, falls nicht genügend Impfstoff zur Verfügung stehen sollte. Die Einbindung des Gesundheitsamts (§20a Abs. 5) einschließlich der vielzitierten Kann-Regel ist nur eine zusätzliche Kontrolloption. Wenn die Bundesregierung nun von einem Entscheidungsspielraum spricht, ist das ein glatter Rechtsbruch. Ergo: Um einen Pflegenotstand zu vermeiden, muss §20a geändert… Mehr

Micha.hoff
2 Jahre her

Wenn am Ende das Gesundheitsamt nach „pfichtgemäßem Ermessen“ also faktisch willkürlich über ein Betretungsverbot entscheidet, dann bin ich gespannt auf die Begründungen, wenn Person A die Einrichtung betreten darf, Person B aber nicht. Und auf die Reaktion von Person B.

giesemann
2 Jahre her

Die Gerontokraten schlagen zu und wollen sich nur noch von gepflegten Impfern pflegen lassen. Von mir aus. Macht es euch doch selber, sagen die Jungen. Zu Recht.

elly
2 Jahre her
Antworten an  giesemann

Gerontokraten “ das ist absoluter Unfug. Es ist die Generation der 40 – 60 Jährigen, die hysterisch reagiert. Professor Drosten ist 49 Jahre, Professorin Melanis Brinkmann ist 43 Jahre und Anhängerin der Zero Covid Ideologie, Viola Priesemann ist 39 Jahre und auch Anhängerin der Zero Covid Ideologie und alle 3 gehören zum Beraterstab der Regierung, Karl Lauterbach ist 58 Jahre, Olaf Scholz ist 63 Jahre – seit der Bundestagswahl hat sich das Kabinett erheblich verjüngt.

doncorleone46
2 Jahre her

In der freien Wirtschaft nennt man das Wirken der sogenannten Regierung, Management by Helicopter.