Ohrfeige der Vereinten Nationen für Maas’ Zensurgesetz

Der UN-Beauftragte fordert die Bundesregierung zu einer Stellungnahme innerhalb von 60 Tagen auf. Ob diese den gesetzgeberischen Trümmerhaufen trotzdem in den letzten Sitzungswochen erneut ins Parlament zur Verabschiedung bringt?

© Adem Altan/AFP/Getty Images
Der Sonderbeauftragte der UN für die Meinungsfreiheit, David Kaye

Der ebenso überflüssige wie europarechts- und verfassungswidrige Netzwerkdurchsetzungsgesetzentwurf, dessen Namen auch Justizminister Maas als „bescheuert“ erachtet, hat ihm jetzt auch noch eine Demütigung der Vereinten Nationen eingebracht. Die als Bedenken vorgebrachte Kritik des Sonderbeauftragten der UN für die Meinungsfreiheit, David Kaye, vom 01.06.2017 (Reference: OL DEU 1/2017) ist vernichtend. Das Gesetz wecke schwerwiegende Bedenken hinsichtlich seiner Eingriffe in die Meinungsfreiheit und des Rechts auf Anonymität. Insbesondere sieht der Sonderbeauftragte Verstöße gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), den auch die Bundesrepublik ratifiziert hat.

Während es anerkannt sei, dass auch Unternehmen eine Verantwortung zur Wahrung der Menschenrechte haben, dürften „Zensurmaßnahmen nicht an private Rechtsträger delegiert werden“. Dies reflektiert exakt die Kritik, die auch hierzulande wiederholt laut wurde, die der Justizminister aber zu übergehen vorzog.

Netzzensur
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Soweit der Gesetzesentwurf hohe Strafen (vorgesehen sind bis zu € 50 Mio.) für Zuwiderhandlungen vorsehe, könnte dies eine rechtswidrige Behinderung des Rechts auf freie Meinungsäußerung darstellen. Die Höhe der Strafen wecke auch Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. Die Strafen könnten soziale Netzwerke dazu veranlassen, auch rechtmäßige Inhalte zu löschen. Dieses Risiko erscheine umso höher, als rigide Fristen von 24 Stunden oder 7 Tagen für das Löschen vorgegeben seien. Dies könne zu einer Überregulierung führen, um Bußgelder zu vermeiden. Eine solche „vorbeugende Zensur“ würde mit dem Recht, Informationen aller Art im Internet zu suchen, zu erhalten oder weiterzugeben, kollidieren.

Ferner, so der Sonderbeauftragte, habe er Bedenken wegen des Mangels an gerichtlicher Kontrolle hinsichtlich der auf die sozialen Netzwerke delegierten Pflicht zur Löschung.

„Die auf die privaten Unternehmen verlagerte Verantwortung die Inhalte Dritter ohne gerichtliche Überprüfung zu entfernen, ist nicht mit den internationalen Menschenrechten vereinbar.“

Viele Inhalte seien im übrigen nur aus dem Kontext zu verstehen, den die sozialen Medien gar nicht selbst bewerten könnten.

Nur notdürftig verschleiert verdammt der Sonderbeauftragte auch die vorgesehenen Eingriffe in die Anonymität der Nutzer, deren Daten an Personen, die eine Rechtsverletzung nur behaupten, ohne vorherige gerichtliche Prüfung weitergegeben werden sollen.

Die Vorgabe, umstrittene strafbewehrte Inhalte sowie zugehörige Nutzerinformationen für eine unbestimmte Zeit zu speichern und zu dokumentieren, erleichtere schließlich eine staatliche Überwachung der Betroffenen.

Der UN-Beauftragte fordert die Bundesregierung zu einer Stellungnahme innerhalb von 60 Tagen auf. Ob diese dennoch die Dreistigkeit besitzt, diesen gesetzgeberischen Trümmerhaufen in den letzten beiden Sitzungswochen dieser Legislaturperiode erneut ins Parlament zur Verabschiedung zu bringen?

Die Justizminister Maas eine schier unfassbare Inkompetenz bescheinigenden Ausführungen des UN-Sonderbeauftragten entsprechen in sämtlichen Punkten den auch vom Verfasser dieser Zeilen seit Monaten an verschiedenen Stellen formulierten Kritikpunkten.

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Kommentare ( 83 )

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Bernd N. Palm
7 Jahre her

Was macht denn unser Großinquisitor denn jetzt wohl?Alles in den Keller „Feind hört mit“!

Imre
7 Jahre her

Bin da ganz Ihrer Meinung. Ist aber doch nicht die einzige Verfehlung, welche die Damen und Herren des hohen Hauses so einfach über sich ergehen lassen. Der Willkommensruf der großen Vorsitzenden an alle Beladenen dieser Welt ist eine weitere Maßnahme, eher einem Putsch von oben ähnlich. Weiter die Einsätze der Bundeswehr in NATO-Ländern bei gleichzeitigen Aggresssionen dieser gegen Nachbarstaaten (TR/Syrien), oder im Baltikum, der Ukraine, Mali, Afghanistan – mit sehr zwielichtiger Begründung. Wir befinden uns in der Phase der bewussten Schleifung der Demokratie hierzulande, der Staat als Beute von CDUCSUSPDGrüne usw., um die Agenda dubioser Hintergrundeliten durch zu setzen. Die… Mehr

malnachfragen
7 Jahre her

die haben angsichts ihrer Postenabhängigkeit bestenfalls noch die Hoheit darüber, ob sie beim Abnicken das Wahlkärtchen mit dem linken oder dem rechten Arm in die Urne werfen. Wobei selbst das kritisch ist, wer mit dem rechten Arm das Wahlkärtchen reinschmeißt, könnte auch ein afd-Uboot sein, wegen des Zeichens, das man damit ja setzt.

malnachfragen
7 Jahre her

Ach was, die UNO wurde von der afd unterwandert und ist rechtsextrem im deutschen Sinne (also gegen die Merkelpolitik). Da muss man gar nichts drauf geben.

Nur Herr Maas und seine Chefin haben recht. Das ist alles richtig und nötig, die UNO hat keine Ahnung, jetzt wo Europa die Rolle des Weltpolizisten zu übernehmen hat. Im Zweifel hat man einfach nur nicht genügend erklärt.

Tom
7 Jahre her

UN-Beauftragter sieht eine mögliche Menschenrechtsverletzung durch die Bundesrepublik bei den eigenen Bürgern. Der sitzt. Aber richtig. Dieser eine Satz bringt auf den Punkt, was in diesem Land vor sich geht.

Zeit für Veränderungen
7 Jahre her

Dieses lächerliche Maasmännchen macht vermutlich genau das, was seine undemokratisch orientierte Partei vorgibt. Die SPD ist mittlerweile neben GRUENEN und Linke, die größte Gefahr für Freiheit und Demokratie in Deutschland, mit minimalem Abstand folgt allerdings bereits die CDUCSU. Es ist erschreckend, wie verkommen, antidemokratisch und korrupt unser politisches System mittlerweile ist. Meinem Rechtsempfinden nach, gehört mittlerweile die Mehrzahl der Politiker im Bundestag eher ins Gefängnis als ins Parlament. Ich glaube, dass das Berufspolitikertum der Hauptgrund für das politische Übel in Deutschland ist. Ich bin der Meinung, nach spätestens 12 Jahren sollte für jeden Politiker im Bundestag Schluss sein. Mit diesem… Mehr

Gero Hatz
7 Jahre her

Diese ständigen Hinweise und Diskussionen über die verschiedenen größeren Brüder, die uns zu Hilfe eilen werden, um unsere Meinungsfreiheit zu verteidigen sind nur noch lächerlich. Die Propagandisten wollen uns glauben machen, dass die faschistoide Gesetzgebung des Herrn Maas von externen Kräften wie EU, BFG, UN etc verhindert werden wird, ohne dass wir einen Finger rühren. Anstatt auf die UN zu hoffen (ziemlich gewagt, sieht man sich die Erfolgsquoten der UN an) sollten wir unser Recht auf Meinung auf der Strasse verteidigen.

bfwied
7 Jahre her

Sie war Funktionärin der SED. Sie genoss Privilegien, u. a. Westreisen, was nur sichere Sozialisten durften. Welche Politik soll man von ihr denn erwarten?

bfwied
7 Jahre her

Ein Justizminister, der das Recht nicht kennt oder den es nicht schert, das ist schon sehr seltsam. Das ist so ungeheuerlich, dass man höfliche diplomatische Zurückhaltung eigentlich nicht mehr anwenden kann – er ist dabei, Fakten zu schaffen, die uns alle außerordentlich negativ tangieren. Auf einen groben Klotz gehört eigentlich ein grober Keil! Wie soll man also dennoch einen Justizminister nennen – und eine Regierung, die hinter ihm steht -, der sich an § 5 des Grundgesetzes vergeht, am Urteil des Bundesverfassungsgerichts (2009), am Urteil des EuGh (2013) und am ratifizierten internationalen Recht, wie die UN nun reklamiert? Höflich ausgedrückt:… Mehr

gintonicgalore
7 Jahre her

An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Sie, Herr Steinhöfel!
Sie sind einer meiner Helden, weil Sie sich über Unrecht empören und tun, was Sie können, um es anzuprangern und zu verhindern!
Sie sind nicht allein, viele Bürger sprechen mit ihren Mitmenschen, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass hier etwas gewaltig schiefläuft.
Ich bewundere Sie für das, was Sie für uns alle tun, Sie sind ein toller Mensch!