Ökonom Kooths: Regierung gerät in schweres Fahrwasser

Mit riesigen – als Sondervermögen etikettierten – Schuldenbergen für Verteidigung und Infrastruktur will Friedrich Merz die SPD zu einer Koalition bewegen. Im Interview schildert der Ökonom Stefan Kooths die Folgen für die Wirtschaft. An Einsparungen führt kein Weg vorbei

IMAGO

Kiel. Die von Union und SPD geplante Neuverschuldung von rund einer Billion Euro wird ohne gleichzeitige Reformen und Einsparungen an anderer Stelle zu einem Anheizen der Inflation und einer Abkühlung der Gesamtwirtschaft führen. „Bei einer Staatsquote, die an der 50-Prozent-Marke kratzt, wäre zunächst die Suche nach Einsparmöglichkeiten naheliegender gewesen. Wenn die Verteidigung nun deutlich höhere Priorität hat, dann muss zwangsläufig etwas anderes weniger wichtig werden“, erklärt der Ökonom Stefan Kooths, Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum am Kieler Institut für Weltwirtschaft im Monatsmagazin Tichys Einblick. „Wenn wir das so spielen, provozieren wir nur inflationären Druck. Denn es würden zusätzliche Güter nachgefragt, für die es keine entsprechenden Produktionskapazitäten gibt. Dann steigen die Preise, bis Nachfrage und Produktion wieder im Gleichgewicht sind“, so Kooths. „Die EZB dürfte dem nicht tatenlos zusehen, sondern müsste mit Zinserhöhungen gegensteuern – mit der Folge, dass sich die Privatwirtschaft abkühlt.“

Die Bundesregierung müsse gleichzeitig Reformen einleiten, die das Produktionspotenzial in Deutschland stärken. „Das heißt konkret: Bürokratie abbauen, Infrastruktur effizienter bereitstellen, Arbeitsanreize stärken. Kurzum: Wir müssen produktiver werden. Wenn hierzu in den Koalitionsverhandlungen kein großer Wurf kommt, droht die neue Regierung in schweres Fahrwasser zu geraten.“ Dabei verweist Ökonom Kooths auf das demografische Problem, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Beschäftigten stark abnimmt. „Nicht nur die Renten, auch die Verteidigungsausgaben müssen von immer weniger Erwerbstätigen aufgebracht werden. Damit verschärfen sich die Verteilungskonflikte noch mehr als ohnehin schon, weil die sozialen Sicherungssysteme nicht demografiefest sind. Ohne irgendwo zu sparen, wird das nicht darstellbar sein.“


Das ganze Interview in Tichys Einblick 04-2025 >>>

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Kommentare ( 33 )

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33 Comments
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Edwin
2 Tage her

Soweit die wissenschaftliche Theorie. In der Praxis wird diese keiner beachten und das Land in den Abgrund führen. Vermutlich beabsichtigt, da es auch ohne die Sonderschulden keinen Ausweg mehr gibt, für die verschuldete westliche Welt. Geldpolitisch bleibt nur der Reset. Und nachdem Deutschland darin historische Erfahrung hat, muss es hier die Vorreiterrolle spielen.

alter weisser Mann
2 Tage her

Da man die handelnden Personen sogar ohne konkrete Namensnennung kennt, muss man keine wenn – dann Konstrukte aufmalen, um schwerste Probleme für unser Land zu erwarten.

Wolfgang Schuckmann
2 Tage her

Mir wird immer klarer nach langem Suchen, weshalb es wieder mal Krieg geben muss. Wie anders als bei den letzten Waffengängen soll die Republik ihren Schuldenberg loswerden? Schon 1923 und dann 1948 hat man das so gemacht. Äußerst praktisch, weil keiner belangbar wird. Die Cleverle haben ihr Schäfchen bis dorthin im Trockenen. Und wir fangen wieder mit 60 „Irgendwas „an. Aber das erledigt sich auf einfache Weise. Wenn es Krieg mit Russland gibt, brauchen wir danach kein Geld mehr. Und jene, die die Schweinerei angezettelt haben, sind schon lange auf Bahamas und freuen sich am warmen Wasser des Golfstroms. Nur… Mehr

M. Stoll
2 Tage her

Die CDU versprach einen Neuanfang und jetzt lese ich, die Ampel 2.0 „gerät in schweres Fahrwasser“ ?!?
NEIN ??? – DOCH !!! – Oooohhh !!!

Alf
2 Tage her

Regierung gerät in schweres Fahrwasser.
Welche Regierung?
Wir haben keine.
Ohne irgendwo zu sparen, wird das nicht darstellbar sein.
Eine Regierung, die kein Eigenkapital, statt dessen Schulden im Portfolie, keine Sicherheiten hat, wird keinen Kredit bekommen.
Und wenn hier gleichwohl Kredite ausgereicht werden, dann steht das Ergebnis bereits fest.
Die Verantwortungslosigkeit wird es richten. Zahlen werden es die Bürger und die nächsten Generationen.
Es wird kein Fahrwasser geben.

Peter Gramm
2 Tage her

Weder Ökonomen noch Politiker oder Leute die sich immer wichtig hervortun können das Grundübel unseres Wirtschaftens erklären….Es ist der Zins. Der Zins ist nie in der Welt und zerstört das System (Individuen, Organisationen, ganze Staaten) von dem er lebt und finanziert wird….unsere Volkswirtschaft. Die Natur zeigt uns ganz deutlich dass ewiges Wachstum exponentiellen Ausmaßes zum Exitus führt. Die Naturgesetze sind das Maß aller Dinge und sie zeigen uns dies auch. Die Eulersche Konstante ist so ein Vehikel. Bei ewigem Wachstum gibt es einen Sättigungsgrad damit das System auch überleben kann. Nicht so beim vom Menschen erdachten Zinsezinssystem. Der Versuch die… Mehr

Peter Pascht
2 Tage her
Antworten an  Peter Gramm

„Weder Ökonomen noch Politiker oder Leute die sich immer wichtig hervortun können das Grundübel unseres Wirtschaftens erklären“ ?
Doch, doch, das haben sie schon erklärt, das Grundübel heißt:
„Korruption ist die Seele des Systems“, Prof.H.H. von Arnim
„Deutschland Selbtsbedienungsladen“, Prof.H.W. Sinn
„Die Parteien haben sich den Staat zur Beute gemacht“, R.v. Weizsäcker
„Die Patin – wie Merkel den deutschen Staat umbaut“, Prof. Gertrud Höhler

Last edited 2 Tage her by Peter Pascht
fischer
3 Tage her

Hoffentlich geht die LüKo dabei auch schnell unter.

Peter Pascht
2 Tage her
Antworten an  fischer

Welche LüKO ? Diese phantasierte Lügen-Chimäre ?
Es gibt noch keine Groko, ob es sie überhaupt je geben wird steht noch in den Sternen, gemäß neuester Nachrichten.
Dei Uneinigkeiten in den Gesprächen zwischen CDU und SPD haben sich verstärkt abstatt abzunemhmen, insbesondere beim Thema Migration.

Biskaborn
3 Tage her

Das Thema Sparen hätte vor der jetzt ermöglichten Verschwendungssucht stehen müssen. Dafür gibt es reichlich Potenzial. Jetzt mit einer Billion in der Hinterhand zum Sparen aufzurufen ist fast schon lächerlich, zumal Grüne und Rote dieses Wort gar nicht kennen und genau die bestimmen die kommende Politik!

Monostatos
2 Tage her
Antworten an  Biskaborn

Doch – natürlich kennen die Linken das Wort „Sparen“: diese Aufgabe wird auf die vielbeschworenen „starken Schultern“ gepackt. Die Definition von Sozialismus ist der Zwangs-Altruismus der Anderen.

Waldorf
3 Tage her

Solide Finanzen sind politisch einfach nicht gewollt, warum auch? Das Gross der restlichen EU ist seit Jahren deutlich höher verschuldet, sei es beim Staat, den Privaten oder der Wirtschaft, kombiniert oder alles zusammen. Damit kauft sich zb Frankreich seit Jahren ein gewisses Wachstum, eine reizvolle Rentenstruktur und in fast allen (älteren) EU-Staaten sind die Privathaushalte deutlich vermögender als unsere, oft trotz nominal niedriger Einkommen. Vermutlich braucht man keinen Nobelpreis der Ökonomie, dass es mit der bei uns eher hohen Steuer- und Abgabenlast nebst der eher sehr niedrigen Eigentumsquote zu tun hat. Zumindest die Staatsschuldenquote wird nun dem europäischen (Süd)Standard angeglichen.… Mehr

Punti
3 Tage her

Es ist doch sehr schade, dass die hier zu Wort kommende Ökonomik so einseitig ideologisch geprägt ist. Fast muss man meinen, dass das Vorsatz ist. Für ideologisch weniger gefestigte Nichtökonomen stellt sich nämlich durchaus die Frage, auf welche Weise und mit welchen Ziel in Anbetracht von ca. 650.000 offenen Stellen die ca. 3.5 Millionen Arbeitslosen und ca. 880.000 ‚Aufstocker‘ zur Arbeitsaufnahme ‚angereizt‘ werden sollen. Sog. Aufstocker sind übrigens Menschen, die mit ihrer Arbeit bereits sowenig verdienen, dass sie zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Lucius de Geer
2 Tage her
Antworten an  Punti

Von jeher ist die Zahl der freien Stellen in der Wirtschaft stets viel größer als die offiziell gemeldeten Zahlen, da sich viele Unternehmer erst gar nicht der ineffizienten staatlichen Arbeitsvermittlung bedienen. Vor allem aber würde der Wegfall des von Dritten finanzierten dauerhaften Nichtsstuns (also über mehr als übliche Phasen der Sucharbeitslosigkeit hinaus) das Angebot an Arbeitskräften enorm ausweiten und – bei realistischen Lohnforderungen die Nachfrage der Unternehmen stimulieren. Funktoniert natürlich nicht, wenn man auf dem letzten Gehalt beharrt, eine veraltete Qualifikation hat, keinen neuen Beruf erlernen und auch nicht umziehen will. Auch den Aufstockern steht das ja alles frei: höheren… Mehr