ÖRR mit Rekordeinnahmen

Deutschland leistet sich den mit Abstand teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt. Die Anstalten haben jedes Jahr mehr Euro zur Verfügung als zum Beispiel die Wohnungsbauministerin oder der Landwirtschaftsminister. Und ein Ende des Geldregens ist nirgendwo in Sicht.

picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde

In Zahlen liest es sich noch schöner: 9.000.000.000. Neun Milliarden Euro haben ARD, ZDF und Deutschlandradio 2023 über die Zwangsgebühren eingenommen, die jetzt sozialverträglich „Rundfunkbeitrag“ heißen.

In absoluten Zahlen ist das nicht nur in Europa, sondern weltweit der unangefochtene Spitzenwert. Aber auch auf die Einwohnerzahl heruntergerechnet leistet sich Deutschland das drittteuerste staatliche Mediensystem: Im Schnitt 220.- Euro jährlich drückt der Bundesbürger an die öffentlich-rechtlichen Anstalten ab. Nur Schweizer (310.- €) und Österreicher (300.- €) zahlen statistisch noch etwas mehr.

Weit weniger zahlen die Bürger anderer großer Industrieländer: Die Briten zum Beispiel lassen sich ihre weltweit immer noch enorm renommierte BBC pro Kopf nur 187.- € kosten. Die Franzosen zahlen 139.- € und die Italiener gerade noch 90.- €.

Bei uns hat der ÖRR nun erstmals die 9-Milliarden-Marke geknackt. Der Beitragsservice – früher GEZ – hat 455 Millionen Euro oder 5,3 Prozent mehr eingenommen als 2022. Die zusätzliche Kohle wird für einige Zeit als Rücklage auf einem Sperrkonto geparkt. Die Anstalten können das Geld abrufen, wenn sie es brauchen.

Und sie brauchen es eigentlich immer – in diesem Jahr voraussichtlich besonders. Die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) hat zwar vorgeschlagen, dass der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 um 58 Cent auf dann 18,94 Euro pro Monat steigen soll. Aber mehrere Bundesländer wollen dem nur zustimmen, wenn gleichzeitig eine Reform des ÖRR beschlossen wird – wegen Prasserei im RBB, wegen Doppelstrukturen und so weiter (keinesfalls wegen der monumentalen inhaltlichen Einseitigkeit).

Bis zur Klärung dieses Streits werden die Anstalten deshalb wohl für einige Zeit auf ihre Rücklagen zurückgreifen müssen.

Wer kriegt das Geld, wo kommt es her?

Die ARD hat 2023 knapp 6,3 Milliarden bekommen, das ZDF 2,3 Milliarden und das Deutschlandradio immerhin noch 265 Millionen. Innerhalb der ARD ging das meiste an den WDR (1,3 Mrd.), das Wenigste an Radio Bremen (49 Mio.).

Das satte Einnahmeplus haben die Anstalten dem bundesweiten Abgleich der Meldedaten zu verdanken. Dazu hatten im Jahr 2022 der Beitragsservice und die Meldeämter mehr als vier Millionen Briefe an mehr als 2,8 Millionen private Adressen verschickt. Mit der gigantischen Aktion sollte einzig und allein überprüft werden, ob diese Haushalte den Beitrag zahlen müssen. Dabei fand man, oh Wunder, über eine Million Haushalte, die bis dahin nicht zahlten – es danach aber mussten.

Geldvermehrung ist gar nicht so schwer, wenn man Zugriff auf praktisch alle staatlichen Ressourcen hat.

Natürlich hat man sich für diese Methode der Einnahmeerhöhung eine wohlklingende Umschreibung einfallen lassen: Der Beitragsservice nennt es „Beitragsgerechtigkeit“. Die sei umso größer, je mehr Haushalte für ARD, ZDF und Deutschlandradio zahlen. Man muss nicht viel Fantasie haben, um zu vermuten, dass viele Menschen in Deutschland das ganz anders sehen.

Wie dem auch sei: Heute haben erstmals mehr als 40 Millionen Haushalte ein Konto beim Beitragsservice. Dazu kommen beitragspflichtige Gewerbebetriebe. Insgesamt darf sich der ÖRR an 47 Millionen Zahlern erfreuen. Ob die sich umgekehrt auch am ÖRR erfreuen, wird nicht erhoben.

Wer zahlt nicht? Was passiert dann?

Insgesamt gut 2,8 Millionen Menschen zahlen gar keinen Rundfunkbeitrag oder nur einen ermäßigten Satz. Dazu gehören 1,5 Millionen Bezieher von Bürgergeld. Sechs Prozent aller Haushalte müssen überhaupt nichts bezahlen – zum Beispiel Flüchtlinge, die in der Regel zunächst beitragsfrei gestellt werden.

Wer nicht zahlt, obwohl er es müsste, landet im sogenannten Forderungsmanagement. Das ist sozusagen die Inkasso-Abteilung des ÖRR. Dort kann man nicht über Unterbeschäftigung klagen. Im Jahr 2023 veranlassten die Beitragsjäger über 21 Millionen „Maßnahmen“.

Ende des vergangenen Jahres hatten 2,9 Millionen Konten eine Mahnstufe erreicht, das sind acht Prozent aller zahlungspflichtigen Haushalte. Dazu zählen auch 1,2 Millionen Vollstreckungsersuche. Das sind zum ersten Mal seit Jahren wieder mehr geworden. In 2.282 Fällen wurde vor Gericht um die Zahlung des Beitrags gestritten.

Was kostet das alles?

Der Beitragsservice, der in Köln sitzt, wird auch aus den Zwangsgebühren finanziert. Er hat derzeit einen Etat von fast 183 Millionen Euro. Wie in jeder ordentlichen Bürokratie in Deutschland, so kämpfen auch die Geldeintreiber des ÖRR vor allem mit der Digitalisierung. So will man weniger auf Papier setzen und weniger auf die Post, heißt es.

Doch wie in jeder ordentlichen Bürokratie in Deutschland, so klafft auch zwischen den Verlautbarungen des Beitragsservice und der Realität eine gewisse Lücke. 2023 hat das ÖRR-Inkasso deutlich mehr Papier bearbeitet als in den Vorjahren: werktäglich sage und schreibe 79.100 Briefe.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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KlausStoeckli
1 Tag her

Von mir bekommen die auch nur unregelmäßig ein paar Euro. Wenn dieses Spiel nur 30 % der Zwagsgebührenzahler machen würden, würde das System Kollabieren.

Guzzi_Cali_2
2 Tage her

Ich bezahle immer nur unregelmäßig und meist weniger, als gefordert. Auf diese Art steigt zwar das „Schuldenkonto“, aber weil man sich ja grundsätzlich „zahlungswillig“ zeigt, können die nicht den Gerichtsvollzieher schicken. Auch wenn man nur 10 Cent überweist, gilt das. Nun habe ich noch einen Brief an die geschickt, daß ich die gezahlten Beträge notiere und wenn dieses System als nicht rechtens eingestuft wird (ich also unrechtmäßig zur Kasse gebeten wurde), ich ALLES zurückfordern werde. Da sich über die Jahre da ein erklecklicher Streitwert angesammelt hat, könnte das für die Herrschaften teuer werden, wenn die Kosten des Rechtsanwalts dazukommen.

Lafevre
2 Tage her

Das Zwangsgebührensystem ist für mich der Inbegriff der Herrschaft des Unrechtes.

Mermaid
2 Tage her

Die AfD hatte vor Jahren die Idee eines „Grund“funks geboren. Dieser sollte, wenn ich mich recht erinnere, ein bis zwei Euro monatlich kosten.
Die Idee ist ja nun aktueller denn je. Aber wer will sich wundern, wenn die Absahner, die Selbstbediener und die Bonussammler in den Rundfunkanstalten not amused sind.
Trotzdem! Dranbleiben. Wir holen uns unseren Rundfunk zurück!

Teiresias
2 Tage her

Das Beste daran ist, daß das Geld nicht für das Programm ausgegeben wird.
Wir finanzieren mit unseren Beiträgen ein privilegiertes Altersversorgungssystem für diejenigen, die uns mit Regierungspropaganda belästigen.
Steht irgendwo im Rundfunkgesetz, daß Rundfunkschaffende mehr Rente bekommen müssen, als Beitragszahler?
Dann heisst es, der ÖRR „braucht“ mehr Geld, um die „Programmqualität“ aufrechtzuerhalten.
Tatsächlich wollen sie mehr Geld, um ihre Privilegien zu behalten.

Peter Gramm
2 Tage her
Antworten an  Teiresias

die überbezahlten und versorgten Moderatoren kriegen halt den Kragen auch nicht voll. Zwangsgebühren werden halt gerne genommen. Dafür bekommt man, wenn man sich diesen Mist überhaupt antut, beliebige Propaganda. Die letzte Lanzsendung war so ein Gemurkse nach dem Motto…die Guten und Braven sitzen im Westen und das Verderben im Osten. Unterstützt wurde Lanz von einem weiblichen Hiwi der Madsack Gruppe (RND GmbH). Dunz hieß die Dame wohl.Es war eine Zumutung. Den zwangsweise abgepressten Gebühren sei Dank.

hoho
2 Tage her

Das ist eine Nebensache aber BBC und generell britisches Fernsehen waren gut vlt 30 Jahre her. Als ich am ende 90er in England wohnte, konnte man schon die Propaganda sehen. Ich habe dann nicht bezahlt und das war auch gut so. Ich habe seit her ab und zu noch BBC Nachrichtenseite angeschaut aber das hat sich auch erledigt – die Nachrichten waren alle sehr einseitig. So wie die D. jetzt sind. Ich habe so 10 Jahre her noch mal BBC international im Internet aber das war unerträglich. Ich will hier nicht verallgemeinern aber der Niedergang der Medien im Westen scheint… Mehr

Last edited 2 Tage her by hoho
Johny
2 Tage her

Diese vielen Milliarden für Regierungspropaganda, Hass und Hetze gegen Andersdenkende sind, angesichts des Misserfolges bei den letzten Wahlen, raus geworfenes GEZ- Steuergeld gewesen.

Paprikakartoffel
1 Tag her
Antworten an  Johny

Wie es ohne ausgesehen hätte, wissen wir natürlich nicht.

Sargas
2 Tage her

Wie günstig könnte der ÖRR wohl sein, wenn er sich auf Informationen beschränkte, also Nachrichten, Gesundheitsinformationen, Verbraucherschutz, Ausland? Ich schätze mal 25% der bisherigen Kosten.
Und wieso eigentlich produziert der ÖRR Unterhaltung und kauft für viel Geld gewerbliche Sportinhalten? Das ist doch ein Relikt aus Zeiten, in denen es nur den ÖRR gab. In Zeiten von Privatsendern und Streaming absolut entbehrlich. Und letztendlich sogar eine Wettbewerbsverzerrung, wenn Privatunternehmen gegen den subventionierten ÖRR antreten müssen.
Sollte es an volkserzieherischen Tatorten & Co. ein Interesse geben, so würden sich diese Inhalte auch am Markt behaupten …

Diogenes
2 Tage her

„Beitagsservice“! Wo ist denn da der S E R V I C E? Wo ist denn da der Dienst? Auf Erpressungen sollte man nie einlassen, – sagt man doch allenthalben. Wer einmal erfolgreich erpresst wird, wird „gesetzmäßig“ endlos weiter und immer unverschämter in Höhe und Häufigkeit zahlen müssen. Das ist doch eine Binsenweisheit!? Wann kommt die Erpressung in Form eines „Services“ für Sonnenschein? Nee, is schon klar, die Sonne schickt keine Rechnung, aber irgendwer muß doch dafür bezahlen. Also erfinden wir einen Service, selbst wenn es nur das Geldeinsammeln für die gelieferte Atomkraft in Form der Fusion in der Sonne… Mehr

JamesBond
2 Tage her

Abschalten: 9 Mrd. gespart und dann noch die Entwicklungshilfe einstellen, die Waffenlieferungen an die Ukraine und das Bedingungslose Bürgergeld streichen – dann gibt es auch wieder mehr Akzeptanz durch die Wähler – mit dem Geld dann die Inflationsprämie für Rentner zahlen, Landwirte, Imker, Selbstständige und Firmen durch Steuerreduzierung entlasten und dafür kein Cent mehr an die EU!!!