Patrick Graichen verlässt das Wirtschaftsministerium

Man kann Graichens Demission auch als Notbremse und Ablenkung vom weitaus tieferen Skandal sehen. Das Medien-Image der vermeintlichen Transparenzpartei fällt in Stücke.

IMAGO / Political-Moments

Es ist noch nicht amtlich, aber nach Informationen von dpa und SPIEGEL wird Patrick Graichen das Bundeswirtschaftsministerium verlassen. „Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wollte die Personalie auf SPIEGEL-Anfrage weder kommentieren noch dementieren.“

Wie TE-Redakteur Marco Gallina schon seit weit über einem Jahr immer wieder und wieder berichtet hat, hat sich in der Führung des Bundeswirtschaftsministeriums ein informeller Clan gebildet, in dessen Zentrum Habecks Staatssekretär Patrick Graichen steht, der von der oft Think-Tank genannten Lobbyorganisation Agora Energiewende kommt.

Diese hat sich spätestens mit Habecks und Graichens Eintritt in das Bundeswirtschaftsministerium als Pressure Group für die Große Transformation betätigt, in der Auswirkung als Deindustrialisierung Deutschlands betätigt. Lenin sagte: „Kommunismus – das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.“ In zeitgemäß grüner Diktion könnte man sagen: „Klimaneutrale Gesellschaft – das ist die Macht der Grünen plus Vollelektrifizierung aller Bereiche des Landes.“

Immer wieder haben wir bei TE die sowohl den Nepotismus als auch die vollkommen zerstörerische Wirtschaftspolitik des Graichen-Clans analysiert: die Verteuerung der Energie, die Verstaatlichung von Uniper und Sefe, die Treuhandstellung von Rosneft Deutschland, die Zerstörung einer der modernsten Raffinerien Europas, des PCKs, den Murks, und für die Deutschen sehr teuren Murks, wenn er umgesetzt worden wäre, der Gas-Umlage, eine irrationale und absurde Embargo-Politik, die dazu geführt hat, dass Deutschland zu horrenden Preisen in Panik den Gasmarkt leergekauft hat, um über die Runden zu kommen, schließlich das Wärmepumpendiktat. Selbst der IWF kommt in seiner jüngsten, gerade publizierten Bewertung dahin, kein Wirtschaftswachstum in Deutschland für 2023 zu prognostizieren. Die Zeichen stehen auf Rezession. Die ist nicht Resultat des Ukraine-Krieges, sondern originäres Ergebnis grüner Wirtschafts- und Energiepolitik.

Nochmal zur Erinnerung: Die beiden Staatssekretäre Michael Kellner und Patrick Graichen sind verschwägert. Kellner ist mit Graichens Schwester Verena verheiratet, die für das Öko-Institut arbeitet, für den BUND und im Nationalen Wasserstoffrat sitzt. Für das Öko-Institut arbeitet auch Bruder Jakob Graichen. Das Öko-Institut bekommt Aufträge vom Bundeswirtschaftsministerium. Bisher behaupteten Habeck und Graichen tapfer, dass alle Compliance-Regeln bei der Vergabe von Aufträgen eingehalten worden seien. Nun heißt es im Spiegel etwas verschwommen: „Anlass für den Wechsel sollen neu aufgetauchte Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Gutachten sein.“

TE hatte bereits am 11. Mai darauf hingewiesen, dass es „Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Gutachten“ gibt und die Kanzlei Mösinger Bakes Kollewe Rechtsanwälte zitiert: „Auch die Beauftragung des Öko-Instituts und der Agora Energiewende sind derzeit nicht als vergaberechtskonform nachweisbar und womöglich für unwirksam zu erklären.“

Als bekannt wurde, dass Patrick Graichen Einfluss genommen hat, damit sein Trauzeuge Michael Schäfer Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena) wird, haben Robert Habeck und die Vorsitzenden der Grünen versucht, das als einen Fehler hinzustellen, der dem vielbeschäftigten Patrick Graichen unterlaufen ist. Doch es war klar, dass der Fehler in Wahrheit bewusste Personalpolitik zur Durchsetzung der eigenen politischen Agenda war: Ein kritischer Sozialdemokrat an der Spitze der Dena sollte durch einen grünen Gefolgsmann ersetzt werden. Dazu passte auch die Affäre um die 60 Mitarbeiter, die das BMWK von der Dena für zwei Jahre „ausleihen“ wollte, damit in hohem Tempo Gesetze geschrieben werden konnten, die dann in einem geradezu putschartigen Eiltempo vollendete Tatsachen schaffen sollten.

Es ist nicht glaubhaft, dass Robert Habeck von all dem nichts wusste und ihm nicht bekannt war, dass der neue Dena-Chef Graichens Trauzeuge war. Das BMWK und die Grünen scheinen vollauf mit Vertuschen beschäftigt. Die selbsternannte Transparenz-Partei hat ein so tiefes Hinterzimmer, gegen das das sprichwörtliche bayrische Hinterzimmer eine offene Bühne ist.

Ich hatte geschrieben, dass Michael Schäfer noch nicht einmal das Bauernopfer ist, das wäre Patrick Graichen. Nun haben sich die Grünen entschlossen, das Bauernopfer zu bringen, weil die Affäre Graichen zumindest eines zeigt, nämlich wie die Grünen hinter perfektem Marketing unter planetarischer Beihilfe des öffentlich finanzierten, grünen Rundfunks wirklich sind. Man „opfert“ nun Graichen, um Habeck zu schützen.

Doch eines lässt sich jetzt schon sagen: Was bis heute ans Licht gekommen ist, ist nicht einmal die Spitze des Eisberges. Die Erdrutschniederlage in Bremen, und die Wahlen in Hessen, wo der grüne Spitzenkandidat Ministerpräsident werden will, drohen für die Grünen nicht glimpflicher auszugehen; all das zeigt, dass Stück für Stück das mühsam errichtete Medien-Image in Stücke fällt. Man kann Graichens Demission auch als Notbremse und Ablenkung vom weitaus tieferen Skandal sehen.

TE wird sich nicht ablenken oder beirren lassen, sondern dran bleiben.

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Kommentare ( 52 )

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52 Comments
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verblichene Rose
1 Jahr her

Vorläufiger Ruhestand.
Bedeutet (nichts anderes als):
Weitere Bezahlung!
Ob ich wohl sauer über Strafzettel bin?

Mindreloaded
1 Jahr her

Graichens Rausschmiss ist nur eine Seite der Medaille.
: Mich würde auch gerne interessieren, wie und wo der Typ anschließend „landet“.

Last edited 1 Jahr her by Mindreloaded
hassoxyz
1 Jahr her

Ob ohne seriöse Aufklärung der unabhängigen Medien wie TE Graichen ebenfalls seinen Hut hätte nehmen müssen, ist mehr als fraglich. Die linksgrünen ÖR-Medien wie ARD, ZDF und die regierungsfromme Hofpresse hatten alles drangesetzt, um Habeck und Graichen als Opfer einer rechten Schmutzkampagne darzustellen und den Fall Graichen allenfalls als eine unbedeutende Familienaffäre abzutun. Es ist ihnen nicht gelungen, Graichen muß seinen Hut nehmen. Auch mit Hilfe von TE. Jetzt muß noch Habeck folgen. Gut gemacht, TE.

h.milde
1 Jahr her

Fragen: Dieser „eine Fehler zuviel“, könnte es sich dabei auch um -> verdeckte Parteienfinanzierungen gehandelt haben? So wie das wohl auch bei der Böller-Stiftung und der derz. Außenfeministerin & Expertin für afrikanische Toilettenorganisationsfragen Bärbocks „Promotionsarbeitsunterstzung“ -die ja leider „abgebrochen“ wurde- gelaufen sein soll? Was ist daraus eigentlich geworden? Wenn also der vereidigte und verbeamtete GRÜNE Staatsskretär Patrick Graichen im Namen & Auftrag seines vorgesetzten, ebenfalls vereidigten GRÜNEN Vettern & Ab/Wirtschaftsministers Robert Habeck bewußt und vorsätzlich allein schon 600.000€ an den sog. „BUND“-Berlin & Schwester Verena Graichen -auch ParteiGRÜNE?- transferierte, der/die ja schon immer eng verbandelt mit der GRÜNEN Ideologiepartei, und… Mehr

manuA
1 Jahr her

„Zwangsbeglücken“ nennt man so was. Glaubt einer von euch, dass der Wehrte Herr weg ist! Bekommt jetzt eine verdammte gute „Entlohnung“ für sein Heizdesaster & Herr Habeck holt sich unterm Tisch auch weiterhin dessen Eingebungen, damit er weitermachen kann, Deutschland mit diesem Heizhammer an die Wand zufahren…

Marcel Seiler
1 Jahr her

Mein Dank geht an Tichys Einblick für die hartnäckigen Recherchen und die beständige Berichterstattung. Deutschland sollte Ihnen ebenfalls dankbar sein.

voll wach
1 Jahr her

Immer weiter wühlen und graben! Der grüne Misthaufen beginnt bei der Offenlegung allmählich an zu stinken. Bloß nicht locker lassen liebe TE Redaktion und andere Blogger nebst unabhängigen Medien, bis es in den letzten Winkeln und Nischen des mainstreams und der Schlafschafe angekommen ist.

Schwabenwilli
1 Jahr her

Wie weit die Wahl in Bremen für den Abgang von Graichen mitverantwortlich war wissen wir nicht. Es dürfte aber nicht unerheblich gewesen sein

h.milde
1 Jahr her

Ein kleiner Schritt in die richtige Richtng, aber immerhin. Danke und weiter drannbleiben liebe TE & freie Autoren, Blogs, Medien.

Autour
1 Jahr her

Die Erdrutschniederlage in Bremen Also wenn ein Verlust von lächerlichen 5 Prozentpunkten eine Erdrutschniederlage sein soll, dann möchte ich nicht wissen was ein Verlust von 10 und mehr Prozentpunkten Ihrer Meinung nach wären… Und warten wir doch mal die Wahlen in Hessen und Bayern ab, die letzte Umfrage sagte jedenfalls keine „Erdrutschniederlage“ für die Grüninnen voraus. In ihrem Wortschatz wäre es wohl eine herbe Klatsche (Verlust von 1-2%-Punkten). Das tolle ist auch dass die Nächsten Wahlen im Oktober sein werden. Also haben wir den Sommer mit seinen hoffentlich warmen Temperaturen und viel Sonne und Wind hinter uns. Also beste Vorraussetzungen… Mehr