Moria-Transfers: Deutschland im Plansoll – aber die anderen Europäer folgen nicht

Seit dem September sind 2.765 Migranten aus Lesbos in Deutschland angekommen und auf die Bundesländer verteilt worden. Deutschland geht mit solchen Aktionen einen absoluten Sonderweg in Europa.

IMAGO / Die Videomanufaktur

Die Bundesregierung hat ihren Plan erfüllt. Wie im September 2020 angekündigt, sind bis heute gut 2.750 Migranten aus dem griechischen Aufnahmelager Moria nach Deutschland eingereist. Genauer gesagt, waren es 2.765 Personen, wie das Innenministerium jetzt auf eine parlamentarische Anfrage des Bundestagsabgeordneten Anton Friesen (AfD) mitteilte.

Unter den Aufgenommenen sind 1.562 »Schutzberechtigte im Familienverbund«, daneben 203 unbegleitete minderjährige Asylbewerber sowie 246 behandlungsbedürftige Kinder mit ihren Familien. Die letztgenannten Familien machen wiederum 1.035 Menschen aus. Für sie alle kann nun der steinige Weg der Integration in ein fremdes Land beginnen. Allerdings besteht nicht unbedingt die Notwendigkeit dazu, denn der deutsche Staat ist ja bereit, auch die Nicht-Integration der Ankommenden durch Sozialleistungen mit Ewigkeitsgarantie abzufedern.

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Die meisten Migranten nahm mit 696 Personen Nordrhein-Westfalen auf. Es folgen Niedersachsen und die Stadtstaaten Berlin und Hamburg, mit jeweils um die 300 Migranten. Nach Bayern gelangten 200 auf diesem Weg, ins Saarland zwölf. Die Aktion Neuansiedlung läuft offenbar, sicher mit dauerhafter Bleibeperspektive. Sie ist dabei auch das Ergebnis einer spezifischen Diskussion und Debattenkultur in diesem Land.

Friesen: Aufnahme verringert den Migrationsdruck nicht

Nach der Stuhlaktion vor dem Reichstag und dem etappenweise Abbrennen von Moria ab dem 8. September war es in Deutschland rasch zu einer Diskussion gekommen, die einmal mehr zum Ergebnis »Wir haben Platz« führte. Häufig las man damals die Worte, diese Ansiedlungen seien nur »ein erster Schritt«, »auf diesen ersten Schritt muss ein weiterer folgen…« und ähnliches. Bei 13.000 Moria-Obdachlosen glaubten politisch Interessierte damals ein gutes Reservoir zu haben, aus dem sie schöpfen konnten. Dabei blieb völlig unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage diese Übersiedlung geschah.

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Anton Friesen glaubt nicht, dass die Aufnahme von Migranten aus griechischen Lagern irgendein Problem löst und hält die an dieser Stelle betriebene Politik insgesamt für »unverantwortlich«: »Weder verhindert das den Migrationsdruck auf Griechenland, Deutschland und Europa, noch hilft es den Betroffenen.« Es verstärke dagegen sehr wohl »den Anreiz, die eigene Unterkunft in Brand zu setzen«, wie es in Moria und andernorts geschehen sei, »um dann im sozialen Wohlfahrtsstaat Deutschland auf Kosten des deutschen Steuerzahlers aufgenommen zu werden«.

Auch über die griechischen Asylverfahren und die folgende Inanspruchnahme der Reisefreiheit hat am Ende jeder der Moria-Flüchtigen eine realistische Chance, nach Deutschland zu gelangen. Inzwischen sind sechs Afghanen für Brandstiftung in Moria verurteilt worden. Dass es weitere Täter sowie auch Behinderer der Löschaktion gab, wird angenommen.

Die „Europäische Lösung“ bei der Neuansiedlung ist gescheitert

Weniger eifrig als Deutschland gingen die anderen europäischen Staaten ans Werk, die sich im September zur Aufnahme von Moria-Migranten bereit erklärt hatten. Zehn Länder – darunter Frankreich, die Niederlande, auch die Schweiz – wollten zunächst vor allem unbegleitete Minderjährige aufnehmen. EU-Länder wie Österreich, Dänemark und Schweden hielten sich dagegen bedeckt. Frankreich erklärte sich letzten Endes zur Aufnahme von 1000 Migranten bereit, ließ aber bis heute laut RND nur 576 einreisen. Portugal versprach gar die Aufnahme von 1500 Migranten, ankommen ließ es aber nur 81. Kein Wunder also, dass auch die Diskussion um die Übersiedlungen – wie die Praxis – vor allem eine deutsche geblieben ist. Horst Seehofers Versuch, diese Nothilfe-Aktion zu europäisieren, darf als gescheitert gelten. Schon im letzten Sommer blickten die Franzosen mit einer Mischung aus Erstaunen und Faszination auf die deutschen Refugees-Welcome-Umzüge.

Zu Weihnachten folgte ein weiterer Appell von 243 Bundestagsabgeordneten, noch mehr Migranten von den griechischen Inseln aufzunehmen. Unterschrieben hatten ihn Volker Kauder und Saskia Esken, aber auch Wolfgang Kubicki und Dietmar Bartsch. Zahlreiche Gemeinden, Städte und Bundesländer zeigten sich zur Aufnahme bereit. Aber so viele Migranten hatte sich die Bundesregierung gar nicht zugeteilt. Für die Akquisition von Plätzen hatte sich vorher schon der NDR zuständig gefühlt und bei 52 »sicheren Häfen« in Norddeutschland nachgefragt. Und was ist mit all dem bezweckt? Die Tagesschau weiß es: Die Bundesregierung stelle sich selbst »ein gutes Zeugnis« aus.

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Laut einer Umfrage des ZDF-Politbarometers waren, wie die Welt berichtete, 46 Prozent gegen einen deutschen Alleingang in dieser Frage. Doch genau den gibt es heute, wenn man auf die Zahlen und auf die öffentliche Diskussion blickt. Für die offenbar grenzenlose Aufnahme von Migranten aus der Ägäis im nationalen Alleingang waren damals 43 Prozent, neun Prozent waren gegen jede Aufnahme. Neun plus 46 Prozent ergibt bekanntlich eine absolute Mehrheit. So ist es kein Wunder, dass 62 Prozent der Befragten damals einen weiteren Pull-Effekt durch die Aktion erwarteten.

Thüringer Organisationen für weitere Übersiedlungen

Doch einzelne Politiker ebenso wie migrationsfreundliche Vereine wollen die Aufnahme-Aktion verstetigen. Carola Ensslen von der Hamburger Linkspartei forderte auch für Hamburg ein Landesaufnahmeprogramm, wie es in Thüringen und Berlin bereits existiert. Es bleibt allerdings ohne eigenständige Rechtskraft, solange der Bund nicht zustimmt (was im Falle von Bremen nun offenbar geschehen ist). Man erkennt an derlei Landesprogrammen, welcher Druck auf die wirklich zuständigen Politiker ausgeübt wird und von wem.

So fordern 18 Thüringer Organisationen eine Fortsetzung der Aufnahme Ägäis-Migranten. Unter den 18 sind: Decolonize Erfurt, die DGB-Jugend Erfurt, Ende Gelände Jena, der Flüchtlingsrat Thüringen, diverse Fridays-for-Future-Verbände, die Naturfreundejugend Erfurt, eine Refugee Law Clinic Jena, die Seebrücken Erfurt und Jena und die ver.di-Jugend Thüringen.

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Kommentare ( 48 )

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Memphrite
3 Jahre her

Sehe keine Problem hier. 91% wollen weitere Zuwanderung. Es ist noch viel Platz und alle freuen sich über weitere Fachkräfte.
Keiner hat bis jetzt irgendwelche finanziellen Einbußen hinnehmen müssen, oder doch?
Also weiter gehts, es gibt noch viele Steuerzahler die gerne bereit sind zu teilen.

spindoctor
3 Jahre her

Vorauseilende „Reparationszahlungen“, werden nur nicht so genannt, sollen offen bleiben – so als „Sozialleistungen mit Ewigkeitsgarantie“.
2+2=4

AlNamrood
3 Jahre her

Deutschland geht den Sonderweg weil Merkels Geschwafel von einer europäischen Lösung eine Lüge war. Ihr geht es nach wie vor darum Deutschland auf lange Zeit zu destabilisieren.

schlussmitlustig
3 Jahre her

Als Unternehmer kann ich das nur unterstützen, weil wir akuten Fachkräftemangel haben. Egal in welchem Bereich. Und wenn von 100 nur einer der dabei ist, der auch arbeiten will, lohnt es sich finanziell die restlichen 99 zu alementieren. Deutschland ist reich, stinkreich. Ich stelle nächste Woche eine weiteren Mitarbeiter ein. Nein – natürlich nicht in Deutschland. Ich arbeite mit virtuellen Assisten. Klein Annalenchen hat ja versprochen weitere 10 Millionen Fachkräft aus Afrika nach …. zu holen. Deutschland darf ich nicht schreiben – ist ja bei den Grünen verpöhnt und wird aus dem Wahlprogramm gestrichen.

Holzdrache
3 Jahre her
Antworten an  schlussmitlustig

Guten Morgen schlussmitlustig, „Und wenn von 100 nur einer der dabei ist, der auch arbeiten will, lohnt es sich finanziell die restlichen 99 zu alementieren. Deutschland ist reich, stinkreich“….Sie sollten Ihre Satire besser kenntlich machen. Sonst glaubt der geneigte Leser noch Sie sprächen im Ernst 🙂

schlussmitlustig
3 Jahre her
Antworten an  Holzdrache

Ebenso Danke für den Hinweis – aber jeder weiß doch das die versprochen Raketenwissenschaftler nicht dabei waren und auch nicht im nächsten und übernächsten Schwung nicht dabei sein werden.

Paul Brusselmans
3 Jahre her

Dortmund-Dorstfeld hat noch Platz.

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

…….ihr habt platz? ja, wir haben schon lange platz gemacht! jetzt schaffen wir noch mehr platz mit entlassungen aus unseren unternehmungen! wir weinen dummland keine träne nach! das, was dummland aufführt ist nur noch zum schieflachen! alles was die frau mit dem falschen doktortitel in den letzten 16 jahren angestellthat, wird und/oder ist in die hose gegangen! und das wahlvolk, unterliegend dem irrtum es hätte eine wahl, hat fleißig mitgeholfen! ich lasse mich bestimmt hier nicht mehr mit kommentaren aus! seht zu, wie ihr aus der jauche wieder herauskommt! auf nimmerwiedersehen von den inseln unter dem wind! der letzte mache… Mehr

Sabine W.
3 Jahre her

Hat jemand eine Ahnung, woher diese Toleranz gegenüber solchen tatsächlich geringen offiziellen Aufnahmezahlen wie ‚etwas über 1.000‘ wirklich kommt? Ganz einfach – weil niemand von den TÄGLICH weiterhin zusätzlich einströmenden 300 Migranten berichtet, von denen lt. WELT immer noch mind. 50% keine Personalpapiere besitzen. Diese Leute diffundieren in Hundertschaften täglich nach Deutschland, i. d. R. über die Landgrenzen, an denen weiterhin unsere Grenzschützer lediglich als ‚Grüß-August‘ stehen, oder legal mit einer griechischen Aufenthaltserlaubnis, die ihnen das Reisen in der EU ermöglicht (um in D noch mal ‚Asyl‘ zu beantragen), oder mit gefälschten (EU)-Visa. Viele mit bereits abgelehnten ‚Asyl‘-Anträgen aus Nachbarstaaten… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

„Uns“ wird leider nicht berichtet.
Wer weiß schon, wie viele „Gäste“ Merkels hier inzwischen in Daueralimentation all inclusive versorgt werden? Herr Goergen hat es im September 2020 nicht erfahren können: https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/goergens-feder/migration-selten-war-politik-unehrlicher/
Wir dürfen nur zahlen. Das Einzige was etwas tröstet ist, dass alle die, die jetzt „wir haben Platz“ demonstrieren, den ganzen Schaden auslöffeln werden. Lebenslang.

Sabine W.
3 Jahre her
Antworten an  Kassandra

>’Das Einzige was etwas tröstet ist, dass alle die, die jetzt „wir haben Platz“ demonstrieren, den ganzen Schaden auslöffeln werden. Lebenslang.'< Uuups, Kassandra, sind Sie tatsächlich schon so alt, dass Sie nicht mehr das Vergnügen der Schadensauslöffelung genießen dürfen? ? Und können Sie sich von den 'demokratischen' Entscheidungen, die diese 'Wir haben Platz'-Politik fördern, tatsächlich finanziell und räumlich distanzieren? Wenn wenigstens nur diejenigen zahlen (in mehrfacher Hinsicht) müssten, die laut 'Welcome' schreien, wäre mir das alles vergleichsweise egal. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass sowohl SIE wie auch ICH dieses Geschreie AUCH bezahlen werden (müssen) – finanziell, sozial,… Mehr

Biskaborn
3 Jahre her

Ich kann mich nur wiederholen, holt sie alle her, wir haben genügend Geld, Platz und Wohnraum und nicht zu verachten, nur 9% der Befragten (!) wollen gar keine Aufnahme! Also die meisten Deutschen sehen das doch eher Positiv!

Lotus
3 Jahre her

„Es folgen […] die Stadtstaaten Berlin und Hamburg, mit jeweils um die 300 Migranten.“

Scheint mir logisch, denn Berlin und Hamburg haben bekanntlich besonders viel Platz.
Die Migrationswilligen müssen sich nur noch ein paar Monate gedulden. Mit Annalena im Kanzleramt wird die dt. Asyl-/Einwanderungspolitik „modernisiert“ werden. Lager wie Moria werde dann überflüssig sein, es wird pragmatische und humane Lösungen geben. Die Lufthansa darf bald ihre eingemotteten Flieger abstauben und auftanken.

olympos
3 Jahre her

Merkeldeutschland hat eingeladen und soll alle uebernehmen. Schliesslich wollen alle dort landen. Die Briten hatten recht, als sie Deutschlands wiedervereinigung nicht billigten, den sie kennen den Groessenwahn des Landes. Wieder Probleme weil Deutschland nicht richtig tickt.

Meinhard
3 Jahre her
Antworten an  olympos

Genauso ist es leider. Bin übrigens, wenn ich in Griechenland bin, auch öfter am Olymp. Gruß dorthin, M. Nikolaidis

olympos
3 Jahre her
Antworten an  Meinhard

Den geschichtstraechtigen Olymp sehe ich von meiner Veranda jederzeit. Majestaetisch und „Gottlich“. Wanderwege in der Natur, einmalig. Hoffen wir das der Spuk bald vorbei ist, damit wir leben koennen.